TE Lvwg Erkenntnis 2023/1/18 LVwG-1-598/2022-R1

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Veröffentlicht am 18.01.2023
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Entscheidungsdatum

18.01.2023

Norm

GewO 1994 §373a Abs4
GewO 1994 §368
VStG §27 Abs1
  1. GewO 1994 § 373a heute
  2. GewO 1994 § 373a gültig ab 25.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 32/2018
  3. GewO 1994 § 373a gültig von 17.10.2017 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 94/2017
  4. GewO 1994 § 373a gültig von 18.01.2016 bis 16.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 155/2015
  5. GewO 1994 § 373a gültig von 14.09.2012 bis 17.01.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 85/2012
  6. GewO 1994 § 373a gültig von 19.08.2010 bis 13.09.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 66/2010
  7. GewO 1994 § 373a gültig von 27.02.2008 bis 18.08.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 42/2008
  8. GewO 1994 § 373a gültig von 01.08.2002 bis 26.02.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2002
  9. GewO 1994 § 373a gültig von 19.03.1994 bis 31.07.2002
  1. GewO 1994 § 368 heute
  2. GewO 1994 § 368 gültig ab 27.02.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 42/2008
  3. GewO 1994 § 368 gültig von 01.08.2002 bis 26.02.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2002
  4. GewO 1994 § 368 gültig von 01.01.2002 bis 31.07.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 136/2001
  5. GewO 1994 § 368 gültig von 01.09.2000 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 88/2000
  6. GewO 1994 § 368 gültig von 01.07.1997 bis 31.08.2000 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 63/1997
  7. GewO 1994 § 368 gültig von 19.03.1994 bis 30.06.1997

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Mag. Nikolaus Brandtner über die Beschwerde der C E, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft D vom 12.07.2022 betreffend eine Übertretung nach der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50Paragraph 50, Abs 1Absatz eins, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben und das Straferkenntnis wegen örtlicher Unzuständigkeit der Behörde aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25aParagraph 25 a, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.              Im angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschuldigten vorgeworfen, sie habe es als gemäß § 9Paragraph 9, VStG verantwortliche Person (Geschäftsführer) zu verantworten, dass die B AG, FL-S, zumindest am 10.04.2022 in D, Mstraße eine dem Gegenstand eines Gewerbes bildende Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen angeboten habe, ohne diese grenzüberschreitende Tätigkeit gemäß § 373aParagraph 373 a, Abs 4Absatz 4, GewO 1994 vor der erstmaligen Aufnahme dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit vorher schriftlich anzuzeigen. Laut Erhebungen der Bezirkshauptmannschaft D, Abt Wirtschaft und Umweltschutz, verfüge die gegenständliche Firma in Liechtenstein über das Gewerbe „Immobilienmakler“. Eine Meldung gemäß § 373aParagraph 373 a, Abs 4Absatz 4, GewO 1994 sei jedoch nicht erfolgt.

Die Bezirkshauptmannschaft D erblickte hierin eine Übertretung des § 368Paragraph 368, iVmin Verbindung mit § 373aParagraph 373 a, Abs 4Absatz 4, GewO 1994, BGBl Nr 194/1994Bundesgesetzblatt Nr 194 aus 1994, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 32/2018Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 32 aus 2018,. Es wurde eine Geldstrafe von 250 Euro verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen und fünf Stunden festgesetzt.

2.              Gegen dieses Straferkenntnis hat die Beschuldigte rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt sie im Wesentlichen vor, dass die Immobilie über ihre Homepage in Liechtenstein angeboten und nicht in Österreich beworben worden sei. Sie hätten sich weiters bei der Wirtschaftskammer F informiert, ob es eine Einschränkung in der Ausübung der Tätigkeit als Immobilienmakler in Österreich gebe, was mit näherer Begründung verneint worden sei. Diese Antwort sei als rechtsverbindlich angesehen worden. Im Anhang werde die Anzeige an das Bundesministerium übermittelt.

Die Beschuldigte legte der Beschwerde die zweite Seite eines Schreibens des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft vom 20.07.2022 bei.

3.              Folgender Sachverhalt steht fest:

3.1.           Die B AG, FL-S, bot zumindest am 10.04.2022 durch seine Homepage XXX eine in D, Sstraße gelegene Immobilie unter näherer Angabe von Kaufpreis, räumlicher Aufteilung und Wohnfläche einem unbestimmten Personenkreis zum Kauf an.

Dieses Immobilieninserat wurde am selben Tag an der Adresse „D, Mstraße“ abgerufen.

3.2.           Eine Anzeige an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit gem § 373aParagraph 373 a, Abs 4Absatz 4, Gewerbeordnung 1994 lag am 10.04.2022 nicht vor.

3.3.           Das genannte Unternehmen verfügt im Fürstentum Liechtenstein über das Gewerbe „Immobilienmakler“. Die Beschuldigte war zu der ihr vorgeworfenen Tatzeit Geschäftsführerin des Unternehmens.

4.                                                                                Dieser Sachverhalt wird aufgrund der vorliegenden Akten als erwiesen angenommen. Der Sachverhalt ist unstrittig.

5.1             Gemäß § 1Paragraph eins, Abs 4Absatz 4, zweiter Satz Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl Nr 194/1994Bundesgesetzblatt Nr 194 aus 1994,, idFin der Fassung BGBl I Nr 45/2018Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 45 aus 2018,, wird das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

Gemäß § 94Paragraph 94, Z 35Ziffer 35, GewO 1994, idFin der Fassung BGBl I Nr 94/2017Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 94 aus 2017,, ist Immobilientreuhänder (Immobilienmakler, Immobilienverwalter, Bauträger) ein reglementiertes Gewerbe.

Nach § 373aParagraph 373 a, Abs 1Absatz eins, GewO 1994, idFin der Fassung BGBl I Nr 32/2018Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 32 aus 2018,, dürfen Staatsangehörige eines Mitgliedsstaates der EU oder eines Vertragsstaates des EWR die in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Vertragsstaat des EWR ansässig sind und dort eine Tätigkeit befugt ausüben, auf die die Bestimmungen der GewO 1994 anzuwenden wären, diese Tätigkeit vorübergehend und gelegentlich unter den gleichen Voraussetzungen wie Inländer ausüben. Diese Bestimmung umfasst nur Berufe, die der GewO 1994 unterliegen.

§ 373aParagraph 373 a, Abs 4Absatz 4, leg cit lautet auszugsweise:

„Hat die grenzüberschreitende Tätigkeit ein im § 94Paragraph 94, angeführtes Gewerbe oder Tätigkeiten, die diesen Gewerben zuzuordnen sind, zum Gegenstand, so hat der Dienstleister dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit die erstmalige Aufnahme der Tätigkeit vorher schriftlich anzuzeigen und diesen dabei über Einzelheiten zu einem Versicherungsschutz oder einer anderen Art des individuellen oder kollektiven Schutzes in Bezug auf die Berufshaftpflicht zu informieren. Diese Anzeige ist einmal jährlich zu erneuern, wenn der Dienstleister beabsichtigt, während des betreffenden Jahres vorübergehend oder gelegentlich Dienstleistungen zu erbringen. Der Erstanzeige und einer weiteren jährlichen Anzeige bei wesentlichen Änderungen sind folgende Dokumente anzuschließen: […]“

Gemäß § 368Paragraph 368, GewO 1994, idFin der Fassung BGBl I Nr 42/2008Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 42 aus 2008,, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 1.090 Euro zu bestrafen ist, wer andere als in den §§ 366Paragraphen 366,, 367 und 367a genannte Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder der Bescheide, die aufgrund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassener Verordnungen ergangen sind, nicht einhält.

5.1.           Zunächst ist die Frage zu prüfen, ob die belangte Behörde zur Erlassung des gegenständlichen Straferkenntnisses örtlich zuständig war.

Gemäß § 27Paragraph 27, Abs 1Absatz eins, VStG ist die Behörde örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

Bei Verstößen gegen Auskunfts-, Anzeige- oder Meldepflichten ist Tatort der Sitz jener Behörde, an die die Auskunft, Anzeige oder Meldung zu erstatten ist (vglvergleiche ua VwSlg 14.398 A/1996; VwGH 25.4.1997, 95/02/0547; und Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 27Paragraph 27, Rz 4 [Stand 01.05.2017, rdb.at]).

Tatort betreffend die in § 373aParagraph 373 a, Abs 4Absatz 4, GewO 1994 normierte Anzeigepflicht ist folglich der Sitz des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit in Wien. Die Anzeige wäre beim dortigen Referat „Gewerberechtsvollziehung“ zu erstatten. Die Bezirkshauptmannschaft D ist somit nicht örtlich zuständig.

5.2.   Ein VwG hat gemäß § 27Paragraph 27, VwGVG eine Unzuständigkeit der im Verfahren vor dem VwG belangten Behörde vorrangig aufzugreifen, auch wenn diese in der Beschwerde nicht releviert worden sein sollte, und das Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben (vglvergleiche zB VwGH 28. 1. 2016, Ra 2015/07/0140; VwGH 29.1.2020, Ra 2018/08/0234). Eine anstelle dessen erfolgte Entscheidung des VwG in der Sache belastet diese mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes (vglvergleiche VwGH 10.06.2015, Ra 2015/11/0005; VwGH 21.11.2019, Ra 2018/10/0050).

Die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses wegen Unzuständigkeit der Behörde durch das Verwaltungsgericht hat nicht die Wirkung einer Einstellung des Strafverfahrens (vglvergleiche VwGH 16.12.1998, 97/04/0090).

6.              Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133Artikel 133, Abs 4Absatz 4, B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Gewerberecht, Tatort, unterlassene Anzeige vorübergehende grenzüberschreitende Dienstleistung im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2023:LVwG.1.598.2022.R1

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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