TE Vwgh Erkenntnis 1995/12/14 94/18/1042

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Veröffentlicht am 14.12.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §58 Abs2;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z7;
FrG 1993 §18 Abs2 Z8;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte

Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 16. November 1994, Zl. SD 866/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 16. November 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 8 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei am 17. Juni 1993 in einem namentlich bezeichneten Cafe von Beamten des Landesarbeitsamtes Wien arbeitend (er habe als Mitglied einer Band Orgel gespielt) angetroffen worden, ohne daß für ihn die hiefür erforderliche Beschäftigungsbewilligung vorgelegen sei. Der Beschwerdeführer bestreite nicht, musiziert zu haben, behaupte aber, dafür kein Entgelt erhalten, sondern nur zur Freude der anwesenden Gäste gespielt zu haben. Dabei handle es sich offenbar um eine bloße Schutzbehauptung, da sein Vorbringen in krassem Widerspruch zu den Angaben des Geschäftsführers des Lokals stehe, der angegeben habe (Niederschrift vom 17. Juni 1993), daß er den Beschwerdeführer als Musiker beschäftigt habe und dieser dafür S 200,-- (pro Tag) erhalte. Damit sei aber erwiesen, daß der Beschwerdeführer eine Tätigkeit ausgeübt habe, die den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zuwiderlaufe. Demnach sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG verwirklicht.

Die Vorlage einer Beschäftigungsbewilligung, die für den Zeitraum 23. August 1994 bis 22. August 1995 gelte, könne nichts an der Tatsache ändern, daß für den Beschwerdeführer, der am 17. Juni 1993 bei der Schwarzarbeit angetroffen worden sei, zum damaligen Zeitpunkt keine Beschäftigungsbewilligung erteilt gewesen sei.

Das beschriebene Verhalten des Beschwerdeführers und die dadurch bewirkte Beeinträchtigung einer geordneten Arbeitsmarktverwaltung und eines geordneten Fremdenwesens - dem Beschwerdeführer sei der vorübergehende Aufenthalt aufgrund einer Unterstützungserklärung eines anderen und nicht zum Zweck der Arbeitsaufnahme gestattet worden - rechtfertigten aber auch die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme. In einem solchen Fall sei gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn dem nicht die Bestimmungen der §§ 19 und 20 leg. cit. entgegenstünden. (In der weiteren Begründung des angefochtenen Bescheides kommt die belangte Behörde zu dem - für die Erledigung der Beschwerde nicht mehr relevanten - Ergebnis, daß das Aufenthaltsverbot aus dem Blickwinkel sowohl des § 19 als auch des § 20 Abs. 1 FrG zulässig sei.)

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Was die Behauptung des Beschwerdeführers anlangt, er habe nie eine entgeltliche Tätigkeit ausgeübt, weshalb die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG nicht vorlägen, so entfernt er sich damit von der maßgeblichen Sachverhaltsannahme der belangten Behörde. Der Gerichtshof kann nicht finden, daß dieser Annahme eine unschlüssige Beweiswürdigung zugrunde läge, zumal die von der belangten Behörde insoweit als wesentlich erachtete Aussage des Geschäftsführers des Lokals, in dem der Beschwerdeführer am 17. Juni 1993 von Organen des Landesarbeitsamtes Wien musizierend angetroffen worden war, daß der Beschwerdeführer für seine Tätigkeit als Musiker S 200,-- pro Tag erhalte, in der Beschwerde unbestritten blieb.

2. Hat demnach die belangte Behörde den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG zutreffend als verwirklicht angesehen, so ist sie eine hinreichende Begründung dafür schuldig geblieben, weshalb sie ungeachtet der von ihr im bekämpften Bescheid getroffenen Feststellung - die auf der ihr vom Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 15. September 1994 vorgelegten "Bescheidausfertigung für den Ausländer gemäß § 20 Abs. 6 AuslBG" vom 23. August 1994 beruht -, daß für den Beschwerdeführer für die Zeit vom 23. August 1994 bis 22. August 1995 eine Beschäftigungsbewilligung (für die berufliche Tätigkeit als Musiker) erteilt worden sei, zu dem Ergebnis gelangt ist, es sei (auch) die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt. Um in rechtlich unbedenklicher Weise zu dieser Annahme gelangen zu können, hätte sich die belangte Behörde mit der Tatsache der Erteilung der besagten Beschäftigungsbewilligung wie auch den durch Vorlage einer Gehaltsbestätigung belegten Umstand, daß der Beschwerdeführer die bewilligte Beschäftigung auch tatsächlich ausübt, auseinandersetzen und nachvollziehbar dartun müssen, warum trotz dieses Sachverhaltes der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung gefährden würde.

Die Bezugnahme der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift auf das zu § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG ergangene hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 1994, Zl. 93/18/0574, mit dem Hinweis, daß ihrer Meinung nach der dem damals aufgehobenen Bescheid zugrunde liegende maßgebliche Sachverhalt mit dem hier zu beurteilenden nicht vergleichbar sei, führt - abgesehen davon, daß Ausführungen in der Gegenschrift fehlende Erörterungen im angefochtenen Bescheid nicht zu ersetzen vermögen (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 607, angeführte hg. Rechtsprechung) - nicht weiter. Vielmehr wird die belangte Behörde auf den durch das hg. aufhebende Erkenntnis vom 28. April 1995, Zl. 94/18/0161, entschiedenen Beschwerdefall verwiesen, der dem vorliegenden in allen wesentlichen Punkten gleicht.

3. Abschließend sei noch angemerkt, daß der aufgezeigte Begründungsmangel nicht dadurch seine Relevanz verliert, daß die belangte Behörde ihre Annahme nach § 18 Abs. 1 FrG auch auf die Beeinträchtigung eines geordneten Fremdenwesens durch den Beschwerdeführer stützte. Denn zum einen zog sie diesen Grund erkennbar nur ergänzend heran, zum anderen würde die diesem Grund subsumierte Tatsache - Erlaubnis zum Aufenthalt bloß aufgrund einer Unterstützungserklärung und nicht zum Zweck der Aufnahme einer Beschäftigung - für sich allein keinesfalls die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes rechtfertigen.

4. Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung Stempelgebühren lediglich in der Höhe von S 390,-- (Eingabengebühr S 360,--, Beilagengebühr S 30,--) zu entrichten waren.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994181042.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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