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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die - infolge Einheitlichkeit von Spruch und Begründung - als Zurückweisung zu wertende Entscheidung über eine Vorstellung; keine Rechtsverletzungsmöglichkeit durch einen den Anträgen der Beschwerdeführerin Rechnung tragenden Bescheid betreffend die Feststellung des Nichtbestehens eines Bauverbotes für eine als Grünland-Park gewidmete Fläche; keine Präjudizialität des Flächenwidmungsplanes angesichts der rein verfahrensrechtlichen Natur des angefochtenen Bescheides; Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung von Teilen eines bereits außer Kraft getretenen Flächenwidmungsplanes; Zurückweisung des Individualantrags auf teilweise Aufhebung des geltenden Flächenwidmungsplanes mangels Legitimation infolge Zumutbarkeit der Erwirkung einer BauplatzerklärungSpruch
I. Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
II. Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.a) Die Beschwerdeführerin stellte iS des §118 Abs7 NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8200 idF der Novelle LGBl. 8200-6, an die Baubehörde den Antrag auf bescheidmäßige Feststellung darüber, ob auf dem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück Nr. 1243 in EZ 1356, KG Weidling, eine Bebauung zulässig ist oder ob ein Bauverbot gemäß §20 NÖ Bauordnung 1976 besteht.
Auf diesen Antrag hin stellte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Klosterneuburg mit Bescheid vom 30. Oktober 1989 fest, "daß für die im geltenden Flächenwidmungsplan als Bauland gewidmete Fläche der Liegenschaft" (es folgt die nähere Bezeichnung des erwähnten Grundstückes der Beschwerdeführerin) "kein Bauverbot gemäß §20" NÖ Bauordnung 1976 besteht.
In Ergänzung dieses Bescheides stellte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Klosterneuburg mit Bescheid vom 5. Dezember 1989 auf einen zusätzlichen Antrag der Beschwerdeführerin hin fest, "daß für die als Grünland-Park gewidmete Fläche der Liegenschaft" (es folgt die nähere Bezeichnung des in Rede stehenden Grundstückes der Beschwerdeführerin) "gleichfalls kein Bauverbot gemäß §20" NÖ Bauordnung 1976 besteht. Diese Feststellung wurde der Sache nach damit begründet, daß das Grundstück an eine öffentliche Verkehrsfläche angrenze und daher aufgeschlossen sei. Der Bescheid enthält nach dem Spruch und vor der Begründung die als "Hinweis" bezeichnete Aussage, daß im Falle einer geplanten Bauführung auf dem als Grünland-Park gewidmeten Teil der Liegenschaft die Erforderlichkeit der Bauführung iS des §19 Abs 4 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 (NÖ ROG 1976), LGBl. 8000-0 idgF, durch ein Sachverständigengutachten nachzuweisen sei.
b) Die Beschwerdeführerin brachte gegen den Bescheid vom 5. Dezember 1989 eine Berufung ein, mit der sie sich gegen die im Spruch enthaltene Wortgruppe "als Grünland-Park gewidmete Fläche der" und gegen die auf §19 Abs4 NÖ ROG 1976 Bezug nehmende Aussage wandte. Sie machte (lediglich) geltend, daß der Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Klosterneuburg insofern gesetzwidrig sei, als er für einen Teil ihres Grundstückes die Widmung Grünland und die Nutzungsart Parkanlage festlege.
Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Klosterneuburg wies mit Bescheid vom 14. März 1990 die Berufung teilweise als unbegründet ab, teilweise (soweit sie Einwendungen gegen das örtliche Raumordnungsprogramm enthielt) als unzulässig zurück.
c) Gegen den Bescheid des Gemeinderates erhob die Beschwerdeführerin insoweit Vorstellung, als er den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides vom 5. Dezember 1989 hinsichtlich der in dessen Spruch enthaltenen Wortgruppe "als Grünland-Park gewidmete Fläche der" bestätigt hatte.
Die NÖ Landesregierung wies die Vorstellung mit Bescheid vom 23. November 1990 als unbegründet ab.
2.a) Gegen den Bescheid der NÖ Landesregierung richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, mit der die Verletzung in Rechten wegen Anwendung gesetzwidriger Verordnungen geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird. Die Beschwerdeführerin regt ferner an, der Verfassungsgerichtshof möge die Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17. Dezember 1987 und des vereinfachten Flächenwidmungsplanes der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 7. Dezember 1983, soweit sie das Grundstück der Beschwerdeführerin betreffen, von Amts wegen prüfen.
b) Die NÖ Landesregierung als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Bürgermeister der Stadtgemeinde Klosterneuburg ist in einer Äußerung für die Abweisung der Beschwerde eingetreten.
3.a) Die Beschwerdeführerin stellt unter einem iS des Art139 Abs1 letzter Satz B-VG mit ausführlicher Begründung die (Individual-)Anträge, sowohl den vereinfachten Flächenwidmungsplan vom 7. Dezember 1983 als auch den Flächenwidmungsplan vom 17. Dezember 1987, jeweils soweit sie das in ihrem Eigentum stehende Grundstück betreffen, als gesetzwidrig aufzuheben.
b) Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Klosterneuburg und die NÖ Landesregierung haben jeweils in einer Äußerung die Gesetzmäßigkeit der bekämpften Flächenwidmungspläne verteidigt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
A. Über die Beschwerde:
1. Der angefochtene Bescheid der NÖ Landesregierung hat nach dem Wortlaut seines Spruches die Abweisung der von der Beschwerdeführerin erhobenen Vorstellung zum Inhalt. Wie aus den Ausführungen in der Begründung des Bescheides zu ersehen ist, war für die Entscheidung im Ergebnis allein die Erwägung maßgebend, daß durch die mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates (soweit er mit der Vorstellung bekämpft worden war) getroffene, dem Antrag der Beschwerdeführerin vollinhaltlich entsprechende Feststellung keine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin eingetreten sein könne. Diese Begründung läßt, da Spruch und Begründung eines Bescheides eine Einheit bilden (zB VfSlg. 8080/1972, 8264/1978, 8346/1978, 9069/1981), sodaß für die Ermittlung des Sinnes eines Bescheides auch die Begründung heranzuziehen ist (zB VfSlg. 3683/1960, 9432/1982; vgl. etwa auch VfSlg. 11017/1986 mwH), erkennen, daß die belangte Behörde in Wahrheit die Vorstellung zurückgewiesen hat, und zwar deshalb, weil der Beschwerdeführerin mangels Möglichkeit, durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiven Recht verletzt zu werden, die Legitimation zur Erhebung einer Vorstellung fehlte.
2. Die Beschwerdeführerin bringt nicht vor, daß der belangten Behörde bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides ein in die Verfassungssphäre reichender Fehler unterlaufen wäre.
3. Auch der Verfassungsgerichtshof vermag aus der Sicht des Beschwerdefalles derartiges nicht zu erkennen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere hervorzuheben, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) verletzt wurde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wird dieses Recht durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde ua. dann verletzt, wenn die Behörde zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (s. zB VfSlg. 9105/1981, 10374/1985, 11405/1987). Dies ist hier nicht geschehen.
Nach Art119a Abs5 erster Satz B-VG und der dieser Vorschrift entsprechenden - hier maßgeblichen - Bestimmung des §61 Abs1 erster Satz der NÖ Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000-0 idgF, kann, wer durch den Bescheid eines Gemeindeorganes in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von zwei Wochen nach Erlassung des Bescheides dagegen Vorstellung bei der Aufsichtsbehörde erheben. Die hier vorgenommene Umschreibung der Voraussetzungen der Legitmation zur Erhebung einer Vorstellung entspricht teilweise wörtlich der in Art144 Abs1 erster Satz B-VG enthaltenen Regelung der Legitimation zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden ("... soweit der Beschwerdeführer durch den Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet."). Da nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 3304/1958, 9915/1984, 10605/1985) die Erhebung einer auf Art144 Abs1 erster Satz B-VG gestützten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde unter anderem zur Voraussetzung hat, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiven Recht verletzt sein konnte, ist angesichts der in der hier maßgeblichen Bestimmung gleichartigen Umschreibung der Voraussetzungen für die Erhebung einer Vorstellung in Art119a Abs5 erster Satz B-VG davon auszugehen, daß auch die Legitimation zur Erhebung einer Vorstellung nur gegeben ist, wenn die Verletzung eines subjektiven Rechtes des Vorstellungswerbers zumindest möglich ist (so etwa auch Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, Rz 544, unter Verweisung auf Berchtold, Gemeindeaufsicht (1972), 55). Daraus folgt, daß eine Vorstellung zurückzuweisen ist, wenn der mit ihr bekämpfte Bescheid des (in letzter Instanz zuständigen) Gemeindeorganes den Vorstellungswerber nicht in einem subjektiven Recht verletzen konnte. Da im vorliegenden Fall der Bescheid des Gemeinderates (soweit er mit der Vorstellung bekämpft wurde) den Anträgen der Vorstellungswerberin Rechnung trug, vermochte er sie nicht in einem subjektiven Recht zu verletzen (vgl. in diesem Zusammenhang etwa VfSlg. 12028/1989 mwH; ferner etwa VfSlg. 12452/1990 mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur). Die belangte Behörde hat somit, da sie die Vorstellung der Beschwerdeführerin im Einklang mit der Rechtslage zurückwies, nicht zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert.
Es ist daher ausgeschlossen, daß die Beschwerdeführerin in einem sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden ist.
4. Der angefochtene Bescheid beruht angesichts seiner rein verfahrensrechtlichen Natur (vgl. in diesem Zusammenhang etwa VfSlg. 11017/1986) nicht (auch) auf Bestimmungen des vereinfachten Flächenwidmungsplanes der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 7. Dezember 1983 und des Flächenwidmungsplanes der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17. Dezember 1987 (vgl. in diesem Zusammenhang etwa VfSlg. 7999/1977, 10240/1984). Diese Vorschriften sind daher im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht iS des Art139 Abs1 B-VG präjudiziell, sodaß die Einleitung eines Verfahrens zur Prüfung ihrer Gesetzmäßigkeit durch den Verfassungsgerichtshof von Amts wegen nicht in Betracht kommt.
Bedenken gegen die sonstigen dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften wurden weder in der Beschwerde vorgebracht noch sind solche Bedenken aus der Sicht des Beschwerdefalles beim Verfassungsgerichtshof entstanden. Die Beschwerdeführerin ist demnach auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
5. Die Beschwerde war daher abzuweisen.
6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
B. Über die Zulässigkeit der (Individual-)Anträge:
1.a) Gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist (s. die mit dem Beschluß VfSlg. 8058/1977 beginnende ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes).
Aus dem Wortlaut des Art139 Abs1 B-VG (arg. "verletzt zu sein behauptet" und nicht etwa "verletzt worden zu sein behauptet") ergibt sich, daß die bekämpfte Verordnung zumindest im Zeitpunkt der Antragstellung (noch) eine behauptete und tatsächlich vorliegende (nachteilige) rechtliche Wirkung für den Antragsteller haben muß, mag auch die Verordnung inzwischen bereits außer Kraft getreten sein (s. zB VfSlg. 12634/1991). Die dem Verfassungsgerichtshof in Art139 Abs4 B-VG eingeräumte Befugnis zu einem Ausspruch, daß eine außer Kraft getretene Verordnung gesetzwidrig war, bringt keineswegs mit sich, daß eine an sich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreifende Verordnung nach ihrem Außerkrafttreten gleichsam auf unbestimmte Zeit auch weiterhin die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar berührt (vgl. VfSlg. 10819/1986, 11365/1987).
b) Das Grundstück der Antragstellerin war nach dem Regulierungsplan aus dem Jahr 1966, der seine gesetzliche Grundlage in §5 der Bauordnung für Niederösterreich, LGBl. 36/1883, hatte, zur Gänze als Bauland gewidmet. Mit dem vereinfachten Flächenwidmungsplan vom 7. Dezember 1983 wurde der größere Teil dieses Grundstückes in "Grünland-Park" umgewidmet. Diese Regelung wurde durch die auf der Grundlage der §§13 bis 21 NÖ ROG 1976 erlassene Verordnung vom 17. Dezember 1987, mit dem das örtliche Raumordnungsprogramm erlassen wurde, (nur) insofern geändert, als die Grenze zwischen dem als "Bauland-Wohngebiet" und dem als "Grünland-Park" gewidmeten Teil des Grundstückes so weit in nordöstlicher Richtung verschoben (dadurch somit der als "Grünland-Park" gewidmete Teil verkleinert) wurde, daß das auf dem Grundstück bestehende (durch zwei Zubauten erweiterte) Gebäude zur Gänze in dem als "Bauland-Wohngebiet" gewidmeten Teil gelegen ist.
Durch §7 zweiter Satz der Verordnung vom 17. Dezember 1987 wurde mit Wirkung ab dem Inkrafttreten dieser Verordnung (28. Juni 1989) der vereinfachte Flächenwidmungsplan für das gesamte Gebiet der Stadtgemeinde Klosterneuburg außer Kraft gesetzt.
Der von der Antragstellerin behauptete Eingriff in ihre Rechtssphäre lag somit bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung (der Antrag ist am 10. Jänner 1991 beim Verfassungsgerichtshof eingelangt) nicht mehr vor.
Schon aus diesem Grund fehlt der Antragstellerin die Legitimation, den vereinfachten Flächenwidmungsplan vom 7. Dezember 1983 mit einem (Individual-)Antrag nach Art139 Abs1 dritter Satz B-VG anzufechten (vgl. etwa VfSlg. 9868/1983, 12413/1990).
2. Der den Flächenwidmungsplan vom 17. Dezember 1987 betreffende Antrag erweist sich aus folgendem Grund als unzulässig:
a) Voraussetzung für die Legitimation zur Stellung eines (Individual-)Antrages auf Aufhebung einer Verordnung ist, daß die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 8009/1977, 10511/1985, 11726/1988).
Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung (s. etwa VfSlg. 8463/1978, 8697/1979, 8850/1980, 10207/1984, 10452/1985, 10793/1986, 11743/1988) die Auffassung vertreten, daß auf dem Boden des NÖ ROG 1976 der Eigentümer eines Grundstückes legitimiert ist, einen Flächenwidmungsplan (er ist Bestandteil des örtlichen Raumordnungsprogrammes) insoweit mit einem (Individual-)Antrag nach Art139 Abs1 dritter Satz B-VG anzufechten, als dieser für das Grundstück eine bestimmte Widmungs- und Nutzungsart festlegt. Der Verfassungsgerichtshof sah in derartigen Fällen einen zumutbaren Weg, die behauptete Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen - in Betracht käme nur ein formelles Baubewilligungsansuchen -, mit Rücksicht darauf nicht als gegeben an, daß vom Antragsteller nicht erwartet werden kann, allein zu diesem Zweck die für ein Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung erforderlichen Planunterlagen (§97 NÖ Bauordnung 1976) anfertigen zu lassen.
Demgegenüber erachtete der Verfassungsgerichtshof in jenen Fällen, in denen das maßgebliche Gesetz etwa eine Bauplatzbewilligung bzw. Bauplatzerklärung vorsah, die Einbringung eines darauf gerichteten, keiner aufwendigen Planunterlagen bedürfenden Ansuchens als einen zumutbaren Umweg, der die Unzulässigkeit der unmittelbaren Anfechtung eines Flächenwidmungsplanes beim Verfassungsgerichtshof bewirkt (so hinsichtlich der Rechtslage in Oberösterreich etwa die Erkenntnisse VfSlg. 9773/1983, 10004/1984; hinsichtlich der Rechtslage im Land Salzburg etwa die Erkenntnisse VfSlg. 11317/1987, 12395/1990).
b) Nach §12 NÖ Bauordnung 1976 - diese (mit "Bauplatzerklärung" überschriebene) Vorschrift wurde durch die mit 1. Jänner 1989 in Kraft getretene 6. Novelle, LGBl. 8200-6, neu gefaßt - besteht die Möglichkeit, unter bestimmten, in §12 Abs1 NÖ Bauordnung 1976 angeführten Voraussetzungen ein Grundstück im Bauland zum Bauplatz zu erklären. Die Bauplatzerklärung bedarf eines Antrages des Eigentümers. Ein solcher Antrag kann auch gestellt werden, wenn ein Grundstück zum Teil im Bauland, zum anderen im Grünland liegt. In diesem Fall darf nur der Teil im Bauland zum Bauplatz erklärt werden (§12 Abs2 NÖ Bauordnung 1976). Die Bauplatzerklärung kann, wie sich aus §12 Abs4 NÖ Bauordnung 1976 ergibt, auch unabhängig von der Bewilligung einer Grundabteilung (§10 dieses Gesetzes) und unabhängig von einer Baubewilligung mit einem eigenen Bescheid erfolgen. Einem allein auf Bauplatzerklärung gerichteten Antrag sind keinerlei Unterlagen anzuschließen.
Die Stellung eines derartigen Antrages ist, da es nicht erforderlich ist, daß der Antragsteller die für ein Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung erforderlichen aufwendigen Planunterlagen (s. dazu §97 NÖ Bauordnung 1976) - oder überhaupt irgendwelche Unterlagen - anfertigen läßt, zumutbar.
Für die Entscheidung über einen iS des §12 Abs4 NÖ Bauordnung 1976 gestellten Antrag auf Bauplatzerklärung ist in jedem Fall der Flächenwidmungsplan, soweit er das betreffende Grundstück (den betreffenden Grundstücksteil) betrifft, präjudiziell, da die Bauplatzerklärung, wie sich aus §2 Z7 und aus dem ersten Halbsatz des §12 Abs1 NÖ Bauordnung 1976 ergibt, unabhängig von dessen Gestalt, Beschaffenheit und Größe sowie Aufschließung nur im Einklang mit dem Flächenwidmungsplan, nämlich für im Bauland gelegene Grundstücke bzw. Grundstücksteile, erfolgen darf (s. dazu den Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 14.10.1993, V112/92).
Auf dem Boden der durch die 6. Novelle zur NÖ Bauordnung 1976 geschaffenen Rechtslage hat somit die Antragstellerin die Möglichkeit, die Erklärung des als Grünland gewidmeten und als Parkanlage ausgewiesenen - unbebauten - Teiles ihres Grundstückes zum Bauplatz zu beantragen. Bei der Entscheidung über diesen Antrag wird die Behörde den Flächenwidmungsplan vom 17. Dezember 1987, soweit mit ihm für einen Teil des Grundstückes der Antragstellerin die Widmung Grünland und die Nutzungsart Parkanlage festgelegt wird, anzuwenden haben; dieser ist insoweit für den von der Behörde zu erlassenden Bescheid präjudiziell.
Es steht der Antragstellerin frei, gegen den ihren Antrag abweisenden Bescheid nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zu erheben und im Verfahren vor diesen Gerichtshöfen die behauptete Gesetzwidrigkeit des präjudiziellen Teiles des Flächenwidmungsplanes vom 17. Dezember 1987 geltend zu machen.
Der Antragstellerin steht somit ein zumutbarer Weg zur Verfügung, um über eine Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes gegen den auf der Grundlage dieses Flächenwidmungsplanes erlassenen Bescheid die Prüfung der Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnung zu erreichen (vgl. VfSlg. 8118/1977, 9135/1981).
Daraus folgt, daß der Antragstellerin auch die Legitimation zur Stellung des (Individual-)Antrages, den Flächenwidmungsplan vom 17. Dezember 1987 in dem von ihr angefochtenen Umfang aufzuheben, fehlt.
3. Es waren somit beide (Individual-)Anträge mangels Legitimation der Antragstellerin gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne vorausgegangene Verhandlung zurückzuweisen.
Schlagworte
Bescheid Spruch, Bescheidbegründung, Gemeinderecht, Vorstellung, Bescheid verfahrensrechtlicher, VfGH / Präjudizialität, Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, VfGH / Individualantrag, Auslegung eines BescheidesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:B38.1991Dokumentnummer
JFT_10068986_91B00038_00