Index
10/07 Verfassungs- und VerwaltungsgerichtsbarkeitNorm
B-VGLeitsatz
Auswertung in ArbeitSpruch
I. Der Flächenwidmungsplan der Gemeinde Ischgl, beschlossen vom Gemeinderat am 29. Mai 2006, elektronisch kundgemacht am 31. Jänner 2018, bestätigend kundgemacht an der Amtstafel der Gemeinde Ischgl am 3. Dezember 2019, soweit er sich auf das Grundstück Nr 2899/1, KG Ischgl, bezieht, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
II. Die Tiroler Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B-VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Tirol, "die Verordnung des Gemeinderats der Gemeinde Ischgl, Beschluss vom 29.05.2006, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Landesregierung vom 08.01.2007, Zl Ve1-2-608/2-35vA, erstmals elektronisch kundgemacht am 31.01.2018 von der Landesregierung, bestätigend kundgemacht von der Gemeinde gemäß §113 Abs1 TROG 2016 am 03.12.2019, im Bereich des Grundstücks 2899/1, KG Ischgl, als gesetzwidrig aufzuheben."
II. Rechtslage
1. Die einschlägigen Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2022 (TROG 2022), LGBl 43/2022Landesgesetzblatt 43 aus 2022,, idFin der Fassung LGBl 62/2022Landesgesetzblatt 62 aus 2022, lauten auszugsweise:
"§43
Sonderflächen
(1) Als Sonderflächen können außer in den in diesem Gesetz besonders geregelten Fällen Grundflächen gewidmet werden, auf denen
a) Gebäude und sonstige Anlagen errichtet werden sollen, die aufgrund ihres Verwendungszweckes an einen bestimmten Standort gebunden sind oder für die ein bestimmter Standort besonders geeignet ist; jedenfalls einer Widmung als Sonderfläche bedürfen außerhalb des Baulandes Ausflugsgasthäuser, Schutzhütten, Campingplätze, der Wildhege und der Jagdausübung dienende Gebäude, Reitställe, sofern sie nicht Teil eines landwirtschaftlichen Betriebes sind, Gärtnereien, Dauerkleingärten, Bienenhäuser mit mehr als 20 m² Nutzfläche oder in Massivbauweise und dergleichen,
b) […]
(2) – (5) […]
(6) Die Widmung als Sonderfläche nach Abs1 lita tritt außer Kraft, wenn die Baubewilligung für ein dem festgelegten Verwendungszweck entsprechendes Bauvorhaben nicht innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten der Widmung erteilt wird, wenn eine solche Baubewilligung erlischt oder wenn mit der Ausführung eines anzeigepflichtigen Bauvorhabens nicht innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten der Widmung begonnen wird. In diese Fristen sind die Zeiten des Bauverfahrens bzw bei anzeigepflichtigen Bauvorhaben des Fristenlaufes nach §30 Abs3 zweiter und fünfter Satz der Tiroler Bauordnung 2022 in der jeweils geltenden Fassung, eines Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht, dem Verwaltungsgerichtshof oder dem Verfassungsgerichtshof und einer Bausperre im Sinn des §75 nicht einzurechnen. In der elektronischen Kundmachung des Flächenwidmungsplanes ist das Außerkrafttreten der Widmung als Sonderfläche ersichtlich zu machen; gleichzeitig ist die vor dem Inkrafttreten der Widmung als Sonderfläche bestandene Widmung wieder darzustellen.
(7) Die Abs2 bis 6 gelten auch für die in diesem Gesetz besonders geregelten Sonderflächen, soweit für sie nichts anderes bestimmt ist.
§72
Weitergeltung gesetzlicher Bestimmungen für die analogen Flächenwidmungspläne
(1) Die Gemeinden haben den vor der erstmaligen elektronischen Kundmachung des Flächenwidmungsplanes bestandenen analogen Flächenwidmungsplan weiterhin im Gemeindeamt zur allgemeinen Einsicht während der für den Parteienverkehr bestimmten Amtsstunden aufzulegen.
(2) Auf im Zeitpunkt der erstmaligen elektronischen Kundmachung des Flächenwidmungsplanes bestandene Sonderflächen ist §43 Abs6 gegebenenfalls in Verbindung mit §43 Abs7 dieses Gesetzes in der Fassung LGBl Nr 27/2006Landesgesetzblatt Nr 27 aus 2006, weiter mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Frist von drei Jahren eine Frist von fünf Jahren tritt.
(3) – (4) […]"
2. Die einschlägigen Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 (TROG 2016), LGBl 101/2016Landesgesetzblatt 101 aus 2016,, idFin der Fassung LGBl 116/2020Landesgesetzblatt 116 aus 2020, lauteten auszugsweise:
"§43
Sonderflächen
(1) Als Sonderflächen können außer in den in diesem Gesetz besonders geregelten Fällen Grundflächen gewidmet werden, auf denen
a) Gebäude und sonstige Anlagen errichtet werden sollen, die aufgrund ihres Verwendungszweckes an einen bestimmten Standort gebunden sind oder für die ein bestimmter Standort besonders geeignet ist; jedenfalls einer Widmung als Sonderfläche bedürfen außerhalb des Baulandes Ausflugsgasthäuser, Schutzhütten, Campingplätze, der Wildhege und der Jagdausübung dienende Gebäude, Reitställe, sofern sie nicht Teil eines landwirtschaftlichen Betriebes sind, Gärtnereien, Dauerkleingärten, Bienenhäuser mit mehr als 20 m² Nutzfläche oder in Massivbauweise und dergleichen,
b) […]
(2) – (5) […]
(6) Die Widmung als Sonderfläche nach Abs1 lita tritt außer Kraft, wenn die Baubewilligung für ein dem festgelegten Verwendungszweck entsprechendes Bauvorhaben nicht innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten der Widmung erteilt wird, wenn eine solche Baubewilligung erlischt oder wenn mit der Ausführung eines anzeigepflichtigen Bauvorhabens nicht innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten der Widmung begonnen wird. In diese Fristen sind die Zeiten des Bauverfahrens bzw bei anzeigepflichtigen Bauvorhaben des Fristenlaufes nach §30 Abs3 zweiter und fünfter Satz der Tiroler Bauordnung 2018 in der jeweils geltenden Fassung, eines Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht, dem Verwaltungsgerichtshof oder dem Verfassungsgerichtshof und einer Bausperre im Sinn des §74 nicht einzurechnen. In der elektronischen Kundmachung des Flächenwidmungsplanes ist das Außerkrafttreten der Widmung als Sonderfläche ersichtlich zu machen; gleichzeitig ist die vor dem Inkrafttreten der Widmung als Sonderfläche bestandene Widmung wieder darzustellen.
(7) Die Abs2 bis 6 gelten auch für die in diesem Gesetz besonders geregelten Sonderflächen, soweit für sie nichts anderes bestimmt ist.
§47
Sonderflächen für land- oder forstwirtschaftliche Gebäude und Anlagen
(1) Die Widmung von Grundflächen als Sonderflächen für sonstige land- oder forstwirtschaftliche Gebäude und Anlagen, wie Almgebäude, Kochhütten, Feldställe, Städel in Massivbauweise, Forsthütten, Reitplätze und dergleichen, ist nur zulässig, wenn
a) die Gebäude oder Anlagen nach Größe, Ausstattung und sonstiger Beschaffenheit für einen bestehenden land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb betriebswirtschaftlich erforderlich sind und
b) die Widmung insbesondere den Zielen der örtlichen Raumordnung nach §27 Abs2 litf, g, h, i und j nicht widerspricht.
(2) – (3) […]
§70
Elektronische Kundmachung des Flächenwidmungsplanes
(1) Die elektronische Kundmachung des Flächenwidmungsplanes obliegt der Gemeinde. Diese hat derart zu erfolgen, dass
a) der Flächenwidmungsplan in der von der jeweiligen Gemeinde bestätigend elektronisch kundgemachten Fassung (§113), […]
b) – c) […]
(2) – (7) […]
§71a
Weitergeltung gesetzlicher Bestimmungen für die analogen Flächenwidmungspläne
(1) […]
(2) Auf im Zeitpunkt der erstmaligen elektronischen Kundmachung des Flächenwidmungsplanes bestandene Sonderflächen ist §43 Abs6 gegebenenfalls in Verbindung mit §43 Abs7 dieses Gesetzes in der Fassung LGBl Nr 27/2006Landesgesetzblatt Nr 27 aus 2006, weiter mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Frist von drei Jahren eine Frist von fünf Jahren tritt.
(3) – (4) […]
§113
Bestätigende elektronische Kundmachung des Flächenwidmungsplanes
(1) Alle Gemeinden mit Ausnahme der Stadt Innsbruck haben den von der Landesregierung nach §69 dieses Gesetzes in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr 144/2018Landesgesetzblatt Nr 144 aus 2018, elektronisch kundgemachten Flächenwidmungsplan in der am 15. November 2019 geltenden Fassung spätestens bis zum 31. Dezember 2019 im elektronischen Flächenwidmungsplan nach §70 Abs1 lita bestätigend elektronisch kundzumachen.
(2) […]
(3) Die Gemeinde hat den konsolidierten Datenstand nach Abs2 zu prüfen und längstens bis zum 20. Dezember 2019 durch Beschluss des Gemeinderates zu bestätigen. Gleichzeitig hat der Gemeinderat die bestätigende elektronische Kundmachung zu beschließen.
(4) Die bestätigende elektronische Kundmachung des Flächenwidmungsplanes hat derart zu erfolgen, dass
a) im Fall des Abs2 lita korrespondierend mit dem bisher bereits elektronisch kundgemachten Flächenwidmungsplan, der weiter dauerhaft zur Abfrage bereit zu halten ist, die der betreffenden Aufstellung zugrunde liegenden Daten,
b) im Fall des Abs2 litb die dem Flächenwidmungsplan in der dem Bestätigungsbeschluss des Gemeinderates nach Abs3 erster Satz entsprechenden Fassung zugrunde liegenden Daten
vom Bürgermeister zur Abfrage freigegeben werden; die Freigabe der Daten hat unverzüglich nach der Beschlussfassung im Gemeindesrat zu erfolgen. Die bestätigende elektronische Kundmachung hat den Tag der Freigabe zur Abfrage zu enthalten.
(5) Der Flächenwidmungsplan ist mit dem Ablauf des Tages, an dem die bestätigende elektronische Kundmachung zur Abfrage freigegeben wird, in seiner bestätigend elektronisch kundgemachten Fassung anzuwenden."
3. Die einschlägige Bestimmung des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2006 (TROG 2006) idFin der Fassung LGBl 27/2006Landesgesetzblatt 27 aus 2006, lautete auszugsweise:
"§43
Sonderflächen
(1) Als Sonderflächen können außer in den in diesem Gesetz besonders geregelten Fällen Grundflächen gewidmet werden, auf denen
a) Gebäude und sonstige Anlagen errichtet werden sollen, die aufgrund ihres Verwendungszweckes an einen bestimmten Standort gebunden sind oder für die ein bestimmter Standort besonders geeignet ist, wie Ausflugsgasthäuser, Schutzhütten, Campingplätze, der Wildhege und der Jagdausübung dienende Gebäude, Reitställe, sofern sie nicht Teil eines landwirtschaftlichen Betriebes sind, Gärtnereien, Dauerkleingärten, Bienenhäuser mit mehr als 20 m2 Nutzfläche oder in Massivbauweise und dergleichen,
b) […]
(2) – (5) […]
(6) Die Gemeinde hat die Widmung als Sonderfläche nach Abs1 lita aufzuheben, wenn die Baubewilligung für ein dem festgelegten Verwendungszweck entsprechendes Bauvorhaben nicht innerhalb von drei Jahren nach dem In-Kraft-Treten der Widmung erteilt wird, wenn eine solche Baubewilligung in weiterer Folge erlischt oder wenn mit der Ausführung eines anzeigepflichtigen Bauvorhabens nicht innerhalb von drei Jahren nach dem In-Kraft-Treten der Widmung begonnen wird. §11 Abs5 zweiter Satz ist anzuwenden.
(7) Die Abs2 bis 6 gelten auch für die in diesem Gesetz besonders geregelten Sonderflächen, soweit für sie nichts anderes bestimmt ist."
4. Die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 19. Dezember 2017 über den Tag der erstmaligen elektronischen Kundmachung der Flächenwidmungspläne der Gemeinden Abfaltersbach, Achenkirch, Baumkirchen, Berwang, Buch in Tirol, Elbigenalp, Elmen, Forchach, Fritzens, Gaimberg, Heinfels, Höfen, Ischgl, Kauns, Leisach, Niederndorferberg, Pill, Prutz, Rettenschöss, Roppen, Scheffau am Wilden Kaiser, See, Terfens, Tobadill, Walchsee, Wattenberg, Weer und Wenns, LGBl 3/2018Landesgesetzblatt 3 aus 2018,, lauten:
"§1
Gemeinden, erstmalige elektronische Kundmachung
(1) Für die Gemeinden […] Ischgl […] ist der Flächenwidmungsplan vom 31. Jänner 2018 an nach §69 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 elektronisch kundzumachen.
(2) Vom 1. Februar 2018 an gilt für die im Abs1 genannten Gemeinden ausschließlich der elektronisch kundgemachte Flächenwidmungsplan.
(3) – (8) […]"
5. Die einschlägige Bestimmung des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 (TROG 2016), LGBl 101/2016Landesgesetzblatt 101 aus 2016,, idFin der Fassung LGBl 144/2018Landesgesetzblatt 144 aus 2018, lautete auszugsweise:
"§69
Elektronische Kundmachung des Flächenwidmungsplanes
(1) Die elektronische Kundmachung des Flächenwidmungsplanes auf der Grundlage der digitalen Daten obliegt der Landesregierung.
(2) Die elektronische Kundmachung des Flächenwidmungsplanes hat in der Weise zu erfolgen, dass der Flächenwidmungsplan ab dem der Erteilung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung folgenden Tag auf der Internetseite des Landes zur Abfrage bereitgehalten wird. Der Flächenwidmungsplan und die Daten nach Abs3 sind derart bereitzuhalten, dass diese nach Grundstücken abgefragt werden können. Der Flächenwidmungsplan tritt mit dem Ablauf des Tages der Freigabe zur Abfrage in Kraft. Änderungen des Flächenwidmungsplanes treten mit dem Ablauf jenes Tages, an dem die geänderte Fassung des Flächenwidmungsplanes zur Abfrage freigegeben wird, in Kraft. Die elektronische Kundmachung hat den Tag, an dem die jeweils geltende Fassung des Flächenwidmungsplanes zur Abfrage freigegeben worden ist, zu enthalten.
(3) – (6) […]"
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1.1. Am 29. Mai 2006 wurde der Flächenwidmungsplan der Gemeinde Ischgl vom Gemeinderat beschlossen. Dieser sah für das Grundstück Nr 2899/1, KG Ischgl, die Widmung "Sonderfläche sonstige land- und forstwirtschaftliche Gebäude und Anlagen, §47, SLG-4 – landwirtschaftliches Wirtschaftsgebäude" vor. Er wurde mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 8. Jänner 2007 aufsichtsbehördlich genehmigt, vom 11. bis 26. Jänner 2007 durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde Ischgl kundgemacht und bestand zunächst analog. Am 1. Februar 2018 wurde er gemäß §1 Abs1 der für die Gemeinde Ischgl gültigen Verordnung der Tiroler Landesregierung über den Tag der erstmaligen Kundmachung der Flächenwidmungspläne (LGBl 3/2018Landesgesetzblatt 3 aus 2018,) gemäß §69 TROG 2016 elektronisch kundgemacht. Freigegeben wurde er am 3. Dezember 2019 nach einem entsprechenden Bestätigungsbeschluss der elektronischen Kundmachung durch den Gemeinderat Ischgl gemäß §113 Abs3 TROG 2016.
1.2. Mit Eingabe vom 21. Oktober 2019 suchte die beteiligte Partei im verfassungsgerichtlichen Verfahren (Bauwerberin) um die Erteilung einer Baubewilligung für den Neubau eines Wirtschaftsgebäudes mit Garage auf dem – bis dahin unbebauten – Grundstück Nr 2899/1, KG Ischgl, an. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Ischgl vom 9. Juli 2020 wurde die beantragte Baubewilligung erteilt. Die Behörde bejahte die Zulässigkeit der Errichtung des Wirtschaftsgebäudes auf Grund der bestehenden Flächenwidmung.
1.3. Beim Landesverwaltungsgericht Tirol ist gegen diesen Bescheid eine Beschwerde einer weiteren beteiligten Partei im verfassungsgerichtlichen Verfahren (Nachbarin der Bauwerberin) anhängig.
2. Das Landesverwaltungsgericht Tirol legt seine Bedenken wie folgt dar (ohne Hervorhebungen im Original):
"Zur Zulässigkeit des Antrages:
Mit Eingabe vom 21.10.2019 suchte [die Bauwerberin] um Baubewilligung für den Neubau eines Wirtschaftsgebäudes mit Garage auf Gst 2899/1, KG Ischgl, an. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Ischgl vom 09.07.2020 wurde die beantragte Baubewilligung erteilt.
Das Grundstück 2899/1, KG Ischgl, weist die Widmung Sonderfläche sonstige land- und forstwirtschaftliche Gebäude und Anlagen §47, SLG-4 – landwirtschaftliches Wirtschaftsgebäudes auf.
Am 10.03.2020 wurde vor der Behörde die mündliche Verhandlung durchgeführt. Von einem gesetzmäßigen Präklusionshinweis in der Kundmachung zur mündlichen Verhandlung ist (wenngleich auch nicht in zu §42 AVG wortgleicher Formulierung) auszugehen, bei gegenteiliger Interpretation hätten Einwendungen präklusionsvermeidend zudem noch in der Beschwerde vorgebracht werden dürfen.
Die Nachbarin […] monierte bereits in der mündlichen Verhandlung vor der Behörde als auch neuerlich in ihrer Beschwerde Rechtswidrigkeit der Flächenwidmung des Baugrundstückes aus näher benannten Gründen. Die Nachbarin […] erhob gleiches Vorbringen in ihrer Beschwerde.
Jedenfalls die Nachbarin […] hat damit aufgrund ihres einschlägigen Vorbringens bereits in der mündlichen Verhandlung vor der Behörde ihre Parteistellung beibehalten und konnte daher auch in der Beschwerde Verletzung in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm geltend machen.
Die Geltendmachung von Rechtsverletzungen wegen Anwendung einer (wie hier entgegen ausdrücklichem gesetzlichem Auftrag zur Aufhebung weiterhin dem Rechtsbestand angehörenden) rechtswidrigen generellen Norm muss dem Nachbarn eines Bauverfahrens zur Wahrung seiner Interessen eingeräumt sein, dies wie vorliegend auch unabhängig davon, dass eine Sonderflächenwidmung nach §47 TROG für sich nicht mit einem baurechtlichen subjektiv öffentlich-rechtlichen Immissionsschutz für einen Nachbarn (im Sinne des §33 Abs3 lita TBO 2018) verbunden ist, dies nämlich in Anbetracht des Umstandes, dass nach Aufhebung der rechtswidrigen Widmung die letztlich verordnete Flächenwidmung allfällig mit einem Immissionsschutz für den Nachbarn des Bauverfahrens verbunden sein kann.
Neben den Vorhalten der Rechtswidrigkeit der Flächenwidmung der Baugrundstücke brachten die Nachbarn auch Einwendungen in immissionsmäßiger sowie in brandschutzmäßiger Hinsicht (mit Fragen der Zufahrt für Einsatzfahrzeuge jedoch nicht dem Nachbarrecht unterliegend) vor.
Die Baubehörde wendete die in Rede stehende Flächenwidmung zur Begründung der Erteilung der Baubewilligung vom 09.07.2020 an und erklärte das Bauvorhaben aufgrund der bestehenden Widmung ausdrücklich als zulässig. Bei der Überprüfung der Frage, ob die Baubewilligung – auch unter einer Abweisung der Nachbareinwendungen – zu Recht erteilt wurde, hat auch das Landesverwaltungsgericht Tirol die Flächenwidmungsplanänderung vom 12.03.1998 anzuwenden.
Die in Prüfung zu ziehende Verordnung ist präjudiziell, der Widmung des Bauplatzes kommt im Verfahren Präjudizialität zu.
[…]
In der Sache:
Zum erstmaligen Widmungszeitpunkt galt das Tiroler Raumordnungsgesetz TROG 1997, LGBl Nr 10/1997Landesgesetzblatt Nr 10 aus 1997, idFin der Fassung LGBl Nr 21/1998Landesgesetzblatt Nr 21 aus 1998,. §43 Abs4 leg cit bestimmte, dass, wird auf einer als Sonderfläche nach Abs1 lita gewidmeten Grundfläche nicht innerhalb von drei Jahren nach dem Inkrafttreten der Widmung mit der Ausführung eines dem festgelegten Verwendungszweck entsprechenden Bauvorhabens begonnen, die Gemeinde die Widmung als Sonderfläche aufzuheben hat. Nach Abs5 dieser Bestimmung galt unter anderem auch der Abs4 für die in diesem Gesetz besonderes geregelten Sonderflächen, soweit für sie nicht anderes bestimmt ist. §47 leg cit regelte Sonderflächen für sonstige land- und forstwirtschaftliche Gebäude. Sonderregelungen im Sinne des Abs5 des §43 waren darin nicht vorgesehen.
Mit der 5. Raumordnungsgesetz-Novelle, LGBl Nr 73/2001Landesgesetzblatt Nr 73 aus 2001,, erfolgten bezogen auf §43 Abs4 hinsichtlich der Fristberechnung Anpassungen, dies auch in Unterscheidung zwischen bewilligungs- und anzeigepflichtigen Bauvorhaben. Mit LGBl Nr 93/2001Landesgesetzblatt Nr 93 aus 2001, erfolgte eine Wiederverlautbarung, mit LGBl Nr 35/2005Landesgesetzblatt Nr 35 aus 2005, änderten sich die relevanten Absatzbezeichnungen des §43.
Der Verpflichtung der Gemeinde, eine Widmung als Sonderfläche nach §43 (über gesetzlichen Verweis entsprechend auch Sonderflächenwidmungen gemäß §47) wieder aufzuheben, wurde vielfach nicht entsprochen. Mit der Einführung des elektronischen Flächenwidmungsplanes mit Novelle LGBl Nr 47/2011Landesgesetzblatt Nr 47 aus 2011, wurde daher die Regelung eingeführt, wonach das Außerkrafttreten der Sonderflächenwidmung ex lege vorgesehen ist. Zugleich wurde die Frist für die notwendige Verwirklichung des verordneten Verwendungszweckes auf fünf Jahre erstreckt.
Bis zur stufenweisen Einführung des elektronischen Flächenwidmungsplanes in den verschiedenen Gemeinden (für die Gemeinde Ischgl galt die Verordnung der Landesregierung LGBL Nr 3/2018 mit dem 31.01.2018 als Tag der erstmaligen elektronischen Kundmachung des Flächenwidmungsplanes) blieben die bisherigen analogen Flächenwidmungspläne aufrecht und waren darauf die korrespondierenden bisherigen Vorschriften weiter anzuwenden. Dies galt unter anderem auch hinsichtlich der Umwidmungsverpflichtung nach dem bisherigen §43 Abs6, in Verbindung mit §43 Abs7 auch für Sonderflächen nach §47. Für im Zeitpunkt der Umstellung des Flächenwidmungsplanes bestehende Sonderflächen blieb die Verpflichtung der Gemeinde, die Widmung als Sonderfläche gegebenenfalls wieder aufzuheben, jedenfalls auch weiterhin bestehen (§109 Abs5 LGBl Nr 47/2011Landesgesetzblatt Nr 47 aus 2011,). Einschlägiges Übergangsrecht sah auch Artikel II der Novelle LGBl Nr 47/2011Landesgesetzblatt Nr 47 aus 2011, vor.
Mit Novelle LGBl Nr 101/2016Landesgesetzblatt Nr 101 aus 2016, wurde das Tiroler Raumordnungsgesetz 2011 als Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 wiederverlautbart. §109 erhielt dabei die Bezeichnung §113 (Weitergeltung analoger Flächenwidmungspläne).
Mit Novelle 122/2019 zum Tiroler Raumordnungsgesetz 2016, LGBl Nr 101, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl Nr 110/2019Landesgesetzblatt Nr 110 aus 2019,, wurde §71a (Weitergeltung gesetzlicher Bestimmungen für die analogen Flächenwidmungspläne) eingefügt. Abs2 dieser Bestimmung legt fest, dass auf die im Zeitpunkt der erstmaligen elektronischen Kundmachung des Flächenwidmungsplanes bestandene Sonderflächen §43 Abs6 gegebenenfalls in Verbindung mit §43 Abs7 dieses Gesetzes in der Fassung LGBl Nr 27/2006Landesgesetzblatt Nr 27 aus 2006, weiter mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass an die Stelle der Frist von drei Jahren eine Frist von fünf Jahren tritt. Nach den Erläuternden Bemerkungen entspricht diese Bestimmung des §71a in punktuell aktualisierter Form dem bisherigen §113 Abs3 dritter Satz, 4, 5 und 6.
Der verwiesene §43 Abs6 TROG 2006, LGBlLandesgesetzblatt Nr 27, lautet:
'Die Gemeinde hat die Widmung als Sonderfläche nach Abs1 lita aufzuheben, wenn die Baubewilligung für ein dem festgelegten Verwendungszweck entsprechendes Bauvorhaben nicht innerhalb von drei Jahren nach dem In-Kraft-Treten der Widmung erteilt wird, wenn eine solche Baubewilligung in weiterer Folge erlischt oder wenn mit der Ausführung eines anzeigepflichtigen Bauvorhabens nicht innerhalb von drei Jahren nach dem In-Kraft-Treten der Widmung begonnen wird. §11 Abs5 zweiter Satz ist anzuwenden.'
Der verwiesene §43 Abs7 TROG 2006, LGBlLandesgesetzblatt Nr 27, lautet:
'Die Abs2 bis 6 gelten auch für die in diesem Gesetz besonders geregelten Sonderflächen, soweit für sie nichts anderes bestimmt ist.'
§47 TROG 2006, LGBlLandesgesetzblatt Nr 27, regelt Sonderflächen für sonstige land- und forstwirtschaftliche Gebäude. Sonderregelungen im Sinne des Abs7 des §43 sind darin nicht vorgesehen.
Das betroffene Grundstück 2899/1 ist unbebaut. Eine Baubewilligung für dieses Grundstück wurde binnen den maßgeblichen (nunmehr) fünf Jahren aktenevident nicht erteilt.
Die Sonderflächenwidmung wurde entgegen gesetzlicher Verpflichtung von der Gemeinde nicht aufgehoben. Die bestehende Sonderflächenwidmung erweist sich daher als rechtswidrig. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat diese Widmung im gegenständlichen Beschwerdeverfahren zugrunde zu legen, diese Widmung ist im Lichte der höchstgerichtlichen Rechtsprechung für die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Tirol im gegenständlichen Verfahren sohin präjudiziell."
3. Die Tiroler Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der dem Antrag Folgendes entgegengehalten wird (ohne Hervorhebungen im Original):
"Zur Zulässigkeit des Antrages im gegenständlichen Fall:
[…]
Mit der gegenständlichen Flächenwidmung 'Sonderfläche sonstige land- und forstwirtschaftliche Gebäude und Anlagen §47, SLG- 4 – landwirtschaftliches Wirtschaftsgebäude' ist kein Immissionsschutz verbunden, weshalb es den Nachbarn im gegenständlichen Verfahren grundsätzlich nicht möglich ist, Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes zu erheben.
Wenn Landesverwaltungsgericht Tirol im gegenständlichen Antrag ausführt, dass den Nachbarn eines Bauverfahrens die Geltendmachung von Rechtsverletzungen wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm zur Wahrung ihrer Interessen eingeräumt sein müsse, selbst wenn eine Sonderflächenwidmung nach §47 TROG für sich nicht mit einem baurechtlichen subjektiv öffentlich-rechtlichen Immissionsschutz für Nachbarn iSd. §33 Abs3 lita TBO 2018 verbunden sei, da im Fall der Aufhebung der rechtswidrigen Widmung die letztlich verordnete Flächenwidmung allenfalls mit einem Immissionsschutz für die Nachbarn des Bauverfahrens einhergehen könnte, ist dem entgegenzuhalten, dass die Frage nach einer allfälligen künftigen Widmung irrelevant und nur die aktuelle Widmung für die Zulässigkeit vorgebrachter Einwendungen entscheidend ist.
Da mit der aktuellen Flächenwidmung 'Sonderfläche sonstige land- und forstwirtschaftliche Gebäude und Anlagen §47, SLG- 4 – landwirtschaftliches Wirtschaftsgebäude' kein Immissionsschutz verbunden ist, dürften die Einwendungen der Nachbarn betreffend die Rechtswidrigkeit der Flächenwidmung des Grundstückes Nr 2899/1, KG Ischgl, im gegenständlichen Verfahren unzulässig und vom Landesverwaltungsgericht zurückzuweisen sein.
Die Zulässigkeit des gegenständlichen Antrages des Landesverwaltungsgerichtes Tirol dürfte dennoch zu bejahen sein, da das Landesverwaltungsgericht für die Beurteilung der Zulässigkeit der von den Nachbarinnen erhobenen Einwendungen den Flächenwidmungsplan hinsichtlich des in Rede stehenden Grundstückes heranziehen wird müssen und dieser somit – insbesondere vor dem Hintergrund der rezenten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes […] – präjudiziell sein dürfte.
Dabei wird auch zu beachten sein, dass sich der Verfassungsgerichtshof nach ständiger Rechtsprechung als nicht berechtigt erachtet, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd. Art139 Abs1 Z1 B-VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vglvergleiche etwa VfSlg 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
[…]
Zur Begründetheit des gegenständlichen Antrages:
Nach Ansicht der Tiroler Landesregierung ist der gegenständliche Antrag aufgrund folgender Überlegungen unbegründet:
1. […]
Das Landesverwaltungsgericht erblickt die Gesetzwidrigkeit der in Rede stehenden Widmungsfestlegung ausschließlich darin, dass die Gemeinde ihrer – aktuell sich aus §71a Abs2 TROG 2016 in Verbindung mit §43 Abs6 und 7 dieses Gesetzes, in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr 27/2016Landesgesetzblatt Nr 27 aus 2016,, ergebenden – Verpflichtung nicht entsprochen habe, diese Widmung dann aufzuheben, wenn die Baubewilligung für ein dem festgelegten Verwendungszweck entsprechendes Bauvorhaben nicht innerhalb von fünf Jahren nach ihrem Inkrafttreten erteilt worden ist.
2. Es trifft zu, dass diese vom Landesverwaltungsgericht ins Treffen geführten gesetzlichen Bestimmungen auf die verfahrensgegenständliche Widmung als Sonderfläche Anwendung finden. Auch trifft es zu, dass eine dem festgelegten Widmungszweck entsprechende Baubewilligung vorliegend erst nach dem Ablauf der Frist von fünf Jahren erteilt worden ist, und zwar in Form der im Anlassverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht beschwerdegegenständlichen Baubewilligung des Bürgermeisters der Gemeinde Ischgl vom 9. Juli 2020, […].
Es ist daher einzig die Frage rechtserheblich, ob eine entsprechende Widmung als Sonderfläche per se gesetzwidrig wird, weil diese ungeachtet dessen im Rechtsbestand belassen wurde, dass eine dem festgelegten Widmungszweck erteilte Baubewilligung nicht fristgerecht erteilt worden ist. Nach Ansicht der Landesregierung ist dies bei einer gebotenen Gesamtschau der hier maßgebenden Bestimmungen des TROG 2016 nicht der Fall.
Die grundlegenden gesetzlichen Determinanten für die Flächenwidmungsplanung ergeben sich aufgrund des §35 Abs1 erster Satz TROG 2016. Demnach ist im Flächenwidmungsplan – unbeschadet der Planungskompetenzen des Bundes und des Landes – unter Berücksichtigung der Ziele der örtlichen Raumordnung, des örtlichen Raumordnungskonzeptes und der Ergebnisse der Bestandsaufnahme für alle Grundflächen des Gemeindegebietes der Verwendungszweck durch die Widmung als Bauland, Freiland, Sonderflächen oder Vorbehaltsflächen festzulegen.
Maßgebend für die Gesetzeskonformität eines Flächenwidmungsplanes sind also seine Übereinstimmung zum einen mit den Zielen der örtlichen Raumordnung und zum anderen mit dem örtlichen Raumordnungskonzept. Während die örtlichen Raumordnungsziele, wie sie sich aus dem Katalog des §27 Abs2 TROG 2016 ergeben, umfassend angelegt sind und deshalb stets eine Abwägung erfordern, enthält das örtliche Raumordnungskonzept konkrete – und dementsprechend die Flächenwidmungsplanung per se bindende – Festlegungen über die geordnete räumliche Entwicklung der Gemeinde (auch hier wiederum) im Sinn der Ziele der örtlichen Raumordnung (vglvergleiche §31 Abs1 TROG 2016, der auch einen Katalog der jedenfalls im örtlichen Raumordnungskonzept zu treffenden Festlegungen enthält).
Bei dieser Ausgangslage erweisen sich Festlegungen des Flächenwidmungsplanes dann als gesetzwidrig, wenn sie per se dem örtlichen Raumordnungskonzept oder in qualifizierter Weise den örtlichen Raumordnungszielen widersprechen; letzteres, indem die Gemeinde ihr Planungsermessen überschritten und bei einer gebotenen Gesamtschau der Raumordnungsziele eine nicht mehr vertretbare Planungsentscheidung getroffen hat.
Diese gesetzliche Grundkonzeption spiegelt sich in jenen Gründen wieder, bei deren Vorliegen der Flächenwidmungsplan verpflichtend zu ändern ist. Nach §36 Abs1 TROG 2016 besteht diese Verpflichtung (nur) in jenen Fällen, in denen dies aufgrund einer Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes (lita) oder zur Verwirklichung einer dem örtlichen Raumordnungskonzept, insbesondere den Festlegungen nach §31 Abs1 litd bis g (hierbei handelt es sich um grundlegende
Festlegungen in Bezug auf die Siedlungsentwicklung und die wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde), entsprechenden weiteren räumlichen Entwicklung der Gemeinde (litb) erforderlich ist. […]
Das Landesverwaltungsgericht stützt seine Annahme, dass die verfahrensgegenständliche Widmung als Sonderfläche gesetzwidrig sei, demgegenüber – wie dargelegt – ausschließlich darauf, dass die Gemeinde ihrer – aktuell sich aus §71a Abs2 TROG 2016 in Verbindung mit §43 Abs6 und 7 dieses Gesetzes, in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr 27/2016Landesgesetzblatt Nr 27 aus 2016,, ergebenden – Verpflichtung nicht entsprochen hat, diese Widmung dann aufzuheben, wenn die Baubewilligung für ein dem festgelegten Verwendungszweck entsprechendes Bauvorhaben nicht innerhalb von fünf Jahren nach ihrem Inkrafttreten erteilt worden ist.
Die isolierte Betrachtung ausschließlich dieser Gesetzesbestimmungen berücksichtigt nicht den vorhin aufgezeigten Gesamtzusammenhang, wie er sich aus den hier maßgebenden gesetzlichen Grundlagen des TROG 2016 über die örtliche Raumordnung, insbesondere über die Flächenwidmungsplanung, ergibt. Nach Ansicht der Tiroler Landesregierung erweist sich daher eine Widmung als Sonderfläche allein aufgrund dessen nicht als gesetzwidrig. Dazu bedürfte es darüber hinaus eines qualifizierten Widerspruches zu den örtlichen Raumordnungszielen oder auch eines konkreten Widerspruchs zu Festlegungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes. Ein derartiger Widerspruch wird aber vom Landesverwaltungsgericht nicht behauptet noch ist er sonst ersichtlich.
3. Ausweislich der Erläuternden Bemerkungen zur Vorgängerbestimmung des §43 Abs4 und 5 des vormaligen Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994, LGBlLandesgesetzblatt Nr 81, betreffend die Verpflichtung der Gemeinde, die Widmung als Sonderfläche bei nicht widmungsgemäßer Verwendung des Grundstückes aufzuheben, verfolgt diese Bestimmung den Zweck, unerwünschte längerfristige Vorratswidmungen im Bereich der Sonderflächen zu unterbinden. Diesem Zweck ist vorliegend, wenn auch verspätet, durch die Erteilung der Baubewilligung im zugrundeliegenden Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht entsprochen worden.
Auch daraus ergibt sich nach Ansicht der Tiroler Landesregierung, dass – selbst wenn man den vorhin […] dargelegten Erwägungen nicht folgen wollte – eine Gesetzwidrigkeit einer entsprechenden Sonderflächenwidmung, welche deren Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof zur Folge hätte, jedenfalls seit der Erteilung einer entsprechenden Baubewilligung nicht mehr vorliegt."
4. Der Bürgermeister der Gemeinde Ischgl hat als beteiligte Partei des verfassungsgerichtlichen Verfahrens eine Äußerung eingebracht, in der dem Antrag Folgendes entgegengehalten wird (ohne Hervorhebungen im Original):
"In §43 Abs6 TROG 2016 ist normiert, dass die Widmung als Sonderfläche nach Abs1 lita leg cit außer Kraft tritt, wenn die Baubewilligung für ein dem festgelegten Verwendungszweck entsprechendes Bauvorhaben nicht innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten der Widmung erteilt wird.
Durch die Erlassung des digitalen Flächenwidmungsplanes fängt die in §43 Abs6 TROG 2016 gesetzlich vorgesehene Frist neu zu laufen an. Da der elektronische Flächenwidmungsplan am 31.01.2018 kundgemacht wurde, endet die 5-Jahresfrist des §§43 Abs6 iVmin Verbindung mit 43 Abs7 iVmin Verbindung mit 47 TROG 2016 am 31.01.2023.
Der vom Bürgermeister der Gemeinde Ischgl erlassene Baubescheid gründet sich daher zu Recht auf die verfahrensgegenständliche Sonderflächenwidmung und ist diese keinesfalls rechtswidrig, da die 5-Jahresfrist zum Zeitpunkt der Erlassung des Baubescheides noch nicht abgelaufen war."
5. Die Beschwerdeführerin des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol (Nachbarin der Bauwerberin) hat als beteiligte Partei des verfassungsgerichtlichen Verfahrens eine Äußerung eingebracht, in der sie dem Vorbringen des Antrages des Landesverwaltungsgerichtes Tirol beitritt.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Antrages
1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B-VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vglvergleiche etwa VfSlg 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
1.2. Im Verfahren ist nichts hervorgekommen, was an der Präjudizialität der angefochtenen Verordnung zweifeln ließe. Wie das Landesverwaltungsgericht Tirol zutreffend ausgeführt hat, hat es bei der "Überprüfung der Frage, ob die Baubewilligung – auch unter einer Abweisung der Nachbareinwendungen – zu Recht erteilt wurde", den angefochtenen Flächenwidmungsplan der Gemeinde Ischgl anzuwenden, soweit er sich auf das Grundstück Nr 2899/1, KG Ischgl, bezieht.
1.3. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag daher insgesamt als zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vglvergleiche VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).
2.2. Der Antrag ist begründet.
2.3. Das Landesverwaltungsgericht Tirol macht im Wesentlichen eine Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Ischgl geltend, soweit er sich auf das Grundstück Nr 2899/1, KG Ischgl, bezieht. Mit Beschluss des Gemeinderates Ischgl vom 29. Mai 2006 sei ein Flächenwidmungsplan erlassen worden, in dem dieses Grundstück als "Sonderfläche sonstige land- und forstwirtschaftliche Gebäude und Anlagen, §47, SLG-4 – landwirtschaftliches Wirtschaftsgebäude" gewidmet worden sei. Dieser Flächenwidmungsplan sei erstmalig am 31. Jänner 2018 elektronisch kundgemacht worden. Die Gemeinde habe dies gemäß §113 Abs1 TROG 2016 idFin der Fassung LGBl 122/2019Landesgesetzblatt 122 aus 2019, am 3. Dezember 2019 bestätigend kundgemacht. §71a TROG 2016 idFin der Fassung LGBl 122/2019Landesgesetzblatt 122 aus 2019, verweise im Hinblick auf im Zeitpunkt der erstmaligen elektronischen Kundmachung des Flächenwidmungsplanes bestehende Sonderflächen auf §43 Abs6 und 7 TROG 2006 idFin der Fassung LGBl 27/2006Landesgesetzblatt 27 aus 2006, und verpflichte die Gemeinde damit zur Aufhebung von Sonderflächenwidmungen, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten der Widmung keine Baubewilligung erteilt werde, eine Baubewilligung erlösche oder mit der Ausführung eines anzeigepflichtigen Bauvorhabens nicht begonnen worden sei. Das Grundstück Nr 2899/1, KG Ischgl, sei unbebaut; eine Baubewilligung für dieses Grundstück sei innerhalb der maßgeblichen fünf Jahre nicht erteilt worden. Da die Sonderflächenwidmung entgegen der gesetzlichen Verpflichtung von der Gemeinde nicht aufgehoben worden sei, sei sie rechtwidrig.
2.4. Die Tiroler Landesregierung bringt zusammengefasst vor, dass es zwar zutreffe, dass im vorliegenden Fall eine dem festgelegten Widmungszweck entsprechende Baubewilligung erst nach dem Ablauf der Frist von fünf Jahren erteilt worden sei. Entgegen dem Vorbringen des Landesverwaltungsgerichtes erweise sich eine Widmung als Sonderfläche jedoch nicht alleine deshalb als gesetzwidrig, weil sie §71a iVmin Verbindung mit §43 Abs6 und 7 TROG 2006 idFin der Fassung LGBl 27/2006Landesgesetzblatt 27 aus 2006, widerspreche. Vielmehr bedürfe es darüber hinaus auch eines Widerspruches zu den örtlichen Raumordnungszielen oder den Festlegungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes. Die isolierte Betrachtung des Landesverwaltungsgerichtes berücksichtige nicht diesen Gesamtzusammenhang des TROG 2016. Dem Normzweck, unerwünschte längerfristige Vorratswidmungen im Bereich von Sonderflächen zu unterbinden, sei im vorliegenden Fall, wenn auch verspätet, durch die Erteilung der Baubewilligung entsprochen worden.
2.5. Der Bürgermeister der Gemeinde Ischgl verweist in seiner Äußerung darauf, dass der analoge Flächenwidmungsplan und damit die entsprechende Sonderflächenwidmung des Grundstückes Nr 2899/1, KG Ischgl, in den elektronischen Flächenwidmungsplan übergeführt worden sei. §43 Abs6 TROG 2016 normiere, dass eine Sonderflächenwidmung außer Kraft trete, wenn die Baubewilligung für ein dem festgelegten Verwendungszweck entsprechendes Bauvorhaben nicht innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten der Widmung erteilt werde. Durch die Erlassung des digitalen Flächenwidmungsplanes habe die in §43 Abs6 TROG 2016 vorgesehene Frist neu zu laufen begonnen. Da der elektronische Flächenwidmungsplan am 31. Jänner 2018 kundgemacht worden sei, ende die Fünfjahresfrist des §43 Abs6 und 7 iVmin Verbindung mit §47 TROG 2016 erst am 31. Jänner 2023. Der angefochtene Flächenwidmungsplan sei daher nicht rechtswidrig.
2.6. Die für das Grundstück Nr 2899/1, KG Ischgl, maßgebliche Widmung "Sonderfläche sonstige land- und forstwirtschaftliche Gebäude und Anlagen, §47, SLG-4 – landwirtschaftliches Wirtschaftsgebäude" wurde im Rahmen des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Ischgl vom Gemeinderat Ischgl am 29. Mai 2006 beschlossen. Dieser wurde vom 11. bis 26. Jänner 2007 durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde Ischgl kundgemacht. Am 1. Februar 2018 wurde er gemäß §1 Abs1 der für die Gemeinde Ischgl gültigen Verordnung der Tiroler Landesregierung über den Tag der erstmaligen Kundmachung der Flächenwidmungspläne (LGBl 3/2018Landesgesetzblatt 3 aus 2018,) gemäß §69 TROG 2016 elektronisch kundgemacht. Freigegeben wurde er am 3. Dezember 2019 nach einem entsprechenden Bestätigungsbeschluss der elektronischen Kundmachung durch den Gemeinderat der Gemeinde Ischgl gemäß §113 Abs3 TROG 2016.
2.7. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist zur Beurteilung einer Verordnung die Rechtslage im Zeitpunkt der Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung maßgeblich, sofern keine besondere Übergangsbestimmung vorhanden ist (vglvergleiche VfSlg 8329/1978, 8463/1978; VfGH 26.6.2019, V75/2018). Das nunmehr geltende TROG 2022 idFin der Fassung LGBl 62/2022Landesgesetzblatt 62 aus 2022, sieht gemäß §43 Abs6 und 7 vor, dass Sonderflächenwidmungen ex lege außer Kraft treten, wenn die Baubewilligung für ein dem festgelegten Verwendungszweck entsprechendes Bauvorhaben nicht innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten der Widmung erteilt wird, wenn eine solche Baubewilligung erlischt oder wenn mit der Ausführung eines anzeigepflichtigen Bauvorhabens nicht innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten der Widmung begonnen wird.
§72 Abs2 TROG 2022 sieht jedoch eine Übergangsbestimmung für – wie im vorliegenden Fall – im Zeitpunkt der erstmaligen elektronischen Kundmachung des Flächenwidmungsplanes bestehende Sonderflächen vor. Auf sie ist §43 Abs6, gegebenenfalls in Verbindung mit §43 Abs7 TROG 2006 idFin der Fassung LGBl 27/2006Landesgesetzblatt 27 aus 2006,, weiter mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Frist von drei Jahren eine Frist von fünf Jahren tritt. Diese Bestimmung legt fest, dass die Gemeinde Sonderflächenwidmungen aufzuheben hat, wenn die Baubewilligung für ein dem festgelegten Verwendungszweck entsprechendes Bauvorhaben nicht innerhalb von drei Jahren nach dem Inkrafttreten der Widmung erteilt wird, wenn eine solche Baubewilligung in weiterer Folge erlischt oder wenn mit der Ausführung eines anzeigepflichtigen Bauvorhabens nicht innerhalb von drei Jahren nach dem Inkrafttreten der Widmung begonnen wird. §43 Abs7 TROG 2006 idFin der Fassung LGBl 27/2006Landesgesetzblatt 27 aus 2006, bestimmt, dass unter anderem Abs6 auch für die in diesem Gesetz besonders geregelten Sonderflächen gilt, soweit für sie nichts Anderes bestimmt ist.
2.8. Im Zeitpunkt der ersten elektronischen Kundmachung des Flächenwidmungsplanes von Ischgl am 31. Jänner 2018 bestand im Hinblick auf das Grundstück Nr 2899/1, KG Ischgl, – seit Inkrafttreten des Flächenwidmungsplanes am 27. Jänner 2007 durchgängig – eine Widmung als "Sonderfläche sonstige land- und forstwirtschaftliche Gebäude und Anlagen, §47, SLG-4 – landwirtschaftliches Wirtschaftsgebäude". Gemäß der Übergangsbestimmung des §72 Abs2 TROG 2022 iVmin Verbindung mit §43 Abs6 und 7 TROG 2006 idFin der Fassung LGBl 27/2006Landesgesetzblatt 27 aus 2006, hat die Gemeinde die Sonderflächenwidmung aufzuheben, wenn die Baubewilligung für ein dem festgelegten Verwendungszweck entsprechendes Bauvorhaben nicht innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten der Widmung erteilt wird, wenn eine solche Baubewilligung in weiterer Folge erlischt oder wenn mit der Ausführung eines anzeigepflichtigen Bauvorhabens nicht innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten der Widmung begonnen wird.
Wie aus den Akten hervorgeht, war das Grundstück Nr 2899/1, KG Ischgl, seit dem Inkrafttreten der Sonderflächenwidmung im Jahr 2007 unbebaut. Die dem Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol zugrunde liegende Baubewilligung wurde erst mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Ischgl vom 9. Juli 2020 erteilt.
Die im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Sonderflächenwidmung maßgebliche Frist begann gemäß den einschlägigen Bestimmungen des §72 Abs2 TROG 2022 iVmin Verbindung mit §43 Abs6 und 7 TROG 2006 idFin der Fassung LGBl 27/2006Landesgesetzblatt 27 aus 2006, mit dem Inkrafttreten der Widmung am 27. Jänner 2007 zu laufen. Da die entsprechenden Voraussetzungen hinsichtlich der Bebauung bzw der Erteilung einer entsprechenden Bewilligung innerhalb des relevanten Zeitraumes von fünf Jahren nicht erfüllt wurden, bestand ab 27. Jänner 2012 die Verpflichtung der Gemeinde, die Sonderflächenwidmung aufzuheben. Die Gemeinde Ischgl kam dieser Verpflichtung bislang nicht nach; die in Rede stehende Sonderflächenwidmung des Grundstückes Nr 2899/1, KG Ischgl, ist somit rechtswidrig.
2.9. Der Bürgermeister der Gemeinde Ischgl lässt mit seinem Vorbringen, dass die Frist des §43 Abs6 und 7 TROG 2016 (nunmehr §43 Abs6 und 7 TROG 2022) auf Grund der Erlassung des digitalen Flächenwidmungsplanes am 31. Jänner 2018 neu zu laufen begonnen habe und erst mit 31. Jänner 2023 ablaufe, die oben dargestellte Übergangsbestimmung des §72 Abs2 TROG 2022 iVmin Verbindung mit §43 Abs6 und 7 TROG 2006 idFin der Fassung LGBl 27/2006Landesgesetzblatt 27 aus 2006, außer Acht.
2.10. Die Voraussetzungen für die in §72 Abs2 TROG 2022 iVmin Verbindung mit §43 Abs6 und 7 TROG 2006 idFin der Fassung LGBl 27/2006Landesgesetzblatt 27 aus 2006, enthaltene Verpflichtung der Gemeinde zur Aufhebung der Widmung des Grundstückes Nr 2899/1, KG Ischgl, liegen daher vor. Entgegen dem Vorbringen der Landesregierung entsteht diese Verpflichtung der Gemeinde zur Aufhebung bereits allein auf Grund der oben genannten Bestimmungen, zumal auch das im Hinblick auf neu gewidmete Sonderflächen anzuwendende Regime des §43 Abs6 und 7 TROG 2022 ein Außerkrafttreten der Widmung ex lege – und damit ohne Rücksicht auf etwaige sonstige Widersprüche zu den örtlichen Raumordnungszielen oder den Festlegungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes – vorsieht.
2.11. Der Flächenwidmungsplan der Gemeinde Ischgl, beschlossen vom Gemeinderat am 29. Mai 2006, elektronisch kundgemacht am 31. Jänner 2018, bestätigend kundgemacht an der Amtstafel der Gemeinde Ischgl am 3. Dezember 2019, soweit er sich auf das Grundstück Nr 2899/1, KG Ischgl, bezieht, ist somit rechtwidrig (vglvergleiche VfSlg 11.849/1988).
V. Ergebnis
1. Der Flächenwidmungsplan der Gemeinde Ischgl, beschlossen vom Gemeinderat am 29. Mai 2006, elektronisch kundgemacht am 31. Jänner 2018, bestätigend kundgemacht an der Amtstafel der Gemeinde Ischgl am 3. Dezember 2019, soweit er sich auf das Grundstück Nr 2899/1, KG Ischgl, bezieht, ist als gesetzwidrig aufzuheben.
2. Die Verpflichtung der Tiroler Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B-VG und §59 Abs2 VfGG iVmin Verbindung mit §2 Abs1 litj Tiroler Landes-Verlautbarungsgesetz 2021, LGBl 160/2021Landesgesetzblatt 160 aus 2021,, idFin der Fassung LGBl 24/2022Landesgesetzblatt 24 aus 2022,.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:V93.2021Zuletzt aktualisiert am
27.01.2023