TE Lvwg Erkenntnis 2022/9/26 LVwG-S-1857/004-2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.09.2022
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Entscheidungsdatum

26.09.2022

Norm

KFG 1967 §4
KFG 1967 §103 Abs1
  1. KFG 1967 § 4 heute
  2. KFG 1967 § 4 gültig ab 01.01.9000 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 9/2017
  3. KFG 1967 § 4 gültig von 16.12.2020 bis 01.01.9000 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 134/2020
  4. KFG 1967 § 4 gültig von 01.08.2019 bis 15.12.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 78/2019
  5. KFG 1967 § 4 gültig von 07.03.2019 bis 31.07.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 19/2019
  6. KFG 1967 § 4 gültig von 07.05.2017 bis 06.03.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 9/2017
  7. KFG 1967 § 4 gültig von 14.01.2017 bis 06.05.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 9/2017
  8. KFG 1967 § 4 gültig von 10.07.2015 bis 13.01.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 73/2015
  9. KFG 1967 § 4 gültig von 26.02.2013 bis 09.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 43/2013
  10. KFG 1967 § 4 gültig von 19.08.2009 bis 25.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 94/2009
  11. KFG 1967 § 4 gültig von 01.08.2007 bis 18.08.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2007
  12. KFG 1967 § 4 gültig von 01.01.2006 bis 31.07.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2005
  13. KFG 1967 § 4 gültig von 28.10.2005 bis 31.12.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2005
  14. KFG 1967 § 4 gültig von 11.08.2004 bis 27.10.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 107/2004
  15. KFG 1967 § 4 gültig von 13.08.2003 bis 10.08.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 60/2003
  16. KFG 1967 § 4 gültig von 25.05.2002 bis 12.08.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 80/2002
  17. KFG 1967 § 4 gültig von 01.10.1997 bis 24.05.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 103/1997
  18. KFG 1967 § 4 gültig von 01.09.1997 bis 30.09.1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 103/1997
  19. KFG 1967 § 4 gültig von 20.08.1997 bis 31.08.1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 103/1997
  20. KFG 1967 § 4 gültig von 08.03.1995 bis 19.08.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 162/1995
  21. KFG 1967 § 4 gültig von 01.10.1994 bis 07.03.1995 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 743/1994
  22. KFG 1967 § 4 gültig von 01.10.1994 bis 30.09.1994 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 654/1994
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  24. KFG 1967 § 4 gültig von 24.08.1994 bis 09.09.1994 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 654/1994
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  26. KFG 1967 § 4 gültig von 01.08.1992 bis 31.12.1993 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 453/1992
  27. KFG 1967 § 4 gültig von 28.07.1990 bis 31.07.1992 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 458/1990
  1. KFG 1967 § 103 heute
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  5. KFG 1967 § 103 gültig von 01.01.2008 bis 25.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 6/2008
  6. KFG 1967 § 103 gültig von 01.08.2007 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2007
  7. KFG 1967 § 103 gültig von 15.11.2006 bis 31.07.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2006
  8. KFG 1967 § 103 gültig von 01.01.2006 bis 14.11.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2005
  9. KFG 1967 § 103 gültig von 05.05.2005 bis 31.12.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 175/2004
  10. KFG 1967 § 103 gültig von 25.05.2002 bis 04.05.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 80/2002
  11. KFG 1967 § 103 gültig von 22.07.1998 bis 24.05.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 93/1998
  12. KFG 1967 § 103 gültig von 01.03.1998 bis 21.07.1998 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 121/1997
  13. KFG 1967 § 103 gültig von 01.03.1998 bis 28.02.1998 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 103/1997
  14. KFG 1967 § 103 gültig von 01.11.1997 bis 28.02.1998 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 121/1997
  15. KFG 1967 § 103 gültig von 20.08.1997 bis 31.10.1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 103/1997
  16. KFG 1967 § 103 gültig von 08.03.1995 bis 19.08.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 162/1995
  17. KFG 1967 § 103 gültig von 24.08.1994 bis 07.03.1995 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 654/1994
  18. KFG 1967 § 103 gültig von 01.08.1992 bis 23.08.1994 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 454/1992
  19. KFG 1967 § 103 gültig von 01.07.1991 bis 31.07.1992 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 458/1990
  20. KFG 1967 § 103 gültig von 28.07.1990 bis 30.06.1991 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 458/1990

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

(Ersatzerkenntnis)

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter
Hofrat Mag. Wallner über die Beschwerde von A, vertreten durch Rechtsanwältin B, ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 11.08.2020, ***, betreffend Bestrafung nach dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) im fortgesetzten Beschwerdeverfahren zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 50Paragraph 50, Abs. 1Absatz eins, Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz (VwGVG) stattgegeben und das Straferkenntnis vom 11.08.2020, ***, ersatzlos aufgehoben.

2.   Das Verwaltungsstrafverfahren vor der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs wird gemäß § 38Paragraph 38, VwGVG iVmin Verbindung mit § 45Paragraph 45, Abs. 1Absatz eins, Z 1Ziffer eins, Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) „in dubio“ eingestellt.

3.   Eine Revision nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Scheibbs bestrafte den Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom 11.08.2020, ***, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem KFG 1967 in Verbindung mit der Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung mit Geldstrafe von € 75,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 42 Stunden), da er es als gemäß § 9Paragraph 9, Abs. 1Absatz eins, VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der C GmbH mit Sitz in ***, ***, nämlich in seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer, zu verantworten hätte, dass diese Gesellschaft als Zulassungsbesitzerin nicht dafür gesorgt hätte, dass der Anhänger mit dem Kennzeichen ***, am 15.06.2018, gegen 08.30 Uhr, im Gemeindegebiet von *** auf der Landesstraße *** nächst Strkm. *** den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entsprochen hätte, da der Spritzschutz an allen drei Achsen gefehlt hätte. Dagegen erhob der Beschwerdeführer, rechtsanwaltlich vertreten, fristgerecht Beschwerde, in der vorgebracht wurde, dass der Tatort der Sitz des Unternehmens wäre. Beim gegenständlichen LKW hätte es sich um einen Kipper gehandelt, der im Straßenbau eingesetzt werde und der schon erfahrungsgemäß bei den Achsen keinen Spritzschutz aufweisen könne. Es läge ein Verstoß gegen die Prinzipien des Verwaltungsstrafverfahrens und gegen ein faires Verfahren nach Art. 6Artikel 6, EMRK vor, da keine Beschuldigten- und Zeugeneinvernahmen erfolgt wären. Der Sachverhalt wäre nicht hinreichend geklärt. Fraglich wäre, ob am gegenständlichen LKW auf allen drei Achsen ein Spritzschutz sein müsste oder ob dies beim gegenständlichen Fahrzeug schon aufgrund der Verwendung nicht erforderlich wäre. Auch wäre keine geeignete Verfolgungshandlung vorgenommen worden. Es liege weiters eine vorgreifende Beweiswürdigung vor, da die Beweiserhebung nicht vollständig wäre. Dann werden diverse Rechtswidrigkeiten des angefochtenen Straferkenntnisses vorgebracht. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde abschließend beantragt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hielt daraufhin am 01.12.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertreterin ab. In dieser wurde Beweis erhoben durch Einvernahme des Beschwerdeführers.

Eine am 03.11.2020 vom kraftfahrzeugtechnischen Amtssachverständigen abgegebene Stellungnahme sendete das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit Parteiengehörsschreiben vom 02.12.2020 an die Beschwerdeführervertreterin, welche mit Schreiben vom 11.12.2020 dazu Stellung nahm. In der daraufhin abgegebenen fachlichen Stellungnahme des kraftfahrzeugtechnischen Amtssachverständigen vom 19.01.2021 führte dieser aus, dass die entsprechende Bauartgenehmigung des gegenständlichen Anhängers vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie eingeholt worden wäre und dass in dieser Genehmigung bestätigt werde, dass alle Varianten des Anhängers mit einem ausreichenden Spritzschutzsystem ausgerüstet wären.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hob dann mit Erkenntnis vom 29.01.2021, LVwG-S-1857/001-2020, das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 11.08.2020 auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45Paragraph 45, Abs. 1Absatz eins, Z 1Ziffer eins, VStG ein.

Eine dagegen rechtzeitig erhobene Amtsrevision der belangten Behörde führte zur Aufhebung dieses Erkenntnisses durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.06.2022, ***, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Im fortgesetzten Beschwerdeverfahren holte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eine fachliche Stellungnahme des kraftfahrzeugtechnischen Amtssachverständigen vom 28.07.2022 ein, welche wie folgt lautet:

„Das LVwG NÖ ersucht um Beantwortung folgender Fragen:

1)   Muss bei ggst. Anhänger zwischen 1. und 2. sowie 2. und 3. Achse unbedingt ein Spritzschutz angebracht sein? D. h. gilt hier die Ausnahme nach § 4aParagraph 4 a, Abs. 2Absatz 2, KDV „mit ihrem Verwendungszweck unvereinbar“ nicht?

2)   Gilt die Ausnahme nur für nach der 3. Achse?

3)   Hätte daher ein sorgsamer Zulassungsbesitzer wissen müssen, dass jedenfalls zwischen 1. und 2. sowie 2. und 3. Achse ein Spritzschutz angebracht sein muss?

Ad. Frage 1)

Der Achsabstand zwischen 1. Und 2. Achse bzw. 2. Und 3. Achse beträgt bei diesem Anhänger 1310 mm. Die Genehmigte Bereifung ist in der Datenbank mit 385/65R22,5 beschrieben. Diese haben einen Durchmesser von ca. 1072 mm.

Es ergibt sich daher ein Abstand zwischen den Reifen von ca. 238 mm. In diesem Fall benötigt der Anhänger zwischen den Achsen bzw. Rädern keine Spritzschutzeinrichtung. (Erst ab einen Abstand von 250 mm notwendig)

Ad. Frage 2) und 3)

Da der Anhänger zwischen den Achsen keine Spritzschutzeinrichtung benötigt, erfüllt er auch die einschlägige Richtlinie.“

Nach Einräumung des Parteiengehörs gegenüber der belangten Behörde mit Schreiben vom 29.07.2022 langte keine Stellungnahme ein.

Weiters holte das Verwaltungsgericht die Stellungnahme der E AG vom 08.08.2022, der D GmbH vom 17.08.2022 sowie der BH Freistadt als Zulassungsbehörde vom 23.08.2022 und 31.08.2022 ein.

E vom 08.08.2022:

„Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom 3.8.2022 teilen wir Ihnen mit, dass das im Schreiben angeführte Fahrzeug Sattelanhänger D vom 10.02.2014 bis zum Abmeldedatum 07.04.2021 mit der Verwendungsbestimmung 20 – das bedeutet „zur Verwendung für die gewerbsmäßige Beförderung bestimmt“ – angemeldet war. Es wurden seitens des Zulassungsbesitzers in diesem Zeitraum keine Änderungen beantragt.“

In der Stellungnahme der D vom 17.08.2022 wird auf die Stellungnahme dieser Gesellschaft an die Rechtsanwältin B vom 03.12.2020 verwiesen und diese angeschlossen.

BH Freistadt vom 17.08.2022:

„Zu Ihrer Anfrage LVwG-S-1857/004-2020 vom 17.08.2022 wird mitgeteilt wird, dass in der Zeit von 10.02.2014 bis 30.06.2018 der Anhänger auf die Verwendungsbestimmung 20 = „zur Verwendung für die gewerbsmäßige Beförderung bestimmt“ zugelassen war.“

BH Freistadt vom 31.08.2022:

„Zu Ihren Anfragen wird mitgeteilt:

betr. a) ob eine Ausnahme hinsichtlich Verwendung eines Spritzschutzes vorliegt, können Sie dem Fahrzeugdokument entnehmen; wenn im Verwendungszweck „nicht vereinbar“ vermerkt ist, bedeutet dies eine Ausnahme vom Spritzschutz, sonst besteht keine Ausnahme und Spritzschutz ist erforderlich.

zu b) Die Übereinstimmungsbescheinigung ist das gültige Fahrzeugdokument (gleichbedeutend mit Typenschein).“

Folgender Sachverhalt wird als erwiesen festgestellt:

Am 15.06.2018 gegen 08.30 Uhr ist der LKW mit dem Kennzeichen *** mit dem Anhänger mit Kennzeichen *** im Gemeindegebiet *** auf der Landesstraße *** nächst Strkm. *** *** gefahren. Er hat an keiner der drei Achsen einen Spritzschutz gehabt. Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der C GmbH mit Sitz in ***, ***. Diese Gesellschaft ist Zulassungsbesitzerin der beiden Fahrzeuge.

Der Anhänger der Fa. D ist erstmals am 09.04.2013 zugelassen worden und hat die EU-Genehmigungsnummer ***. Nach der für diesen Anhänger bestehenden EG-Typengenehmigung (Bauartgenehmigung) haben alle Varianten dieses Anhängers einen ausreichenden Spritzschutz. In der EG-Übereinstimmungsbescheinigung für diesen Anhänger, ausgestellt von der Fa. D, ist bei Spritzschutzsystem hinsichtlich der heranzuziehenden Richtlinie 91/226/EWG „nicht anwendbar“ (N.A.) angeführt.

Der Anhänger ist zur Verwendung für die gewerbsmäßige Beförderung bestimmt.

Er wird im Asphaltierungsbereich und bei Schottertransporten verwendet. Bei ersterem ist ein Spritzschutz mit dem Verwendungszweck unvereinbar. Eine Ausnahme besteht für diesen Bereich lt Zulassungsbescheinigung.

Diese Feststellungen basieren auf der Aktenlage und Folgendem:

Das Fahren mit dem Anhänger am gegenständlichen Tag ohne Spritzschutz wird nicht in Abrede gestellt. Ebensowenig die Funktion des Beschwerdeführers als handelsrechtlicher Geschäftsführer.

Dass eine Ausnahme vom Erfordernis eines Spritzschutzes bei Unvereinbarkeit mit dem Verwendungszweck, wie bei Asphaltierungsarbeiten, gegeben ist, hat die Anfragebeantwortung durch die BH Freistadt vom 31.08.2022 ergeben. Angefragt wurde mit gerichtlichem Schreiben vom 31.08.2022, ob hinsichtlich Verwendung eines Spritzschutzes eine Ausnahme nach § 4aParagraph 4 a, Abs. 2Absatz 2, KDV („mit Verwendungszweck unvereinbar“) vorliegt.

Ob jedoch tatsächlich am Tattag derartige Arbeiten mit dem Anhänger durchgeführt wurden, ist nicht zweifelsfrei geklärt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:

Gemäß Art. 130Artikel 130, Abs. 1Absatz eins, Z 1Ziffer eins, B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Nach § 28Paragraph 28, Abs. 1Absatz eins, VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 50Paragraph 50, Abs. 1Absatz eins, VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, über Beschwerden gemäß Art. 130Artikel 130, Abs. 1Absatz eins, Z 1Ziffer eins, B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

Die für gegenständlichen Fall relevante Bestimmung des KFG 1967 lautet:

„§ 4. Allgemeines
  1. (1)Absatz eins...
  2. (2)Absatz 2Kraftfahrzeuge und Anhänger müssen so gebaut und ausgerüstet sein, daß durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Sie müssen so gebaut und ausgerüstet sein, daß der Lenker, beförderte Personen und andere Straßenbenützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind. Sie dürfen innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile, Kanten oder zusätzlichen Vorrichtungen aufweisen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen. Unvermeidbare vorspringende Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen, müssen durch geeignete Schutzvorrichtungen entsprechend abgedeckt oder, wenn dies nicht ohne schwere Beeinträchtigung der Verwendbarkeit des Fahrzeuges im Rahmen seiner Zweckbestimmung durchführbar ist, entsprechend gekennzeichnet sein.
  3. (2a)Absatz 2 a...

§ 103.Paragraph 103, Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers
  1. (1)Absatz einsDer Zulassungsbesitzer
    1. 1.Ziffer eins
      hat dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung – unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen – den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht;
    2. 2.Ziffer 2

        ...“

Für gegenständliche Sache relevant ist weiters § 4aParagraph 4 a, Abs. 2Absatz 2, KDV 1967 (Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung), welche lautet:

„Radabdeckungen und Spritzschutzsysteme
§ 4a.Paragraph 4 a,
  1. (1)Absatz eins...
  2. (2)Absatz 2Fahrzeuge der Klassen N und O, ausgenommen Geländefahrzeuge gemäß Anhang II der Richtlinie 2007/46/EG, müssen so gebaut und/oder mit Spritzschutzvorrichtungen ausgestattet werden, dass sie den Bestimmungen des Anhanges III der Richtlinie 91/226/EWG, in der Fassung der Richtlinie 2010/19/EG, ABl. Nr. L 72 vom 20. März 2010, S 17, entsprechen. Dies gilt nicht für Fahrzeuge der Klassen N, O1 und O2 mit einer zulässigen Gesamtmasse von höchstens 7,5 Tonnen, Fahrzeuge mit Fahrgestell und Führerhaus, Fahrzeuge ohne Aufbau oder Fahrzeuge, bei denen das Vorhandensein von Spritzschutzvorrichtungen mit ihrem Verwendungszweck unvereinbar wäre. Sind jedoch Spritzschutzvorrichtungen an diesen Fahrzeugen angebracht, so müssen sie den Anforderungen der Richtlinie 91/226/EWG in der Fassung der Richtlinie 2010/19/EG, entsprechen.“

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird der Beschwerdeführer wegen Verstoßes gegen das KFG 1967 iVmin Verbindung mit § 4aParagraph 4 a, Abs. 2Absatz 2, KDV bestraft, da auf allen drei Achsen des Anhängers mit dem Kennzeichen FR-561 DG kein Spritzschutz montiert gewesen ist.

Der gegenständliche Anhänger wurde nach der Richtlinie 2007/46/EG bauartgenehmigt. Diese Richtlinie umfasst die Vorgaben (Rahmenrichtlinie), welche bei der Genehmigung von Fahrzeugen einzuhalten sind. In der Richtlinie ist normiert, dass Anhänger in Bezug auf Spritzschutzsysteme die Richtlinie 91/226/EWG in der Fassung 2010/19/EG einhalten müssen. Eine Ausnahme der Anwendbarkeit ist, wie in § 4aParagraph 4 a, Abs. 2Absatz 2, 2. Satz KDV normiert, vorgesehen, wenn das Vorhandensein von Spritzschutzvorrichtungen mit dem Verwendungszweck des Fahrzeuges unvereinbar ist.

Die Frage, ob die Ausnahme für bei der 3. Achse (=nach der 3. Achse) anzubringende Spritzschutzvorrichtungen gilt, hat der Amtssachverständige für Kraftfahrangelegenheiten in der fachlichen Stellungnahme vom 28.07.2022 nicht bejaht. Er hat lediglich hinsichtlich der ersten beiden Achsen – hier befände sich ein Spritzschutz zwischen den aneinander anschließenden Achsen – festgehalten, dass aufgrund des geringen Abstandes kein solcher Schutz erforderlich ist. Es ist davon auszugehen, dass nur bei Unvereinbarkeit mit dem Verwendungszweck, wie etwa bei Asphaltierungsarbeiten, nach der 3. Achse kein Spritzschutz anzubringen ist.

Es konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob der Anhänger tatsächlich bei Asphaltierungsarbeiten am gegenständlichen Tattag eingesetzt worden ist. Nur in einem solchen Fall wäre eine Ausnahme vom Erfordernis eines Spritzschutzes nach der 3. Achse gegeben.

Es kann daher nicht mit der für ein Strafverfahren und eine Bestrafung ausreichenden Sicherheit vom Vorliegen einer Verwaltungsübertretung ausgegangen werden, weshalb im Zweifel zugunsten des Beschwerdeführers das Verfahren einzustellen war.

Das angefochtene Straferkenntnis war daher aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Ob die von der D GmbH ausgestellte EG-Übereinstimmungs-bescheinigung für gegenständlichen Anhänger vom 09.04.2013 korrekt ausgestellt wurde, ist hier nicht zu prüfen. Angemerkt wird jedoch, dass nach der hier maßgeblichen EG-Typengenehmigung *** die Richtlinie 2007/46/EG anzuwenden ist, eine Ausnahme davon wäre, wie sich aus § 103Paragraph 103, Abs. 1Absatz eins, Z1 KFG („unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen“) erschließt, von der Zulassungsbehörde unter der Voraussetzung der Unvereinbarkeit mit dem Verwendungszweck zu erteilen. Bei Schottertransporten ist eine solche Unvereinbarkeit nicht gegeben.

Da eine Entscheidung in Form eines Erkenntnisses ergeht, ist auch die Einstellung des Verfahrens vor der Verwaltungsstrafbehörde davon erfasst und ein gesonderter Beschluss nach § 31Paragraph 31, Abs. 1Absatz eins, VwGVG nicht erforderlich.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war.

Gemäß § 25aParagraph 25 a, Abs. 1Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seiner Entscheidung auszusprechen, ob eine Revision nach Art. 133Artikel 133, Abs. 4Absatz 4, B-VG zulässig ist.

Eine Revision nach Artikel 133 Abs. 4Absatz 4, B-VG ist nicht zulässig, da in gegenständlicher Angelegenheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war. Die Entscheidung weicht weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt eine solche oder liegt eine nicht einheitliche Rechtsprechung vor.

Schlagworte

Verkehrsrecht; Kraftfahrrecht; Verwaltungsstrafe; Zulassungsbesitzer; Fahrzeug; Pflichten; Spritzschutz;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.S.1857.004.2020

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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