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10/07 Verfassungs- und VerwaltungsgerichtsbarkeitNorm
B-VGLeitsatz
Auswertung in ArbeitSpruch
I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
Das Erkenntnis wird aufgehoben.
II. Das Land Vorarlberg ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreterin die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch verhängte über den Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom 19. August 2020 eine Geldstrafe von € 100,– (Ersatzfreiheitsstrafe ein Tag und 22 Stunden), weil dieser am 27. Jänner 2020 um 10.25 Uhr in Feldkirch auf der L 190 Vorarlberger Straße bei Straßenkilometer 23,59 in Fahrtrichtung Tisis/Tosters als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Fahrzeuges trotz roten Lichtes der dort befindlichen Verkehrslichtsignalanlage nicht an der Haltelinie angehalten und damit gegen §38 Abs5 iVmin Verbindung mit Abs1 lita StVO 1960 verstoßen habe.
2. Die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab:
2.1. Aus den von der Landespolizeidirektion Vorarlberg übermittelten Lichtbildern der automatisierten Verkehrsüberwachung ergebe sich zweifelsfrei, dass sich das Fahrzeug des Beschwerdeführers 0,26 Sekunden nach dem Umschalten der Verkehrsampel auf Rot über die Haltelinie in die Kreuzung hinein bewegt habe. Die Behauptung des Beschwerdeführers, das Fahrzeug nicht selbst gelenkt zu haben, sei nicht glaubhaft, weil dieser Umstand im Einspruch gegen die Strafverfügung noch nicht vorgebracht worden sei.
2.2. Mit dem Vorbringen, dass kein Rotlicht wirksam verordnet worden sei, sowie dem Antrag auf Einholung des Verordnungsaktes verkenne der Beschwerdeführer die Rechtsnatur des betreffenden Rechtsaktes:
"Gemäß §36 Abs1 StVO hat die Behörde zur Wahrung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf Straßen mit öffentlichem Verkehr unter Bedachtnahme auf die Verkehrserfordernisse zu bestimmen, ob und an welcher Stelle der Verkehr durch [Armzeichen] oder durch Lichtzeichen zu regeln ist. Gemäß §36 Abs2 StVO sind die Armzeichen und Lichtzeichen von den Organen der Straßenaufsicht zu geben. Lichtzeichen dürfen jedoch auch automatisch oder von Straßenbenützern ausgelöst werden.
Eine 'Bestimmung' iSd §36 Abs1 StVO stellt keine Verordnung iSd §43 StVO dar (VwGH 08.05.1987, 85/18/0257); die Anbringung von Lichtzeichen wird von der Bezirksverwaltungsbehörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit gemäß §94 litb StVO mittels Bescheid an den Straßenerhalter angeordnet.
Auch die konkrete Schaltung einer Verkehrs[licht]signalanlage wird nicht mittels Verordnung verfügt, sondern erfolgt im Rahmen der Verkehrspolizei durch die zuständige Behörde (vglvergleiche Pürstl, StVO-ON15.00 §36 [Stand 01.10.2019, rdb.at]). Die Verkehrspolizei wird nicht mittels Erlassung von Verordnungen ausgeübt (vglvergleiche dazu §94b Abs1 lita und b StVO).
Vor dem Hintergrund dieser klaren Rechtslage kann dem Antrag des Beschuldigten, den Akt betreffend die Verordnung zur Schaltung der Verkehrs[licht]signalanlage einzuholen, gar nicht entsprochen werden."
3. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird. Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die vom Landesverwaltungsgericht Vorarlberg herangezogene Bestimmung des §36 Abs1 StVO 1960 gegen rechtsstaatliche Erfordernisse verstoße, weil gesetzlich ungeregelt sei, ob Lichtzeichen iSd §36 Abs1 StVO 1960 durch Verordnung oder – wie das Landesverwaltungsgericht zu Unrecht angenommen habe – durch Bescheid gegenüber dem Straßenerhalter anzuordnen seien. Die verfahrensgegenständliche Verkehrslichtsignalanlage bzw Zeichengebung, auf deren Grundlage der Beschwerdeführer zu einer Verwaltungsstrafe verurteilt worden sei, sei weder durch eine Verordnung noch durch einen Bescheid angeordnet worden. Die Bestrafung sei daher rechtswidrig erfolgt. Im Verordnungsakt, so es denn einen gebe, sei auch nicht gesetzmäßig dargestellt, warum die Verordnung einer Verkehrslichtsignalanlage im Hinblick auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs notwendig sei. Eine allfällige Verordnung wäre außerdem von der Landesregierung zu erlassen gewesen.
4. Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch hat die auf die unter Punkt II.2. wiedergegebene Verordnung Bezug habenden Akten vorgelegt.
5. Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat die Gerichtsakten vorgelegt.
II. Rechtslage
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), BGBl 159/1960Bundesgesetzblatt 159 aus 1960,, idFin der Fassung BGBl I 24/2020Bundesgesetzblatt Teil eins, 24 aus 2020, lauten wie folgt:
"§36. Zeichengebung.
(1) Die Behörde hat zur Wahrung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf Straßen mit öffentlichem Verkehr unter Bedachtnahme auf die Verkehrserfordernisse zu bestimmen, ob und an welcher Stelle der Verkehr durch Armzeichen oder durch Lichtzeichen zu regeln ist. Sie darf jedoch eine Verkehrsregelung durch Lichtzeichen (§38), die von Haupt- oder Nebenbahnen im Sinne des Eisenbahngesetzes 1957 aus sichtbar sind, nur dann anordnen, wenn die Eisenbahnbehörde festgestellt hat, daß dagegen keine Bedenken nach §39 Abs1 des Eisenbahngesetzes 1957, BGBl Nr 60/1957Bundesgesetzblatt Nr 60 aus 1957,, bestehen.
(2) Die Armzeichen und Lichtzeichen sind von den Organen der Straßenaufsicht (Verkehrsposten), und zwar unter Bedachtnahme auf die jeweilige Verkehrslage und nach den Erfordernissen der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, zu geben. Lichtzeichen dürfen jedoch auch automatisch oder von Straßenbenützern ausgelöst werden; die mißbräuchliche Auslösung der Lichtzeichen ist verboten.
(3) Werden auf einer Straßenstelle die Lichtzeichen automatisch oder von Straßen-benützern ausgelöst (Abs2), so sind diese Vorrichtungen unter Bedachtnahme auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs so einzustellen, daß die Zeichenfolge den auf dieser Straßenstelle bestehenden Verkehrsverhältnissen entspricht.
(4) Wenn der Verkehr durch Armzeichen oder Lichtzeichen geregelt wird, so gehen diese sowohl den Straßenverkehrszeichen als auch den Bodenmarkierungen vor.
[…]
§38. Bedeutung der Lichtzeichen
(1) Gelbes nicht blinkendes Licht gilt unbeschadet der Vorschriften des §53 Z10a über das Einbiegen der Straßenbahn bei gelbem Licht als Zeichen für 'Halt'. Bei diesem Zeichen haben die Lenker herannahender Fahrzeuge unbeschadet der Bestimmungen des Abs7 anzuhalten:
a) wenn eine Haltelinie vorhanden ist, vor der Haltelinie;
b) wenn ein Schutzweg oder eine Radfahrerüberfahrt ohne Haltelinie vorhanden ist, vor der ersten Querungshilfe (Schutzweg, Radfahrerüberfahrt) aus der Sicht des ankommenden Verkehrs;
c) wenn eine Kreuzung ohne Schutzweg und ohne Haltelinie vorhanden ist, vor der Kreuzung,
d) ansonsten vor dem Lichtzeichen.
(2) Fahrzeuglenker, die sich bei gelbem nicht blinkendem Licht bereits auf der Kreuzung befinden, haben diese so rasch wie ihnen dies möglich und erlaubt ist zu verlassen. Fahrzeuglenker, denen ein sicheres Anhalten nach Abs1 nicht mehr möglich ist, haben weiterzufahren. Beim Einbiegen nach links ist den entgegenkommenden geradeausfahrenden sowie den entgegenkommenden nach rechts einbiegenden Fahrzeugen der Vorrang zu geben. Fahrzeuge, die von Hauptfahrbahnen kommen, haben den Vorrang gegenüber Fahrzeugen, die aus Nebenfahrbahnen kommen.
(2a) Gemeinsam mit dem roten Licht leuchtendes gelbes Licht bedeutet 'Halt' im Sinne des roten Lichtes und kündigt an, daß das Zeichen für 'Freie Fahrt' unmittelbar folgen wird.
(2b) Die Dauer des gelben nichtblinkenden Lichtes, das dem roten Licht folgt oder gemeinsam mit diesem leuchtet, hat zwei Sekunden zu betragen.
(3) Blinkendes gelbes Licht bedeutet 'Vorsicht'.
(4) Grünes Licht gilt als Zeichen für 'Freie Fahrt'. Bei diesem Zeichen haben die Lenker von Fahrzeugen, wenn es die Verkehrslage zuläßt, weiterzufahren oder einzubiegen. Beim Einbiegen dürfen die Benützer der freigegebenen Fahrstreifen sowie Fußgänger und Radfahrer, welche die Fahrbahn im Sinne der für sie geltenden Regelungen überqueren, weder gefährdet noch behindert werden. Beim Einbiegen nach links ist den entgegenkommenden geradeaus fahrenden sowie den entgegenkommenden nach rechts einbiegenden Fahrzeugen der Vorrang zu geben. Fahrzeuge, die von Hauptfahrbahnen kommen, haben den Vorrang gegenüber Fahrzeugen, die aus Nebenfahrbahnen kommen.
(5) Rotes Licht gilt als Zeichen für 'Halt'. Bei diesem Zeichen haben die Lenker von Fahrzeugen unbeschadet der Bestimmungen des Abs7 und des §53 Z10a an den im Abs1 bezeichneten Stellen anzuhalten.
(5a) – (5b) […]
(6) Das grüne Licht ist jeweils mit viermal grünblinkendem Licht zu beenden, wobei die Leucht- und die Dunkelphase abwechselnd je eine halbe Sekunde zu betragen haben. Grünes blinkendes Licht bedeutet das unmittelbar bevorstehende Ende des Zeichens für 'Freie Fahrt'.
(7) Leuchtende grüne Pfeile gelten als Zeichen für 'Freie Fahrt' im Sinne des grünen Lichtes. In die Leuchtfläche des gelben nicht blinkenden Lichtes schwarz eingezeichnete Pfeile gelten als Zeichen für 'Halt' im Sinne des gelben nicht blinkenden Lichtes. In die Leuchtfläche des roten Lichtes schwarz eingezeichnete Pfeile gelten als Zeichen für 'Halt' im Sinne des roten Lichtes. Die Pfeilspitzen zeigen jeweils die Richtung an, für welche die Zeichen gelten.
(8) – (10) […]
[…]
§94b. Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde
(1) Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, sofern der Akt der Vollziehung nur für den betreffenden politischen Bezirk wirksam werden soll und sich nicht die Zuständigkeit der Gemeinde oder – im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist – der Landespolizeidirektion ergibt, die Bezirksverwaltungsbehörde
a) für die Verkehrspolizei, das ist die Überwachung der Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften und die unmittelbare Regelung des Verkehrs durch Arm- oder Lichtzeichen, nicht jedoch für die Verkehrspolizei auf der Autobahn,
b) für die Erlassung von Verordnungen und Bescheiden,
c) – h) […]
(2) […]
[…]
§97. Organe der Straßenaufsicht
(1) Die Organe der Straßenaufsicht, insbesondere der Bundespolizei und im Falle des §94c Abs1 auch der Gemeindewachkörper, haben die Verkehrspolizei (§94b Abs1 lita) zu handhaben […]. […]
(1a) – (6) […]"
2. Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 4. August 1999, Z III 3-2/2/Bärenkreuzung/99, lautet wie folgt:
"Betrifft: Vorarlberger Straße B 190/Liechtensteinerstraße B 191/Churerstraße L 53 in Feldkirch;
Verordnung
Gemäß §43 Abs1 litb Z1 und 2 StVO 1960 wird angeordnet:
§1
(1) Lenkern von Fahrzeugen im Sinne des §2 Abs1 Z19 StVO 1960 ist es verboten, die im Zuge der Bundesstraße B 190 (Vorarlberger Straße) ab Einmündung Ardetzenbergstraße bis zum Ardetzenbergtunnel, auf der Liechtensteinerstraße B 191 im Bereich der Kreuzung mit der B 190 und der Einmündung in die Vorstadt (Hnr 37, Garzon) sowie auf der Bangser Straße L 53 von km 0,0 bis zur Einmündung Altweg, angebrachten Sperrlin[i]en und Sperrflächen zu überfahren bzw zu befahren (§9 Abs1 StVO 1960).
(2) Lenker von Fahrzeugen im Sinne des §2 Ab[s] 1 Z19 StVO 1960 haben die im unter Abs1 dieser Verordnung näher beschriebenen Bereich angebrachten Richtungspfeile für das Einordnen zur Weiterfahrt zu beachten (§9 Abs6 StVO 1960).
(3) Fußgänger haben die im unter Abs1 dieser Verordnung näher beschriebenen Bereich angebrachten Schutzwege und Unterführungen im Sinne des §76 Abs6 StVO 1960 zu benützen.
(4) Radfahrer haben die im unter Abs1 dieser Verordnung näher beschriebenen Bereich angebrachten Radfahranlagen im Sinne der Bestimmungen des §68 StVO 1960 zu benützen.
(5) Radfahrern wird das Befahren der Bangser Straße L 53 im Bereich zwischen der Einmündung Widnau und der Kreuzung mit der Hämmerlestraße verboten.
(6) Lenker von Fahrzeugen im Sinne des §2 Abs1 Z19 StVO 1960 haben die im unter Abs5 näher beschriebenen Bereich sowie im Kreuzungsbereich Bangser Straße L 53/Altweg angebrachten Verkehrszeichen 'Vorrang geben' (§52 Z23 StVO 1960) im Sinne des §19 Abs4 StVO 1960 zu beachten.
(7) Lenker von Fahrzeugen im Sinne des §2 Abs1 Z19 StVO 1960 haben die im unter Abs1 näher beschriebenen Bereich angebrachten Gebotszeichen 'Vorgeschriebene Fahrtrichtung' (§52 Z15 StVO 1960) zu beachten.
§2
Diese Verordnung ist durch das Anbringen der Bodenmarkierungen und Aufstellen der Verkehrszeichen lt Bodenmarkierungs- und Verkehrszeichenplan des Amtes der Vorarlberger Landesregierung, Bundesstraßenverwaltung, Plan Nr BS 9738/0.3.1, Einlage Nr VO 5.1 vom 5.5.1999, BS 9738/0.4.2, Einlage Nr VO 6.2. vom 3.9.1998 und des Beschilderungsplanes der Landesstraßenverwaltung LS 9702/1 vom 9.4.1997 unter Berücksichtigung der Besprechung vom 2.12.1998 (Aktenvermerk vom 25.2.1999) kundzumachen. Der Geh- und Radweg im Bereich Hirschgraben ist durch die Straßenverkehrszeichen 'Geh- und Radweg' (§52 Z17a StVO 1960) und den entsprechenden Aufhebungszeichen gemäß (§52 Z22a StVO 1960) kundzumachen. Das Radfahrverbot im Ardetzenbergtunnel ist durch das Straßenverkehrszeichen 'Fahrverbot für Fahrräder' (§52 Z8c StVO 1960) kundzumachen.
Diese Verordnung tritt gemäß §44 Abs1 StVO 1960 mit der Anbringung der Bodenmarkierungen und Aufstellung der Verkehrszeichen in Kraft.
Der Bezirkshauptmann
[…]"
III. Erwägungen
1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.
2. Die angefochtene Entscheidung greift in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 13.587/1993 mwN, 15.364/1998, 15.768/2000, 16.113/2001, 16.430/2002) dann verfassungswidrig, wenn die ihn verfügende Entscheidung ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn das Verwaltungsgericht bei Erlassung der Entscheidung eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn das Verwaltungsgericht einen so schweren Fehler begangen hätte, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
3. Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg führt im angefochtenen Erkenntnis aus, dass der Beschwerdeführer mit dem Vorbringen, dass kein Rotlicht wirksam verordnet worden sei, sowie mit dem Antrag auf Einholung des Verordnungsaktes die Rechtsnatur des betreffenden Rechtsaktes verkenne. Die "Bestimmung", ob und an welcher Stelle der Verkehr durch – von den Organen der Straßenaufsicht zu gebende, allenfalls auch automatisch ausgelöste – Arm- oder Lichtzeichen zu regeln ist (§36 Abs1 und 2 StVO 1960), stelle nach VwGH 8.5.1987, 85/18/0257, keine Verordnung iSd §43 StVO dar. Die Anbringung von Lichtzeichen werde "von der Bezirksverwaltungsbehörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit gemäß §94 litb StVO mittels Bescheid an den Straßenerhalter angeordnet. Auch die konkrete Schaltung einer Verkehrs[licht]signalanlage wird nicht mittels Verordnung verfügt, sondern erfolgt im Rahmen der Verkehrspolizei durch die zuständige Behörde". Die Verkehrspolizei werde nicht mittels Erlassung von Verordnungen ausgeübt. Vor dem Hintergrund dieser klaren Rechtslage könne dem Antrag des Beschwerdeführers, "den Akt betreffend die Verordnung zur Schaltung der Verkehrs[licht]signalanlage einzuholen, gar nicht entsprochen werden".
4. Wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 12.157/1989 klargestellt hat, haben die Verwaltungsbehörden an die Allgemeinheit gerichtete Gebote und Verbote als Verordnungen zu erlassen (vglvergleiche auch VfSlg 17.967/2006). Auch der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 10.12.1997, 97/03/0245, festgehalten, dass die Anordnung eines Verkehrsverbotes bzw einer Verkehrsbeschränkung eines Verordnungsgebungsaktes der dafür zuständigen Behörde bedarf.
5. Aus den vom Verfassungsgerichtshof angeforderten Akten geht hervor, dass es in Bezug auf die Regelung des Verkehrs durch Lichtzeichen an dem unter Punkt I.1. näher bezeichneten Ort der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung weder eine Grundlage in Form eines behördlichen Willensaktes noch eine Grundlage für eine entsprechende Kundmachung gab (vglvergleiche §1 und §2 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 4. August 1999, Z III 3-2/2/Bärenkreuzung/99). Das angefochtene Erkenntnis ist damit ohne jede Rechtsgrundlage ergangen.
IV. Ergebnis
1. Der Beschwerdeführer ist somit durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
2. Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:E148.2021Zuletzt aktualisiert am
26.01.2023