TE Vwgh Beschluss 2022/12/19 Ra 2022/03/0062

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.12.2022
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §58 Abs2
AVG §60
VwGG §26 Abs1
VwGG §34 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §28
VwGVG 2014 §28 Abs2
VwGVG 2014 §28 Abs3
VwGVG 2014 §29 Abs1
  1. VwGG § 26 heute
  2. VwGG § 26 gültig ab 06.01.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2021
  3. VwGG § 26 gültig von 01.01.2017 bis 05.01.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 24/2017
  4. VwGG § 26 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  5. VwGG § 26 gültig von 01.01.1991 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 330/1990
  6. VwGG § 26 gültig von 05.01.1985 bis 31.12.1990
  1. VwGG § 34 heute
  2. VwGG § 34 gültig ab 01.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2021
  3. VwGG § 34 gültig von 01.01.2014 bis 30.06.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  4. VwGG § 34 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  5. VwGG § 34 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  6. VwGG § 34 gültig von 01.08.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 89/2004
  7. VwGG § 34 gültig von 01.09.1997 bis 31.07.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 88/1997
  8. VwGG § 34 gültig von 05.01.1985 bis 31.08.1997
  1. VwGG § 42 heute
  2. VwGG § 42 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  3. VwGG § 42 gültig von 01.07.2012 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. VwGG § 42 gültig von 01.07.2008 bis 30.06.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  5. VwGG § 42 gültig von 01.01.1991 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 330/1990
  6. VwGG § 42 gültig von 05.01.1985 bis 31.12.1990

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Mag. Samm und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Ö AG in W, vertreten durch die Jarolim Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Volksgartenstraße 3/2. OG, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Dezember 2021, Zlen. 1. W179 2215093-1/22E und 2. W179 2215246-1/22E, betreffend eine Angelegenheit nach dem EisbG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Schienen-Control Kommission; mitbeteiligte Partei: W GmbH in W, vertreten durch die Lichtenberger & Partner Rechtsanwälte in 1010 Wien, Wollzeile 19/16), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionsbeantwortung der Schienen-Control Kommission wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat der Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Gegenstand des Revisionsverfahrens ist eine Maßnahme der Schienen-Control Kommission, der belangten Behörde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht (in der Folge auch: SCK), im Rahmen der Wettbewerbsaufsicht gemäß § 74Paragraph 74, Eisenbahngesetz 1957 (EisbG) betreffend die Liberalisierung des Bahnstrommarktes.

Die SCK hatte bereits die für die Jahre 2016 und 2017 in den jeweiligen Schienennetz-Nutzungsbedingungen der Revisionswerberin (in der Folge auch: Ö) enthaltenen Tarifbestimmungen betreffend Bahnstrom einer wettbewerbsaufsichtsbehördlichen Überprüfung gemäß § 74Paragraph 74, EisbG unterzogen und über diese jeweils bescheidmäßig abgesprochen. Die für diese Jahre von der SCK erlassenen Bescheide sind vom im Beschwerdeweg angerufenen Bundesverwaltungsgericht (BVwG) - hinsichtlich des Jahres 2016 teilweise, hinsichtlich des Jahres 2017 zur Gänze - gemäß § 28Paragraph 28, Abs. 3Absatz 3, VwGVG behoben und die jeweilige Angelegenheit an die SCK zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückverwiesen worden. Die betreffenden Entscheidungen des BVwG sind in Rechtskraft erwachsen; die diesbezüglichen Verfahren sind weiterhin bei der SCK anhängig.

2        Das nunmehrige Revisionsverfahren betrifft die für das Jahr 2018 in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen 2018 (SNNB 2018) der Ö enthaltenen Tarifbestimmungen bezüglich Nutzung des Bahnstromnetzes:

3        Die Ö hat unter Punkt 3. des Anhangs „Infrastruktur/Durchleitung“ zu den SNNB 2018 folgende Tarife für die Umformung und Verteilung von Bahnstrom veröffentlicht (Seite 18, Bescheid der SCK vom 28. November 2018):

„Netzentgelte 2018

Das ab dem 01. Jänner 2016 geltende Preismodell für die Netzentgelte differenziert zwischen dem Tarif für die Nutzung der Frequenzumformer (‚Tarif Nutzung Umformung‘) und einem Tarif für die Nutzung des Bahnsystems (‚Tarif Verteilung‘):

a)   Tarif Nutzung Umformung 16,7 Hz-Bahnstrom

Variable Kosten:

Frequenzumformerverluste, vorgelagerte Netzkosten, ÖMAG-Zuweisung

HAT 5,07 €/MWh   NT 4,23 €/MWh

Gilt für die Bezugsmenge eines Eisenbahnverkehrsunternehmens über die Frequenzumformer; die [Ö] bezieht für 2018 voraussichtlich 42,18% der Bezugsmenge über die Frequenzumformer.

b)   Tarif Verteilung 16,7 Hz-Bahnstrom

Solidarisierte Kosten:

Fixe Anlagekosten, Verluste, Regelleistung, ZLI, etc.

HAT 39,52 €/MWh   NT 32,93 €/MWh

Gilt für die gesamte Bezugsmenge eines Eisenbahnverkehrsunternehmens.“

4        Im Februar 2018 informierte die SCK die Ö über die amtswegige Einleitung eines wettbewerbsaufsichtsbehördlichen Verfahrens zur Prüfung der in den SNNB 2018 enthaltenen Bedingungen für den Zugang zum Bahnstromnetz für das Jahr 2018.

5        Mit Schreiben vom 13. April 2018 wurden die in Österreich tätigen Eisenbahnverkehrsunternehmen über das eingeleitete wettbewerbsaufsichtsbehördliche Verfahren informiert und ihnen die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.

6        Daraufhin erstattete - neben anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen - die L Gesellschaft mbH (in der Folge: L GmbH) am 22. August 2018 eine Stellungnahme zum gegenständlichen Verfahren. Im Zuge dieser Eingabe beantragte sie (unter anderem), dass der Ö untersagt werde, einen gesonderten Tarif „Nutzung Umformung“ für aus dem öffentlichen Netz eingespeiste Bahnstrommengen zu verrechnen.

7        Mit Bescheid vom 28. November 2018 erklärte die SCK einzelne im Anhang „Durchleitung Bahnstrom“ zu den SNNB 2018 angeführte Tarife - soweit sie einen bestimmten Betrag je MWh überschreiten - für unwirksam, verpflichtete die Ö, die für unwirksam erklärten Bestimmungen aus den SNNB 2018 zu entfernen und untersagte ihr die Berufung auf die für unwirksam erklärten Tarife gegenüber Eisenbahnverkehrsunternehmen (Spruchpunkt I.). In Spruchpunkt II. und III. sprach die SCK über weitere im Verfahren gestellte Anträge ab.

Der Spruch des vor dem BVwG angefochtenen Bescheides lautet wörtlich wie folgt:

„I. 1) In dem Anhang ‚Durchleitung Bahnstrom‘ zu den Schienennetz-Nutzungsbedingungen 2018 werden jeweils folgende Tarife im nachstehenden Umfang für unwirksam erklärt:

a.   Unter Punkt 3. a) Netzentgelte der Tarif ‚Umformung 16,7 Hz-Bahnstrom‘, der Hochtarif mit 5,07 EUR je MWh, soweit er eine Höhe von 4,84 EUR je MWh überschreitet, der Niedertarif mit 4,23 EUR je MWh soweit er eine Höhe von 4,03 EUR je MWh überschreitet.

b.   Unter Punkt 3. b) Netzentgelte der Tarif ‚Verteilung 16,7 Hz-Bahnstrom‘, der Hochtarif mit 39,52 EUR je MWh, soweit er eine Höhe von 31,30 EUR je MWh überschreitet, der Niedertarif mit 32,93 EUR je MWh soweit er eine Höhe von 26,08 EUR je MWh überschreitet.

2) Die [Ö] hat den in dem Anhang ‚Durchleitung Bahnstrom‘ zu den Schienennetz-Nutzungsbedingungen 2018 unter Punkt 3. a) veröffentlichten Tarif ‚Nutzung Umformung 16,7 Hz-Bahnstrom‘ sowie den unter Punkt 3. b) veröffentlichten Tarif ‚Verteilung 16,7 Hz-Bahnstrom‘ binnen fünf Arbeitstagen ab Zustellung dieses Bescheides aus dem auf ihrer Internetseite abrufbaren Anhang ‚Durchleitung Bahnstrom‘ zu den Schienennetz-Nutzungsbedingungen 2018 zu entfernen und durch die im Spruchpunkt 1.1) angeführten Tarife zu ersetzen.

3) Die [Ö] hat es ab Zustellung dieses Bescheides zu unterlassen, sich gegenüber Eisenbahnverkehrsunternehmen auf die im Spruchpunkt I.1) für unwirksam erklärten Tarife zu berufen, etwa indem sie Verträge mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen abschließt, in denen die Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Leistung dieser Tarife verpflichtet werden, indem sie die Gewährung der Leistung von der Zahlung dieser Tarife abhängig macht, oder indem sie die Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Zahlung dieser Tarife auffordert.

II.  Die Anträge der [W GmbH, in der Folge: W] und der [L GmbH] werden im übrigen geltend gemachten Umfang abgewiesen.

III. Die Entscheidung über den Antrag der [L GmbH], die Schienen-Control Kommission möge der [Ö] untersagen, einen gesonderten Tarif ‚Nutzung Umformung‘ für aus dem öffentlichen Netz eingespeiste Bahnstrommengen zu verrechnen, bleibt einer gesonderten Entscheidung der Schienen-Control Kommission vorbehalten.“

8        Im Rahmen der Bescheidbegründung führte die SCK zusammengefasst aus, dem im vorliegenden Fall zu beurteilenden Bahnstrom-Tarifmodell der SNNB 2018 der Ö liege die Annahme zugrunde, dass 57,82 % des prognostizierten Bahnstromverbrauchs für das Jahr 2018 über acht Wasserkraftwerke der Ö und über drei Partnerkraftwerke, die Bahnstrom bereits in der für das Bahnstromnetz benötigten Frequenz von 16,7 Hz produzierten, zur Verfügung gestellt würden. Der restliche Strombedarf (voraussichtlich 42,18 %) werde durch Zukäufe aus dem öffentlichen Stromnetz gedeckt und - da dieses eine Frequenz von 50 Hz aufweise - über die Frequenzumformer der Ö in 16,7 Hz-Bahnstrom umgewandelt. Die Ö unterscheide in ihrem Bahnstrom-Tarifmodell danach, ob ein Eisenbahnverkehrsunternehmen seinen Strom über einen Drittlieferanten oder weiter über die Ö beziehe. Im ersten Fall kämen sowohl der Tarif „Verteilung“ als auch der Tarif „Umformung“ für die gesamte Strombezugsmenge zur Anwendung, während im zweiten Fall der Tarif „Verteilung“ für die gesamte Bezugsmenge und der Tarif „Umformung“ lediglich für jene Strombezugsmenge eines Eisenbahnverkehrsunternehmens zur Anwendung komme, die zuvor über die Frequenzumformer umgeformt werden müsse (vgl.vergleiche Seite 18 bis 21, Bescheid der SCK vom 28. November 2018).

Im Anschluss an diese Ausführungen schlüsselte die SCK die verschiedenen Kostenblöcke samt (diese unterteilende) zugehörige Kostenpositionen, die der Ermittlung der Höhe der Tarife „Umformung“ und „Verteilung“ zugrunde liegen, näher auf und legte dar, welche Kostenpositionen jeweils dem Tarif „Umformung“ und welche dem Tarif „Verteilung“ zugerechnet würden (vgl.vergleiche Seite 21ff, Bescheid der SCK vom 28. November 2018). Im Rahmen der Beweiswürdigung begründete die SCK das Zustandekommen und die Höhe einzelner Kostenpositionen und verwies dabei mehrfach auf die von ihr erlassenen Bahnstrombescheide für die Jahre 2016 und 2017 (vgl.vergleiche Seite 84ff, Bescheid der SCK vom 28. November 2018).

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung gab die SCK auch das Vorbringen der L GmbH aus ihrer Stellungnahme vom 22. August 2018 wieder und setzte sich näher damit auseinander. Der Vorbehalt einer gesonderten Entscheidung hinsichtlich des Antrages der L GmbH, die SCK möge der Ö untersagen, einen gesonderten Tarif „Nutzung Umformung“ zu verrechnen (Spruchpunkt III. des Bescheides), wurde hingegen nicht näher begründet (vgl.vergleiche Seite 132ff, Bescheid der SCK vom 28. November 2018).

9        Gegen diesen Bescheid erhoben die Ö (lediglich gegen Spruchpunkt I.) und die W (in vollem Umfang) Beschwerde.

10       Mit der angefochtenen, mit „Im Namen der Republik!“ überschriebenen Entscheidung hob das BVwG unter Spruchpunkt A („hat ... beschlossen“) die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28Paragraph 28, Abs. 3Absatz 3, VwGVG auf und verwies die Angelegenheit in diesem Umfang zur Erlassung eines neuen Bescheides an die SCK zurück. Unter Spruchpunkt B („hat ... zu Recht erkannt“) wurde der Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids ersatzlos aufgehoben, unter Spruchpunkt C die Revision gemäß Art. 133Artikel 133, Abs. 4Absatz 4, B-VG für nicht zulässig erklärt.

11       Begründend führte das BVwG zur ersatzlosen Behebung des Spruchpunktes III. des Bescheides aus, die Fragen, inwieweit mit der Zweiteilung des Entgelts für die Benutzung der Bahnstromnetzinfrastruktur in die Tarife „Umformung“ und „Verteilung“ sowohl dem Grunde als auch der konkreten Höhe (des jeweiligen Jahres) nach ein diskriminierungsfreier Zugang zum Bahnstromnetz der Ö gewährleistet werde, stünden in untrennbarem sachlichen Zusammenhang zueinander. Die SCK könne nicht mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides die konkrete Höhe der Netzentgelte für das Jahr 2018 beurteilen, jedoch die untrennbar verbundene Frage, ob die gewählte (zweiteilige) Tarifsystematik dem Grunde nach geeignet und rechtskonform sei, auf ein späteres, gesondertes Verfahren und somit die benötigten Ermittlungen auf einen späteren Zeitpunkt verschieben.

Zur Aufhebung und Zurückverweisung der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides führte das BVwG zusammengefasst aus, die SCK habe durch die Einleitung eines aufsichtsbehördlichen Ermittlungsverfahrens zur Frage, inwieweit in Form des gesonderten Tarifs „Umformung“ ein diskriminierendes Markteintrittshindernis geschaffen werde, selbst den Ermittlungsbedarf ausgemacht. Andererseits habe sie gerade diese Ermittlungen zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides zur Gänze unterlassen und stattdessen mit Spruchpunkt III. auf eine gesonderte Entscheidung verwiesen. Diese Ermittlungen wären jedoch auch zur Beurteilung der mit Spruchpunkt I.1) teilweise für unwirksam erklärten Tarife „Umformung“ und „Verteilung“ notwendig gewesen, setze doch die Beurteilung der Höhe dieser Tarife zwangsläufig auch die Prüfung, inwieweit die zur Anwendung gelangte Tarifsystematik an sich dem Grunde nach rechtskonform sei, voraus.

12       Gegen „den Beschluss“ des Bundesverwaltungsgerichts wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision der Ö.

13       Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof erstattete die W eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision begehrte.

14       Die SCK brachte einen als „Revisionsbeantwortung“ bezeichneten Schriftsatz ein, in dem sie der Sache nach der Revision beitrat und beantragte, die angefochtene Entscheidung des BVwG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

15       Nach Art. 133Artikel 133, Abs. 4Absatz 4, B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133Artikel 133, Abs. 4Absatz 4, B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133Artikel 133, Abs. 9Absatz 9, B-VG).

16       Nach § 34Paragraph 34, Abs. 1Absatz eins, VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133Artikel 133, Abs. 4Absatz 4, B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

17       Nach § 34Paragraph 34, Abs. 1aAbsatz eins a, VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133Artikel 133, Abs. 4Absatz 4, B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25aParagraph 25 a, Abs. 1Absatz eins, VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133Artikel 133, Abs. 4Absatz 4, B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28Paragraph 28, Abs. 3Absatz 3, VwGG) zu überprüfen.

18       Die Zulässigkeitsbegründung der Revision macht geltend, das BVwG sei mit der angefochtenen Entscheidung von der (näher wiedergegebenen) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, indem es die Voraussetzungen für eine Behebung und Zurückverweisung gemäß § 28Paragraph 28, Abs. 3Absatz 3, VwGVG bejaht habe. Sie führt dazu zusammengefasst aus, bei der Frage, ob die in den SNNB 2018 enthaltene zweigliedrige Tarifsystematik (mit ihrer Unterteilung in den Tarif „Umformung“ und den Tarif „Verteilung“) zu einer Diskriminierung von Eisenbahnverkehrsunternehmen führe, handle es sich um eine reine Rechtsfrage, die vom BVwG - da Rechtsfragen niemals zu einer Zurückverweisung führen könnten - selbst entschieden hätte werden müssen. Zudem treffe es nicht zu, dass die belangte Behörde jegliches Ermittlungsverfahren unterlassen habe.

19       Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

20       Zur ersatzlosen Behebung des Spruchpunktes III. des Bescheides (Spruchpunkt B. der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts):

Zunächst ist klarstellend festzuhalten, dass die Revision sich ihrem Anfechtungsantrag nach wörtlich lediglich gegen den „Beschluss“ des Bundesverwaltungsgerichts wendet. Auch die Zulässigkeitsbegründung der Revision enthält nur Vorbringen, das sich gegen die beschlussmäßig ergangene Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 28Paragraph 28, Abs. 3Absatz 3, VwGVG wendet. Schließlich enthält auch der Revisionspunkt nur Vorbringen zu einer Rechtsverletzung wegen der mit Spruchpunkt A der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung erfolgten Aufhebung und Zurückverweisung und hält abschließend fest, „den Beschluss [...] in seinem gesamten Inhalt“ zu bekämpfen.

21       Bei verständiger Würdigung des Schriftsatzes ist die Revision also dahin zu verstehen, dass sie sich lediglich gegen den als Beschluss ergangenen Spruchpunkt A. der Entscheidung des BVwG, womit Teile des Bescheides der SCK gemäß § 28Paragraph 28, Abs. 3Absatz 3, VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit insoweit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die SCK zurückverwiesen wurde, wendet. Die - meritorisch, sohin als Erkenntnis ergangene und auch als solches bezeichnete - ersatzlose Behebung des Spruchpunktes III. des Bescheides der SCK (Spruchpunkt B. der Entscheidung des BVwG) ist also nicht vom Anfechtungsumfang der Revision umfasst und damit nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.

22       Zur Aufhebung und Zurückverweisung hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des Bescheides gemäß § 28Paragraph 28, Abs. 3Absatz 3, VwGVG (Spruchpunkt A. der Entscheidung des BVwG):

23       Angesichts des in § 28Paragraph 28, VwGVG insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28Paragraph 28, Abs. 3Absatz 3, zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28Paragraph 28, Abs. 3Absatz 3, VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28Paragraph 28, VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl.vergleiche § 37Paragraph 37, AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl.vergleiche grundlegend VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063, und die daran anknüpfende Folgejudikatur).

24       Das Verwaltungsgericht hat daher nachvollziehbar zu begründen, wenn es eine meritorische Entscheidungszuständigkeit (ausnahmsweise) als nicht gegeben annimmt. Es hat dabei darzulegen, dass und aus welchen Gründen die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung nach § 28Paragraph 28, Abs. 2Absatz 2, VwGVG nicht erfüllt sind, insbesondere in welcher Weise der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht feststeht und inwiefern allenfalls erforderliche Ergänzungen nicht vom Verwaltungsgericht selbst vorzunehmen wären (vgl.vergleiche etwa VwGH 7.4.2022, Ra 2021/03/0151, mwN).

25       Die Zulässigkeit der Aufhebung und Zurückverweisung ist etwa dann gegeben, wenn das Verwaltungsgericht eine andere Rechtsauffassung als die Verwaltungsbehörde vertritt und sich daraus erst die Notwendigkeit zu Ermittlungen in eine andere Richtung oder zu sonstigen Maßnahmen ergibt (vgl.vergleiche VwGH 29.3.2022, Ra 2021/05/0159).

26       Die fallbezogene Anwendung des § 28Paragraph 28, Abs. 3Absatz 3, zweiter Satz VwGVG unter Berücksichtigung der vom Verwaltungsgerichtshof vorgegebenen Auslegung dieser Bestimmung berührt dann keine grundsätzliche Rechtsfrage, wenn das vom Verwaltungsgericht solcherart erzielte Ergebnis innerhalb der durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs gezogenen Leitlinien liegt (vgl.vergleiche VwGH 19.10.2022, Ra 2022/04/0090, mwN).

27       Das BVwG hat sein Vorgehen nach § 28Paragraph 28, Abs. 3Absatz 3, zweiter Satz VwGVG im vorliegenden Fall zusammengefasst damit begründet, dass vor Überprüfung der Höhe der jeweiligen Tarife grundsätzliche Ermittlungen zur Rechtskonformität des zweigliedrigen Tarifsystems durchzuführen gewesen wären. Dies habe die SCK durch die (nachträgliche) Einleitung eines separaten Ermittlungsverfahrens zur Frage, inwieweit in Form des gesonderten Tarifs „Umformung“ ein diskriminierendes Markteintrittshindernis geschaffen werde, ohnehin selbst erkannt. Die in diesem nachgelagerten Verfahren durchzuführenden Ermittlungen wären aber bereits für das vorliegende Verfahren relevant gewesen, zumal die Beurteilung der Tarifhöhen zwangsläufig auch die Prüfung voraussetze, inwieweit die Tarifsystematik dem Grunde nach rechtskonform sei. Die notwendigen Ermittlungen zur Frage, inwieweit das zweigliedrige Tarifsystem dem Grunde nach zulässig sei, gehe weit über das Ausmaß sonstiger Begutachtungen hinaus, die Bewertung der zugrundeliegenden Tarifsystematik ziehe im Ergebnis eine völlige Neuüberprüfung der verfahrensrelevanten Fragen nach sich (was näher begründet wurde).

28       Die Revision, die der Rechtsauffassung des BVwG, dass die generelle Zulässigkeit der zweigliedrigen Tarifgestaltung - als Vorfrage - vor der Beurteilung der Zulässigkeit der Höhe der einzelnen Tarife geklärt werden müsse, nichts Stichhaltiges entgegenhält, vermag keine Unvereinbarkeit der angefochtenen Entscheidung mit § 28Paragraph 28, Abs. 3Absatz 3, VwGVG aufzuzeigen:

29       Auch wenn es sich bei der Frage, ob durch die zweigliedrige Tarifsystematik Eisenbahnverkehrsunternehmen diskriminiert werden, um eine Rechtsfrage handelt, müssen deren Beantwortung doch Sachverhaltsfeststellungen und damit Ermittlungen, etwa zu den wirtschaftlichen und technischen Hintergründen, die der Tarifsystematik zugrunde liegen, samt deren Auswirkungen auf die Ö, andere Stromanbieter sowie die abnehmenden Eisenbahnverkehrsunternehmen, vorangehen. Erst auf Basis dieser Ermittlungen können die notwendigen Feststellungen zur Tarifsystematik getroffen werden, die eine rechtliche Beurteilung der grundsätzlichen Zulässigkeit dieser Tarifgestaltung, die sowohl von der SCK als auch vom BVwG in Frage gestellt wurde, ermöglichen.

30       Das BVwG konnte sich darauf stützen, dass die SCK selbst von einem bestehenden Ermittlungsbedarf in diese Richtung ausgegangen ist, indem sie (mit Spruchpunkt III des Bescheids vom 28. November 2018) die Frage der Zulässigkeit eines eigenen Tarifs für „Nutzung Umformung“ einer gesonderten Entscheidung vorbehalten hat und dieses Verfahren gesondert führt.

31       Hinzu tritt, dass die SCK in ihrem Bescheid vom 28. November 2018 auch hinsichtlich der Begründung der Höhe der einzelnen Kostenpositionen mehrfach auf ihre Vorbescheide betreffend die Jahre 2016 und 2017 verwiesen hat. Diese Bescheide sind allerdings vom BVwG - rechtskräftig - wegen Ermittlungsmängeln behobenen worden, die betreffenden Angelegenheiten sind deshalb wieder bei der SCK anhängig, die ergänzende Ermittlungen vorzunehmen hat.

32       Vor dem dargestellten Hintergrund kann entgegen der Revision nicht gesehen werden, dass die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückverweisung der Angelegenheit im gegenständlichen Fall außerhalb der relevanten Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs gewesen wäre.

33       Lediglich der Vollständigkeit ist darauf hinzuweisen, dass auch die Revisionsbeantwortung der SCK, deren Ausführungen sich - neben Hinweisen auf die lange Verfahrensdauer vor dem BVwG - im Wesentlichen in einer Wiedergabe der hg. Rechtsprechung erschöpfen, kein fallbezogenes Vorbringen dahin enthält, dass der vom BVwG dargestellte, als entscheidend für die Aufhebung und Zurückverweisung angesehene Konnex zwischen der Zulässigkeit einer zweigliedrigen Tarifgestaltung und der Beurteilung der Höhe der einzelnen Tarife nicht bestünde.

34       In der Revision werden nach dem Gesagten keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133Artikel 133, Abs. 4Absatz 4, B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

35       Die Revision war daher gemäß § 34Paragraph 34, Abs.1Absatz , und 3 VwGG zurückzuweisen.

36       Die belangte Behörde beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung vom 5. Juli 2022, die angefochtene Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Dieser Schriftsatz ist daher als - verspätete - Revision zu werten und war gemäß § 34Paragraph 34, Abs. 1Absatz eins, VwGG zurückzuweisen (vgl.vergleiche etwa VwGH 20.12.2021, Ro 2021/03/0003, mwN).

37       Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47ffParagraphen 47 f, f, VwGG, insbesondere § 51Paragraph 51, VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 19. Dezember 2022

Schlagworte

Verfahrensbestimmungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022030062.L00

Im RIS seit

26.01.2023

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten