Entscheidungsdatum
09.12.2022Norm
B-VG Art130 Abs1 Z2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Dr. Goldstein als Einzelrichter über eine auf Art. 130Artikel 130, Abs. 1Absatz eins, Z 2Ziffer 2, B-VG gestützte Beschwerde des Herrn A, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, im Zusammenhang mit einer Amtshandlung durch Organe der Polizeiinspektion *** am 24.07.2022 (zurechenbar der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen), zu Recht:
1. Die Beschwerde, der Beschwerdeführer sei durch die vorläufige Abnahme seines Führerscheines am 24.07.2022 in ***, ***, in seinen Rechten verletzt worden, wird gemäß § 28Paragraph 28, Abs. 6Absatz 6, VwGVG als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision gemäß Art. 133Artikel 133, Abs. 4Absatz 4, B-VG nicht zulässig (§ 25aParagraph 25 a, VwGG).
Entscheidungsgründe:
1. Zum Beschwerdevorbringen:
Mit Schriftsatz vom 30.08.2022 hat der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung eine auf Art. 130Artikel 130, Abs. 1Absatz eins, Z 2Ziffer 2, B-VG gestützte Beschwerde im Zusammenhang mit der vorläufigen Abnahme seines Führerscheines durch Organe der Straßenaufsicht am 24.07.2022 in ***, ***, erhoben.
Begründend wurde insbesondere angeführt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die vorläufige Abnahme des Führerscheines nicht gegeben gewesen wären, da die Amtshandlung bereits zu Hause beim Beschwerdeführer auf Privatgrund stattgefunden habe und die Benützung des Kraftfahrzeuges daher beendet war und der Beschwerdeführer auch nicht vorhatte, an diesem Tag noch ein Kraftfahrzeug zu lenken oder in Betrieb zu nehmen und auch keine Umstände vorgelegen wären, die eine solche Annahme gerechtfertigt hätten.
Die vorläufige Abnahme des Führerscheines wäre im gegenständlichen Fall nur zulässig gewesen, wenn eine Übertretung nach § 99Paragraph 99, Abs. 1Absatz eins, lit. bLitera b, StVO 1960 infrage kommt.
Eine solche Übertretung sei jedoch nicht begangen worden, weil der Beschwerdeführer nicht ordnungsgemäß zur Durchführung einer Atemluftuntersuchung aufgefordert worden sei. Es sei umgangssprachlich aufgefordert worden, irgendwo hinein zu blasen und habe dies verweigert. Es sei keine Mitteilung erfolgt, dass infolge dieser Verweigerung daher nunmehr eine weitere Alkoholgehaltsmessung mit einem geeichten Gerät an Ort und Stelle erfolgen würde, geschweige denn, welche Konsequenzen dies nach sich ziehen würde.
Dem Beschwerdeführer sei unmittelbar im Zuge der Amtshandlung auch keine Bestätigung über die Abnahme des Führerscheines ausgefolgt worden. Eine solche sei erst nachträglich von den an die Örtlichkeit der Amtshandlung zurückkehrenden Beamten in den Postkasten eingeworfen worden.
Der Hinweis des Beschwerdeführers, ob es nicht infolge seiner abgeklungenen Coronaerkrankung sinniger wäre, eine Blutabnahme vorzunehmen, sei schlichtweg ignoriert worden.
2. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:
Mit Schreiben vom 02.09.2022 wurde die belangte Behörde eingeladen, binnen vier Wochen ab Zustellung hierzu eine Gegenschrift zu erstatten und dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die bezughabenden Akten vorzulegen.
Die belangte Behörde legte die bezughabenden Akten vor und verwies inhaltlich auf eine eingeholte Stellungnahme des Bezirkspolizeikommandos ***.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte am 16.11.2022 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer, die handelnden Organe der Straßenaufsicht sowie die vom Beschwerdeführer beantragten Zeugen einvernommen worden sind.
3. Feststellungen:
3.1 Der Beschwerdeführer fuhr am 24.07.2022 gegen 21:10 Uhr mit einem Motorrad der Marke Shineray mit dem behördlichen Kennzeichen *** im Gemeindegebiet von ***, auf der *** Bundesstraße, aus Richtung *** kommend in Fahrtrichtung ***, bis auf Höhe des Wohnhauses seiner Eltern mit der Ordnungsnummer ***. Dort bog er nach links auf die Grundstückseinfahrt ein.
3.2 Die Polizisten C (Beifahrer) und D (Fahrer) fuhren zu diesem Zeitpunkt ebenfalls auf der *** Bundesstraße in die Gegenrichtung, weil sie und sieben weitere Streifen von der Landesleitzentrale zu einem nahegelegenen (ca. 300 Meter entfernten) Gasthaus beordert worden sind. Grund hierfür war eine Privatanzeige über lärmende Motorradfahrer. Nach einer bereits ca. 2 Stunden zuvor durchgeführten Kontrolle, bei welcher die Lenker der Motorräder nicht ausgeforscht werden konnten, gab es eine erneute Meldung, wonach die Lage nun eskaliere.
C und D sahen den Beschwerdeführer auf der *** Bundesstraße fahren und in die Grundstückseinfahrt einbiegen. Sie beschlossen auf Grund des örtlichen Zusammenhanges eine Fahrzeug- und Lenkerkontrolle durchzuführen und hielten ebenfalls in der Grundstückseinfahrt zur Ordnungsnummer *** an.
Der Beschwerdeführer wurde von C aufgefordert, seinen Führerschein auszufolgen und übergab daraufhin seinen Führerschein.
3.3 C fragte den Beschwerdeführer, ob er einen Alkomatenvortest machen will. Der Beschwerdeführer verweigerte dies.
3.4 Die Eltern des Beschwerdeführers kamen aus dem Haus heraus und stießen zur Amtshandlung hinzu. Der Vater forderte die Polizisten auf, das Grundstück zu verlassen.
Der Beschwerdeführer versuchte einen befreundeten Polizisten anzurufen, welcher jedoch nicht abhob. Er wollte ihn fragen, wie er sich verhalten soll und ob das Handeln der Polizisten stimmt.
3.5 Sowohl der Beschwerdeführer als auch der Vater des Beschwerdeführers waren der Ansicht, dass eine Amtshandlung der Polizisten auf Privatgrund nicht zulässig ist.
3.6 Der Beschwerdeführer wurde von C zunächst formell zu einem Alkomattest aufgefordert. C startete hierfür den im Kofferraum des Dienstfahrzeuges befindlichen Alkomaten. Für den Beschwerdeführer war jedenfalls klar, dass er zu einer Alkomatmessung aufgefordert worden ist.
Die Situation schaukelte sich auf und es kam zu einer lauten Diskussion unter Beteiligung der Eltern des Beschwerdeführers sowie der Polizisten. Der Beschwerdeführer verhielt sich hingegen passiv und leistete der Aufforderung zur Durchführung eines Alkomattests keine Folge. Er versuchte erneut den befreundeten Polizisten anzurufen.
Die Polizisten wiesen darauf hin, dass eine Verweigerung des Alkomattests die Abnahme des Führerscheines zur Folge haben wird. Sie forderten den Beschwerdeführer mehrfach zur Durchführung des Alkomattests auf. Dies in der Folge auch umgangssprachlich mit einer Wortwahl wie „geh her da, und bloß eine“, „komm außa, da bloß eine“. Der Beschwerdeführer kam den Aufforderungen weiterhin nicht nach bzw. versuchte dies auch nicht.
3.7 Die Polizisten erklärten die Amtshandlung daraufhin nach ca. 7 Minuten für beendet und fuhren zu dem nahegelegenen Gasthaus, zu dem sie ursprünglich beordert worden sind. Eine Bescheinigung über die vorläufige Abnahme des Führerscheines wurde dem Beschwerdeführer nicht unmittelbar ausgestellt. Die Polizisten begaben sich, nachdem sie festgestellt haben, dass sich die Situation bei dem Gasthaus bereits beruhigt hatte, zurück zum Ort der gegenständlichen Amtshandlung und legten die Bescheinigung über die vorläufige Abnahme des Führerscheines in den Postkasten ein, nachdem sie zunächst bei dem Wohnhaus anläuteten, aber niemand herausgekommen ist.
3.8 In weiterer Folge rief die Mutter des Beschwerdeführers bei der Polizeiinspektion an und sprach mit D. Sie gab bekannt, dass der Beschwerdeführer eine Blutabnahme wünscht. Ihr wurde erwidert, dass er dies machen kann, aber die Amtshandlung von Seiten der Polizei abgeschlossen ist. Ihr wurde weiters mitgeteilt, dass die Bescheinigung über die vorläufige Abnahme des Führerscheines in den Postkasten eingeworfen worden ist.
4. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu den Punkten 3.1 und 3.2 erwiesen sich in diesem Umfang als unstrittig und ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers sowie der Zeugen C und D im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung.
Feststellungen dazu, ob das Einfahrtstor zunächst noch geschlossen war und ob der Beschwerdeführer erst während der Amtshandlung durch das Tor gefahren ist, konnten unterbleiben, zumal es in Hinblick auf die rechtlichen Erwägungen unerheblich ist, ob die Amtshandlung innerhalb der Einfriedung und somit jedenfalls auf Privatgrund, oder noch außerhalb der Einfriedung auf der Grundstückseinfahrt stattgefunden bzw. begonnen hat.
Die Feststellungen zu Punkt 3.3 ergeben sich aus der Aussage des Zeugen C im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung (VHS Seite 17). Auch im Beschwerdeschriftsatz wurde insofern übereinstimmend vorgebracht, dass der Beschwerdeführer zunächst verweigert hat.
Die Feststellungen zu Punkt 3.4 ergeben sich aus der Aussage des Beschwerdeführers im Beschwerdeschriftsatz sowie im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung (VHS Seite 2ff).
Hinsichtlich der Feststellung zu Punkt 3.5 ist auszuführen, dass es auch im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung erkennbar war, dass der Vater des Beschwerdeführers der Ansicht war, dass die Amtshandlung auf seinen Privatgrundstück nicht zulässig war bzw. er berechtigt war, die Polizisten zum Verlassen seines Grundstückes aufzufordern (VHS Seite 12).
Hinsichtlich des Beschwerdeführers gaben die Zeugen C und D übereinstimmend und glaubwürdig an, dass sie den Eindruck hatten, der Beschwerdeführer fühlte sich innerhalb des Grundstückes „im Leo“ bzw. dass er sich auf „sein Grundstück retten“ wollte (VHS Seiten 18 und 28). Dies fügt sich auch mit den Versuchen des Beschwerdeführers, einen befreundeten Polizisten anzurufen um zu erfragen, ob das Handeln der Polizisten so stimmt.
Die Feststellungen zu Punkt 3.6 ergeben sich aus den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen C und D (VHS Seiten 18 und 28f). Es erscheint auch glaubwürdig und entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Polizisten, die bereits seit vielen Jahren regelmäßig mit der Durchführung von Verkehrskontrollen und Planquadraten betraut sind geradezu formelhaft zur Durchführung eines Alkomattests auffordern. Der Beschwerdeführer führte im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung selbst aus, dass für ihn klar war, dass es um eine Alkomatmessung geht (VHS Seite 5).
Dass der Beschwerdeführer zusätzlich im Zuge der weiteren Diskussion auch umgangssprachlich hierzu aufgefordert worden ist, in einer Wortwahl, wie dies der Beschwerdeführer und seine Eltern vorgebracht haben, wirkte ebenso glaubwürdig. Der Zeuge D räumte auch ein, dass eine derartige Wortwahl im Nachhinein vielleicht gefallen ist (VHS Seite 30). Dies passt auch insofern mit den Schilderungen der Zeugen C und D überein, welche glaubwürdig angaben, dass sie den Beschwerdeführer geradezu gedrängt haben, einen Alkomattest durchzuführen, weil sie nicht den Eindruck hatten, dass der Beschwerdeführer eine große Menge Alkohol konsumiert hat und ihn vor einer langen Führerscheinentzugsdauer aufgrund einer Verweigerung bewahren wollten (VHS Seiten 21 und 30ff). Unstrittig war jedenfalls, dass der Beschwerdeführer keinen Atemalkoholtest durchführte bzw. dies auch nicht versuchte. Er gab auch an, dass er noch einmal versucht hat, den befreundeten Polizisten anzurufen, während er wiederholt umgangssprachlich hierzu aufgefordert worden ist (VHS Seiten 4f).
Hinsichtlich der Feststellungen zu Punkt 3.7 gaben alle anwesenden Personen übereinstimmend an, dass unmittelbar nach der Amtshandlung keine Bescheinigung ausgestellt worden ist. Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den übereinstimmenden Angaben der Zeugen C und D (VHS Seiten 20f und 29), wobei der Umstand, dass die Bescheinigung nachträglich in den Postkasten eingeworfen worden ist, unstrittig war. Die Dauer der Amtshandlung ergibt sich aus der Anzeige der Polizeiinspektion *** vom 25.07.2022, ***, sowie der in etwa übereinstimmenden Schätzung des Zeugen E im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung (VHS Seite 15).
Die Feststellungen zu Punkt 3.8 ergeben sich aus den im Wesentlichen übereinstimmen Aussagen der Zeugen F und D im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung.
Eine Feststellung dazu, ob bereits während der Amtshandlung nach einer Blutabnahme gefragt wurde, konnte in Hinblick auf die folgenden Erwägungen unterbleiben.
5. Rechtslage:
5.1 Die einschlägigen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl. Nr. 159/1960Bundesgesetzblatt Nr. 159 aus 1960, idFin der Fassung BGBl. I Nr. 154/2021Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 154 aus 2021, lauten auszugsweise:
„(…)
§ 5.Paragraph 5, Besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol.(…)
(…)“
5.2 § 39Paragraph 39, des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 120 aus 1997, idFin der Fassung BGBl. I Nr. 169/2020Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 169 aus 2020, lautet auszugsweise:
„Vorläufige Abnahme des Führerscheines(…)“
6. Erwägungen:
6.1 Prüfungsmaßstab
Im Rahmen eines Maßnahmenbeschwerdeverfahrens ist Gegenstand der Prüfung durch das Verwaltungsgericht alleine, ob der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären ist (VwGH 04.12.2020, Ra 2019/01/0163). Ausgehend von diesem Prozessgegenstand ist jene Sach- und Rechtslage maßgebend, die im Zeitpunkt der Setzung des Verwaltungsaktes bestand (VwGH 24.11.2015, Ra 2015/05/0063). Zu berücksichtigen sind nur solche Sachverhaltselemente, die dem einschreitenden Organ bei Anwendung der im Hinblick auf den Zeitfaktor zumutbaren Sorgfalt bekannt sein mussten (ex ante-Betrachtung aus dem Blickwinkel des einschreitenden Organs; VwGH 05.12.2017, Ra 2017/01/0373; 25.01.1990, 89/16/0163; 06.08.1998, 96/07/0053). Im Ergebnis ist daher zu prüfen, ob die einschreitenden Organe in zumindest vertretbarer Weise das Vorliegen der Voraussetzungen für ihr Einschreiten annehmen durften (VwGH 04.12.2020, Ra 2019/01/0163; 24.11.2015, Ra 2015/05/0063; 20.10.1994, 94/06/0119).
6.2 Zum Ort der Amtshandlung
Der Beschwerdeführer lenkte sein Motorrad unstrittiger Weise auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr. Dies wurde von den handelnden Polizeiorganen auch beobachtet. Erst anschließend begab sich der Beschwerdeführer auf ein Grundstück, welches im Eigentum seiner Eltern steht.
Hinsichtlich der diesbezüglichen Vorbringen ist darauf hinzuweisen, dass einer Aufforderung im Sinn des § 5Paragraph 5, Abs. 2Absatz 2, StVO auch auf „Privatgrund“ Folge zu leisten ist, zumal in der StVO nicht angeordnet ist, dass die Aufforderung zur Durchführung eines Alkomattests selbst auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr erfolgen muss (VwGH 16.02.2021, Ra 2020/02/0145 mwN).
Wenn der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Ablegung der Atemluftprobe der Ansicht gewesen sein sollte, hierzu auf Privatgrund nicht verpflichtet zu sein, so handelt es sich um eine irrige Auslegung der StVO 1960, die nicht als unverschuldet angesehen werden kann (erneut VwGH 16.02.2021, Ra 2020/02/0145 mwN).
Von einem "Lenken" im Sinne des ersten Satzes des § 5Paragraph 5, Abs. 2Absatz 2, StVO kann dann gesprochen werden, wenn die Aufforderung zur Ablegung der Atemluftprobe im Zuge einer Amtshandlung erfolgt, die "unmittelbar" an das Lenken anschließt. Dies liegt insbesondere auch vor, wenn der Lenker von einer Straße mit öffentlichem Verkehr auf eine private Zufahrt abbiegt und das Fahrzeug dort abstellt, bevor er zur Ablegung der Atemluftprobe aufgefordert wird. Der Beschwerdeführer durfte daher im gegenständlichen Fall grundsätzlich auch ohne Vorliegen von Symptomen zur Ablegung der Atemluftprobe aufgefordert werden (vgl.vergleiche VwGH 27.06.2014, 2012/02/0208).
Gleichzeitig waren damit aber auch die insofern identen Voraussetzungen für die Überprüfung auf den Verdacht der Beeinträchtigung durch Alkohol gemäß § 5Paragraph 5, Abs. 2aAbsatz 2 a, StVO 1960 mit einem Vortestgerät im Sinne des § 5Paragraph 5, Abs. 3aAbsatz 3 a, StVO 1960 gegeben.
6.3 Zur Aufforderung zur Ablegung der Atemluftalkoholuntersuchung
Für die Aufforderung zur Ablegung der Atemluftalkoholuntersuchung ist eine bestimmte Wortwahl nicht vorgeschrieben. Maßgeblich ist lediglich, dass eine entsprechende Deutlichkeit des Begehrens zum Ausdruck kommt (VwGH 16.04.1997, 96/03/0374).
Ungeachtet dessen war auf Grund des Ergebnisses des Beweisverfahrens davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer formal zur Durchführung einer Alkomatmessung aufgefordert worden ist. Jedenfalls war dem Beschwerdeführer auch nach seinen eigenen Angaben klar, dass er zu einer Alkomatmessung aufgefordert worden ist.
6.4 Zur Verweigerung
Ein angehaltener Lenker muss der Aufforderung eines Organs der Straßenaufsicht, den Alkotest vorzunehmen sofort entsprechen. Jedes Verhalten, das die sofortige Vornahme des Alkotestes verhindert, sofern das Organ der Straßenaufsicht nicht hiezu seine Zustimmung erklärt hat, ist als Verweigerung der Atemluftprobe zu werten (VwGH 20.03.2009, 2008/02/0142).
Eine Verweigerung, seine Atemluft auf Alkoholgehalt zu untersuchen liegt im Sinne der Strafbestimmung des § 99Paragraph 99, Abs. 1Absatz eins, lit. bLitera b, StVO 1960 jedenfalls vor, wenn der Betreffende einer solchen an ihn gerichteten und auch von ihm verstandenen Aufforderung tatsächlich keine Folge leistet (VwGH 24.10.2019, Ra 2019/02/0190).
Wird nach einer erstmaligen Aufforderung zum Alkotest, der der Betroffene nicht Folge leistet, die Amtshandlung nicht für beendet erklärt, sondern diese durch Stellen eines neuerlichen (auch mehrfachen) Begehrens fortgesetzt, so stellt sich dies als ein einheitliches Geschehen dar, was bedeutet, dass der Betroffene, solange die Amtshandlung nicht abgeschlossen wurde, den Test ablegen kann, ohne sich strafbar zu machen (VwGH 24.10.2008, 2008/02/0187).
Im gegenständlichen Fall kam der Beschwerdeführer der mehrfachen Aufforderung nicht nach, bis die Amtshandlung nach ca. 7 Minuten schließlich durch die Organe der Straßenaufsicht für beendet erklärt wurde. Der Beschwerdeführer setzte keinen einzigen Versuch der Aufforderung nachzukommen, sondern versuchte vielmehr zwei Mal einen befreundeten Polizisten anzurufen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass das Gesetz keine Bestimmung kennt, wonach der betroffene Fahrzeuglenker berechtigt wäre, die Ablegung der Untersuchung etwa von der Kontaktaufnahme mit seinem Rechtsanwalt abhängig zu machen. Vielmehr ist eine Atemluftprobe auf Verlangen des Straßenaufsichtsorganes sofort abzulegen (VwGH 15.01.1992, 91/03/0137; 20.04.2001, 97/02/0293).
Es kann daher keinesfalls als unvertretbar angesehen werden, dass das Verhalten des Beschwerdeführers als Verweigerung im Sinne des § 99Paragraph 99, Abs. 1Absatz eins, lit. bLitera b, StVO 1960 qualifiziert wurde.
Gemäß § 39Paragraph 39, Abs. 1Absatz eins, zweiter Satz FSG haben die Organe der Straßenaufsicht in einem solchen Fall den Führerschein vorläufig abzunehmen. Die Vorgehensweise im gegenständlichen Fall erweist sich daher als rechtmäßig.
6.5 Zur Relevanz einer angebotenen Blutuntersuchung
Der Beschwerdeführer brachte weiters vor, er habe Meldung gemacht, dass er kürzlich „Corona“ hatte und ob es nicht sinnvoll wäre, wenn eine Blutabnahme gemacht wird. Dies wurde von den einschreitenden Organen der Straßenaufsicht bestritten. Einer diesbezüglichen Feststellung kommt jedoch keine entscheidende Bedeutung zu.
Gemäß § 5Paragraph 5, Abs. 5Absatz 5, Z 2Ziffer 2, StVO 1960 sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Landespolizeidirektion tätigen, bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden oder im Sinne des § 5aParagraph 5 a, Abs. 4Absatz 4, ausgebildeten und von der Landesregierung hierzu ermächtigten Arzt zu bringen, sofern eine Untersuchung gemäß Abs. 2Absatz 2, (Atemluft) aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war.
Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat das Organ der Straßenaufsicht diesbezüglich an Ort und Stelle zu beurteilen, ob eine Person, die sich auf in ihrer Person gelegene (medizinische) Gründe für die Nichtdurchführung der Atemluftprobe beruft, dies glaubhaft gemacht hat. Das Organ der Straßenaufsicht darf selbst beurteilen, ob die vorgebrachten Gründe überhaupt tauglich sind, eine Nichtdurchführung der Atemluftalkoholuntersuchung zu erklären. Nur im Falle, als das Organ der Straßenaufsicht dies bejaht und die Atemluftuntersuchung abschließt, kommt eine Bestrafung nach § 5Paragraph 5, Abs. 2Absatz 2, StVO nicht (mehr) in Betracht (VwGH 27.01.2006, 2005/02/0321 mwN).
Im gegenständlichen Fall behauptete der Beschwerdeführer lediglich gefragt zu haben, ob eine Blutabnahme nicht sinnvoll wäre, weil er kürzlich „Corona“ hatte. Eine Unmöglichkeit der Durchführung einer Atemluftalkoholuntersuchung wurde nicht behauptet und nahm der Beschwerdeführer auch keinen einzigen Versuch vor – weder am Vortestgerät, noch am Alkomaten. Vielmehr verweigerte der Beschwerdeführer von Beginn an eine Atemluftuntersuchung. Das behauptete Vorbringen des Beschwerdeführers (welcher offenbar körperlich fit genug war, um ein Motorrad zu lenken) ist daher nicht geeignet, eine generelle Verweigerung einer Atemluftalkoholuntersuchung rechtfertigen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Aufgeforderte weder ein Bestimmungsrecht hinsichtlich Ort und Zeit der Atemluftprobe noch kommt ihm ein Wahlrecht zur Art der Untersuchung zu. Der Beschwerdeführer vermag daher mit der Behauptung auf seine Bereitschaft zur Durchführung eines Blutalkoholtests nicht zu widerlegen, dass er die von den einschreitenden Polizeibeamten angeordnete Atemalkoholuntersuchung verweigerte (VwGH 11.09.2013, 2012/02/0015).
6.6 Zur Bescheinigung über die vorläufige Abnahme des Führerscheines
Gemäß § 39Paragraph 39, Abs. 1Absatz eins, letzter Satz FSG ist bei der vorläufigen Abnahme eines Führerscheines eine Bescheinigung auszustellen, in der die Gründe für die Abnahme und eine Belehrung über die zur Wiedererlangung des Führerscheines erforderlichen Schritte enthalten sind.
Im gegenständlichen Fall wurde dem Beschwerdeführer eine solche Bescheinigung nicht unmittelbar im Anschluss an die Amtshandlung ausgestellt, sondern erfolgte dies erst, nachdem die Polizeiorgane von jenem (ca. 300 Meter entfernten) Ort zurückgekehrt sind, an den sie und sieben weitere Streifen auf Grund einer angeblichen Eskalation zunächst beordert worden sind. Unter diesen Umständen kann es nicht als unvertretbar angesehen werden, dass die einschreitenden Polizeiorgane die Bescheinigung etwas verzögert ausgestellt haben, nachdem sie zuerst „dringlichst“ an den Einsatzort zufahren wollten.
Außerdem handelt es sich bei der Ausstellung einer solchen Bescheinigung nicht um eine Modalität der Abnahme selbst, sondern um eine Bescheinigung über die Amtshandlung, welche im Anschluss an die Führerscheinabnahme auszustellen ist.
Die verzögerte Ausstellung der Bescheinigung ist daher nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit der vorangegangenen Führerscheinabnahme zu begründen.
Zusammenfassend erfolgte die vorläufige Abnahme des Führerscheines gemäß § 39Paragraph 39, Abs. 1Absatz eins, FSG zu recht, weil die Organe der Straßenaufsicht in einer vertretbaren Weise davon ausgehen konnten, dass der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung gemäß § 99Paragraph 99, Abs. 1Absatz eins, lit. bLitera b, StVO 1960 begangen hat.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
7. Zu den Kosten:
Gemäß § 35Paragraph 35, Abs. 1Absatz eins, VwGVG hat die obsiegende Partei im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Anspruch auf den Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer gemäß § 35Paragraph 35, Abs. 2Absatz 2, VwGVG die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde abgewiesen wird, ist gemäß § 35Paragraph 35, Abs. 3Absatz 3, VwGVG die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
Im vorliegenden Fall ergibt sich, dass der Beschwerdeführer als unterlegene Partei zu betrachten ist. Eine Verpflichtung zur Kostentragung hatte jedoch bereits mangels Antragsstellung durch die belangte Behörde zu unterbleiben.
8. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133Artikel 133, Abs. 4Absatz 4, B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Vielmehr waren die gegenständlichen Rechtsfragen anhand der jeweils zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu lösen.
Schlagworte
Maßnahmenbeschwerde; Führerschein; Abnahme; Bescheinigung; Ausstellung; Verzögerung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.M.52.001.2022Zuletzt aktualisiert am
25.01.2023