RS Vfgh 2022/12/1 G10/2022

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 01.12.2022
beobachten
merken

Index

41/01 Sicherheitsrecht

Norm

B-VG Art11 Abs2
B-VG Art130 Abs2 Z1
B-VG Art136 Abs2
B-VG Art140 Abs1 Z1 lita
SicherheitspolizeiG §88 Abs4
VwGVG §7 Abs4
VfGG §7 Abs1
  1. B-VG Art. 11 heute
  2. B-VG Art. 11 gültig ab 01.01.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2019
  3. B-VG Art. 11 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. B-VG Art. 11 gültig von 01.07.2012 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  5. B-VG Art. 11 gültig von 01.01.2005 bis 30.06.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 118/2004
  6. B-VG Art. 11 gültig von 01.01.2005 bis 31.12.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  7. B-VG Art. 11 gültig von 01.01.2005 bis 31.12.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2000
  8. B-VG Art. 11 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  9. B-VG Art. 11 gültig von 01.01.2001 bis 31.12.2000 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 508/1993
  10. B-VG Art. 11 gültig von 01.12.2000 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  11. B-VG Art. 11 gültig von 01.12.2000 bis 30.11.2000 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2000
  12. B-VG Art. 11 gültig von 01.07.1994 bis 30.11.2000 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 508/1993
  13. B-VG Art. 11 gültig von 01.01.1989 bis 30.06.1994 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  14. B-VG Art. 11 gültig von 01.01.1988 bis 31.12.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 640/1987
  15. B-VG Art. 11 gültig von 01.01.1985 bis 31.12.1987 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 490/1984
  16. B-VG Art. 11 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.1984 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  17. B-VG Art. 11 gültig von 29.05.1974 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 287/1974
  18. B-VG Art. 11 gültig von 01.01.1961 bis 28.05.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 148/1960
  19. B-VG Art. 11 gültig von 19.12.1945 bis 31.12.1960 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  20. B-VG Art. 11 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. B-VG Art. 130 heute
  2. B-VG Art. 130 gültig ab 01.02.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2019
  3. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.2019 bis 31.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  5. B-VG Art. 130 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  6. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.2015 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  7. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 115/2013
  8. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  9. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  10. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.1998 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/1997
  11. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.1991 bis 31.12.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  12. B-VG Art. 130 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 302/1975
  13. B-VG Art. 130 gültig von 18.07.1962 bis 30.06.1976 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 215/1962
  14. B-VG Art. 130 gültig von 25.12.1946 bis 17.07.1962 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  15. B-VG Art. 130 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  16. B-VG Art. 130 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. B-VG Art. 136 heute
  2. B-VG Art. 136 gültig ab 01.02.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2019
  3. B-VG Art. 136 gültig von 01.01.2015 bis 31.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  4. B-VG Art. 136 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  5. B-VG Art. 136 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  6. B-VG Art. 136 gültig von 19.08.1964 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 212/1964
  7. B-VG Art. 136 gültig von 25.12.1946 bis 18.08.1964 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  8. B-VG Art. 136 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  9. B-VG Art. 136 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. B-VG Art. 140 heute
  2. B-VG Art. 140 gültig ab 01.01.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013
  3. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2008
  5. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  6. B-VG Art. 140 gültig von 06.06.1992 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 276/1992
  7. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.1991 bis 05.06.1992 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  8. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.1988 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 341/1988
  9. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.1976 bis 30.06.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 302/1975
  10. B-VG Art. 140 gültig von 19.12.1945 bis 30.06.1976 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 140 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. VfGG § 7 heute
  2. VfGG § 7 gültig ab 22.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020
  3. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 21.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  4. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/2014
  5. VfGG § 7 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  6. VfGG § 7 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  7. VfGG § 7 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. VfGG § 7 gültig von 01.10.2002 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2002
  9. VfGG § 7 gültig von 01.01.1991 bis 30.09.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 329/1990
  10. VfGG § 7 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 311/1976

Leitsatz

Keine Verfassungswidrigkeit der sechswöchigen Frist für Verhaltensbeschwerden nach dem SicherheitspolizeiG im Hinblick auf Art136 Abs2 B-VG; Angleichung der Beschwerdefrist gegen "sonstiges Verhalten" in Besorgung der Sicherheitsverwaltung an die sechswöchige Frist für Maßnahmenbeschwerden aus Gründen der Effektivität des Rechtsschutzes, der Rechtsschutzfreundlichkeit, zur Vermeidung von Abgrenzungsfragen und der Besonderheiten des Verfahrens geboten

Rechtssatz

Abweisung des Antrags des Verwaltungsgerichts Wien (VGW - LVwG) auf Aufhebung des §88 Abs4 erster und zweiter Satz SicherheitspolizeiG (SPG) idFin der Fassung BGBl I 161/2013; Im Übrigen: Zurückweisung des Antrags. Der Hauptantrag erweist sich als zu eng gefasst. Der Wegfall des ersten Satzes in §88 Abs4 SPG ("Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde beträgt sechs Wochen.") ließe den zweiten Satz in §88 Abs4 SPG mit einem bezuglosen "Sie" beginnen und damit unverständlich zurück. Da zwischen dem ersten und dem zweiten Satz in §88 Abs4 SPG - wie das VGW in seinem ersten Eventualantrag zutreffend annimmt - ein untrennbarer Zusammenhang besteht, erweist sich der erste Eventualantrag - zumal auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind - als zulässig, sodass auf den zweiten Eventualantrag nicht einzugehen ist.

Die einheitlich sechswöchige Beschwerdefrist in §88 Abs4 SPG ist nur zulässig, wenn sie iSd Art136 Abs2 B-VG zur Regelung des Gegenstandes erforderlich ist.

Der VfGH hat wiederholt ausgesprochen, dass das Kriterium für die Erforderlichkeit abweichender Bestimmungen nach Art136 Abs2 dritter Satz B-VG jenem des Art11 Abs2 letzter Halbsatz B-VG entspricht: Vom VwGVG abweichende Regelungen dürfen daher nur dann getroffen werden, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes "unerlässlich" sind. Die für abweichende Regelungen in einem Materiengesetz erforderliche "Unerlässlichkeit" kann sich aus besonderen Umständen oder aus dem Regelungszusammenhang mit den materiellen Vorschriften ergeben. Darüber hinaus geht der VfGH in seiner Rechtsprechung zu Art11 Abs2 und Art136 Abs2 B-VG davon aus, dass von den allgemeinen Bestimmungen der Verfahrensgesetze abweichende Regelungen nur dann zulässig sind, wenn sie nicht anderen Verfassungsbestimmungen, wie etwa dem Rechtsstaatsprinzip und dem daraus abgeleiteten Grundsatz der Effektivität des Rechtsschutzes, widersprechen.

Mit der in §88 Abs4 SPG für die Erhebung von Beschwerden gegen "sonstiges Verhalten" in Besorgung der Sicherheitsverwaltung vorgesehenen Frist von sechs Wochen hat der Gesetzgeber im Sinne eines kohärenten Rechtsschutzes dem Rechtsschutzsuchenden eine gegenüber §7 Abs4 VwGVG längere Frist eröffnet, um sich gegen Verhaltensweisen in Besorgung der Sicherheitsverwaltung zu wehren. Diese Frist ist ident mit der sechswöchigen Frist für Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Maßnahmenbeschwerden) nach §88 Abs1 SPG. Der Gesetzgeber hat damit - ohne dies allerdings in den Materialien zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 bzw zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz-Inneres näher zu begründen - das §88 SPG zugrunde liegende System für Beschwerden gegen subjektive Rechtsverletzungen in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung auch hinsichtlich der Beschwerdefristen beibehalten.

Die Angleichung der Beschwerdefristen in §88 Abs4 SPG - die sich im Übrigen mit der sechswöchigen Frist für Richtlinienbeschwerden nach §89 Abs2 SPG decken - trägt der regelmäßigen Verzahnung von Verhaltensbeschwerden, die Maßnahmenbeschwerden näher stehen als Bescheidbeschwerden, und Maßnahmenbeschwerden gerade im Bereich der Sicherheitsverwaltung Rechnung. So sollten mit der Neuschaffung der Verhaltensbeschwerde in §88 Abs2 SPG in der Stammfassung BGBl 556/1991Bundesgesetzblatt 556 aus 1991, schwierige Abgrenzungsfragen zwischen Akten unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und einem sonstigen Verhalten in Besorgung der Sicherheitsverwaltung möglichst weitgehend vermieden werden. Dem Rechtsschutzsuchenden wird damit (nach wie vor) die Möglichkeit eröffnet, das behördliche Verhalten in seiner Gesamtheit und zeitgleich einer Rechtmäßigkeitskontrolle zu unterziehen, nämlich in dem Sinne, ob dem polizeilichen Verhalten die Ausübung unmittelbarer Befehls- oder Zwangsgewalt zugrunde lag oder durch das polizeiliche Handeln bloß "auf andere Weise" in seine Rechte eingegriffen wurde. Der Betroffene wird dadurch - im Interesse der Rechtsschutzfreundlichkeit - nicht mit Abgrenzungsfragen belastet. Diese regelmäßig im Bereich der Sicherheitsverwaltung auftretenden Abgrenzungsschwierigkeiten können nur durch gleiche Beschwerdefristen im Verfahren vermieden werden, die dem Betroffenen die gleichzeitige Beschwerdeerhebung ermöglichen.

Dass sich die Entscheidungsfindung in jenen (Ausnahme-)Fällen, in denen - wie es in dem dem Antrag zugrunde liegenden Verfahren der Fall sein dürfte - der Beschwerde allein "sonstiges Verhalten" in Besorgung der Sicherheitsverwaltung zugrunde liegt, um diese zwei Wochen verlängern könnte, ist demgegenüber vernachlässigbar.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund erweist sich in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung die Angleichung der Beschwerdefrist für Verhaltensbeschwerden in §88 Abs4 SPG an die sechswöchige Frist für Maßnahmenbeschwerden aus Gründen der Effektivität des Rechtsschutzes und der Besonderheiten des Verfahrens zur Regelung des Gegenstandes als erforderlich im Sinne des Art136 Abs2 B-VG.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Sicherheitspolizei, Fristen, Beschwerdefrist, Auslegung historische, Rechtsstaatsprinzip, Rechtsschutz, Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, VfGH / Gerichtsantrag, VfGH / Prüfungsumfang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2022:G10.2022

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2023
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten