TE Lvwg Erkenntnis 2022/12/20 LVwG-2022/18/1848-7

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.12.2022
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Entscheidungsdatum

20.12.2022

Index

82/02 Gesundheitsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

COVID-19-MaßnahmenG 2020 §5
COVID-19-MaßnahmenG 2020 §8 Abs5a Z2
COVID-19-SchutzmaßnahmenV 06te 2021 §14 Abs1 Z2
COVID-19-SchutzmaßnahmenV 06te 2021 §21 Abs4 Z2
VStG §5
VStG §19

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Hörtnagl über die Beschwerde des AA, wohnhaft in Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 13.06.2022, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14.12.2022

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 24,00 zu leisten.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer Folgendes vorgeworfen:

„Datum/Zeit: 23.01.2022, 13:30 Uhr

Ort:             **** X, Adresse 2, BB-Platz

Sie haben zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort als Teilnehmer an einer Demonstration, welche eine Versammlung nach dem Versammlungsgesetz 1953, BGBl. Nr. 98/1953 darstellt, und somit an einer Zusammenkunft gemäß § 14 Abs. 1 Z 2 der 6. COVID-19-Maßnahmenverordnung, BGBl. II Nr. 537/2021 idF BGBl. II Nr. 24/2022, teilgenommen und dabei keine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormten Standard getragen, obwohl bei Zusammenkünften gemäß § 14 Abs. 1 Z 2 6. COVID-19-MV auch im Freien eine Maske zu tragen ist. Es wurde festgestellt, dass Sie anfangs keine Maske trugen und nach Aufforderung durch die einschreitenden Beamten diese lediglich am Kinn trugen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 14 Abs. 1 Z 2 der 6. COVID-19-SchuMaV, BGBl. II Nr. 537/2021 idF BGBl. II Nr. 24/2022 iVm § 8 Abs. 5a Z 2 COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl. I Nr. 12/2020 idF BGBl. I Nr. 255/2021

Daher wurde über ihn gemäß § 8 Abs 5a COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl I Nr 12/2020 idF BGBl I Nr 255/2021, eine Geldstrafe in Höhe von Euro 120,00 (12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, sowie Verfahrenskosten in Höhe von Euro 12,00 vorgeschrieben.

Dagegen hat der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 01.07.2022 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben, in welcher er im Wesentlichen zusammengefasst ausführt, dass er die Veranstaltung am 23.01.2022 zwar besucht hätte, dort aber von keinem Beamten aufgefordert worden sei, sich auszuweisen, weshalb es sich nur um eine Verwechslung handeln könne. Außerdem sei er als Begleitperson einer hörbeeinträchtigten Person von der Maskenpflicht ausgenommen gewesen, auch beim Essen dürfe man die Maske abnehmen. Beantragt werde – abgesehen von der Einstellung des Strafverfahrens – die neuerliche Übermittlung eines Schreibens der belangten Behörde, welches dem Beschwerdeführer nicht zugegangen sei.

Anlässlich einer diesbezüglichen Aufforderung durch das Landesverwaltungsgericht Tirol hat der Beschwerdeführer bekannt gegeben, dass es sich bei der in der Beschwerde erwähnten Person um seine Tochter handelt.

Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt und in den Verwaltungsstrafregisterauszug vom 16.11.2022. Weiters wurde Beweis aufgenommen in der mündlichen Verhandlung am 14.12.2022 im Zuge derer der Beschwerdeführer als Partei sowie seine Tochter und seine Ehefrau sowie der anzeigende Polizeibeamte als Zeugen einvernommen wurden.

II.      Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer hat am 23.01.2022 um 13:30 Uhr auf dem Gelände des BB-Platzes in **** X an einer Versammlung (Demonstration) teilgenommen und hat dabei keine FFP2-Maske getragen. Zuvor wurde der Beschwerdeführer von der Polizei auf die Maskenpflicht hingewiesen.

Die Tochter des Beschwerdeführers (CC) hat laut ihrem Behindertenpass einen hundertprozentigen Grad der Behinderung (Hörbehinderung). Sie befand sich bei verfahrensgegenständlicher Demonstration mit dem Beschwerdeführer am Landhausplatz und hat sich dort frei bewegt.

Zum oben erwähnten Zeitpunkt hat der Beschwerdeführer nicht mit seiner Tochter kommuniziert. Er hat auch nichts gegessen oder getrunken.

Der Beschwerdeführer war zum Tatzeitpunkt unbescholten. Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie allfälligen Sorgepflichten hat der Beschwerdeführer nicht gemacht.

III.     Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem den LVwG Tirol vorliegenden Akten sowie den Beweisergebnissen der öffentlichen mündlichen Verhandlung und wurde dieser vom Beschwerdeführer im Zuge seiner Einvernahme im Wesentlichen bestätigt. Der Beschwerdeführer hat dabei selbst eingeräumt, ohne Maske an der Versammlung/Demonstration teilgenommen zu haben. Obwohl er zuvor von der Polizei auf die Maskenpflicht hingewiesen wurde und diese auch aufsetzte, hat er sie wenig später wieder abgenommen, da er „Frischluft“ brauchte. Dass er dabei nicht mit seiner hörbeeinträchtigen Tochter kommuniziert hat, ergibt sich ebenfalls aus seiner eigenen Aussagen und wurde dies von seiner Tochter und dem anzeigenden Polizeibeamten bestätigt. Die Anwesenheit der Tochter am Veranstaltungsort und auch die wiederkehrende Kontaktaufnahme zwischen Beschwerdeführer und seiner Tochter werden vom erkennenden Gericht nicht in Zweifel gezogen, zum maßgeblichen Zeitpunkt war die Kommunikation zwischen den beiden jedoch unstrittig unterbrochen, zumal sich die Tochter – wie es auch nach der allgemeinen Lebenserfahrung nachvollziehbar ist – frei am Gelände bewegt hat. Dass offenbar nicht einmal Sichtkontakt zwischen den beiden bestanden hat, bestätigt auch der Umstand, dass die Tochter die Amtshandlung durch die Polizei beim Beschwerdeführer nicht bemerkt hat. Fest steht weiters, dass der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt weder gegessen noch getrunken hat. Wenn der Beschwerdeführer angibt, dass er während der Veranstaltung meistens einen Apfel in der Hand gehalten hätte, so begründet dies allein kein „Essen“ im eigentlichen Sinn. Wenn der als Zeuge einvernommene Polizist mit Sicherheit sagen kann, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Anzeigeerstattung nichts konsumiert hat, so ist diese Aussage nicht in Zweifel zu ziehen, zumal ein geschultes Organ der öffentlichen Aufsicht zweifellos in der Lage sein muss, derartige Wahrnehmungen richtig zu deuten. Auch die Aussagen der ebenfalls als Zeugin einvernommenen Ehefrau des Beschwerdeführers stehen zu den getroffenen Feststellungen nicht im Widerspruch.

Der Beschwerdeführer war dem Polizeibeamten deshalb bekannt, als dass er von einer anderen Demonstration am 19.01.2022 - dh nur vier Tage vorher – noch in Erinnerung geblieben ist und es daher nicht notwendig war, nochmals seine Personalien aufzunehmen. Zumal der Beschwerdeführer selbst zugibt, an der beschwerdegegenständlichen Demonstration ohne Maske teilgenommen zu haben, bestehen keinerlei Zweifel an der richtigen Zuordnung der Anzeige.

Dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt unbescholten war ergibt sich aus dem eingeholten Strafregisterauszug vom 16.11.2022. Die Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie Sorgepflichten des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben im Zuge der mündlichen Verhandlung.

IV.      Rechtslage:

Die zum Tatzeitpunkt relevanten Bestimmungen des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl I Nr 12/2020 idF BGBl I Nr 255/2021, lauten (auszugsweise) wie folgt:

„§ 5

Zusammenkünfte

(1) Beim Auftreten von COVID-19 können vorbehaltlich des Abs. 2 Zusammenkünfte von Personen aus verschiedenen Haushalten geregelt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.

[…]

(4) In einer Anordnung gemäß Abs. 1 können Zusammenkünfte

    1.   an die Einhaltung bestimmter Voraussetzungen oder Auflagen gebunden werden oder

    2.   in Bezug auf die Personenzahl beschränkt werden oder

    3.   einer Anzeige- oder Bewilligungspflicht unterworfen werden oder

    4.   auf bestimmte Personen- oder Berufsgruppen eingeschränkt werden.

Maßnahmen gemäß Z 3 und 4 dürfen jedenfalls nicht für Zusammenkünfte im privaten Wohnbereich angeordnet werden. Erforderlichenfalls sind die Maßnahmen gemäß Z 1 bis 4 nebeneinander zu ergreifen. Reichen die in Z 1 bis 4 genannten Maßnahmen nicht aus, können Zusammenkünfte untersagt werden.

[…]

§ 8

Strafbestimmungen

[…]

(5a) Wer

    1.   eine Zusammenkunft organisiert und dabei eine Untersagung oder Bewilligungspflicht gemäß § 5 missachtet oder an einer untersagten oder nicht bewilligten Zusammenkunft teilnimmt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 1 450 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu vier Wochen, zu bestrafen;

    2.   eine Zusammenkunft entgegen den sonstigen gemäß § 5 Abs. 4 festgelegten Beschränkungen organisiert oder daran teilnimmt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 500 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu einer Woche, zu bestrafen;

    3.   gewerbsmäßig Zusammenkünfte organisiert und dabei eine Untersagung oder eine Bewilligungspflicht gemäß § 5 missachtet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 30 000 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu sechs Wochen, zu bestrafen;

    4.   gewerbsmäßig Zusammenkünfte organisiert und dabei sonstige gemäß § 5 Abs. 4 festgelegte Beschränkungen missachtet oder nicht dafür Sorge trägt, dass gemäß § 5 Abs. 4 festgelegte Beschränkungen eingehalten werden, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von bis zu 3 600 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu vier Wochen, zu bestrafen.

[…]“

Die zum Tatzeitpunkt relevanten Bestimmungen des 6. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl II Nr 537/2021 idF BGBl II Nr 24/2022, lauten (auszugsweise) wie folgt:

„Auf Grund der §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1, 4a Abs. 1, 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl. I Nr. 12/2020, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 183/2021, sowie des § 5c des Epidemiegesetzes 1950, BGBl. Nr. 186/1950, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 183/2021, wird im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats verordnet:

§ 2

Allgemeinde Bestimmungen

(1) Als Maske im Sinne dieser Verordnung gilt eine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard.

(2) Als Nachweis über eine geringe epidemiologische Gefahr im Sinne dieser Verordnung gilt ein:

[…]

    2.   „2G-Nachweis“: Nachweis gemäß Z 1 oder ein

     a)  Genesungsnachweis über eine in den letzten 180 Tagen überstandene Infektion mit SARS-CoV-2 oder eine ärztliche Bestätigung über eine in den letzten 180 Tagen überstandene Infektion mit SARS-CoV-2, die molekularbiologisch bestätigt wurde, oder

     b)  Absonderungsbescheid, wenn dieser für eine in den letzten 180 Tagen vor der vorgesehenen Testung nachweislich mit SARS-CoV-2 infizierte Person ausgestellt wurde;

[…]

§ 14

Zusammenkünfte

(1) Das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs und der Aufenthalt außerhalb des eigenen privaten Wohnbereichs zum Zweck der Teilnahme an Zusammenkünften ist für Personen, die über keinen 2G-Nachweis verfügen, nur für folgende Zusammenkünfte zulässig:

[…]

    2.   Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz 1953, BGBl. Nr. 98/1953;

[…]

Bei Zusammenkünften gemäß Z 1 bis 7 ist in geschlossenen Räumen eine Maske zu tragen. Bei Zusammenkünften gemäß Z 2 gilt dies auch im Freien.

[…]“

Ausnahmen

§ 21.

[…]

(4) Die Pflicht zum Tragen einer Maske gilt nicht

1. während der Konsumation von Speisen und Getränken;

2. für gehörlose und schwer hörbehinderte Personen sowie deren Kommunikationspartner während der Kommunikation;

[…]“

V.       Erwägungen:

Gemäß § 14 Abs 1 der 6. COVID-19-SchuMaV ist das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs und der Aufenthalt außerhalb des eigenen privaten Wohnbereichs zum Zweck der Teilnahme an Zusammenkünften für Personen, die über keinen 2G-Nachweis verfügen, nur für bestimmte Zusammenkünfte, so zB nach Z 2 leg cit für Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz 1953, BGBl. Nr. 98/1953, zulässig. Bei Zusammenkünften gemäß § 14 Abs 1 Z 2 leg cit ist zudem im Freien eine Maske gemäß § 2 Abs 1 leg cit zu tragen.

Wie unstrittig festgestellt wurde, hat sich der Beschwerdeführer zur vorgeworfenen Zeit am vorgeworfenen Ort ohne Maske aufgehalten und dort an einer Versammlung, konkret einer Demonstration, teilgenommen.

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Ausnahme von der Verpflichtung zum Tragen einer Maske gemäß § 21 Abs 4 Z 2 der 6. Covid-19-SchuMaV für Kommunikationspartner von gehörlosen oder schwer hörbehinderten Personen während der Kommunikation greift im gegenständlichen Fall nicht. Aufgrund des klaren Gesetzeswortlautes des § 21 Abs 4 Z 2 leg cit muss die Maske nur während der Kommunikation nicht getragen werden. Gemäß den Feststellungen fand zu dem hier gegenständlichen Zeitpunkt gerade keine Kommunikation zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Tochter statt. Sohin kann der genannte Ausnahmetatbestand nicht greifen. Selbst wenn, wie Beschwerdeführer und Zeugin ausführen, die Zeugin immer wieder zum Beschwerdeführer Kontakt aufgenommen hat, wäre dieser trotzdem verpflichtet gewesen, in den Zeiten ohne aufrechter Kommunikation die Maske zu tragen.

Im Verfahren wurde außerdem die Ausnahme von der Maskenpflicht während der Konsumation von Speisen und Getränken (§ 21 Abs 4 Z 1 der 6. Covid-19-SchuMaV) thematisiert. Der Beschwerdeführer räumt jedoch selbst ein, zum maßgeblichen Zeitpunkt gerade ausnahmsweise nichts gegessen zu haben, weshalb auch diese Bestimmung im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung gelangen kann.

Zusammengefasst steht die Übertretung in objektiver Hinsicht fest.

Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" - als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt - tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Gemäß § 5 Abs 2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Die Verbotsunkenntnis ist vorwerfbar, wenn sich der Täter trotz Veranlassung über den Inhalt der einschlägigen Normen nicht näher informiert hat. Es besteht also insoweit eine Erkundigungspflicht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat sich jedermann mit den einschlägigen Normen seines Betätigungsfeldes ausreichend vertraut zu machen (vgl VwGH 14.01.2010, 2008/09/0175). Eine derartige Erkundigungspflicht ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Existenz einschlägiger Regeln für die jeweilige Tätigkeit erkennbar ist. Dies trifft im vorliegenden Fall zu, da für die Teilnahme an einer Demonstration bzw Versammlung schon allein aufgrund der medialen Berichterstattung jedenfalls Anlass bestanden hat, sich mit den einschlägigen Regeln zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 vertraut zu machen. Der Beschwerdeführer räumt außerdem selbst ein, nur wenige Tage vor dem beschwerdegegenständlichen Vorfall schon an einer Demonstration teilgenommen zu haben, im Zuge welcher es auch zu einer Anzeigeerstattung gegen seine Person wegen eines Verstoßes gegen die Maskenpflicht gekommen ist. Allein schon deshalb, hätte ihm die Verpflichtung zum Tragen einer Maske bekannt sein müssen bzw hätte er zumindest nähere Erkundigungen darüber einholen müssen. Der Beschwerdeführer hat somit nichts vorgebracht, was Zweifel an seinem Verschulden aufkommen lässt. Die Übertretung steht somit auch in subjektiver Hinsicht fest, wobei sogar von einem bedingten Vorsatz ausgegangen werden muss. Der Beschwerdeführer hat es – obwohl er sogar noch vor der Amtshandlung von der Polizei auf die Maskenpflicht hingewiesen wurde – billigend in Kauf genommen, erneut gegen die Maskenpflicht zu verstoßen.

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Über den Beschwerdeführer wurde bei einem gemäß § 8 Abs 5a Z 2 COVID-19-MG zur Verfügung stehenden Strafrahmen in der Höhe von Euro 500,00 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 120,00 und damit im Ausmaß von 20 % des vorgesehenen Strafrahmens verhängt. Die Behörde hat dabei richtigerweise die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers mildernd gewertet. Die Behörde ist von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen ausgegangen.

Obwohl Gelegenheit gewesen wäre, hat der Beschwerdeführer auch im Beschwerdeverfahren keine Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und allfälligen Sorgepflichten gemacht. Im Zuge der vorzunehmenden Schätzung ist folglich von durchschnittlichen Verhältnissen auszugehen (vgl VwGH 20.09.2005, 2003/05/0060).

Vor dem Hintergrund der Erforderlichkeit der Einhaltung der zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie vorgesehenen Maßnahmen auch im Hinblick auf die Gesundheit der Gesamtbevölkerung kommt einem Verstoß gegen diese Regelungen ein hoher Unrechtsgehalt zu. Das Hinwegsetzen einzelner Personen über die zur Bekämpfung der Pandemie gesetzten Maßnahmen verletzt den Schutzzweck der Norm erheblich. Verschärfend kommt das beträchtliche Ausmaß des Verschuldens hinzu, sodass die verhängte Strafe jedenfalls als schuld- und tatangemessen anzusehen ist und auch aus spezial- und generalpräventiven Gründen notwendig war.

Insgesamt war somit die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Die in der Beschwerde begehrte nochmalige Übermittlung eines Schreibens der belangten Behörde hat sich durch die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung, im Zuge derer der gesamte Akteninhalt dargetan wurde und der Beschwerdeführer sich dazu äußern konnte, erübrigt.

Der Beschwerdeführer ist gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG zur Leistung eines Kostenbeitrages für das Beschwerdeverfahren zu verpflichten.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die im gegenständlichen Beschwerdeverfahren relevanten Rechtsfragen lassen sich unmittelbar aufgrund der zitierten Bestimmungen des COVID-19-Maßnahmengesetzes und der 6. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung lösen. Weiters wird auf die zitierte Judikatur verwiesen. Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 BV-G liegen folglich nicht vor, weshalb auszusprechen war, dass die ordentliche Revision unzulässig ist. Für den Beschwerdeführer ist die Revision gemäß § 25 Abs 4 VwGG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Hörtnagl

(Richterin)

Schlagworte

Versammlung
Maskenpflicht
FFP2-Maske
Ausnahme
Kommunikationspartner
Gehörlos
Schwer hörbehindert

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.18.1848.7

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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