TE Vwgh Erkenntnis 1995/12/15 95/21/0050

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Veröffentlicht am 15.12.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M in B, vertreten durch Dr. I, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 7. Oktober 1994, Zl. III 263-1/94, betreffend Zurückweisung einer Berufung als verspätet, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft (= BH) Landeck vom 26. Juli 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 18 Abs. 1 in Verbindung mit § 18 Abs. 2 Z. 6 und den §§ 19 bis 21 FrG ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von fünf Jahren erlassen.

In der am 22. August 1994 erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer zur Rechtzeitigkeit dieses Rechtsmittels aus, der Bescheid der BH Landeck sei ihm ohne Rückschein zugestellt worden. Die Zustellung sei somit mangelhaft gewesen. Erst am 8. August 1994 habe er den Bescheid in seinem Briefkasten vorgefunden, sodaß damit der Zustellmangel geheilt worden sei und die Berufungsfrist zu laufen begonnen habe.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung als verspätet zurück. Die zweiwöchige Berufungsfrist, auf die in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides der BH Landeck ordnungsgemäß hingewiesen worden sei, habe am Montag, dem 1. August 1994 begonnen. An diesem Tag sei der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer rechtswirksam zugestellt worden, was sich aus dem Zustellnachweis (Postrückschein) ergebe. Die Berufungsfrist habe, weil der 15. August 1994, Montag, ein gesetzlicher Feiertag gewesen sei, am Dienstag, den 16. August 1994 geendet. Die Berufung vom 22. August 1994 sei daher verspätet eingebracht worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 63 Abs. 5 AVG ist die Berufung von der Partei schriftlich oder telegraphisch binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Falle bloß mündlicher Verkündung mit dieser. Zufolge des § 56 AVG hat der Erlassung eines Bescheides - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes, soweit er nicht von vornherein klar gegeben ist, nach den Bestimmungen der §§ 37 und 39 AVG voranzugehen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach zum Ausdruck gebracht hat (vgl. etwa das Erkenntnis vom 29. September 1960, Slg. Nr. 5380/A, und das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 7. Mai 1980, Slg. Nr. 7.116/A), ist die Frage, ob eine Berufung rechtzeitig oder verspätet eingebracht wurde, eine Rechtsfrage, die die Behörde auf Grund der von ihr festgestellten Tatsachen zu entscheiden hat.

Als für die angefochtene Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt hat die belangte Behörde als erwiesen angenommen, daß der erstinstanzliche Bescheid dem Beschwerdeführer gegenüber am 1. August 1994 erlassen (zugestellt) und die dagegen erhobene Berufung am 22. August 1994, also nach Ablauf der im § 63 Abs. 5 AVG festgelegten zweiwöchigen Frist, zur Post gegeben worden sei.

Gegen diese durch den Akteninhalt gedeckte Sachverhaltsannahme bringt die Beschwerde nichts vor. Die Auffassung der belangten Behörde, daß die Berufung verspätet eingebracht worden sei, ist zutreffend.

Der Beschwerdeführer macht geltend, daß dem erstinstanzlichen Bescheid keine Übersetzung beigefügt worden sei, sodaß er gezwungen gewesen sei, sich selbst um eine Übersetzung zu bemühen. Die Zustellung des Bescheides sei daher gemäß § 11 ZustellG nicht rechtmäßig gewesen. Nach dieser Bestimmung seien Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, vorzunehmen. Gemäß Art. 7 Abs. 3 des Europäischen Übereinkommens über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland sei einem ausländischen Schriftstück, welches in einer besonderen Form zuzustellen sei (hier eigenhändige Zustellung), eine Übersetzung in der jeweiligen Amtssprache beizufügen. Wenn dies nicht der Fall sei, so müsse dem Empfänger, wenn diese Zustellung für ihn eine Frist auslöse, eine angemessene Zeit von der Übergabe des Schriftstückes an eingeräumt werden, um je nach Lage des Falles beim Verfahren anwesend zu sein, sich vertreten lassen oder die erforderlichen Schritte unternehmen zu können. Dies sei für den Beschwerdeführer in der Frist von 14 Tagen ab dem 1. August 1994 nicht möglich gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof ist verpflichtet, den angefochtenen Verwaltungsakt auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu überprüfen. Der vom Beschwerdeführer erstmals in der Beschwerde für den Beginn bzw. den Ablauf der Berufungsfrist geltend gemachte Umstand des Fehlens einer Übersetzung des angefochtenen Bescheides bzw. der Beschaffung einer solchen gehört dem Bereich der Tatsachenfrage an. Da der Beschwerdeführer diese Umstände trotz der ihm eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme zu dem für die Rechtzeitigkeit der Berufung erheblichen Sachverhalt im Verwaltungsverfahren nicht geltend machte, ist es gemäß § 41 Abs. 1 VwGG dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt, darauf einzugehen. Abgesehen davon ist darauf hinzuweisen, daß eine Übersetzung des zuzustellenden Schriftstückes in die Amtssprache des Staates, in dem zugestellt werden soll, bei Zustellung durch die Post gemäß dem vom Beschwerdeführer genannten Europäischen Übereinkommen (BGBl. Nr. 67/1983) nicht erforderlich ist und dieser Zustellungsart durch Italien (BGBl. Nr. 64/1985) nicht widersprochen wurde.

Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist die Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der BH Landeck vom 26. Juli 1994. Auf die Beschwerdeausführungen zur Frage der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer ist daher nicht einzugehen.

Da sohin die vom Beschwerdeführer behauptete Verletzung des Rechtes auf Sachentscheidung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995210050.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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