TE Vwgh Erkenntnis 1995/12/15 95/21/1078

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Veröffentlicht am 15.12.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/02 Familienrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §15 Abs1 Z2;
EheG §23;
EheG §27;
FrG 1993 §18 Abs1 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des G in V, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 30. August 1995, Zl. Fr 2498/95, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 des Fremdengesetzes (FrG) ein bis 30. April 2000 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer im Jahr 1991 die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin nur deshalb geschlossen habe, um in den Besitz eines Befreiungsscheines und einer Aufenthaltsbewilligung zu gelangen. Die Ehe sei mittlerweile mit Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 17. November 1992 einvernehmlich geschieden worden. Die geschiedene Ehegattin gab als Zeugin vernommen an, daß die Ehe mit dem Beschwerdeführer von einem Dritten vermittelt und von ihr nur gegen Entgelt eingegangen worden sei. Ein gemeinsamer Haushalt habe mit dem Beschwerdeführer nie bestanden, sie sei vielmehr weiterhin mit ihrem Lebensgefährten zusammen gewesen, von dem sie einen am 28. März 1993 geborenen Sohn habe. Der Beschwerdeführer wiederum, der am 13. Mai 1991 ohne Sichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist sei und nur durch diese Scheinehe seinen Aufenthalt habe legalisieren können, habe bereits im Jänner 1993 in der Türkei eine türkische Staatsbürgerin geheiratet, mit der er ein gemeinsames Kind habe.

Das Eingehen einer Ehe ausschließlich zum Zweck der Erlangung fremdenrechtlicher Berechtigungen stelle nach der ständigen hg. Rechtsprechung einen eklatanten Rechtsmißbrauch dar; der Aufenthalt des betreffenden Fremden im Bundesgebiet gefährde ein geordnetes Fremdenwesen und damit die öffentliche Ordnung im Sinn des § 18 Abs. 1 FrG.

Der Beschwerdeführer könne sich auf das Bestehen seiner rechtsmißbräuchlich im vorbeschriebenen Sinn herbeigeführten Aufenthaltsberechtigung nicht berufen. Der mit dem Aufenthaltsverbot bewirkte Eingriff in sein Privatleben sei nach § 8 Abs. 2 MRK zulässig, weil zur Erreichung eines geordneten Fremdenwesens dringend geboten. Die öffentlichen Interessen wögen im konkreten Fall jedenfalls schwerer als die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens darin begründet, daß die belangte Behörde seine Behauptung, er sei mit der Eheschließung am 9. Oktober 1991 mit einer österreichischen Staatsbürgerin eine "normale eheliche Beziehung" eingegangen, als reine Schutzbehauptung dargestellt habe, ohne die dafür ausschlaggebenden Erwägungen darzutun. Ein grober Verfahrensmangel liege auch deshalb vor, weil die belangte Behörde seine namhaft gemachten Zeugen nicht gehört und ihm keine Möglichkeit gegeben habe, zum Ergebnis ihres Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen.

Damit vermag der Beschwerdeführer aber keinen relevanten Verfahrensmangel aufzuzeigen.

Im angefochtenen Bescheid wurde ausführlich begründet, warum die belangte Behörde zum Ergebnis gelangte, daß es sich bei der Eheschließung des Beschwerdeführers mit der österreichischen Staatsbürgerin P um eine "Scheinehe" gehandelt habe. Es wurde ausgeführt, daß P als Zeugin aussagte, daß sie die Ehe lediglich gegen Entgelt über Vermittlung eines Dritten geschlossen habe. Zweck dieser Eheschließung sei lediglich gewesen, dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbewilligung sowie eine Beschäftigungsbewilligung zu verschaffen. Eine eheliche Gemeinschaft habe nie bestanden.

Der Beschwerdeführer hat die weiters getroffenen Feststellungen, wonach er am 13. Mai 1991 ohne den erforderlichen Sichtvermerk eingereist und lediglich durch die Eheschließung am 7. August 1991 einen Befreiungsschein sowie in weiterer Folge einen Sichtvermerk ausgestellt erhalten habe, und zum Zeitpunkt der Eheschließung zwischen ihm und P sprachliche Barrieren bestanden hätten, nicht bekämpft. Unbestritten bleiben nach den Beschwerdeausführungen auch die Feststellungen, daß P nach Scheidung der Ehe am 17. November 1992 bereits am 28. März 1993 einen mit ihrem früheren Lebensgefährten gezeugten Sohn geboren und der Beschwerdeführer selbst im Jänner 1993 in der Türkei eine türkische Staatsangehörige geheiratet habe, mit der er ebenfalls ein gemeinsames Kind habe.

Im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof obliegenden Prüfung der Beweiswürdigung (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) bestehen gegen die daraus gezogenen Schlußfolgerung der belangten Behörde, daß entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers anzunehmen sei, die Ehe sei nur zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen für den Beschwerdeführer geschlossen worden, keine Bedenken. Das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe die zu dieser Schlußfolgerung geführten Erwägungen nicht dargelegt, steht mit dem Inhalt des Bescheides nicht in Einklang.

Soweit der Beschwerdeführer eine Mangelhaftigkeit darin sieht, daß seine namhaft gemachten Zeugen nicht gehört worden seien, ist ihm entgegenzuhalten, daß er in der Beschwerde weder ausgeführt hat, welcher Sachverhalt sich bei Einvernahme der nicht näher bezeichneten Zeugen ergeben hätte, noch darlegt, daß dadurch die Schlußfolgerung der belangten Behörde entkräftet worden wäre. Er hat daher mit dieser Rüge keinen relevanten Verfahrensmangel aufgezeigt. Ebenso führt die Verletzung des Parteiengehörs als Verfahrensmangel nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn die Behörde bei Vermeidung dieses Mangels zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Wenn sich der Beschwerdeführer darauf beschränkt hat, die Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 45 Abs. 3 AVG aufzuzeigen, ohne darzulegen, was er vorgebracht hätte, wenn ihm die vermißte Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden wäre, dann kann ein derartiges Vorbringen nicht zum Erfolg führen.

Die belangte Behörde hat somit zutreffend das im Grunde des § 18 Abs. 1 FrG relevante Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers in der rechtsmißbräuchlichen Eingehung einer Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin ausschließlich zwecks Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen (Beschäftigungsbewilligung, Aufenthaltsbewilligung) erblickt. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung handelt es sich bei diesem Rechtsmißbrauch um ein Verhalten, das als gravierende Beeinträchtigung eines geordneten Fremdenwesens und solcherart als Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu werten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1994, Zl. 94/18/0220). Dieses Fehlverhalten stellt eine bestimmte Tatsache im Sinn des § 18 Abs. 1 leg. cit. dar, welche die dort umschriebene Annahme in Ansehung der öffentlichen Ordnung (konkret: des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen) rechtfertigt. Da im übrigen das Aufenthaltsverbot - unter der Annahme, es wäre damit ein im Grunde des § 19 FrG bedeutsamer Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verbunden - nach dieser Bestimmung zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten und demnach zulässig ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/18/1053) und schießlich auch das Ergebnis der von der belangten Behörde nach § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung auf keine Bedenken stößt, liegt die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt - nicht vor, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen war.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995211078.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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