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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner sowie die Hofräte Mag. Eder und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann-Preschnofsky, in der Rechtssache der Revision des M R in N, vertreten durch Dr. Andreas Reischl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Dr. Franz-Rehrl-Platz 7, dieser vertreten durch Mag.a Sarah Moschitz-Kumar, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Schießstattgasse 30/1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. August 2021, W192 2244838-1/2E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 29. September 2020 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.
2 Mit Bescheid vom 15. Juni 2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 26. August 2021 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers gegen die Versagung der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Werden Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungs- und Begründungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 28.7.2022, Ra 2022/20/0041, mwN).
8 Diesem Erfordernis wird in der Revision nicht nachgekommen. Soweit der Revisionswerber ausführt, das Bundesverwaltungsgericht habe veraltete Länderberichte herangezogen, verabsäumt er es, konkret auszuführen, welche Feststellungen zu treffen gewesen wären und weshalb diese zu einer anderen Entscheidung hätten führen können. Auch betreffend seine Rüge, das Bundesverwaltungsgericht habe es unterlassen, Aktenstücke aus dem Akt des betreffend den Vater des Revisionswerbers in Griechenland geführten Asylverfahrens beizuschaffen, zeigt er nicht auf, welche Feststellungen bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensmangels zu treffen gewesen wären.
9 Weiters ist darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Frage, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner amtswegigen Ermittlungspflicht weitere Ermittlungsschritte setzen muss, einer einzelfallbezogenen Beurteilung unterliegt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge insoweit nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre (vgl. erneut VwGH 28.7.2022, Ra 2022/20/0041, mwN). Derartiges zeigt die Revision nicht auf.
10 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Absehen von der mündlichen Verhandlung gemäß dem - hier maßgeblichen - ersten Tatbestand des ersten Satzes des § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG; „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“) dann gerechtfertigt, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018; sowie aus der weiteren dem folgenden Rechtsprechung etwa VwGH 25.4.2022, Ra 2022/20/0088, mwN).
11 Der Revisionswerber zeigt mit dem Hinweis, dass das Bundesverwaltungsgericht seinen Feststellungen ein (etwa ein halbes Monat) jüngeres Länderinformationsblatt zugrunde gelegt habe, nicht auf, dass die soeben angeführten Kriterien vor dem Verwaltungsgericht nicht gegeben gewesen wären. Er stellt nämlich nicht dar, welche für die Versagung der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten maßgeblichen Feststellungen in entscheidungswesentlicher Weise ergänzt oder aktualisiert worden seien und weshalb diese der Erörterung in einer Verhandlung bedurft hätten.
12 Es trifft angesichts des § 21 Abs. 7 BFA-VG zudem nicht zu, dass - worauf der Revisionswerber mit seinem weiteren Vorbringen abzielt - zur Beurteilung der Richtigkeit seines Vorbringens jedenfalls seine Vernehmung in einer vom Bundesverwaltungsgericht durchzuführenden Verhandlung hätte erfolgen müssen.
13 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 7. Dezember 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021200387.L00Im RIS seit
24.01.2023Zuletzt aktualisiert am
24.01.2023