TE Lvwg Erkenntnis 2022/12/14 LVwG-2022/50/3048-2

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Veröffentlicht am 14.12.2022
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Entscheidungsdatum

14.12.2022

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §47
  1. VStG § 47 heute
  2. VStG § 47 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2018
  3. VStG § 47 gültig von 01.07.2013 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  4. VStG § 47 gültig von 01.08.2002 bis 30.06.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002
  5. VStG § 47 gültig von 01.01.2002 bis 31.07.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001
  6. VStG § 47 gültig von 01.02.1991 bis 31.12.2001

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Mag. Schreier über die Beschwerde des Herrn AA, vertreten durch Frau BB, geb. am xx.xx.xxxx, wohnhaft in **** Z, Adresse 1, gegen den Zurückweisungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 16.11.2022, Zahl ***,

zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.   Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.   Verfahrensgang:

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Y vom 30.08.2022, GZ ***, wurde dem Beschuldigten Verwaltungsübertretungen nach dem Führerscheingesetz, der Straßenverkehrsordnung und dem Kraftfahrzeuggesetz vorgeworfen.

Die Strafverfügung wurde dem Beschuldigten laut dem im Akt befindlichen Rückschein am 02.09.2022 (durch Ersatzzustellung) zugestellt.

Da ein Einspruch gegen die Strafverfügung bei der Erstbehörde nicht einlangte, wurde der Beschuldigte in der Folge von der Bezirkshauptmannschaft Y mit Mahnschreiben vom 01.10.2022 zu Bezahlung des Strafbetrages gemahnt.

Mit Eingabe vom 12.10.2022 teilte die Vertreterin des Beschuldigten bezugnehmend auf das erwähnte Mahnschreiben mit, dass sie am 08.09.2022 um 10:32 Uhr einen Einspruch an „***@tirol.gv at“ gesendet habe. Hierüber habe sie auch eine Bestätigung vom Postmaster.

Die Bezirkshauptmannschaft Y forderte die Vertreterin in der Folge auf, das E-Mail samt E-Mail-Adresse des Empfängers zu übermitteln. Mit Schreiben vom 16.11.2042 kam die Vertreterin der Aufforderung nach und ist daraus ersichtlich, dass die Vertreterin tatsächlich am 08.09.2022 ein Einspruchsschreiben verfasste, allerdings wurde diese an die E-Mail-Adresse ***@tirol.fv.at versandt. Ein Einspruch langte somit bei der Erstbehörde nicht bzw nicht fristgerecht ein, zumal die Vertreterin eine falsche E-Mailadresse verwendete.

Seitens der Bezirkshauptmannschaft Y wurde folglich der Einspruch vom 12.10.2022 gegen die Strafverfügung vom 30.08.2022 als verspätet zurückgewiesen.

II.      Sachverhalt:

Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt.

Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

Gem § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gem Abs 4 leg cit kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr 210/1958, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl Nr C 83 vom 30.03.2010 S 389 entgegenstehen.

Aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse steht nachfolgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:

Die Strafverfügung vom 30.08.2022 wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am 2.9.2022 zugestellt. Dies blieb von der Vertreterin des Beschwerdeführers auch unbestritten. Ein rechtzeitiger Einspruch gegen die erlassene Strafverfügung liegt nicht vor. Augenscheinlich hat die Vertreterin eine unrichtige Email-Adresse verwendet. Statt „***@tirol.gv.at“ verwendete die Vertreterin die E-Mail-Adresse: „***@tirol.fv.at“. Der Einspruch hat die Bezirkshauptmannschaft somit nicht erreichen können. Dies hätte der Vertreterin auffallen müssen, zumal die Adresse nicht existiert und musste die Vertreterin vom Postmaster die Benachrichtigung über die Unzustellbarkeit erhalten haben.

Der von der Vertreterin erhobener Einspruch ist jedenfalls verspätet. Dieser ist erst am 12.10.2022 bei der Erstbehörde eingelangt.

III.     Beweiswürdigung:

Die wesentlichen Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt des verwaltungsbehördlichen Aktes.

Wenn die Vertreterin behauptet, dass sie am 08.09.2022 um 10:32 Uhr einen Einspruch an die Erstbehörde versendet und hierüber eine positive Bestätigung vom Postmaster erhalten habe, ist zu entgegnen:

Seitens des Landesgerichtes wurde aufgrund des Vorbringens ein Testmail an die von der Vertreterin verwendeten E-Mail-Adresse „***@tirol.fv.at“ gesendet.

Unmittelbar nach Versand E-Mails erhielt das Landesverwaltungsgericht vom Postmaster die Benachrichtigung der Unzustellbarkeit des versendeten Mails mit dem Vermerk „Unzustellbar“ und „Host unknown“. Die Nachricht vom Postmaster wurde der Vertreterin zur Wahrung des Parteiengehörs übermittelt. Gleichzeitig wurde sie aufgefordert, ihre vom Postmaster erhaltene Bestätigung dem Landesverwaltungsgericht zu übermitteln. Eine Stellungnahme langte bis dato nicht ein.

Die Behauptung, die Vertreterin hätte vom Postmaster ein Mail erhalten, ist daher unglaubwürdig und wird als Schutzbehauptung gewertet, dies nichts zuletzt dehalb, als die verwendete E-Mailadresse nachweislich – wie das Landesverwaltungsgericht darlegte - nicht geeignet war, eine positive Übermittlung des Einspruchs bewirken zu können.

IV.      Rechtslage:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, idF BGBl I Nr 57/2018, lauten wie folgt:

§ 49.

(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht und nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch, soweit er nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben oder zurückgezogen wird, ist die Strafverfügung zu vollstrecken.

V.       Erwägungen:

Sofern die Vertreterin Ausführungen zur in der Strafverfügung angelasteten Verwaltungsübertretung macht, ist darauf zu verweisen, dass Sache des gegenständlichen Verfahrens lediglich die Frage der Verspätung des Einspruchs ist, nicht die Frage, ob der Beschwerdeführer die ihn zur Last gelegte Übertretung begangen hat. Es sind daher auch im Weiterem die Ausführungen der Vertreterin im gegenständlichen Verfahren nicht beachtlich.

Zur Zurückweisung des Einspruchs:

Gem § 49 Abs 1 VStG beträgt die Frist für einen Einspruch gegen eine Strafverfügung zwei Wochen nach Zustellung.

Schriftliche Anbringen können gemäß Abs 2 leg cit der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.

Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können gemäß § 13
Abs 1 AVG Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass die Strafverfügung am 02.09.2022 dem Beschwerdeführer durch Ersatzzustellung iS § 16 ZustellG zugestellt wurde.

Richtig ist sohin, dass grundsätzlich ein Einspruch auch per E-Mail an die zuständige Behörde erhoben werden kann, dies ist auch in der gegenständlichen Strafverfügung so angeführt. Diesbezüglich ist jedoch festzuhalten, dass die E-Mailadresse für Behördeneingaben an die Bezirkshauptmannschaft Y „***@tirol.gv.at“ lautet.

Dies ist auch auf der angefochtenen Strafverfügung ersichtlich, ebenso wie auf der Homepage der Bezirkshauptmannschaft Y (http:\\www.tirol.gv.at\Y), welche wiederum in einem Link (Kontakt) auf die vorangeführte E-Mailadresse verweist. Gemäß Bekanntmachung des Bezirkshauptmannes zur rechtswirksamen Einbringung und deren technischen Voraussetzungen stehen für die rechtswirksame Einbringung von schriftlichen Anbringen (§ 13 Abs. 1 AVG) und von schriftlichen Mitteilungen in Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung an die Bezirkshauptmannschaft Y folgende Adressen zur Verfügung:

„Einbringung über Post:

Posteinlaufstelle der Bezirkshauptmannschaft Y, Parterre links, Zimmer 006, Bezirkshauptmannschaft Y, Adresse 2, **** Y;

Telefax:

***;

E-Mail:

***@tirol.gv.at;

Online-Formulare:

http:\\www.tirol.gv.at\formulare“

Von Seiten der Vertreterin wurde der Einspruch jedoch nicht an die vorgenannte offizielle E-Mail-Adresse der Bezirkshauptmannschaft Y, sondern überhaupt an eine ungültige E-Mail-Adresse gesandt, was für die Vertreterin auch erkennbar gewesen sein musste. Wenn man nämlich an die Adresse ***@tirol.fv.at eine Mail schickt, bekommt man eine Mail mit „Unzustellbar; Fehler bei der Nachrichtenzustellung an folgende Empfänger oder Gruppen: ***@tirol.gv.at (***@tirol.gv.at).

Der am 8.9.2022 versendete Einspruch der Vertreterin langte daher niemals bei der Behörde ein.

Die 14-tägige Einspruchsfrist gegen die dem Beschwerdeführer am 2.9.2022 zugestellte Strafverfügung endete am 16.9.2022. Der erst am 12.10.2022 (nachträglich nach Ablauf der Einspruchsfrist per E-Mail) eingelangter Einspruch erweist sich damit als verspätet.

Da sich sohin eindeutig aus dem behördlichen Akt ergibt, dass die angefochtene Strafverfügung dem Beschwerdeführer am 2.9.2022 zugestellt wurde, der Einspruch jedoch rechtsgültig erst am 12.10.2022 einlangte, erweist sich, dass die belangte Behörde den Einspruch zu Recht als verspätet zurückgewiesen hat.

 

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Schreier

(Richter)

Schlagworte

Zurückweisung wegen Verspätung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.50.3048.2

Zuletzt aktualisiert am

23.01.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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