Entscheidungsdatum
14.12.2022Index
83 Naturschutz UmweltschutzNorm
AWG 2002 §2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde der AA GmbH, Adresse 1, **** Z, vertreten durch
BB, Rechtsanwalt in **** Y, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol (= belangte Behörde) vom 04.07.2022, Zl ***, betreffend ein Feststellungsverfahren nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002, nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Schriftsatz vom 16.12.2021 beantragte die AA GmbH (= Beschwerde-führerin), vertreten durch BB, Rechtsanwalt in **** Y, die Feststellung, dass ein näher beschriebenes Tanklagersystem zur Sammlung und Zwischenlagerung von im Rahmen eines Handelsbetriebes sowie eines Gastgewerbetriebes anfallenden biogenen Abfällen nicht der Genehmigungspflicht des § 37 Abs 1 oder 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) unterliegt. Über Ersuchen der belangten Behörde erstattete der abfalltechnische Amtssachverständige CC die Stellungnahme vom 09.02.2022.
Zum Ansuchen der Beschwerdeführerin äußerte sich die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie mit Schriftsatz vom 08.04.2022.
Mit Schriftsatz vom 15.04.2022, Zl ***, übermittelte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin und dem Landesumweltanwalt die abfalltechnische Stellungnahme vom 09.02.2022. Darüber hinaus teilte sie die von ihr vertretene Rechtsauffassung mit, wonach es sich „bei dem konkret beschriebenen Tanklagersystem mit Pumpförderung um ein Lager im Sinne des § 2 Abs 7 Z 1a AWG 2002 handelt, dieses jedoch gemäß § 37 Abs 2 Z 5 AWG 2002 als ‚Lager für Abfälle‘ nicht gemäß § 37 Abs 1 AWG 2002 unterliegt, sofern es der Genehmigungspflicht gemäß den §§ 74 ff GewO 1994 unterliegt“.
Die Beschwerdeführerin äußerte sich dazu mit Schriftsatz vom 19.05.2022 und präzisierte den Feststellungsantrag dahingehend, dass er wie folgt lautete:
„Die Behörde möge feststellen, dass das gegenständliche Tanklagersystem nicht der Genehmigungspflicht gemäß § 37 Abs 1 oder 3 AWG 2002 unterliegt und auch keine Ausnahme gemäß § 37 Abs 2 AWG 2002 gegeben ist.“
Mit Spruchpunkt I. des Bescheides vom 04.07.2022, Zl ***, stellte die belangte Behörde fest, dass für das von der Beschwerdeführerin geplante, näher beschriebene Tanklagersystem mit Pumpförderung als Lager für Abfälle gemäß § 2 Abs 7 Z 1a AWG 2002 die Ausnahme gemäß § 37 Abs 2 Z 5 AWG 2002 zum Tragen kommt. Mit Spruchpunkt II. des eben angeführten Bescheides verpflichtete die belangte Behörde die Beschwerdeführerin zur Entrichtung einer Verwaltungsabgabe in Höhe von Euro 24,70.
Mit Schriftsatz vom 09.08.2022 erhob die rechtsfreundlich vertretene AA GmbH Beschwerde gegen den Bescheid vom 04.07.2022, Zl ***, und beantragte, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, „dass gemäß § 6 Abs. 6 Z 1 AWG 2002 festgestellt wird, dass das vom signierten Antrag umfasste, geplante Tanklagersystem mit Pumpförderung nicht der Genehmigungspflicht gemäß § 37 Abs 1 oder 3 AWG 2002 unterliegt und auch keine Ausnahme gemäß § 37 Abs 2 AWG 2002 gegeben ist“; hilfsweise wird beantragt, den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Mit Schriftsatz vom 18.08.2022, Zl ***, legte die belangte Behörde den Gegenstandsakt dem Landesverwaltungsgericht Tirol mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde gegen den Bescheid vom 04.07.2022, Zl ***, vor.
Zu den vom Landesverwaltungsgericht Tirol mit Schriftsatz vom 11.10.2022,
Zl ***, aufgeworfenen Fragen äußerte sich die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 19.10.2022.
Am 07.12.2022 fand die öffentliche mündliche Verhandlung statt. Die Beschwerdeführerin verwies auf das bisherige Vorbringen, insbesondere die Beschwerde vom 09.08.2022 und die Stellungnahme vom 19.10.2022. Ergänzend hob sie hervor, dass im Hinblick auf die zeitweilige Lagerung der gegenständlichen biogenen Abfälle bis zum Einsammeln auf dem Gelände der in R13 und D15 des Anhanges 2 zum AWG 2002 formulierte Ausnahmetatbestand erfüllt sei. Die Vertreterin des Landesumweltanwaltes verwies auf die Stellungnahme vom 02.05.2022, die Vertreterin der belangten Behörde auf die Darlegungen im angefochtenen Bescheid.
Beweis wurde aufgenommen durch die Einvernahme des abfalltechnischen Amtssachverständigen CC und durch Einsicht und Verlesung des Aktes der belangten Behörde und des Aktes des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, jeweils samt Beilagen.
Weitere Beweise wurden nicht beantragt und auch nicht aufgenommen.
II. Beschwerdevorbringen:
Die Beschwerdeführerin stellte zunächst den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt außer Streit. Die Beschwerdeführerin bemängelte somit ausschließlich deren rechtliche Beurteilung.
Die Beschwerdeführerin betonte, dass im gegenständlichen Tanklagersystem gerade kein Behandlungsverfahren R13 oder D15 des Anhanges 2 des AWG 2002 durchgeführt werde. Da beim gegenständlichen Tanklagersystem von keiner Abfallbehandlungsanlage auszugehen sei, handle es sich nach der Definition des § 2 Abs 7 Z 1a AWG 2002 nur um ein Lager „zur Zusammenstellung von Chargen und zur Zerkleinerung oder Verdichtung von Abfällen ausschließlich für Transport- oder Lagerzwecke“. Bei einem derartigen Lager fänden aber gemäß § 2 Abs 7 Z 1a AWG 2002 keine Behandlungsverfahren R13 oder D15 des Anhanges 2 zum AWG 2002 statt. Die belangte Behörde hätte daher feststellen müssen, dass das gegenständliche Tanklagersystem nicht der Genehmigungspflicht gemäß § 37 Abs 1 oder
Abs 3 AWG 2002 unterliegt und auch keine Ausnahme gemäß § 37 Abs 2 AWG 2002 gegeben ist. Die Beschwerdeführerin brachte vor, dass bei dem gegenständlichen Tanklagersystem lediglich von einem optimierten Zwischenlager auszugehen sei, sämtliche Manipulationen an den biogenen Abfällen würden der besseren Lagerbarkeit und Transportierbarkeit dienen. Von einer Verwertung im Sinne des § 2 Abs 5 Z 5 AWG 2002 sei daher nicht auszugehen. Auch unter Berücksichtigung der eben angeführten Bestimmung liege somit weder ein Verwertungsverfahren noch ein Beseitigungsverfahren vor. Damit scheide die Qualifikation des gegenständlichen Tanklagersystems als Abfallbehandlung im Sinne des § 37 AWG 2002 aus.
Unter Hinweis auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 14.10.2020, C-629/19, Sappi ua, und das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 21.05.2022, 46.1-3491/2015-36, hob die Beschwerdeführerin hervor, dass biogene Abfälle, die zum Betrieb einer Biogasanlage verwendet würden, nicht mehr als Abfall einzustufen seien, sollten die Voraussetzungen gemäß Art 6 Abs 1 der Abfallrahmenrichtlinie bereits vor ihrer tatsächlichen Verwendung erfüllt sein. Unter Berücksichtigung der getrennten Sammlung der kein wie immer geartetes Gefährdungspotenzial aufweisenden biologisch verwertbaren Abfälle und deren Verwertung bei der Erzeugung von Biogas sei daher beim gegenständlichen biogenen Abfall das Abfallende durch die Vorbereitung zur Wiederverwendung und damit vor der gegenständlichen Lagerung eingetreten. Zudem würden die gegenständlichen biogenen Materialien eine entsprechende Qualität aufweisen und sei bereits bei deren Entstehung ein Verwendungszweck gegeben. Sie seien somit als Nebenprodukte und nicht als Abfälle zu qualifizieren. Folglich sei auch § 37 AWG 2002 auf diese biogenen Materialien nicht anzuwenden.
Zusammenfassend hob die Beschwerdeführerin hervor, dass sich das antragsgegenständliche Tanklagersystem am Entstehungsort der biogenen Abfälle befinde. Die biogenen Abfälle würden im Tanklagersystem nur zeitweilig, nämlich bis zum Einsammeln durch die öffentliche Müllabfuhr, gelagert. Mit dem Tanklagersystem erfolge keine Behandlung der Abfälle, es handle sich vielmehr um ein optimiertes Zwischenlager für Abfälle. In dem verfahrens-gegenständlichen Tanklager erfolge somit unzweifelhaft eine zeitweilige Lagerung bis zum Einsammeln auf dem Gelände der Entstehung der Abfälle. Von einem Behandeln im Sinne des § 2 Abs 5 Z 1 AWG 2002 und damit von einem „Behandeln“ von Abfällen im Sinne des
§ 2 Abs 7 Z 1 AWG 2002 sei nicht auszugehen. Vielmehr werde der in R 13 und D 15 des Anhanges 2 zum AWG 2002 formulierte Ausnahmetatbestand erfüllt. Dementsprechend sei das Tanklager nicht als Behandlungsanlage im Sinne des § 37 Abs 1 AWG 2002 einzustufen. Folglich unterliege das geplante Tanklagersystem mit Pumpförderung nicht der Genehmigungspflicht gemäß § 37 Abs 1 und 3 AWG 2002 und sei somit kein Tatbestand gemäß § 37 Abs 2 AWG 2002 erfüllt. Folgte man der Auffassung der belangten Behörde, wären auch die derzeit bei ihr [= der Beschwerdeführerin] zum Einsatz kommenden Biomülltonnen – wie das geplante Tanklagersystem – als Abfallbehandlungsanlage zu beurteilen.
Abschließend hob die Beschwerdeführerin hervor, dass ihr ein konsenswidriger Betrieb, der als Änderung der Betriebsanlage zu qualifizieren sei, nicht unterstellt werden dürfe.
III. Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin betreibt in dem auf Gst **1, GB ***** X, errichteten Gebäude ein Handelsgewerbe gemäß § 124 Z 11 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), beschränkt auf den Einzelhandel, sowie ein Gastgewerbe mit den Berechtigungen gemäß § 111 Abs 1 Z 2 GewO 1994 in der Betriebsart Buffet. Die Beschwerdeführerin ist als Lebensmittelunternehmen laut Kapitel 5 der VO (EG) 852/2004 über Lebensmittelhygiene verpflichtet, ein oder mehrere Verfahren, die auf den HACCP-Grundsätzen beruhen, einzurichten, durchzuführen und aufrecht zu erhalten. Zu diesem Verfahren zählt auch die Eingangskontrolle der Lebensmittel.
Sowohl im Rahmen des Handelsbetriebes als auch im Rahmen des Gastgewerbebetriebes fallen biogene Materialien an. Beim Handelsbetrieb sind es in erster Linie „überlagerte Lebensmittel“, also Lebensmittel, die nicht mehr verkauft werden können. Beim Gastgewerbebetrieb fallen biogene Materialien insbesondere bei der Speisezubereitung an. Diese biogenen Materialien sollen zukünftig über ein Tanklagersystem mit Pumpförderung im Betrieb gesammelt und in einem Tank bis zur Abholung zwischengelagert werden.
Bei diesem Tanklagersystem handelt es sich um ein geschlossenes und geruchsfreies System, welches aus einer Aufgabeeinheit, einem Rohrleitungssystem und einem Lagertank besteht. Die biogenen Materialien werden über die Aufgabeeinrichtung in das System eingebracht und zwecks Verbesserung der Durchgängigkeit in den Rohrleitungen und zur Volumenreduktion beim anschließenden Transport zerkleinert. Vor dem Einbringen der biogenen Materialien in das geplante Tanklagersystem findet ein händisches Aussortieren von Fremdstoffen statt. Bei verpackten Lebensmitteln wird vor deren Einbringung in das Tanklagersystem die Verpackung entfernt.
Die Zerkleinerung erfolgt unter Ausnutzung des Eigenwassers der biogenen Materialien sowie unter Zugabe einer geringen Menge von „Transportwasser“, welches lediglich dem Ausgleich des natürlichen Wasserverlustes (Verdunstung) dient und die Transportierbarkeit im Rohrleitungssystem gewährleistet. Die eben beschriebene Manipulation verfolgt nicht das Ziel, nachfolgende Behandlungsschritte zu umgehen oder zu erleichtern. Die zerkleinerten biogenen Materialien werden über ein Rohrleitungssystem zu einem Lagertank gepumpt. Ist der Lagertank voll, soll er durch entsprechende Saugfahrzeuge geleert werden.
Beabsichtigt ist die Lagerung der biogenen Materialien bis zur Einsammlung durch die öffentliche Müllabfuhr. Die Entsorgung der im Lagertank gesammelten biogenen Materialien erfolgt somit weiterhin über die Gemeinde. Die Beschwerdeführerin hat für die von der Standortgemeinde eingerichtete öffentliche Müllabfuhr die durch den Gemeinderat festgesetzte Müllgebühr zu entrichten. Die biogenen Materialien sollen zu einer Biogasanlage transportiert und dort umweltgerecht verwertet werden.
Die im geplanten Tanklagersystem eingebrachten biogenen Materialien sind für eine Verwertung in einer Biogasanlage oder Co-Fermentationsanlage geeignet. Eine Kompostierung ist eher schwierig durchzuführen.
Das geplante Tanklagersystem weist gegenüber der Verwendung von Biomülltonnen folgende Vorteile auf:
? Volumenreduktion durch Zerkleinerung der Bioabfälle
? Minimierung der Geruchsemissionen durch die Abluftreinigung
? Geringerer Aufwand für die Reinigung
IV. Beweiswürdigung:
Die Beschreibung des geplanten Tanklagersystems und der beabsichtigten Lagerung der im Handelsbetrieb und Gastgewerbebetrieb der Beschwerdeführerin anfallenden biogenen Materialien bis zur Abholung durch die öffentliche Müllabfuhr wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung weitgehend außer Streit gestellt. Bei der Sachverhaltsdarstellung verwertete das Landesverwaltungsgericht Tirol zudem das ergänzende Vorbringen der Beschwerdeführerin sowie die Darlegungen des abfalltechnischen Amtssachverständigen. Das vorgesehene Tanklagersystem ist auch im „Fließ-Schema Nassmüllentsorgung“ dargestellt, auf das sich der angefochtene Bescheid bezieht.
V. Rechtslage:
1. Abfallwirtschaftsgesetz 2002:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002
(AWG 2002), BGBl I Nr 102/2002 in der Fassung (idF) BGBl I Nr 200/2021, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Begriffsbestimmungen
§ 2. (1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen,
1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder
2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.
[…]
(3) Eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses
Bundesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, solange
1. eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder
2 sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen
Verwendung steht.
Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung von Mist, Jauche, Gülle und organisch kompostierbarem Material als Abfall ist dann nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, wenn diese im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs anfallen und im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.
[…]
(4) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind
1. […]
2. ‚Siedlungsabfälle‘
a) gemischte Abfälle und getrennt gesammelte Abfälle aus Haushalten, einschließlich Papier und Karton, Glas, Metall, Kunststoff, Bioabfälle, Holz, Textilien, Verpackungen, Elektro- und Elektronik-Altgeräte, Altbatterien und Altakkumulatoren sowie Sperrmüll, einschließlich Matratzen und Möbel;
b) gemischte Abfälle und getrennt gesammelte Abfälle aus anderen Herkunfts-bereichen, sofern diese Abfälle in ihrer Beschaffenheit und Zusammensetzung Abfällen aus Haushalten ähnlich sind.
Siedlungsabfälle umfassen keine Abfälle aus Produktion, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Klärgruben, Kanalisation und Kläranlagen, einschließlich Klärschlämme, Altfahrzeuge und keine Bau- und Abbruchabfälle. Gemischte Siedlungsabfälle gelten auch dann weiterhin als gemischte Siedlungsabfälle, wenn sie einem Behandlungsverfahren unterzogen worden sind, das ihre Eigenschaften nicht wesentlich verändert hat.
[…]
7. ‚Bioabfälle‘ biologisch abbaubare Garten- und Parkabfälle, Nahrungsmittel- und Küchenabfälle aus Haushalten, Büros, Gaststätten, Großhandel, Kantinen, Cateringgewerbe und aus dem Einzelhandel sowie vergleichbare Abfälle aus Nahrungsmittelverarbeitungsbetrieben.
8. ‚Lebensmittelabfälle‘ alle Lebensmittel gemäß Art. 2 der Verordnung (EG) Nr 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit, ABl. Nr. L 31 vom 01.02.2002 S. 1, die zu Abfall geworden sind.
[…]
(5) Im Sinne dieses Bundesgesetzes
1. ist ‚Abfallbehandlung‘ jedes Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren, einschließlich
der Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung.
[…]
(7) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind
1. ‚Behandlungsanlagen‘ ortsfeste oder mobile Einrichtungen, in denen Abfälle behandelt werden, einschließlich der damit unmittelbar verbundenen, in einem technischen Zusammenhang stehenden Anlagenteile;
1a. ‚Lager‘ ortsfeste Einrichtungen, die zur Durchführung der Behandlungsverfahren
R 13 oder D 15 des Anhangs 2 sowie zur Aussortierung von Störstoffen, zur Zusammenstellung von Chargen und zur Zerkleinerung oder Verdichtung von Abfällen ausschließlich für Transport- oder Lagerzwecke verwendet werden;
[…]“
„Feststellungsbescheide
§ 6. (1) Bestehen begründete Zweifel,
1. ob eine Sache Abfall im Sinne des Bundesgesetzes ist,
2. welcher Abfallart diese Sache gegebenenfalls zuzuordnen oder
3. ob eine Sache gemäß den unionsrechtlichen Abfallvorschriften, insbesondere der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen (im Folgenden:
EG-VerbringungsV), ABl. Nr. L 190 vom 12.07.2006 S.1, bei der Verbringung notifizierungspflichtiger Abfall ist,
hat der Landeshauptmann dies entweder von Amts wegen oder auf Antrag des Verfügungsberechtigten oder auf Veranlassung der Bundespolizei nach Maßgabe des § 82 oder der Zollorgane nach Maßgabe des § 83 mit Bescheid festzustellen. Der Verfügungsberechtigte hat die für die Beurteilung erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Ein Feststellungsbescheid gemäß Z 2 darf nur beantragt werden, sofern nicht § 7 zur Anwendung kommt.
[…]
(6) Der Landeshauptmann hat auf Antrag eines Projektwerbers oder des Umweltanwaltes oder von Amts wegen innerhalb von drei Monaten festzustellen, ob
1. eine Anlage der Genehmigungspflicht gemäß § 37 Abs. 1 oder 3 oder gemäß § 52 unterliegt oder eine Ausnahme gemäß § 37 Abs. 2 gegeben ist,
2. eine Anlage eine IPPC-Behandlungsanlage ist,
3. eine Änderung einer Behandlungsanlage der Genehmigungspflicht gemäß § 37 Abs. 1 oder 3 unterliegt oder gemäß § 37 Abs. 4 anzeigepflichtig ist.
Parteistellung hat neben dem Projektwerber der Umweltanwalt.
[…]“
„Genehmigungs- und Anzeigepflicht für ortsfeste Behandlungsanlagen
§ 37. (1) Die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen bedarf der Genehmigung der Behörde. Die Genehmigungspflicht gilt auch für ein Sanierungskonzept gemäß § 57 Abs. 4.
(2) Der Genehmigungspflicht gemäß Abs. 1 unterliegen nicht
[…]
5. Lager für Abfälle, die der Genehmigungspflicht gemäß den §§ 74 ff GewO 1994, gemäß dem Mineralrohstoffgesetz oder gemäß dem Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen (EG-K), BGBl I Nr. 150/2004, unterliegen, ausgenommen IPPC-Behandlungsanlagen,
6. Anlagen privater Haushalte, in denen zulässigerweise die im Haushalt anfallenden Abfälle behandelt werden,
[…]“
„Anhang 2
Behandlungsverfahren
1. Verwertungsverfahren
[…]
R13 Lagerung von Abfällen bis zur Anwendung eines der unter R1 bis R12 aufgeführten Verfahren (ausgenommen zeitweilige Lagerung – bis zur Sammlung – auf dem Gelände der Entstehung der Abfälle)
2. Beseitigungsverfahren
[…]
D15 Lagerung bis zur Anwendung eines der unter D1 bis D14 aufgeführten Verfahren (ausgenommen zeitweilige Lagerung – bis zur Sammlung – auf dem Gelände der Entstehung der Abfälle)“
2. Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes (TAWG), LGBL Nr 3/2008 in der Fassung (idF) LGBl Nr 28/2011, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„§ 2.
Begriffsbestimmungen
[…]
(5) Biologisch verwertbare Abfälle sind Garten- und Parkabfälle, Nahrungs- und Küchenabfälle aus Haushalten, aus dem Gaststätten- und Cateringgewerbe und aus dem Handel sowie vergleichbare Abfälle aus Nahrungs-, Genuss- und Futtermittelverarbeitungsbetrieben, aus der Land- und Forstwirtschaft und aus der Straßenerhaltung.
[…]“
„§ 14.
Öffentliche Müllabfuhr
(1) Die Gemeinde hat zur Besorgung der Aufgaben nach Abs. 2 eine öffentliche Müllabfuhr einzurichten und Abfallberatung zu betreiben. Die Gemeinde kann sich zur Besorgung dieser Aufgaben auch eines privaten Unternehmens oder der öffentlichen Müllabfuhr einer anderen Gemeinde bedienen oder zur Besorgung dieser Aufgabe mit anderen Gemeinden einen Gemeindeverband bilden.
(2) Durch die öffentliche Müllabfuhr sind folgende Aufgaben entsprechend den Interessen nach § 4 Abs. 6 zu besorgen:
a) die Abholung des Siedlungsabfalles (Restmüll, getrennt zu sammelnder
Siedlungsabfall, biologisch verwertbarer Abfall und Sperrmüll) von den Grundstücken, auf denen er anfällt, soweit im Abs. 3 nichts anderes bestimmt oder in einer Verordnung nach Abs. 4 nichts anderes festgelegt ist,
[…]
d) die Abgabe der nach lit. a und b gesammelten getrennt zu sammelnden Siedlungsabfälle an befugte Entsorgungsunternehmen,
e) der Betrieb oder die Abfuhr zu einer biologischen Verwertungsanlage für die nach lit. a und b gesammelten biologisch verwertbaren Abfälle.
3. Tiroler Abfallwirtschaftskonzept:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Tiroler Abfallwirtschaftskonzeptes (TAWK), LGBl Nr 1/1993, zuletzt geändert durch LGBl Nr 17/2016, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„§ 1
Getrennt zu sammelnde Siedlungsabfälle
[…]
(3) Zum Zweck der Vorbereitung zur Wiederverwendung, zum Recyceln oder zur sonstigen Verwertung sind außerdem getrennt zu sammeln:
a) Nicht der VerpackVO 1996 unterliegende Abfälle aus Papier und Metall (Haushaltsschrott) sowie nicht der Elektroaltgeräteverordnung unterliegende Abfälle aus Metall (Haushaltsschrott),
b) Speisefette und –öle und
c) biologisch verwertbare Siedlungsabfälle.“
„§ 3
Getrennt zu sammelnde sonstige Abfälle
Getrennt zu sammeln sind:
a) Nicht der VerpackVO 1996 unterliegende Abfälle aus Papier und Metall (Schrott) sowie nicht der Elektroaltgeräteverordnung unterliegende Abfälle aus Metall (Schrott),
b) Flachglas, Altholz und Altreifen und
c) biologisch verwertbare sonstige Abfälle.“
4. Abfallrahmenrichtlinie:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen der Richtlinie (RL) 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.11.2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (= Abfallrahmenrichtlinie), ABl. L 312 vom 22.11.2008, S. 3, zuletzt geändert durch ABl. L 150 vom 14.06.2018, S. 109, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Artikel 3
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Richtlinie bezeichneter Ausdruck
1. ‚Abfall‘ jeden Stoff oder Gegenstand, dessen sich sein Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss;
[…]
2b. ‚Siedlungsabfall‘
a) gemischte Abfälle und getrennt gesammelte Abfälle aus Haushalten, einschließlich Papier und Karton, Glas, Metall, Kunststoff, Bioabfälle, Holz, Textilien, Verpackungen, Elektro –und Elektronik-Altgeräte, Altbatterien und Altakkumulatoren sowie Sperrmüll, einschließlich Matratzen und Möbel;
b) gemischte Abfälle und getrennt gesammelte Abfälle aus anderen Herkunftsbereichen, sofern diese Abfälle in ihrer Beschaffenheit und Zusammensetzung Abfällen als Haushalten ähnlich sind;
Siedlungsabfall umfasst keine Abfälle aus Produktion, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Klärgruben, Kanalisation und Kläranlagen, einschließlich Klärschlämme, Altfahrzeuge und aus Bau- und Abbruch.
[…]
4. ‚Bioabfall‘ biologisch abbaubare Garten- und Parkabfälle, Nahrungsmittel- und
Küchenabfälle aus Haushalten, Büros, Gaststätten, Großhandel, Kantinen, Cateringgewerbe und aus dem Einzelhandel sowie vergleichbare Abfälle aus Nahrungsmittelverarbeitungsbetriebe;
4a. ‚Lebensmittelabfall‘ alle Lebensmittel gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, die zu Abfall geworden sind;
[…]
14. ‚Behandlung‘ Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren, einschließlich Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung;
[…]“
„Artikel 5
Nebenprodukte
(1) Die Mitgliedsstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass ein Stoff oder Gegenstand, der das Ergebnis eines Herstellungsverfahrens ist, dessen Hauptziel nicht die Herstellung des betreffenden Stoffes oder Gegenstandes ist, nicht als Abfall, sondern als Nebenprodukt betrachtet wird, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
a) es ist sicher, dass der Stoff oder Gegenstand weiterverwendet wird,
b) der Stoff oder Gegenstand kann direkt ohne weitere Verarbeitung, die über die
normalen industriellen Verfahren hinausgeht, verwendet werden,
c) der Stoff oder Gegenstand wird als integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses erzeugt und
d) die weitere Verwendung ist rechtmäßig, d.h. der Stoff oder Gegenstand erfüllt alle
einschlägigen Produkt-, Umwelt- und Gesundheitsschutzanforderungen für die
jeweilige Verwendung und führt insgesamt nicht zu schädlichen Umwelt- oder
Gesundheitsfolgen.
[…]“
„Artikel 6
Ende der Abfalleigenschaft
(1) Die Mitgliedsstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Abfälle die ein Recyclingverfahren oder ein anderes Verwertungsverfahren durchlaufen haben, nicht mehr als Abfälle betrachtet werden, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
a) der Stoff oder der Gegenstand soll für bestimmte Zwecke verwendet werden;
b) es besteht ein Markt für diesen Stoff oder Gegenstand oder eine Nachfrage danach;
c) der Stoff oder Gegenstand erfüllt die technischen Anforderungen für die bestimmten
Zwecke und genügt den bestehenden Rechtsvorschriften und Normen für Erzeugnisse und
d) die Verwendung des Stoffs oder Gegenstands führt insgesamt nicht zu schädlichen
Umwelt- oder Gesundheitsfolgen
[…]“
5. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 133/2013 idF BGBl I Nr 24/2017 (§ 29) und BGBl I Nr 138/2017 (§ 28), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
[…]
Verkündung und Ausfertigung der Erkenntnisse
§ 29. […]
(2) Hat eine Verhandlung in Anwesenheit von Parteien stattgefunden, so hat in der Regel das Verwaltungsgericht das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen sogleich zu verkünden.
[…]
(3) Die Verkündung des Erkenntnisses entfällt, wenn
[…]
2. das Erkenntnis nicht sogleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung gefasst werden kann
und jedermann die Einsichtnahme in das Erkenntnis gewährleistet ist. […]“
VI. Erwägungen:
1. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:
Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen.
Der angefochtene Bescheid wurde der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters am 13.07.2022 nachweislich zugestellt. Deren Beschwerde vom 09.08.2022 ist am 10.08.2022 bei der Behörde per E-Mail eingebracht und an diesem Tag auch bei der Post aufgegeben worden. Die Einbringung der Beschwerde erfolgte innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist und somit fristgerecht.
2. In der Sache:
2.1. Zur Abfalleigenschaft:
Die verfahrensgegenständlichen biogenen Materialien fallen beim Handelsbetrieb und Gastgewerbebetrieb der Beschwerdeführerin an. Sie sind keinesfalls das Ergebnis eines Herstellungsverfahrens und werden auch nicht als integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses erzeugt. Bei den verfahrensgegenständlichen Materialien handelt es sich um beim Gastgewerbebetrieb anfallende Speisereste sowie um nicht mehr für den Verkauf verwendbare Lebensmittel. Die Qualifikation dieser biogenen Materialien als Nebenprodukt im Sinne des Art 5 Abs 1 der Abfallrahmenrichtlinie sowie § 2 Abs 3a AWG 2002 scheidet somit aus.
Die beschriebenen biogenen Materialien werden nach ihrer zeitlich begrenzten Lagerung im geplanten Tanklagersystem der öffentlichen Müllabfuhr übergeben. Die weitere Verwertung dieser biogenen Materialien obliegt der öffentlichen Müllabfuhr, die Beschwerdeführerin hat auf die weitere Verwertung keinen Einfluss.
Mit der Übergabe der beschriebenen biogenen Materialien an die öffentliche Müllabfuhr bringt die Beschwerdeführerin klar zum Ausdruck, dass sie sich dieser Gegenstände entledigen will. Dementsprechend sind die biogenen Materialien als Abfall im Sinne des § 2 Abs 1 Z 1 AWG 2002 zu qualifizieren. Es handelt sich um biogene Abfälle im Sinne des § 2 Abs 4 Z 7 AWG sowie § 2 Abs 5 TAWG. Da die in das geplante Tanklagersystem einzubringende Bioabfälle von der Art her mit den in Haushalt anfallenden Abfällen vergleichbar sind, sind sie den biologisch verwertbaren Siedlungsabfällen im Sinne des § 1 Abs 3 lit c TAWK zuzuordnen.
Die Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin, wonach bezogen auf die gegenständlichen biogenen Materialien die Voraussetzungen gemäß Art 6 Abs 1 der Abfallrahmenrichtlinie vorlägen und der Eintritt des Abfallendes bereits vor der vorübergehenden Lagerung im geplanten Tanklagersystem anzunehmen sei, ist verfehlt. § 5 Abs 1 AWG 2002 knüpft das Ende der Abfalleigenschaft allein an die Erfüllung generell umschriebener – allenfalls in einer Verordnung nach Art 6 Abs 2 Abfallrahmenrichtlinie oder § 5 Abs 2 AWG 2002 aufgestellter – Voraussetzungen ohne Hinzutreffen einer (oder alternativ zu einer) Entscheidung im Einzelfall. Zudem enthält § 5 Abs 2 AWG 2002 nach seinem eindeutigen Wortlaut die „allgemeinen Bestimmungen“ des Art 6 Abs 1 Abfallrahmenrichtlinie ausschließlich als Determinanten für allfällige Verordnungen und ermöglicht daher (unabhängig von der Frage, ob sie sich dafür unmittelbar eignen) nicht, diese als Maßstab für eine individuelle Entscheidung heranzuziehen (so ausdrücklich VwGH 20.10.2022, Ra 2021/07/0068; dieser Entscheidung folgend
VwGH 07.11.2022, Ra 2021/07/0060). § 5 Abs 1 AWG 2002 bietet keinen Raum für einen (vorzeitigen) Eintritt des Endes der Abfalleigenschaft in Abweichung von der Erfüllung bestimmter Typen genereller Voraussetzungen und macht daher von der Option der Einzelfallentscheidung nach Art 6 Abs 4 Abfallrahmenrichtlinie gerade keinen Gebrauch (so ausdrücklich VwGH 20.10.2022, Ra 2021/07/0068; dieser Entscheidung folgend
VwGH 07.11.2022, Ra 2021/07/0060).
Die Kompostverordnung, BGBl II Nr 292/2001, definiert das Abfallende von zur Kompostherstellung verwendeter biogener und sonstiger Abfälle. Die Kompostverordnung ist aber für das gegenständliche Feststellungsverfahren irrelevant, da die zwischengelagerten biogenen Materialien nicht zur Kompostherstellung verwendet werden sollen und folglich die Qualitätsanforderungen an Komposte nicht anzuwenden sind. Die Entscheidung des EUGH vom 17.11.2022 in der Rechtssache C-238/21 bezog sich wiederum auf nicht kontaminierten Bodenaushub, der nach geltendem österreichischen Recht als Material der höchsten Qualitätsklasse eingestuft wird und unmittelbar zur Geländeanpassung und Flächenentwicklung eingesetzt werden soll. Zudem bestand für das verfahrensgegenständliche Aushubmaterial eine konkrete Anfrage örtlicher Bauern auf die Lieferung dieses Bodenaushubs. Die gegenständlichen biogenen Materialien sind mit Bodenaushüben der geprüften höchsten Qualitätsklasse nicht vergleichbar.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sind daher die gegenständlichen biogenen Materialien auch unter Berücksichtigung des Art 6 Abfallrahmenrichtlinie als Abfälle im Sinne des § 2 Abs 1 Z AWG 2002 zu qualifizieren.
2.2. Zur Abfallbehandlung:
Die belangte Behörde hatte entsprechend dem verbesserten Antrag der Beschwerdeführerin vom 19.05.2022 im Sinne des § 6 Abs 6 Z 1 AWG 2002 eine Feststellung zu treffen, ob die verfahrensgegenständliche Anlage der Genehmigungspflicht gemäß § 37 Abs 1 oder 3 AWG 2002 unterliegt oder eine Ausnahme gemäß § 37 Abs 2 AWG 2002 gegeben ist.
Die in dem gegenständlichen Tanklagersystem gesammelten, als Abfälle zu qualifizierenden biogenen Materialien sollen einer Biogasanlage zugeführt werden, in der die Verwertung der biogenen Abfälle erfolgt. Der dort stattfindende Vorgang ist als biologisches Umwandlungsverfahren im Sinne des Verwertungsverfahrens R3 des Anhangs 2 des AWG 2002 zu qualifizieren.
Die Beschwerdeführerin bringt nunmehr vor, die Lagerung der gesammelten biogenen Abfälle im verfahrensgegenständlichen Tanklagersystem sei als „zeitweilige Lagerung“ zu qualifizieren und daher nicht dem Verwertungsverfahren R13 und dem Beseitigungsverfahren D15 des Anhanges 2 zum AWG 2002 zuzuordnen. Vielmehr sei der in R13 und D15 des Anhanges 2 zum AWG 2002 formulierte Ausnahmetatbestand erfüllt. Folglich liege keine Abfallbehandlung vor.
Dazu ist Folgendes festzuhalten:
Ein „Behandeln“ von Abfällen im Sinne des § 2 Abs 7 Z 1 AWG 2002 – was nach dieser Gesetzesbestimmung Voraussetzung dafür ist, um eine (ortsfeste) Anlage als „Behandlungs-anlage“ im Sinne des § 37 Abs 1 AWG 2002 einzustufen – liegt nach § 2 Abs 5 Z 1 AWG 2002 nur dann vor, wenn eine Maßnahme die Kriterien eines Verwertungs- oder Beseitigungs-verfahrens entsprechend dem Anhang 2 zum AWG 2002 erfüllt (VwGH 21.10.2004, 2004/07/0130; VwGH 06.07.2006, 2005/07/0087).
Gemäß § 2 Abs 5 Z 1 AWG 2002 ist „Abfallbehandlung“ jedes Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren, einschließlich der Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung. Anhang 2 zum AWG 2002 („Behandlungsverfahren“), der Verwertungs- und Beseitigungsverfahren auflistet, entspricht den Anhängen I („Beseitigungsverfahren“) und II („Verwertungsverfahren“) zu