TE Vfgh Erkenntnis 2022/11/29 V187/2022

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Veröffentlicht am 29.11.2022
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Index

10/07 Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit

Norm

B-VG

Leitsatz

Auswertung in Arbeit

Spruch

I. Soweit sich der Antrag gegen §1, §2 und Anlage 2 der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, LGBl für Wien Nr 18/2021, richtet, wird er abgewiesen.

II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden auf Art139 Abs1 Z1 B-VG gestützten Antrag begehrt das Verwaltungsgericht Wien, der Verfassungsgerichtshof möge aussprechen, dass

"§1 und Anlage 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, LGBl für Wien 18/2021, gesetzwidrig war,

in eventu,

dass die Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, LGBl für Wien 18/2021, inkl. Anhänge gesetzwidrig war."

II. Rechtslage

1. Die Verordnung, auf die sich der vorliegende Antrag bezieht, wurde auf der Grundlage der Bestimmungen des §4 Abs1 und §7 Abs2 des Bundesgesetzes betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz – COVID-19-MG), BGBl I 12/2020, in der Fassung BGBl I 33/2021, erlassen. Die Bestimmungen der §§1, 4, 7, 8 und 13 des COVID-19-Maßnahmengesetzes in der Fassung BGBl I 33/2021 lauten auszugsweise wie folgt:

"Anwendungsbereich und allgemeine Bestimmungen

§1. (1) Dieses Bundesgesetz ermächtigt zur Regelung des Betretens und des Befahrens von Betriebsstätten, Arbeitsorten, bestimmten Orten und öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit, zur Regelung des Benutzens von Verkehrsmitteln sowie zu Ausgangsregelungen als gesundheitspolizeiliche Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19.

(2) Als Betreten im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt auch das Verweilen.

(3) Bestimmte Orte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bestimmte öffentliche und bestimmte private Orte mit Ausnahme des privaten Wohnbereichs.

(4) Öffentliche Orte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind solche, die von einem nicht von vornherein bestimmten Personenkreis betreten oder befahren werden können.

(5) Als Auflagen nach diesem Bundesgesetz kommen insbesondere in Betracht:

1. Abstandsregeln,

2. die Verpflichtung zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung,

3. sonstige Schutzmaßnahmen wie organisatorische oder räumliche Maßnahmen,

4. Präventionskonzepte, das sind programmhafte Darstellungen von – dem jeweiligen Angebot angepassten – Regelungen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 und

5. In Bezug auf Regelungen gemäß Abs5b und 5c: Nachweis über eine lediglich geringe epidemiologische Gefahr. Ein Nachweis ist bei einem negativen Testergebnis auf SARS-CoV-2, bei einer ärztlichen Bestätigung über eine erfolgte und aktuell abgelaufene Infektion oder bei einem positiven Antikörpertest auszustellen. Eine geringe epidemiologische Gefahr kann bei einem negativen Testergebnis auf SARS-CoV-2, bei einer ärztlichen Bestätigung über eine erfolgte und aktuell abgelaufene Infektion oder bei einem positiven Antikörpertest vorliegen. Einer ärztlichen Bestätigung über eine erfolgte und aktuell abgelaufene Infektion ist ein Nachweis nach §4 Abs18 des Epidemiegesetzes und ein Absonderungsbescheid gleichzuhalten, wenn dieser für eine nachweislich an COVID-19 erkrankte Person ausgestellt wurde.

(5a) - (8) […]

[…]

Betreten und Befahren von bestimmten Orten und öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit

§4. (1) Beim Auftreten von COVID-19 kann durch Verordnung das Betreten und das Befahren von

1. bestimmten Orten oder

2. öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit

geregelt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.

(2) In einer Verordnung gemäß Abs1 kann entsprechend der epidemiologischen Situation festgelegt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit oder unter welchen Voraussetzungen und Auflagen diese Orte betreten und befahren werden dürfen. Weiters kann das Betreten und Befahren bestimmter Orte gemäß Abs1 Z1, nicht aber öffentlicher Orte in ihrer Gesamtheit gemäß Abs1 Z2 untersagt werden, sofern gelindere Maßnahmen nicht ausreichen.

[…]

Zuständigkeiten

§7. (1) Verordnungen nach diesem Bundesgesetz sind vom für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zu erlassen.

(2) Verordnungen nach diesem Bundesgesetz können vom Landeshauptmann erlassen werden, wenn keine Verordnung gemäß Abs1 erlassen wurde oder zusätzliche Maßnahmen zu einer Verordnung gemäß Abs1 festgelegt werden. Verordnungen gemäß §5 bedürfen der Zustimmung des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers.

(3) Verordnungen nach diesem Bundesgesetz können von der Bezirksverwaltungsbehörde erlassen werden, wenn keine Verordnungen gemäß Abs1 oder 2 erlassen wurden oder zusätzliche Maßnahmen zu Verordnungen nach Abs1 oder 2 festgelegt werden. Verordnungen gemäß §5 bedürfen der Zustimmung des Landeshauptmanns.

(4) In einer Verordnung gemäß Abs1 bis 3 kann entsprechend der jeweiligen epidemiologischen Situation regional differenziert werden.

(5) Durch Verordnung gemäß Abs1 können Verordnungen gemäß Abs2 und 3 oder Teile davon aufgehoben werden. Durch Verordnung gemäß Abs2 können Verordnungen gemäß Abs3 oder Teile davon aufgehoben werden.

(6) Verordnungen gemäß Abs2 und 3 sind vor deren Inkrafttreten dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister mitzuteilen.

Strafbestimmungen

§8. (1) […]

(2) Wer

1. eine Betriebsstätte oder einen Arbeitsort entgegen den in einer Verordnung gemäß §3 festgelegten Voraussetzungen oder an ihn gerichteten Auflagen betritt oder befährt oder ein Verkehrsmittel entgegen den in einer Verordnung gemäß §3 festgelegten Voraussetzungen oder an ihn gerichteten Auflagen benutzt oder

2. die in einer Verordnung gemäß §4 genannten Orte entgegen den dort festgelegten Zeiten, Voraussetzungen oder an ihn gerichteten Auflagen betritt oder befährt,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 500 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu einer Woche, zu bestrafen.

(3) - (6) […]

[…]

Vollziehung

§13. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist

1. hinsichtlich §12 Abs3a erster und zweiter Satz der Bundesminister für Arbeit im Einvernehmen mit dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister,

2. im Übrigen der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister

betraut."

2. Die Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, LGBl 18/2021, lautet wie folgt:

"Auf Grund der §§4 Abs1 und 7 Abs2 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl I Nr 12/2020, in der Fassung BGBl I Nr 33/2021, wird verordnet:

Maskentragepflicht

§1. Zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 ist beim Betreten oder Befahren der in den Anlagen 1 bis 5 planlich dargestellten stark frequentierten öffentlichen Orte im Freien von Fußgängern und Benutzern von Fortbewegungsmitteln jeglicher Art, für die keine Lenkberechtigung im Sinne des §2 Führerscheingesetz, BGBl I Nr 120/1997 in der Fassung BGBl I Nr 48/2021 erforderlich ist, zusätzlich zu den in der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl II Nr 58/2021, in der Fassung BGBl II Nr 139/2021, getroffenen Anordnungen eine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard zu tragen.

Ausnahmen von der Maskentragepflicht

§2. (1) Die Pflicht zum Tragen einer Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder einer Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard gemäß §1 besteht nicht, sofern ein Ausnahmegrund nach §17 Abs3 bis 6 und Abs8 der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl II Nr 58/2021, in der Fassung BGBl II Nr 120/2021 vorliegt. Liegt eine solche Ausnahme vor, so gilt §17 Abs3 bis 6 und Abs8 der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl II Nr 58/2021, in der Fassung BGBl II Nr 139/2021 sinngemäß.

(2) Das Vorliegen eines Ausnahmegrundes gemäß §17 Abs3 bis 6 und Abs8 der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl II Nr 58/2021, in der Fassung BGBl II Nr 139/2021 ist auf Verlangen gegenüber Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes glaubhaft zu machen.

Inkrafttreten

§3. Diese Verordnung tritt mit 1. April 2021 in Kraft und mit Ablauf des 10. April 2021 außer Kraft.

Der Landeshauptmann:

[…]"

Die Anlagen 1 bis 5 zu dieser Verordnung enthalten planliche Darstellungen, auf denen der örtliche Geltungsbereich der Verordnung an fünf nicht zusammenhängenden öffentlichen Orten in Wien – entlang des Donaukanals (Anlage 1; Treppelwege auf beiden Seiten des Donaukanals im Bereich zwischen Friedensbrücke und Franzensbrücke), am Schwedenplatz (Anlage 2), zwischen Museumsquartier und Burgring (Anlage 3), im Umkreis des Stephansdoms (Anlage 4) und im Bereich des Karlsplatzes und des Resselparks (Anlage 5) – eingezeichnet ist.

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 8. März 2022 wurde dem Beschwerdeführer im Verfahren des antragstellenden Verwaltungsgerichtes zur Last gelegt, er habe am 9. April 2021 um 10:55 Uhr als Fußgänger beim Betreten des stark frequentierten Ortes im Freien nach Anlage 2 der Verordnung, nämlich am Morzinplatz 1, keine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil und keine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard getragen. Es sei kein Ausnahmegrund gemäß §2 der Verordnung vorgelegen; ein solcher sei auch nicht glaubhaft gemacht worden. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in Höhe von € 120,– (im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Stunden) verhängt.

In der Beschwerde an das antragstellende Gericht habe der Beschwerdeführer vorgebracht, lediglich kurz den Tatort gequert zu haben, um seinen Arbeitsplatz in der Gonzagagasse zu erreichen. Da die Maskentragepflicht am Morzinplatz erst kurz vorher in Kraft getreten sei, hätte ihn die Polizei nur an die Maske erinnern und nicht gleich strafen sollen.

Auf Ersuchen des antragstellenden Gerichtes sei diesem von der verordnungserlassenden Behörde der Verordnungsakt betreffend die Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 vorgelegt worden.

2. Zur Zulässigkeit erstattet das antragstellende Gericht zusammengefasst das folgende Vorbringen: Das angefochtene Straferkenntnis sei ausdrücklich auf §8 Abs2 Z2 COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl I 12/2020, idF BGBl I 23/2020 iVm §1 iVm Anlage 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, LGBl 18/2021, gestützt, womit das antragstellende Gericht diese Bestimmungen bei der Entscheidung des Rechtsfalles anzuwenden habe. Sollte der Verfassungsgerichtshof aussprechen, dass §1 oder die Verordnung zur Gänze rechtswidrig gewesen sei, könnte dem Beschwerdeführer ein Verstoß gegen diese Norm nicht mehr zur Last gelegt werden; das angefochtene Straferkenntnis wäre zu beheben und das Verwaltungsverfahren einzustellen.

Zum Anfechtungsumfang führt das antragstellende Gericht aus, dass die Bedenken sich gegen §1 der Verordnung und die darin enthaltene Vorgabe richten würden, an den planlich dargestellten stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien eine FFP2-Maske oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard zu tragen, wobei die Bedenken sich aus der mangelnden Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen, insbesondere der mangelnden Dokumentation wissenschaftlicher Evidenz zur Wirkung des Tragens von Masken im Freien ergeben würden. §1 der Verordnung bestehe nur aus einem Satz; die Aufhebung eines Teiles des §1 würde der Verordnung entweder einen völlig veränderten, dem Verordnungsgeber nicht mehr zusinnbaren Inhalt geben oder einen sprachlich unverständlichen Torso hinterlassen. §1 der Verordnung werde daher zur Gänze angefochten. Sollte sich eine allfällige Gesetzwidrigkeit durch das Erkennen der Gesetzwidrigkeit einzelner Wortfolgen oder nur des Anhanges 1 beseitigen lassen, wäre der Antrag im Übrigen ab- oder zurückzuweisen.

Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof der Auffassung sei, dass §1 der Verordnung mit den übrigen Bestimmungen der Verordnung in einem untrennbaren Zusammenhang stehe und daher der Hauptantrag aufgrund eines zu eng gefassten Anfechtungsumfangs zurückzuweisen sei, werde der Eventualantrag gestellt, zu erkennen, dass die gesamte Verordnung gesetzwidrig gewesen sei.

3. In der Sache hegt das antragstellende Gericht das Bedenken, dass es bezüglich der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien und somit auch im Hinblick auf deren §1 an einer entsprechenden aktenmäßigen Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen mangle.

Der Verordnungsgeber habe zwar dargelegt, weshalb aus seiner Sicht Handlungsbedarf bestanden habe, es fehle aber jeder Hinweis darauf, auf Grund welcher Annahme oder Evidenz davon ausgegangen worden sei, dass die Verordnung einer Verpflichtung zum Tragen von FFP2-Masken im Freien einen Beitrag zur Entschärfung der angespannten epidemiologischen Lage leisten werde. Der Verordnungsakt enthalte weder eine Stellungnahme von fachkundigen Personen zur Wirkung von FFP2-Masken im Freien (obwohl es offenbar eine Besprechung dazu im medizinischen Krisenstab gegeben habe), noch werde auf andere nachvollziehbare fachliche Quellen zu dieser Wirkung verwiesen. Die prognosehafte Beurteilung, inwieweit die in Aussicht genommenen Maßnahmen (Verpflichtung zum Tragen einer FFP2-Maske) geeignet, erforderlich und angemessen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 wären, sei nur dann nachvollziehbar, wenn dargestellt werde, auf welche zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung zugängliche wissenschaftlich fundierte Evidenz die getroffenen Annahmen gestützt werden.

4. Die verordnungserlassende Behörde hat eine Äußerung erstattet, in der beantragt wird, den Hauptantrag und den Eventualantrag des Verwaltungsgerichtes Wien zurückzuweisen, in eventu abzuweisen. Die das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung betreffenden Akten wurden bereits in dem zu V163/2022 protokollierten Verfahren vorgelegt; diese Verordnungsakten werden auch diesem Verfahren zugrunde gelegt.

4.1. Zur Zulässigkeit des Antrags führt die verordnungserlassende Behörde aus, dass sich der Magistrat in seinem Straferkenntnis ausdrücklich auf die Anlage 2 der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien gestützt habe. Laut diesem Straferkenntnis sei der Tatort in Morzinplatz 1, 1010 Wien, gelegen; dieser Tatort sei von Anlage 2 erfasst. Das Aufhebungsbegehren im Antrag beziehe sich jedoch explizit auf die Anlage 1, auch werde an anderen Stellen im Antrag auf die Anlage 1 Bezug genommen. Von einem bloßen Zitierfehler könne hier nicht gesprochen werden. Im Hinblick auf den Eventualantrag sei zu berücksichtigen, dass dieser an die ausdrückliche Bedingung geknüpft sei, dass der Hauptantrag auf Grund eines zu eng gefassten Anfechtungsumfang zurückgewiesen werde; diese Bedingung wäre aber – bei Zurückweisung des Hauptantrags mangels Präjudizialität – nicht erfüllt.

4.2. In der Sache führt die verordnungserlassende Behörde aus, dass mit der Verordnungserlassung der epidemiologischen Entwicklung (insbesondere auf Grund der besorgniserregenden Entwicklung im Vereinigten Königreich, wo gerade die Alpha-Variante Dominanz erlangt habe) und den entsprechenden wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung getragen worden sei. Die Verordnung sei auf Grund des Erlasses des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (in der Folge: BMSGPK) vom 16. Dezember 2020, GZ2020-0.812.905, und des ergänzenden Erlasses vom 3. Februar 2021, GZ 2021-0.085.660, erlassen worden. Diese Erlässe könnten nur als Weisungen verstanden werden konnten; um diesen Folge zu leisten und auf Grund der deutlich gestiegenen Fallzahlen und Belagszahlen in den Krankenanstalten seien besonders stark frequentierte Gebiete im Wiener Stadtzentrum definiert worden, in denen die erlassgemäße Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien umgesetzt worden sei.

Zur "zugrundeliegenden wissenschaftlichen Evidenz" verweist die verordnungserlassende Behörde auf die Einschätzung der epidemiologischen Lage in Österreich durch die Corona-Kommission vom 31. März 2021 sowie darauf, dass das European Centre for Disease Prevention and Control am 15. Februar 2021 für Regionen, in denen es zu nicht nachverfolgbarer Übertragung von COVID-19 in der Bevölkerung komme, das Tragen einer Maske in öffentlichen Bereichen in geschlossenen Räumen empfohlen und bei besonders dichten Settings auch im Freien in Betracht gezogen habe.

Zur "gesetzmäßigen Dokumentation" führt die verordnungserlassende Behörde aus, dass die Verordnung den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe: Die Schutzwirkung der FFP2-Maske sei bereits in vorangehenden COVID-19-Verordnungen unstrittig und eine notwendige Maßnahme gewesen, um das Infektionsgeschehen hintanzuhalten; dies ergebe sich aus den entsprechenden Verordnungsakten, wissenschaftlichen Artikeln und Erläuterungen des BMSGPK und der Stadt Wien. Auch habe der zuständige Bundesminister bereits in seinen vorangegangen COVID-19-Verordnungen bzw in den Materialien dazu ausreichend erläutert, dass FFP2-Masken eine Schutzwirkung aufweisen und deshalb dem Tragen von FFP2-Masken eine wichtige Rolle in der Pandemiebekämpfung zukomme. Die im Verordnungsakt dokumentierte epidemiologische Situation habe zweifelsfrei gezeigt, dass es sich bei der verordneten Maßnahme um eine dem Stand der Wissenschaft entsprechende zentrale Säule zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 handelte.

5. Auf Ersuchen wurden dem Verfassungsgerichtshof in dem zu V163/2022 protokollierten Verfahren die Verwaltungsakten in Bezug auf die Erlässe des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zur Mund-Nasenschutz-Pflicht im Freien an stark frequentierten Orten (Erlass vom 16.12.2020, GZ 2020-0.812.905, sowie Erlass vom 3.2.2021, GZ 2021-0.085.660) übermittelt. Diese Verwaltungsakten werden auch dem zu V187/2022 geführten Verfahren zugrunde gelegt.

6. Die im anlassgebenden Verwaltungsstrafverfahren beschwerdeführende Partei hat eine Äußerung erstattet, in der sie dem antragstellenden Gericht beipflichtet, dass der Dokumentationspflicht nicht hinreichend nachgekommen worden sei. Weiters führt die beteiligte Partei aus, dass es sich, wenn das antragstellende Gericht die Anlage 1 nenne, um einen bloßen Schreibfehler handle; in dem Straferkenntnis sei von Anlage 2 die Rede.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit:

1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B-VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B-VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Ein solcher Fall liegt hier vor: Das antragstellende Verwaltungsgericht hat im Anlassverfahren über eine Beschwerde gegen die Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen Übertretung des §1 iVm Anlage 2 der angefochtenen Verordnung zu entscheiden. Wie sich aus dem Antrag des Verwaltungsgerichtes sowie aus dem im Anlassverfahren ergangenen Straferkenntnis ergibt, liegt der Ort der angelasteten Verwaltungsübertretung am Morzinplatz in 1010 Wien. Dieser Platz ist vom Geltungsbereich der Anlage 2 der angefochtenen Verordnung erfasst und liegt nicht in dem in der Anlage 1 dargestellten Gebiet. Aus diesem Grund ist es denkunmöglich, dass das antragstellende Verwaltungsgericht die Bestimmungen des §1 iVm Anlage 1 der angefochtenen Verordnung anzuwenden hat.

Der Hauptantrag ist daher mangels Präjudizialität als unzulässig zurückzuweisen.

2. Das antragstellende Gericht beantragt „in eventu“, der Verfassungsgerichtshof möge aussprechen, „dass die Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, LGBl für Wien 18/2021, inkl. Anhänge gesetzwidrig war."

Im Hinblick auf das Erfordernis der Präjudizialität ist dem antragstellenden Gericht nicht entgegenzutreten, wenn es davon ausgeht, dass es die Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, LGBl 18/2021, im Anlassverfahren, in welchem über eine Beschwerde gegen die Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen Übertretung des §1 iVm Anlage 2 der genannten Verordnung zu entscheiden ist, anzuwenden hat.

3. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfenden Verordnungsbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Normenprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Teil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Stelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Normenprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; VfGH 14.3.2017, G311/2016). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für das anfechtende Gericht präjudiziell sind und vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Verordnungsstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Gesetzwidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Verordnung dieser ein völlig veränderter, dem Verordnungsgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Verordnungsbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit das Gericht solche Normen anficht, die denkmöglich eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bilden und damit präjudiziell sind; dabei darf aber nach §57 Abs1 VfGG nicht offen bleiben, welche Vorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN VfGH 2.3.2015, G140/2014 ua; vgl auch VfGH 10.12.2015, G639/2015; 15.10.2016, G103-104/2016 ua). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies — wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen — im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; VfGH 5.3.2014, G79/2013 ua).

Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die für das antragstellende Gericht offenkundig keine Voraussetzung seiner Entscheidung im Anlassfall bilden und die somit nicht präjudiziell sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit den präjudiziellen (und nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden präjudiziellen Bestimmungen offensichtlich trennbar, so führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den präjudiziellen, den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (VfSlg 20.111/2016). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle einer ganzen Verordnung), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; VfGH 29.9.2015, G324/2015; 15.10.2016, G183/2016 ua).

Der Verfassungsgerichtshof entscheidet daher – vor dem Hintergrund der Bedenken und der Erforderlichkeit, die den Sitz der Bedenken bildenden Bestimmungen (bei geringstmöglichem Eingriff in den Gehalt der Rechtsordnung) zu ermitteln – über die Frage, ob gegebenenfalls auch Bestimmungen aufzuheben sind, die nicht präjudiziell sind, aber mit präjudiziellen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (vgl zB VfSlg 19.939/2014, 20.086/2016), nicht im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Antrages, sondern im Einzelnen erst dann, wenn der Verfassungsgerichtshof, erweist sich der Antrag als begründet, den Umfang der aufzuhebenden Bestimmungen abzugrenzen hat.

4. Zwar weist der Eventualantrag, mit dem die Feststellung der Gesetzwidrigkeit der Verordnung zu Gänze beantragt wird, vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung einen zu weiten Anfechtungsumfang auf, weil mit diesem nicht nur die in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen des §1 und §2 und der präjudiziellen Anlage 2 der Verordnung angefochten werden, sondern auch die im Anlassfall nicht präjudiziellen Anlagen 1, 3, 4 und 5. Da diese Anlagen 1, 3, 4 und 5 von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden präjudiziellen Bestimmungen offenkundig trennbar sind, ist der Eventualantrag hinsichtlich dieser Anlagen zurückzuweisen.

Soweit sich der Eventualantrag auf die Bestimmungen des §1 und §2 sowie der Anlage 2 der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, LGBl 18/2021, bezieht, ist er – da im Übrigen keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind – zulässig. Dass das antragstellende Gericht – wie die verordnungserlassenden Behörde in ihrer Äußerung zur Zulässigkeit vorbringt – in der Begründung des Eventualantrags anführt, dass der Verfassungsgerichtshof den Hauptantrag wegen zu engen Anfechtungsumfangs zurückweisen könnte, schadet im Hinblick auf die – diesbezüglich nicht eingeschränkte – Formulierung des Antragsbegehrens nicht.

2. In der Sache:

1.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den im Antrag dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

Das antragstellende Gericht hegt Bedenken hinsichtlich der ausreichenden aktenmäßigen Dokumentation der nach dem Gesetz maßgeblichen Umstände, auf deren Grundlage die Verordnung erlassen wurde. Die verordnungserlassende Behörde habe zwar dargelegt, weshalb aus ihrer Sicht Handlungsbedarf bestanden habe. Es werde aber nicht belegt, auf welcher Grundlage davon ausgegangen worden sei, dass die Verpflichtung zum Tragen von FFP2-Masken im Freien einen Beitrag zur Entschärfung der angespannten epidemiologischen Lage leisten werde, insbesondere sei kein fachlicher Beleg zur Wirkung von FFP2-Masken im Freien enthalten und fehle für die getroffenen Annahmen insofern die wissenschaftlich fundierte Evidenz.

Die verordnungserlassende Behörde wiederum verweist in ihrer Äußerung auf die Verpflichtung zur Umsetzung der Erlässe des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und auf die zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung wissenschaftlich erwiesene Schutzwirkung von FFP2-Masken.

1.2. Der Antrag entspricht, soweit er zulässig ist, jenem Antrag des Verwaltungsgerichtes Wien, der dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. September 2022, V163/2022, betreffend die §§1 und 2 sowie die Anlage 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 zugrunde liegt. Auch die Äußerung der verordnungserlassenden Behörde unterscheidet sich in der Sache nicht von jener, die die verordnungserlassende Behörde in dem zu V163/2022 protokollierten Verfahren erstattet hat.

Der Verfassungsgerichtshof kann sich daher darauf beschränken, auf die zur Sache ausgeführten Entscheidungsgründe seines zu V163/2022 gefällten Erkenntnisses hinzuweisen. Daraus ergibt sich auch für den vorliegenden, die Anlage 2 der angefochtenen Verordnung betreffenden Antrag, dass aus den vorgelegten Verordnungs- und Erlassakten ausreichend ersichtlich ist, auf Basis welcher Bewertung der epidemiologischen Situation die Maßnahmen gesetzt wurden. Die in weiterer Folge zur Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung durch den Verfassungsgerichtshof erforderliche aktenmäßige Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen ist damit hinsichtlich der angefochtenen Bestimmungen – im Lichte der konkret verordneten Maßnahme und vor dem Hintergrund, dass auch die Intensität des Grundrechtseingriffs für die Beurteilung der Dokumentation relevant ist (vgl VfGH 1.10.2020, G272/2020 ua, V469/2020 ua; VfGH 10.3.2021, V573/2020) – hinreichend erfolgt.

V. Ergebnis

1. Die ob der Gesetzmäßigkeit der §1, §2 und Anlage 2 der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Maskentragepflicht an stark frequentierten öffentlichen Orten im Freien zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, LGBl 18/2021, erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Der Antrag ist daher insoweit abzuweisen.

2. Im Übrigen ist der Antrag zurückzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2022:V187.2022

Zuletzt aktualisiert am

23.01.2023
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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