Index
001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
ArbVG §18 Abs1 idF 1986/563Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Cede, Hofrätin Mag. I. Zehetner und Hofrätin Dr. Holzinger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Binder, über die Revision des Österreichischen Gewerkschaftsbundes - Gewerkschaft vida in Wien, vertreten durch die Freimüller/Obereder/Pilz Rechtsanwält:innen GmbH in 1080 Wien, Alser Straße 21, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Mai 2022, W216 2231807-1/5E, betreffend Erklärung eines Kollektivvertrages zur Satzung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundeseinigungsamt beim Bundesministerium für Arbeit, Familie und Jugend, nunmehr: Bundeseinigungsamt beim Bundesministerium für Arbeit; mitbeteiligte Parteien: 1. Bundesarbeitskammer in Wien, vertreten durch Mag. Franjo Schruiff, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Gußhausstraße 14/7a, und 2. Wirtschaftskammer Österreich, Fachverband der Autobus-, Luftfahrt- und Schifffahrtunternehmungen in Wien, vertreten durch die Herbst Kinsky Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger Platz 5), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Vorausgeschickt wird, dass in sämtlichen wiedergegebenen Schriftsätzen die dort vertretenen Ansichten häufig mit Literaturzitaten unterlegt werden. Eine Wiedergabe derselben kann im jetzigen Verfahrensstadium vielfach unterbleiben.
2 Mit Antrag vom 14. August 2019 begehrte die revisionswerbende Partei die Bestimmungen Punkt 11 (Definitionen), 17 (Anrechenbare Arbeitszeit), 21.1, 21.4, 21.5, 21.6 (Freie Tage), 41 (Gehalt und Entgelt), 42 (Mehrleistungen), 43 (Überstunden), 44 (Urlaubsgeld und Weihnachtsremuneration), 55 (Verwendungsgruppen) und 56 (Gehaltstabellen, gültig ab 1. Mai 2018), 57 (Kalkulatorische Grundlagen der Flugzulage) und 62.2 (Definitionen) des Kollektivvertrages für das Bordpersonal der A A AG (A KV-Bord), abgeschlossen zwischen dem Österreichischen Gewerkschaftsbund - Gewerkschaft vida (ÖGB) und dem Fachverband der Luftfahrt- und Schifffahrtsunternehmungen der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), hinterlegt beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz am 16. Oktober 2018 zur Registerzahl 495/2018 und Katasterzahl XVII/84/10 und kundgemacht am 18. Oktober 2018, mit folgendem Geltungsbereich zur Satzung zu erklären:
„a) Räumlich: für die Republik Österreich.
b) Fachlich: für Unternehmen zur Beförderung von Personen im gewerblichen Luftverkehr, die Linienflüge auf Flugzeugen mit einer höchstzulässigen betrieblichen Fluggastsitzanzahl von mehr als 19 Sitzen durchführen, dies unabhängig vom Vorliegen eines inländischen Hauptgeschäftssitzes.
c) Persönlich: für alle Arbeitgeber/innen, die vom fachlichen Geltungsbereich umfasst sind, und das von diesen Arbeitgeber/innen beschäftigte Bordpersonal mit gewöhnlichem Arbeitsort in Österreich.
Unter Bordpersonal ist
- das Cockpitpersonal (Piloten/Pilotinnen), dieses ab dem ersten Zeitpunkt als Mitglied einer Crew und
- das Kabinenpersonal (Flugbegleiter/innen und Purser)
zu verstehen.
Ausgenommen sind Arbeitsverhältnisse, die bereits durch einen gültigen Kollektivvertrag (ausgenommen Kollektivverträge gemäß § 18 Abs. 4Arbeitsverfassungsgesetz - ArbVG) erfasst sind, das sind konkret die Arbeitsverhältnisse, auf die
der zu satzende Kollektivvertrag für das Bordpersonal (‚A KV-Bord‘) oder
- der Kollektivvertrag für das fliegende Personal der E E GmbH oder
- der Kollektivvertrag der Angestellten der L GmbH
anzuwenden ist.“
3 Im Antrag wurde vorgebracht, der teilweise zu satzende Kollektivvertrag sei ordnungsgemäß hinterlegt und am 18. Oktober 2018 sei die Hinterlegung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung kundgemacht worden. DerKV-Bord gelte für das im Bundesgebiet der Republik Österreich beschäftigte Bordpersonal der A A AG (A) sowie sämtliche Unternehmen des Konzerns der A, also jene Luftfahrtunternehmen, an welchen die A mehrheitlich Anteile halte (Punkt 1.1 A KV-Bord), sowie für das Bordpersonal auf Luftfahrzeugen, die unter einer Flugnummer des A A Konzerns fliegen oder mit A-Schriftzug bzw. -Logo oder von der Marke „A“ abgeleiteten Namen versehen sind, ausgenommen wenn die Verwendung der Flugnummer des A A Konzerns ausschließlich als Code-Share erfolge (Punkt 1.2 A KV-Bord).
4 Bei den gemäß dem Antrag zu satzenden Bestimmungen des A KV-Bord handle es sich um die elementarsten entgelt- und arbeitszeitrechtlichen Regelungen dieses Kollektivvertrages. Diese hingen sowohl rechtlich als auch sachlich eng zusammen und bildeten gemeinsam einen Mindeststandard, der auf alle Arbeitsverhältnisse des Bordpersonals in Luftfahrtunternehmungen übertragbar sei. Die revisionswerbende Partei sei eine kollektivvertragsfähige Körperschaft, die Partei des zu satzenden Kollektivvertrages sei. Der A KV-Bord sei gehörig kundgemacht und stehe in Geltung. Die überwiegende Bedeutung im Sinne von § 18 Abs. 3 Z 2 ArbVG sei gegeben, wenn von den in Betracht kommenden gleichartigen Arbeitsverhältnissen die überwiegende Anzahl dem Kollektivvertrag unterliege. Dabei müssten die Verhältnisse im gesamten Geltungsbereich des Kollektivvertrages zu jenen Verhältnissen in Beziehung gesetzt werden, die von der Satzung erfasst werden sollten. Es komme hierbei nur auf die Anzahl der Arbeitsverhältnisse und nicht auch auf die Zahl der Arbeitgeber(AG)-Betriebe an.
5 Gemäß einer im Antrag dargestellten Tabelle gebe es zur A 3.718, zur E E GmbH 318, zur L GmbH 383, zur A L GmbH ca. 160 und zur W A H Ltd. ca. 190 Arbeitsverhältnisse. Von der Satzung sollten zum jetzigen Zeitpunkt die Arbeitsverhältnisse des Bordpersonals der A L GmbH sowie der W A H Ltd. erfasst werden, weil diese keinem Kollektivvertrag unterlägen. Für das Bordpersonal der E E GmbH sowie der L GmbH würden hingegen jeweils eigene Kollektivverträge gelten. Es befänden sich also 3.718 Arbeitsverhältnisse im Geltungsbereich des (teilweise) zu satzenden Kollektivvertrages, während nur rund 350 von der Satzung erfasst werden sollten. Damit seien über 90 % der in Betracht kommenden Arbeitsverhältnisse vom A KV-Bord umfasst. Die ganz überwiegende Bedeutung des A KV-Bord wäre im Übrigen auch dann gegeben, wenn man in die Betrachtung auch die Arbeitsverhältnisse der bereits einem Kollektivvertrag unterliegenden E E GmbH sowie L GmbH miteinbeziehen würde (3.718 zu 1.051 Arbeitnehmer [AN], womit der A KV-Bord beinahe 80 % abdecke). Die überwiegende Bedeutung des A KV-Bord sei angesichts dieser Zahlen evident.
6 Das Erfordernis der Gleichartigkeit der Arbeitsverhältnisse im Sinne des § 18 Abs. 3 Z 3 ArbVG beziehe sich auf die Art und den Inhalt der Arbeitsverhältnisse. Es seien nicht übertriebene Anforderungen an die Gleichartigkeit zu stellen; dies schon deshalb, weil die Gleichartigkeit nur „im Wesentlichen“ gegeben sein müsse. Dieses Erfordernis könne sogar bei anderen, aber verwandten Branchen noch erfüllt sein.
7 Gegenständlich solle sich die Satzung des A KV-Bord nur auf völlig gleichartige Arbeitsverhältnisse innerhalb derselben Branche erstrecken. Die Arbeitsweisen der Cockpit- und Kabinencrews seien hochgradig standardisiert und die Arbeitsabläufe wiesen nur geringfügige Unterschiede auf. Es sei stets die primäre Aufgabe des Bordpersonals, für die Sicherheit der Passagiere zu sorgen und diese von A nach B zu befördern. Hinsichtlich der Aufgaben der Belegschaft mache es auch keinen Unterschied, ob es sich um sogenannte Low-Cost- oder Premium-Airlines handle. Die Tätigkeiten einer Pilotin oder Flugbegleiterin seien in nahezu jeder Airline ident. Der Vollständigkeit halber werde darauf hingewiesen, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Betriebe nur dann als Kriterium heranzuziehen sei, wenn sie die Art der Tätigkeit verändere, also z.B. zu Maschineneinsatz im Unterschied zu manueller Tätigkeit führe. Ein Einfluss auf die Art der Tätigkeit könne schon auf Grund der bereits erwähnten Standardisierung der Arbeitsabläufe ausgeschlossen werden, weshalb dahingestellt bleiben könne, ob derartige Unterschiede in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit vorlägen.
8 Die zugrunde liegende Hauptdienstleistung sei jedenfalls bei allen in Frage kommenden Unternehmen dieselbe, nämlich die Personenbeförderung im Luftverkehr. Auch die Konstellation des Zusammentreffens von einem großen, die jeweilige Branche dominierenden Unternehmen (hier: A) mit einer Vielzahl an kleineren Anbietern (hier: u.a. A L und W A) sei keine Besonderheit der Luftfahrt, sondern bereits aus anderen Verkehrsbereichen bekannt. Schon der Eisenbahnsektor zeige mit dem Kollektivvertrag für die AN der Österreichischen Eisenbahnunternehmen („KV EU“), dass die branchenweite Sicherung von Mindestarbeitsbedingungen für AN sowie der Schutz der kollektivvertragsunterworfenen AG vor unsozialer Konkurrenz durch andere Mitbewerber auch dann gewährleistet werden könne, wenn ein branchenbeherrschendes Unternehmen (dort Ö) neben vielen kleineren Anbietern (dort u.a. S L, W L, etc) existierten.
9 Aktuell stünden in der Österreichischen Luftfahrtbranche für das Bordpersonal drei Kollektivverträge in Geltung, die ihre eigene Anwendbarkeit jeweils auf nur ein Mitglied der arbeitgeberseitig abschließenden WKÖ beschränkten (sogenannte „unechte Firmenkollektivverträge“): Der gegenständlich zu satzende A KV-Bord, der Kollektivvertrag für das fliegende Personal der E E GmbH sowie der Kollektivvertrag der Angestellten der L GmbH. Alle übrigen Arbeitsverhältnisse des Bordpersonals der Branche seien von keinem Kollektivvertrag erfasst.
10 Der antragsgegenständliche A KV-Bord sei arbeitgeberseitig nicht von einem kollektivvertragsfähigen Verein im Sinne des § 4 Abs. 3 ArbVG, sondern von der WKÖ abgeschlossen worden. Es handle sich daher um keinen sogenannten „echten Firmenkollektivvertrag“, der nach § 18 Abs. 6 ArbVG nicht satzungsfähig wäre.
11 Ebenso wenig stelle der A KV-Bord einen (echten) Firmenkollektivvertrag anderer Art, zu welchem in der Literatur eine analoge Erweiterung des Satzungsausschlusses vertreten werde, dar. Denn dieser betreffe ausschließlich andere Formen echter Firmenkollektivverträge, konkret solche von juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Sinne des § 7 ArbVG sowie von durch Sondergesetze kollektivvertragsfähigen juristischen Personen. Eine Ausweitung auf unechte Firmenkollektivverträge würde sich völlig über den Wortlaut des Gesetzes hinwegsetzen und werde in der Literatur daher zu Recht nicht vertreten.
12 Der A KV-Bord sei daher satzungsfähig.
13 Von Seiten der antragstellenden Gewerkschaft werde seit Jahren versucht, mit der WKÖ als gesetzliche Interessenvertretung der Arbeitgeber in Verhandlungen betreffend einen Branchenkollektivvertrag - wie es dem vom Österreichischen Gesetzgeber gewollten System des ArbVG entspreche - einzutreten. Dies lehne die gesetzliche Interessenvertretung bisher kategorisch u.a. mit der Begründung ab, dass ein Branchenkollektivvertrag „höchstens Unternehmen abschrecken wird, in Österreich einen Standort zu eröffnen“, „unüblich“ wäre und „Newcomer in Wien mit einem Branchen-KV oder einer zwangsweisen Satzung des A KV überfordert sein könnten“ - ohne in diesbezügliche inhaltliche Verhandlungen überhaupt einzutreten. Der antragstellenden Gewerkschaft sei im Jahr 2017 von Seiten der WKÖ auch mitgeteilt worden, dass es einen Beschluss gebe, keinen Branchenkollektivvertrag für das fliegende Personal in Österreich zu verhandeln.
14 Nach der Rechtsprechung habe das Bundeseinigungsamt bei seiner Entscheidung das System der kollektiven Rechtsgestaltung zu berücksichtigen. Dieses sei so gestaltet, dass dem Kollektivvertrag Vorrang vor den anderen Instrumenten der Satzung, des Mindestlohntarifes und der Festsetzung der Lehrlingsentschädigung zukomme. Der Verfassungsgerichtshof habe in einer Konstellation, in der die (bereits inhaltlich geführten) Verhandlungen mit einer Landesinnung gescheitert seien, die Gesetzes- und Verfassungskonformität einer Satzung bereits bestätigt (Hinweis auf VfSlg 13.880/1994).
15 Im vorliegenden Fall seien die Verhandlungen nicht bloß gescheitert, vielmehr stehe eine verhandlungswillige Interessenvertretung der Arbeitgeber hinsichtlich eines (dem System des ArbVG entsprechenden) Branchenkollektivvertrages bereits von vornherein nicht zur Verfügung.
16 Die Satzung verbleibe daher als letzte Möglichkeit, auch für die von den bisherigen Kollektivverträgen nicht erfassten AN des Bordpersonals branchenweite Mindestarbeitsbedingungen zu sichern und kollektivvertragsunterworfene AG, wie insbesondere die A, vor unsozialer Konkurrenz durch Mitbewerber zu schützen. Denn Airlines ohne Kollektivverträge würden die Lohn- und Sozialstandards in der gesamten Luftfahrtbranche unter Druck bringen; das Fehlen eines Branchenkollektivvertrages bzw. einer Satzung schaffe hier zusätzliche Anreize für Unternehmen, durch Umstrukturierungen und Neugründungen bereits bestehende und ausverhandelte Mindeststandards auszuhebeln.
17 Die WKÖ, Fachverband der Autobus-, Luftfahrt- und Schifffahrtunternehmungen erstattete über Aufforderung des Bundeseinigungsamtes eine Stellungnahme unter Vorlage eines privaten Rechtsgutachtens eines Universitätsprofessors der Wirtschaftsuniversität Wien, welches sie vollinhaltlich zum Bestandteil ihrer Stellungnahme erklärte. Es wurde - in Übereinstimmung mit dem vorgelegten Privatgutachten - ausgeführt, der Satzungsantrag werde aus folgenden Gründen vollinhaltlich abgelehnt:
„1) Unzulässigkeit der Satzung des A-Bord-KV dem Grunde nach
Analogie zu § 18 Absatz 6 ArbVG
§ 18 Absatz 6 ArbVG ist im Wege eines gebotenen Analogieschlusses auch auf ‚unechte‘ Firmen-KV auszudehnen, weil mit der Zulässigkeit einer Satzung des unechten Firmen-KV gerade jene Arbeitgeber erfasst wurden, die ohnehin Mitglieder des Arbeitgeberverbandes sind, die den unechten Firmen-KV abgeschlossen haben. Bei konsequenter Anwendung des § 18 Absatz 6 ArbVG im Wege des Analogieschlusses kommt man zum Ergebnis, dass die Satzung des A-Bord-KV als unechter Firmen-KV ausgeschlossen ist.
Unzulässiger Eingriff in KV-Autonomie
Mit einer Satzung des A-Bord-KV würde der von den KV-Parteien ausdrücklich gewollte ‚Minimal‘-Konsens, der sich in einem ‚Teilabschluss‘ für einen eingeschränkten bestimmten Bereich der Luftfahrtbranche manifestiert, untergraben. Eine Erklärung dieses ‚Teilabschlusses‘ zur Satzung würde somit die KV-Autonomie ad absurdum führen.
Verfassungswidrigkeit der Satzungserklärung
Die Satzung eines von den KV-Partnern im Wege eines unechten Firmenkollektivvertrages ausdrücklich gewünschten und vereinbarten ‚Teilabschlusses‘ käme einer vom österreichischen Kollektivvertragssystem ausgeschlossenen Zwangsschlichtung gleich und ist daher verfassungswidrig.
Unzulässiger Verstoß gegen den Gleichheitssatz
Dem Gleichheitssatz zufolge ist Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln. Im Falle des A-Bord-KV zeigt sich die Notwendigkeit einer Ungleichbehandlung gegenüber anderen Luftfahrtunternehmen durch einen individualisierten Geltungsbereich im Wege eines eigenen Kollektivvertrages besonders deutlich.
Mit dieser notwendigen Ungleichbehandlung steht die Satzung aber in diametralem Widerspruch:
? Wenn der (unechte) Firmen-KV zulässigerweise abgeschlossen wurde, ist eine Satzung ausgeschlossen, weil der Firmen-KV eine beabsichtigte Einzelfallregelung für einen ,ungleich zu behandelnden Bereich‘ darstellt, welcher nicht mit anderen Bereichen (dh anderen Unternehmen der Branche) verglichen werden kann, und daher eine Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt ist. Würde man den unechten Firmen-KV satzen, würde man ‚Ungleiches‘ ‚gleichbehandeln‘, weshalb die Satzung in diesem Fall gleichheitswidrig wäre.
? Wenn der (unechte) Firmen-KV nicht zulässig war, weil keine ‚Ungleichheiten‘ existieren und es daher die dafür notwendige ‚Einzel- bzw. Sonderfallstellung‘ nicht gibt, dann ist/war der unechte Firmen-KV von Anfang an NICHTIG. Ein nichtiger KV ist aber ein NULLUM und kann somit nicht gesatzt werden.
2) Die Voraussetzungen einer Satzungserklärung gemäß § 18 Absatz 3 ArbVG liegen nicht vor
Gleichartigkeit der Arbeitsverhältnisse
Bei der Beurteilung der Gleichartigkeit gemäß § 18 Absatz 3 Ziffer 3 ArbVG kommt es nicht nur auf die Gleichartigkeit der Tätigkeit der Arbeitnehmer (wie im Satzungsantrag im Wesentlichen ausgeführt), sondern auch auf eine Angemessenheit und Zumutbarkeit des zu satzenden Kollektivvertrages, welche im Wege der Prüfung der gesamten wirtschaftlichen und technischen Rahmenbedingungen der Betriebsführung gemessen wird, an. Die Gleichartigkeit wäre nur dann zu bejahen, wenn der zu satzende KV auch für ,Branchen-‚Außenseiter‘ ein tauglicher Kompromiss wäre, somit also redliche vom KV nicht erfasste Unternehmen selbst einen derartigen KV abgeschlossen hätten.
Genau dies ist im Falle des A-Bord-KV gerade nicht der Fall: Als ‚Marktführer‘ kann das vom A-Bord-KV erfasste Unternehmen einen hohen Standard akzeptieren, der von später hinzukommenden Branchenneulingen nicht erfüllt werden kann bzw. diese in den wirtschaftlichen Ruin treiben würde, wenn sie zur Anwendung dieses KV gezwungen wären. Dies zeigt sich schon alleine dadurch deutlich, dass es außer dem A-Bord-KV noch zwei weitere unechte Firmen-KV gibt (L und E), welche den völlig unterschiedlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen innerhalb der Branche Rechnung tragen. Beispielhaft ist dieser Umstand sehr transparent an den erheblich unterschiedlichen Mindestentgeltregelungen für Flugbegleiter von E und A feststellbar, was vor allem in Hinblick auf A historisch begründbar ist und mit den jahrzehntelangen Eigentums- bzw. Mehrheitsverhältnissen der Republik Österreich an der A in ursächlichem Zusammenhang steht. Einen KV mit einem solchen - historisch gewachsenen - Mindestentgeltniveau hätten die von der Satzung potenziell betroffenen Unternehmen (A/L und W-A) niemals abgeschlossen, da sie ein derartiges Mindestentgeltniveau nicht verkraften würden und somit nicht wettbewerbsfähig wären.
Die Satzung den am Markt verbleibenden Unternehmen, die über keinen unechten Firmen-KV verfügen ‚überzustülpen‘, während die anderen Unternehmen einen unechten Firmen-KV haben, der ihrer Kostenstruktur entspricht, würde dem Zweck der Satzung, unsoziale Konkurrenz zu unterbinden, zuwiderlaufen.
Somit ist die Voraussetzung der Gleichartigkeit jedenfalls nicht gegeben.“
18 Eine weitere inhaltsgleiche Stellungnahme wurde von der WKÖ, Abteilung Sozialpolitik und Gesundheit erstattet.
19 Der ÖGB erstattete eine ausführliche Stellungnahme, in der zusammengefasst vorgebracht wurde, mit der Satzung des branchenbeherrschenden Kollektivvertrags werde die Herstellung fairer, wirtschaftlich sowie sozial verträglicher Entgelt- und Arbeitsbedingungen bezweckt. Die beantragte Satzung verfolge das Ziel, vorliegendenfalls eine flächendeckende sozialpartnerschaftliche Regelung zu erzeugen, was im Hinblick auf das Lohndumping durch sogenannte „Low-Cost-Airlines“ eine Notwendigkeit darstelle. Diese Billigfluglinien mit Heimatbasis in Österreich genössen völlig zu Unrecht einen wirtschaftlich und rechtlich nicht vertretbaren Wettbewerbsvorteil, wenn für sie weder Kollektivvertrag noch Satzung zur Anwendung gelangten. Diesen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil würden sich auch zukünftig andere ähnlich gelagerte Luftunternehmen als Vorbild nehmen und den Versuch unternehmen, den Flughafen Wien sowie weitere österreichische Flughäfen als kollektivvertragsfreie und damit bezüglich die Arbeitsbedingungen unregulierte Zonen des Lohn- und Sozialdumpings zu nutzen. Im Hinblick auf die Kollektivvertragsfreiheit wäre ein derartiges Verhalten auch ohne jegliche Sanktion. Damit werde aber der Zweck des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes (LSD-BG) und des ArbVG konterkariert und die Sozialpartnerschaftlichkeit ausgehebelt.
20 Weiters wurde dargestellt, dass über 60 % der Flotte der A ident mit der eines typischen Low-Cost-Carriers seien. Der ausufernde Wettbewerb zwischen den Airlines und das Fehlen von Mindeststandards bei den Arbeitsbedingungen habe mittlerweile so weit geführt, dass die A ein Sparpaket habe fassen müssen, das mehrere hundert Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen den Job kosten werde.
21 Im Weiteren wird ein Vergleich der Gehälter von Flugbegleitern bei E und A in den ersten sechs Jahren der Tätigkeit vorgenommen, aus dem sich ergebe, dass die Gehälter bei der A keineswegs höher seien.
22 Zum Vorbringen der WKÖ wurde zusammengefasst ausgeführt, der Verfassungsgerichtshof habe bereits zum Ausdruck gebracht, dass gegen die gesetzlichen Grundlagen der Erklärung eines Kollektivvertrages zur Satzung im Sinne des § 18 ArbVG keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden (Hinweis auf V 70/2016 vom 25. September 2017 und VfSlg 13.880/1994). Es mögen zwar im vorliegenden Fall gegenüber der A bei den Billigairlines weniger Beschäftigte gegeben sein, hinter dieser Dumpingkonkurrenz stünden jedoch mächtige und große wirtschaftliche Einheiten, die gerade die durch das Fehlen eines Kollektivvertrags gegebene Regelungslücke für ihre Zwecke nützen wollten. Auf Grund des Zwecks der Satzung, Nachteile kollektivvertragsangehöriger Arbeitgeber gegenüber Außenseitern zu verhindern, setze die Satzungserklärung grundsätzlich lediglich ein Wettbewerbsverhältnis der betroffenen Arbeitgeber voraus. Dieses sei unstrittig gegeben. Die Konkurrenz der Low-Cost-Carrier zwinge die A nämlich tatsächlich zu einem massiven Personalabbau. Daher könne auch die im Wesentlichen gegebene Gleichartigkeit der Arbeitsverhältnisse nicht ernstlich bestritten werden.
23 Die Ausführungen der WKÖ, wonach ein „unechter Firmenkollektivvertrag“ nicht gesatzt werden könne, seien unrichtig und widersprächen höchstgerichtlicher Judikatur. Sowohl der Verfassungsgerichtshof (Hinweis auf V 70/2016 vom 25. September 2017) als auch der Verwaltungsgerichtshof (Hinweis auf VwGH 22.12.2009, 2009/08/0064; 4.9.2013, 2011/08/0230) hätten im Falle des Österreichischen Roten Kreuzes die Satzung eines derartigen Firmenkollektivvertrags für zulässig erachtet.
24 Neben den materiellen Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 Z 1 bis 4 ArbVG sehe § 18 Abs. 1 ArbVG lediglich als formelle Voraussetzung den Antrag einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft, die Partei des zu satzenden Kollektivvertrages sei, vor. Lediglich kollektivvertragsfähigen Vereinen im Sinne des § 4 Abs. 3 ArbVG fehle es auf Grund des Umstandes, dass deren Kollektivverträge nach § 18 Abs. 6 ArbVG nicht zur Satzung erklärt werden könnten, an dieser Antragslegitimation.
25 Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der der Privatgutachter als Vertreter des verfahrensbeteiligten Fachverbandes Luftfahrt der WKÖ auftrat, erließ das Bundeseinigungsamt den Bescheid vom 19. Februar 2020, mit dem der Antrag der revisionswerbenden Partei abgewiesen wurde.
26 Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass die von der Gewerkschaft zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Satzbarkeit „unechter Firmenkollektivverträge“ keine Aussagen enthalte. Unter Anführung von unterschiedlichen Lehrmeinungen wurde ausgeführt, dass in der Literatur zu dieser Frage unterschiedliche Ansichten vertreten würden:
„Weiß, Firmenkollektivverträge-Zulässigkeit und Satzung, RdW 584/2003, hält die Erklärung von ,unechten Firmenkollektivverträgen‘ zur Satzung für möglich. Er sieht zwar das Problem, dass es auf diesem Weg einer Partei ermöglicht wird, den getroffenen Minimalkonsens - nämlich die Einschränkung des Geltungsbereiches - einseitig abzuändern und damit im Ergebnis gegen das Gebot der Vertragstreue zu verstoßen. Dieser Umstand verliere freilich in Anbetracht der sozialpolitisch durchaus positiv zu bewertenden Folgen dieser Konstruktion an Bedeutung.
Schrammel, Probleme der Satzung von Kollektivverträgen, ZAS 1998, 135 (142), lehnt eine Erklärung zur Satzung hingegen ab. Wenn sich die Kollektivvertragspartei mit einem ,Teilabschluss‘ begnügen, kann nicht eine Partei die Schwierigkeit einer Verhandlungslösung für die gesamte Branche durch eine Satzung umgehen.
G. Klein, FS Cerny (2001), 407, spricht sich ebenfalls gegen eine Satzung von ,unechten Firmenkollektivverträgen‘ aus.
Die vom Vertreter des Fachverbandes des Autobus-, Luftfahrt- und Schifffahrtsunternehmungen herangezogenen Meinung von Mosler, in Gahleitner/Mosler, ArbVG II5, § 18 Rz 11, kann keine diesbezügliche Aussage entnommen werden, da dieser lediglich die ohnedies weitgehend unbestrittene Analogie hinsichtlich juristischer Personen öffentlichen Rechts erwähnt.“
27 Das Bundeseinigungsamt sei zur Auffassung gelangt, dass die Argumente gegen die Zulässigkeit der Erklärung eines „unechten Firmenkollektivvertrages“ zur Satzung überwögen. Die rechtliche Unmöglichkeit des Abschlusses eigener Kollektivverträge sei bei „unechten Firmenkollektivverträgen“ nicht gegeben, da auch die Außenseiter Mitglieder der gesetzlichen Interessenvertretung seien und daher für sie ebenfalls eine Regelung der Arbeitsverhältnisse durch Kollektivvertrag (entweder im Rahmen eines Branchenkollektivvertrages oder als eigener „unechter Firmenkollektivvertrag“) möglich sei. Der eingeschränkte Geltungsbereich des Kollektivvertrages sei vielmehr der Wille zumindest einer der Parteien des Kollektivvertrages.
28 Nach Ansicht des Bundeseinigungsamtes sei die Gefahr eines Eingriffs in die Kollektivvertragsautonomie höher zu bewerten als das Ziel brancheneinheitlicher Arbeitsbedingungen.
29 Wenn aber die Erklärung eines „unechten Firmenkollektivvertrages“ zur Satzung generell nicht zulässig sei, müsse das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 ArbVG - im vorliegenden Fall die Vergleichbarkeit der Arbeitsverhältnisse - nicht mehr überprüft werden.
30 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen den abweisenden Bescheid des Bundeseinigungsamtes erhobene Beschwerde des revisionswerbenden ÖGB ab. Es traf dabei Feststellungen zu dem (teilweise) zu satzenden Kollektivvertrag.
31 Unter der Überschrift „Beweiswürdigung“ setzte sich das Bundesverwaltungsgericht mit dem vorgelegten privaten Rechtsgutachten auseinander und gelangte zu dem Ergebnis, dass darin „in nachvollziehbarer Weise dargelegt wurde, dass die Satzung eines unechten Firmenkollektivvertrages schon dem Grunde nach unzulässig“ sei. Weiters führte es aus, der Antragsteller, dem es freigestanden wäre, durch Beibringung eines Gegengutachtens die getroffenen Einschätzungen im privaten Rechtsgutachten zu entkräften, sei diesem nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Auch die im Rahmen von Stellungnahmen und der Beschwerde erhobenen Einwendungen seien nicht geeignet, eine Änderung des Ergebnisses herbeizuführen. Diese seien im Rechtsgutachten gewürdigt und mittels einer ebenso schlüssigen wie ausführlichen Begründung auf fachlicher Hinsicht entkräftet worden.
32 Unter der Überschrift „Rechtliche Beurteilung“ führte das Bundesverwaltungsgericht aus, bevor zu prüfen sei, ob die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 ArbVG vorlägen, sei zu klären, ob ein unechter Firmenkollektivvertrag - wie der A KV-Bord - überhaupt zur Satzung erklärt werden könne, zumal bereits nach § 18 Abs. 6 ArbVG Kollektivverträge, die von einem kollektivvertragsfähigen Verein (§ 4 Abs. 3 ArbVG) abgeschlossen worden seien (sogenannte „echte Firmenkollektivverträge“), nicht gesatzt werden dürften.
33 Der Grund für diesen Ausschluss von der Satzungsfähigkeit liege in der Erwägung, dass solche Kollektivverträge im Allgemeinen gerade nicht ausreichend repräsentativ, sondern vor allem auf die spezifischen Erfordernisse des Arbeitgebers oder des Unternehmens zugeschnitten seien, für das sie zur Anwendung kämen; damit mangle es ihnen regelmäßig an der Verallgemeinerungsfähigkeit. Durch Firmen-Kollektivverträge werde bei der Regelung von Arbeitsbedingungen im Wesentlichen auf die Gegebenheiten des eigenen Unternehmens fokussiert. Auf Grund des Ausnahmecharakters des Firmen-Kollektivvertrags und der singulären Stellung, die kollektivvertragsfähige Einzel-Arbeitgeber im Wirtschaftsleben regelmäßig innehätten, sei die Ausdehnung des Satzungsverbotes in § 18 Abs. 6 ArbVG auf andere Arten des Firmen-Kollektivvertrages im Wege der Analogie geboten: Dies betreffe die Kollektivverträge von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, soweit die Kollektivverträge auf der Kollektivvertragsfähigkeit gemäß § 7 ArbVG beruhten, so wie jene Kollektivverträge, die auf Grund sondergesetzlicher Zuerkennung von einem einzelnen Arbeitgeber mit einem Arbeitnehmerverband abgeschlossen worden seien. Derartige Firmen-Kollektivverträge seien daher ebenfalls nicht satzungsfähig (Hinweis auf Melzer-Azodanloo in Jabornegg/Resch, ArbVG § 18 [Stand 1.11.2017, rdb.at]).
34 Das Satzungsverbot von unechten Firmenkollektivverträgen sei auch im vorliegenden Rechtsgutachten nachvollziehbar bejaht worden. So sei zusammengefasst ausgeführt worden, dass das Satzungsverbot des § 18 Abs. 6 ArbVG auch auf unechte Firmenkollektivverträge analog anwendbar sei. Das Satzungsverbot sei nämlich unvollständig und erfasse neben den - ausdrücklich genannten - Kollektivverträgen von Vereinen (§ 4 Abs. 3 ArbVG) auch andere Kollektivverträge, wie jene der juristischen Personen öffentlichen Rechts (§ 7 ArbVG) oder jene von Kollektivvertragsparteien, die auf Grund eines Sondergesetzes kollektivvertragsfähig seien. Die Satzung solle auf Arbeitgeber-Außenseiter einen „Beitrittsdruck“ ausüben, dass sie dem kollektivvertragsabschließenden Arbeitgeberverband beiträten. Dieser Beitrittsdruck gehe aber beim unechten Firmenkollektivvertrag ins Leere, weil die Arbeitgeber ja ohnehin Mitglieder des Arbeitgeberverbands seien. Es sei auch entsprechend dem privaten Rechtsgutachten die Gefahr eines Eingriffs in die Kollektivvertragsautonomie nicht zu vernachlässigen. Es wäre nicht zielführend, wenn sich die Kollektivvertragsparteien auf einen Teilabschluss einigten, weil eine Verhandlungslösung für einen Branchen-Kollektivvertrag zu schwierig sei, der Teilabschluss dann aber gesatzt werden würde. Dies würde einen Kontrahierungszwang bedeuten und darüber hinaus zu einer Zwangsschlichtung führen. Soweit vom antragstellenden Gewerkschaftsbund höchstgerichtliche Entscheidungen angeführt worden seien, passten sie nicht auf den vorliegenden Sachverhalt.
35 Die Revision sei zulässig, weil es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Zulässigkeit der Satzung „unechter Firmenkollektivverträge“ unter Berücksichtigung der Bestimmung des § 18 Abs. 6 ArbVG (bzw. dessen Analogie) fehle.
36 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision des ÖGB, in der beantragt wird, der Verwaltungsgerichtshof möge gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache selbst entscheiden und das angefochtene Erkenntnis dahin abändern, dass dem Antrag des Revisionswerbers stattgegeben werde, in eventu das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufheben, in eventu wegen Rechtswidrigkeit auf Grund von Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, in eventu infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben.
37 Im Rahmen der Zulässigkeitsbegründung der Revision wurde auf die Zulassungsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts verwiesen und weiters ausgeführt, es fehle insbesondere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob in Bezug auf § 18 Abs. 6 ArbVG hinsichtlich der Einbeziehung/Nichteinbeziehung „unechter Firmenkollektivverträge“ eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes vorliege und ob bejahendenfalls ein Analogieschluss zulässig sei.
38 Die Bundesarbeitskammer erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie sich im Wesentlichen den Ausführungen in der Revision anschloss und beantragte, der Revision stattzugeben. Die WKÖ erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie beantragte, die Revision zurückzuweisen, in eventu abzuweisen.
39 Die Revision ist aus den in der Zulassungsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts und der Zulässigkeitsbegründung der Revision genannten Gründen zulässig. Sie ist auch berechtigt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
40 § 4 Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG), in der Stammfassung BGBl. Nr. 22/1974, lautet:
„Kollektivvertragsfähigkeit
§ 4. (1) Kollektivvertragsfähig sind gesetzliche Interessenvertretungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, denen unmittelbar oder mittelbar die Aufgabe obliegt, auf die Regelung von Arbeitsbedingungen hinzuwirken und deren Willensbildung in der Vertretung der Arbeitgeber- oder der Arbeitnehmerinteressen gegenüber der anderen Seite unabhängig ist.
(2) Kollektivvertragsfähig sind die auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhenden Berufsvereinigungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, welche
1. sich nach ihren Statuten zur Aufgabe stellen, die Arbeitsbedingungen innerhalb ihres Wirkungsbereiches zu regeln;
2. in ihrer auf Vertretung der Arbeitgeber- oder der Arbeitnehmerinteressen gerichteten Zielsetzung in einem größeren fachlichen und räumlichen Wirkungsbereich tätig werden;
3. vermöge der Zahl der Mitglieder und des Umfanges der Tätigkeit eine maßgebende wirtschaftliche Bedeutung haben;
4. in der Vertretung der Arbeitgeber- oder der Arbeitnehmerinteressen gegenüber der anderen Seite unabhängig sind.
(3) Für Arbeitsverhältnisse zu Vereinen, die vermöge der Zahl ihrer Mitglieder, des Umfanges ihrer Tätigkeit und der Zahl ihrer Arbeitnehmer eine maßgebende Bedeutung haben, sind diese selbst kollektivvertragsfähig, soweit sie nicht für Arbeitsverhältnisse bestimmter Betriebs- oder Verwaltungsbereiche einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft der Arbeitgeber angehören.“
41 § 18 leg. cit. in der Fassung BGBl. Nr. 563/1986 lautet:
„DIE ERKLÄRUNG VON KOLLEKTIVVERTRÄGEN ZUR SATZUNG
Begriff und Voraussetzungen
§ 18. (1) Das Bundeseinigungsamt hat auf Antrag einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft, die Partei eines Kollektivvertrages ist, bei Vorliegen der in Abs. 3 angeführten Voraussetzungen diesem Kollektivvertrag durch Erklärung zur Satzung auch außerhalb seines räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereiches rechtsverbindliche Wirkung zuzuerkennen. Die in der Erklärung als rechtsverbindlich bezeichneten Bestimmungen des Kollektivvertrages bilden die Satzung.
(2) Gegenstand des Antrages auf Erklärung eines Kollektivvertrages zur Satzung können alle oder auch einzelne Bestimmungen des Kollektivvertrages sein, die für die ihm unterliegenden Arbeitsverhältnisse rechtsverbindlich sind, doch dürfen einzelne Bestimmungen nicht aus einem unmittelbaren rechtlichen und sachlichen Zusammenhang gelöst werden.
(3) Ein Kollektivvertrag oder ein Teil eines solchen darf nur zur Satzung erklärt werden, wenn
1. der zu satzende Kollektivvertrag gehörig kundgemacht ist und in Geltung steht;
2. der zu satzende Kollektivvertrag oder der Teil eines solchen überwiegende Bedeutung erlangt hat;
3. die von der Satzung zu erfassenden Arbeitsverhältnisse im Verhältnis zu jenen, die dem Kollektivvertrag unterliegen, im wesentlichen gleichartig sind;
4. die von der Satzung zu erfassenden Arbeitsverhältnisse unbeschadet des Abs. 4 nicht schon durch einen Kollektivvertrag erfaßt sind.
(4) Kollektivverträge, die sich auf die Regelung einzelner Arbeitsbedingungen beschränken und deren Wirkungsbereich sich fachlich auf die überwiegende Anzahl der Wirtschaftszweige und räumlich auf das ganze Bundesgebiet erstreckt, stehen der Erklärung eines Kollektivvertrages zur Satzung nicht entgegen.
(5) Kollektivverträge im Sinne des Abs. 4 können auch dann zur Satzung erklärt werden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 3 Z 3 nicht vorliegen.
(6) Kollektivverträge, die von einem kollektivvertragsfähigen Verein (§ 4 Abs. 3) abgeschlossen wurden, können nicht zur Satzung erklärt werden.“
42 Sowohl das Bundeseinigungsamt als auch das Bundesverwaltungsgericht vertraten die Rechtsansicht, dass auf „unechte Firmenkollektivverträge“ § 18 Abs. 6 ArbVG analog anzuwenden sei, sodass „unechte Firmenkollektivverträge“ nicht zur Satzung erklärt werden könnten (dürften) und deshalb im vorliegenden Verfahren die Voraussetzungen, die gemäß § 18 Abs. 3 ArbVG vorliegen müssten, damit ein Kollektivvertrag zur Satzung erklärt werden darf, nicht geprüft werden müssten.
43 Sogenannte „unechte Firmenkollektivverträge“ sind solche, die von kollektivvertragsfähigen Körperschaften geschlossen, aber auf ein konkretes Unternehmen beschränkt werden (vgl. auch das im Verfahren vorgelegte private Rechtsgutachten Seite 7 Punkt 2.).
44 § 18 Abs. 6 ArbVG bestimmt, dass Kollektivverträge, die von einem kollektivvertragsfähigen Verein (§ 4 Abs. 3 ArbVG) abgeschlossen wurden, nicht zur Satzung erklärt werden können (dürfen).
45 In dieser Regelung wird somit die Unzulässigkeit der Erklärung eines Kollektivvertrages zur Satzung in Abhängigkeit von der Rechtsform einer der den (teilweise) zu satzenden Kollektivvertrag abschließenden Parteien als kollektivvertragsfähiger Verein im Sinne des § 4 Abs. 3 ArbVG für eigene Ar