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L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
ABGB §1295 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des F in T, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 13. Oktober 1995, Zl. 02/02/26, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Gemeinde T, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerde und dem dieser in Kopie angeschlossenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde T vom 18. April 1991 wurde dem Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit zwei Wohneinheiten und einem Bürotrakt auf dem Grundstück Nr. n/4, KG T, erteilt. Auf Grund der am 15. September 1994 durchgeführten Schlußüberprüfung wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde T vom 20. September 1994 die Benützungsbewilligung für das bewilligte Bauprojekt erteilt. Unter Punkt 3 wurde unter Setzung einer Erfüllungsfrist bis 31. Dezember 1994 eine "Auflage" folgenden Inhaltes erteilt:
"Das Gesimse zum Anrainer F ist bis zur gemeinsamen Grundgrenze zu entfernen."
Gegen diesen Benützungsbewilligungsbescheid hat der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung mit der Begründung erhoben, aus Gründen der Ortsverschönerung sei an der gesamten linken Hausseite in einer Höhe von 3,40 m ein ca. 20 cm auskragendes Gesimse angebracht worden. Über eine Länge von 23 m, das seien 85 % der Hauslänge, habe der Nachbar Z die Zustimmung zur Errichtung dieses Gesimses erteilt. Gegen die restlichen 4 m Gesimslänge habe die Anrainerin F schikanös Widerspruch erhoben. Die Entfernung des Gesimses sei sowohl aus technischen als auch aus optischen Gründen unmöglich.
Mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde T vom 20. April 1995 wurde der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers mit der Begründung keine Folge gegeben, daß keine schriftliche Zustimmungserklärung des angrenzenden Grundstückseigentümers zur Überbauung der Grundfläche vorliege. Die Errichtung des Gesimses über Nachbargrund könne als Abweichung von der am 18. April 1991 erteilten Baubewilligung nicht nachträglich genehmigt werden.
In der dagegen erhobenen Vorstellung führte der Beschwerdeführer in Ergänzung zu seinen Berufungsausführungen noch aus, daß er im Zuge einer Bautätigkeit auf der Liegenschaft der Anrainerin F das auskragende Gesimse auf seine Kosten entfernen werde.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 13. Oktober 1995 wurde der Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Bei der Überbauung des Nachbargrundes handle es sich um eine bewilligungspflichtige Abweichung vom Bewilligungsbescheid. Eine nachträgliche Bewilligung dieser Abänderung sei jedoch nur möglich, wenn eine schriftliche Zustimmungserklärung der Grundstückseigentümerin F zur Überbauung ihres Grundstückes vorliege. Diese Zustimmungserklärung habe jedoch nicht vorgelegt werden können, sodaß der Benützungsbewilligungsbescheid nur unter der Auflage habe erteilt werden können, daß das konsenslos errichtete Gesimse entfernt werde.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich seinem gesamten Vorbringen zufolge in dem Recht auf Erteilung der Benützungsbewilligung für das errichtete Bauobjekt ohne Erteilung eines Auftrages zur Entfernung des Gesimses verletzt. Die Tatsache, daß das Gesims im Bauplan nicht eingezeichnet sei, rechtfertige nicht die Annahme, daß eine Übereinstimmung mit der Baubewilligung nicht gegeben sei, diene doch die Errichtung des Gesimses durch den Bauwerber bloß der Verschönerung des äußeren Erscheinungsbildes des Hauses und damit der Ortsverschönerung. Die Herstellung des Gesimses in der vorliegenden Form könne daher aus öffentlich-rechtlichen Rücksichten nicht verweigert werden, sodaß ein Vorgehen nach § 105 der Burgenländischen Bauordnung nicht gerechtfertigt sei. Die Entfernung des Gesimses über ein Teilstück von 4 m würde zur Verschandelung des Ortsbildes beitragen. Es liege auch keine derartige Inanspruchnahme des Nachbargrundes vor, daß dieser für die Herstellung des genehmigten Bauvorhabens direkt in Anspruch genommen worden wäre. Das vom Beschwerdeführer errichtete Gesims rage bloß auf einer Länge von 4 m in den Luftraum des Nachbargrundstückes, sodaß auf dem Grundstück des Nachbarn keine Bauführung stattgefunden habe, die der Baubewilligung widersprechen würde. Im Verfahren auf Erlangung der Benützungsbewilligung habe der Nachbar bloß darauf verwiesen, er stimme der Gesimserrichtung nicht zu. Dieser Umstand allein rechtfertige jedoch nicht, daß die Behörde gemäß § 105 der Burgenländischen Bauordnung die Auflage erteile, das Gesims auf eine Länge von 4 m zu entfernen. Im Benützungsbewilligungsverfahren komme dem Nachbarn grundsätzlich keine Parteistellung zu, sodaß die Baubehörde lediglich zu entscheiden gehabt habe, ob die Errichtung des Gesimses, soweit sie überhaupt baubehördlich genehmigt werden müsse, nicht nachträglich genehmigt werden könne. Über eine nachträgliche Genehmigung hätten die Behörden aber nicht entschieden, vielmehr sich darauf beschränkt, die Frage zu klären, ob eine zustimmungsbedürftige Inanspruchnahme des Nachbargrundes vorliege. Diese Frage könnte jedoch nur im Verfahren zur nachträglichen Baubewilligung behandelt und entschieden werden. Es werde daher beantragt, der Beschwerde Folge zu geben und den Benützungsbewilligungsbescheid in seinem Punkt 3 (Auflage der Entfernung des Gesimses auf eine Länge von 4 m) ersatzlos zu beheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 105 Abs. 1 der Burgenländischen Bauordnung (BO) hat der Bewilligungswerber nach Vollendung des Bauvorhabens um Vornahme der Schlußüberprüfung und Erteilung der Benützungsbewilligung anzusuchen. Dem Ansuchen sind die Rauchfangbefunde und die Ausführungspläne (Auswechslungspläne bei Planabweichungen) in zweifacher Ausfertigung anzuschließen. Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat die Baubehörde zur Schlußüberprüfung eine mündliche Verhandlung vorzunehmen, die mit einem Augenschein an Ort und Stelle zu verbinden ist. Von der Aufnahme des Beweises durch Sachverständige darf nicht abgesehen werden. Gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle hat die Baubehörde bei der Schlußüberprüfung die Übereinstimmung des Baues mit der Baubewilligung zu prüfen; ist diese gegeben, ist die Benützungsbewilligung mit schriftlichem Bescheid zu erteilen. Die Benützungsbewilligung kann auch für Teile des Bauvorhabens und unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden, soweit diese den gesundheits-, feuer- oder baupolizeilichen Zustand betreffen. Gemäß Abs. 4 dieser Gesetzesstelle dürfen Bauten vor Erteilung der Benützungsbewilligung nicht in Gebrauch genommen werden. Sie dürfen nur zu den in der Benützungsbewilligung bezeichneten Zwecken verwendet werden. Gemäß Abs. 5 dieser Gesetzesstelle hat über ein Ansuchen gemäß Abs. 1 die Baubehörde binnen sechs Wochen zu entscheiden; wird diese Frist nicht eingehalten, tritt die Rechtsfolge des § 73 AVG ein.
Gemäß § 104 Abs. 1 leg. cit. hat die Baubehörde im Falle der Feststellung von Mängeln bei einer Überprüfung deren Behebung innerhalb einer angemessenen Frist anzuordnen und die Einstellung der Arbeiten an den davon betroffenen Teilen des Vorhabens zu verfügen. Werden innerhalb dieser Frist die Mängel nicht behoben, hat gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle die Baubehörde die Beseitigung des Teiles oder des ganzen Baues oder die Herstellung des ursprünglichen Zustandes zu verfügen. Gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle hat die Baubehörde die Fortsetzung der Arbeiten mit schriftlichem Bescheid zu untersagen, wenn ein Vorhaben, das einer Baubewilligung bedarf, ohne Baubewilligung ausgeführt wird. Wird um die nachträgliche Baubewilligung nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen angesucht oder wird die Baubewilligung nicht erteilt, hat die Baubehörde die Herstellung des ursprünglichen Zustandes zu verfügen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde über die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen einen im Instanzenzug ergangenen Benützungsbewilligungsbescheid im Sinne des § 105 Abs. 3 BO entschieden. In diesem Benützungsbewilligungsbescheid wurde dem Beschwerdeführer ohne ausdrückliche Bezugnahme auf § 104 Abs. 1 BO der baupolizeiliche Auftrag erteilt, "das Gesimse zum Anrainer F ... zur gemeinsamen Grundgrenze - innerhalb einer Frist bis 31. Dezember 1994 - zu entfernen". Durch die Erteilung dieser "Auflage" erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Erteilung der beantragten Benützungsbewilligung verletzt.
Eine Benützungsbewilligung, deren Gegenstand und Inhalt ausschließlich die Erlaubnis zur Benützung des Bauwerkes bildet, kann den Baukonsens nicht abändern. Aus einer erteilten Benützungsbewilligung kann daher kein Recht auf die Belassung eines der Bauordnung oder dem Baukonsens nicht entsprechenden Zustandes abgeleitet werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 2. Juni 1981, Zl. 81/05/0023, uva.). Da aus einer Benützungsbewilligung kein Recht auf die Belassung eines der Bauordnung oder dem Baukonsens nicht entsprechenden Zustandes abgeleitet werden kann, steht die Erteilung einer Benützungsbewilligung einem Bauauftrag nicht entgegen. Durch die Benützungsbewilligung wird ein bewilligungswidriger Zustand nicht saniert (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1990, Zl. 88/05/0227, 0028 uva.).
Den Feststellungen des angefochtenen Bescheides ist zu entnehmen, daß ein ca. 20 cm auskragendes Gesims in einer Höhe von ca. 3,40 m über eine Länge von 4 m über die Grenze des dem Beschwerdeführer gehörigen Grundstückes in den Luftraum des Grundstückes der Anrainerin F ragt. Dies wird in den Beschwerdeausführungen bestätigt. Diesbezüglich wurde mit dem Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters der Gemeinde T vom 18. April 1991 keine baubehördliche Bewilligung erteilt. Mit dem dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Benützungsbewilligungsbescheid der Baubehörden wurde diese dem Baubewilligungsbescheid widersprechende Bauführung ausdrücklich nicht genehmigt. Jedenfalls wurde aber mit dem Benützungsbewilligungsbescheid des Gemeinderates der Gemeinde T vom 20. April 1995 im Berufungswege für das mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde T vom 18. April 1991 baubehördlich bewilligte Objekt die Benützungsbewilligung erteilt.
Die unter Punkt 3 des erstinstanzlichen Bewilligungsbescheides erteilte "Auflage", das Gesims zur Anrainerin F bis zur gemeinsamen Grundgrenze bis 31. Dezember 1994 zu entfernen, schränkt das mit dem Benützungsbewilligungsbescheid erteilte Recht auf Benützung des errichteten baubehördlich bewilligten Objektes nicht ein, vielmehr wurde damit ein - wenn auch von der Benützungsbewilligung losgelöster - baupolizeilicher Auftrag zur Entfernung des vorschriftswidrigen Bauteiles im Sinne des § 104 BO erteilt (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 17. Juni 1980, Slg. Nr. 10164/A, vom 1. Oktober 1980, Slg. Nr. 10247/A, und vom 2. Mai 1956, Slg. Nr. 4057). Dadurch, daß der baupolizeiliche Auftrag gemeinsam mit der Benützungsbewilligung in einem Bescheid erlassen wurde, kann der Beschwerdeführer in einem subjektiven Recht nicht verletzt sein.
Warum die Baubehörden im Rahmen des Benützungsbewilligungsbescheides keinen solchen baupolizeilichen Auftrag hätten erlassen dürfen, ist für den Verwaltungsgerichtshof auch im Lichte des Beschwerdevorbringens nicht erkennbar. Auch in der Beschwerde wird nicht vorgebracht, daß der Beschwerdeführer eine nachträgliche Genehmigung des konsenslos errichteten Gesimses beantragt hätte. Schon aus diesem Grunde scheidet eine solche Genehmigung im vorliegenden Fall aus.
Im übrigen ist der zu entfernende Bauteil auch nicht genehmigungsfähig, da der Beschwerdeführer selbst zugesteht, daß die Anrainerin F keine Genehmigung zur Benützung ihres Grundstückes für den Bau des Beschwerdeführers erteilt hat. Gemäß § 297 ABGB ist der über dem Grundstück befindliche Luftraum dessen Zugehör (vgl. Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts II, 9. Auflage, Seite 48). Gemäß § 90 Abs. 1 Z. 2 BO ist dem Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung die Zustimmung des Grundeigentümers anzuschließen, wenn der Bewilligungswerber nicht Grundeigentümer ist. Liegt eine Zustimmung des vom Antragsteller verschiedenen betroffenen Grundeigentümers nicht vor, fehlt es an einer Voraussetzung für die aufrechte Erledigung des Bauansuchens. Da im vorliegenden Fall eine Zustimmung der Nachbarin F zur Benützung des Luftraumes ihres Grundstückes nicht vorliegt, dürfte die "nachträgliche Baubewilligung" für den Beschwerdeführer selbst dann nicht erteilt werden, wenn die Nachbarin die geforderte Zustimmung "schikanös" verweigern sollte. Auch die von der Baubehörde im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens zu beachtenden Rücksichten des Ortsbildes vermögen die gemäß § 90 Abs. 1 Z. 2 BO erforderliche Zustimmung eines vom Bewilligungswerber verschiedenen Grundeigentümers nicht zu ersetzen.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß der Beschwerdeführer in dem vom Beschwerdepunkt umfaßten subjektiven-öffentlichen Recht nicht verletzt ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigte sich auch eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995050302.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009