Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §87 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Sulyok und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der M-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 19. Oktober 1995, Zl. 311.707/4-III/5/95, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit dem Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 19. Oktober 1995 wurde der Beschwerdeführerin im Instanzenzug die Berechtigung zur Ausübung des Immobilienmaklergewerbes in einem näher bezeichneten Standort in Wien gemäß § 91 Abs. 2 i.V.m. § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 entzogen. Nach der Begründung dieses Bescheides ging der Bundesminister davon aus, die Beschwerdeführerin sei als Gesellschaft mit beschränkter Haftung in das Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien eingetragen. Als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft sei M verzeichnet. Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 30. März 1989 sei ihr die Konzession (Bewilligung) für das Immobilienmaklergewerbe in dem in Rede stehenden Standort erteilt worden. Über M seien vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 1./8. Bezirk in der Zeit vom 5. April 1991 bis 18. November 1994 wegen im Zusammenhang mit der Ausübung des gegenständlichen Gewerbes begangener Übertretungen gewerberechtlicher Vorschriften acht Verwaltungsstrafen - eine wegen Nichterstattung der Anzeige über das Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers und sieben wegen Ausübung des Gewerbes ohne genehmigten Geschäftsführer - rechtskräftig verhängt worden. Im Berufungsverfahren habe die Beschwerdeführerin im wesentlichen geltend gemacht, diese Strafbescheide seien allesamt unbegründet, der Geschäftsführer M habe allerdings gemeint, die Bezahlung der verhängten Geldstrafe diene dem Gemeinwohl. Mit Schreiben des Amtes der Wiener Landesregierung vom 12. April 1995 sei der Beschwerdeführerin eröffnet worden, M könne auf Grund seiner Verwaltungsübertretungen nicht mehr als zuverlässig qualifiziert werden, weshalb die Beschwerdeführerin aufgefordert worden sei, diesen innerhalb einer Frist von einem Monat ab Zustellung dieses Schreiben aus der Gesellschaft zu entfernen. Die Beschwerdeführerin sei dieser ihr am 18. April 1995 zugestellten Aufforderung bis 18. Mai 1995 nicht nachgekommen. Im Berufungsverfahren habe die Beschwerdeführerin geltend gemacht, M sei mit Gesellschafterbeschluß vom 20. September 1995 als Geschäftsführer abberufen worden. In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde davon aus, M sei ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte der Beschwerdeführerin zugestanden. Auf Grund der über ihn verhängten Strafverfügungen und Straferkenntnisse stehe fest, daß er gegen im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Gewerbe zu beachtende Rechtsvorschriften und Schutzinteressen verstoßen habe. Im Hinblick darauf, daß er danach trotz mehrmaliger Abstrafung wegen Nichteinhaltung der Verpflichtung zur Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers sein rechtswidriges Verhalten durch Ausübung des Gewerbes über einen längeren Zeitraum fortgesetzt habe, seien auch in Anbetracht der Eigenart des Immobilienmaklergewerbes diese Verstöße als schwerwiegend anzusehen. Die belangte Behörde erachte demnach die Zuverlässigkeit des M für die Ausübung des in Rede stehenden Gewerbes nicht mehr für gegeben. Daran vermöge das Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Berufung nichts zu ändern, weil eine neuerliche Sachverhaltsprüfung der im abgeschlossenen Strafverfahren als erwiesen angenommenen Tatsachen mit Rücksicht auf die eingetretene Rechtskraft der Bescheide nicht mehr zulässig sei. Auf M beziehe sich daher der im § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 angeführte Entziehungsgrund. Da die Beschwerdeführerin diesen Geschäftsführer innerhalb der ihr mit Schreiben des Amtes der Wiener Landesregierung vom 12. April 1995 gesetzten einmonatigen Frist nicht aus ihrem Geschäftsbetrieb entfernt habe, lägen die Voraussetzungen für die Entziehung der gegenständlichen Gewerbeberechtigung gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 i.V.m. § 87 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. vor. Der Entziehung der Gewerbeberechtigung stehe die mit Gesellschafterbeschluß vom 20. September 1995 erfolgte Abberufung des M als handelsrechtlichen Geschäftsführer der Gesellschaft nicht entgegen, da sich nach der Aktenlage keine schlüssigen Hinweise auf eine faktische Unmöglichkeit der Entsprechung des behördlichen Auftrages vom 12. April 1995 innerhalb der gesetzten Frist ergäben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Unterbleiben der Entziehung der Gewerbeberechtigung verletzt. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes macht die Beschwerdeführerin geltend, durch den angefochtenen Bescheid verletze die belangte Behörde den Rechtsgrundsatz, im Verwaltungsverfahren bestehe kein Neuerungsverbot, indem sie meine, der Entzug der Gewerbeberechtigung sei ohne Rücksicht auf die spätere Entfernung des gewerberechtlichen Geschäftsführers schon deshalb zu Recht erfolgt, weil dies nicht innerhalb der von der Erstbehörde gesetzten einmonatigen Frist geschehen sei. Mit der Abberufung des handelsrechtlichen Geschäftsführers durch Gesellschafterbeschluß vom 20. September 1995 sei der Grund für die Entziehung der Gewerbeberechtigung weggefallen. Die belangte Behörde hätte in ihrer Entscheidung vom 19. Oktober 1995 auf diesen Umstand Bedacht nehmen müssen, da sie andernfalls ein Neuerungsverbot für das Verwaltungsverfahren aufstelle, was im Widerspruch zu § 65 AVG stehe. Gemäß § 45 Abs. 3 AVG wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, die Beschwerdeführerin vom Stand des "Erkenntnisverfahrens" in Kenntnis zu setzen und ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen. Sollte die Auffassung der belangten Behörde richtig sein, daß eine Stattgebung der Berufung nur dann zulässig gewesen wäre, wenn eine faktische Unmöglichkeit behauptet und bescheinigt worden wäre, so hätte sie ihr gemäß § 45 Abs. 3 AVG die Möglichkeit zur Stellungnahme einräumen müssen.
Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.
Gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes ist und wenn sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, beziehen, dem Gewerbetreibenden eine Frist bekanntzugeben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde im Falle, daß der Gewerbetreibende der Gewerbeinhaber ist, die Berechtigung zu entziehen. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 30. März 1993, Zl. 92/04/0242, zu der diesbezüglich inhaltsgleichen Bestimmung des § 91 Abs. 2 GewO 1973 ausgeführt hat, ist nach dieser Norm tatbestandsmäßig, daß eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, nicht innerhalb einer von der Behörde zu setzenden Frist entfernt wird. Eine allenfalls nach Ablauf der Frist erfolgte Entsprechung des behördlichen Auftrags vermag an der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 91 Abs. 2 leg. cit. nichts zu ändern. Der Verwaltungsgerichtshof kann daher darin, daß die belangte Behörde in Kenntnis des Vorbringens der Beschwerdeführerin, sie habe mittlerweile, jedoch nach Ablauf der ihr gesetzten Frist, den in Rede stehenden handelsrechtlichen Geschäftsführer entfernt, der Beschwerdeführerin in Anwendung des § 91 Abs. 2 GewO 1994 das gegenständliche Gewerbe entzog, eine Rechtswidrigkeit nicht erblicken.
Die von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang geltend gemachte Verletzung des Parteiengehörs ist schon deshalb nicht gegeben, weil Gegenstand des Parteiengehörs nur der durch die Behörde als erwiesen angenommene Sachverhalt, nicht aber dessen rechtliche Beurteilung ist (vgl. die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S. 329, zitierte hg. Judikatur).
Da somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995040225.X00Im RIS seit
20.11.2000