Index
L94409 Krankenanstalt Spital WienNorm
AVG §8Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und die Hofrätinnen Dr. Pollak, Mag. Hainz-Sator und MMag. Ginthör sowie den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision der Ärztekammer für Wien, vertreten durch die GRAF ISOLA Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Stadiongasse 2, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 6. Februar 2020, Zl. VGW-101/078/10394/2018-46, betreffend Feststellung des Bedarfs nach dem Wiener Krankenanstaltengesetz 1987 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Wiener Landesregierung; mitbeteiligte Partei: T GmbH & Co KG in W, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gauermanngasse 2), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird abgewiesen.
Die Revisionswerberin hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 1.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis stellte das Verwaltungsgericht Wien nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 26. Juni 2018 abweisend, (erstens) gemäß § 7 Abs. 2 iVm. § 5 Abs. 3a Wiener Krankenanstaltengesetz 1987 - Wr. KAG und § 2 Abs. 6 der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Österreichischen Strukturplans Gesundheit 2017 (ÖSG VO 2018) sowie gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien (RSG Wien - VO 2019) fest, dass die Erweiterung des Leistungsangebotes eines näher genannten selbständigen Ambulatoriums der Mitbeteiligten im 10. Wiener Gemeindebezirk um elf Therapieplätze für ambulante Rehabilitation der Phase II für die Rehabilitations-Indikationsgruppe Onkologische Rehabilitation mit § 2 Abs. 6 ÖSG VO 2018 sowie mit § 1 Abs. 1 Z 1 RSG Wien - VO 2019 übereinstimme. Weiters (zweitens) stellte das Verwaltungsgericht gemäß § 7 Abs. 2 iVm. § 5 Abs. 3a letzter Satz und Abs. 3 Wr. KAG fest, dass ein Bedarf an der Erweiterung des Leistungsangebotes der genannten Krankenanstalt um 300 ambulante Rehabilitationsverfahren der Phase III in der Rehabilitations-Indikationsgruppe Onkologische Rehabilitation pro Jahr bestehe. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass der RSG Wien keine Planungen zur ambulanten Rehabilitation der Phase III in der Rehabilitations-Indikationsgruppe Onkologie enthalte. Die RSG Wien - VO 2019 verweise hinsichtlich der Rehabilitation auf die ÖSG-VO in der jeweiligen Fassung. Der ÖSG 2017 enthalte abgeleitet vom Rehabilitationsplan 2016 für ambulante Rehabilitation der Phase II in der Rehabilitations-Indikationsgruppe Onkologische Rehabilitation für das Bundesland Wien einen Bedarf an elf ambulanten Therapieplätzen. Nach der ÖSG VO 2018 ergäben sich für das Bundesland Wien im Rahmen der ambulanten Rehabilitation für Erwachsene in der Phase II elf vorzuhaltende ambulante Therapieplätze bzw. 94 durchzuführende Verfahren in der Rehabilitations-Indikationsgruppe Onkologische Rehabilitation.
3 Das Einzugsgebiet des geplanten Ambulatoriums sowohl für die ambulante Rehabilitation der Phase II als auch für jene der Phase III jeweils in der Rehabilitations-Indikationsgruppe Onkologische Rehabilitation umfasse die in einer Entfernung einer Fahrzeit von höchsten 45 Minuten im Straßenindividualverkehr von der geplanten Einrichtung liegenden Gemeinden, die vom Standort des geplanten Ambulatoriums aus schneller zu erreichen seien, als von einer bereits bestehenden oder bewilligten Einrichtung. In diesem Einzugsgebiet lebten (Stand 2017) 2.358.909 bzw. (Stand 2020) 2.449.612 Einwohner. Das Einzugsgebiet inkludiere 104 Gemeinden in Niederösterreich und 21 Gemeinden im Burgenland. Etwa 79 % der Einwohner im Einzugsgebiet befänden sich in Wien.
4 Der (näher genannte) Standort der geplanten Einrichtung liege in der Nähe der Südosttangente und des Verteilerkreises Favoriten (was gerichtsbekannt sei) und sei über die Linie U1 direkt an das Wiener U-Bahn-Netz angeschlossen. Der Standort verfüge über eine Vielzahl an Parkplätzen. Insgesamt sei die Verkehrsanbindung an den Individualstraßenverkehr und an den öffentlichen Verkehr ausreichend.
5 Im Einzugsgebiet bestehe in der Rehabilitations-Indikationsgruppe Onkologische Rehabilitation ein Bedarf an höchstens 1.562 ambulanten Rehabilitationsverfahren der Phase III.
6 Der Rehabilitationsplan 2016 bilde die Entwicklungstendenzen in der Medizin ab. Bei der ambulanten Rehabilitation der Phase III sei es zu einer Zunahme gekommen.
7 Ambulante Rehabilitation der Phasen II und III in der Rehabilitations-Indikationsgruppe Onkologische Rehabilitation werde in Wien und im gesamten Einzugsgebiet der geplanten Einrichtung nicht angeboten.
8 Über die Errichtung von elf Therapieplätzen in der Rehabilitations-Indikationsgruppe Onkologische Rehabilitation sei ein Vertragsvergabeverfahren der Sozialversicherung (PVA) eingeleitet worden.
9 Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht aus, die Feststellung des Einzugsgebietes mit dem Gebiet der in einer Entfernung von höchstens 45 Minuten im Straßenindividualverkehr liegenden Gemeinden, soweit nicht andere bestehende oder bewilligte Leistungsanbieter schneller zu erreichen seien, stütze sich darauf, dass ambulante Rehabilitation der Phasen II und III von der Bevölkerung nicht regelmäßig in Anspruch genommen würden und das Einzugsgebiet somit weiter anzusetzen sei. Auch scheine für die Dauer der eine stationäre Rehabilitation ersetzenden ambulanten Rehabilitation eine Fahrzeit von 45 Minuten „zumutbar“. Auch der Rehabilitationsplan 2016 und der ÖSG 2017 gingen von einer 45-Minuten-Isochrome um die Standorte aus. Dass davon erfasste Einwohner die geplante Einrichtung nicht in Anspruch nehmen würden, wenn ein anderer Leistungsanbieter schneller zu erreichen wäre, entspreche der Lebenserfahrung. Das Einzugsgebiet bilde daher das zu erwartende Inanspruchnahmeverhalten der Bevölkerung realistisch ab.
10 Der Bedarf an höchstens 1.562 Therapien für ambulante Therapie der Phase III in der Rehabilitations-Indikationsgruppe Onkologische Rehabilitation ergebe sich aus dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) vom 25. Juni 2017 und den Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung (wird im Erkenntnis näher ausgeführt).
11 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht hinsichtlich der ambulanten Rehabilitation der Phase II in der Rehabilitations-Indikationsgruppe Onkologische Rehabilitation aus, diese sei in der ÖSG VO 2018 geregelt. § 1 Abs. 1 Z 1 und die Anlage 1 der RSG Wien - VO 2019 verwiesen hinsichtlich der Rehabilitation für Erwachsene „auf die ÖSG VO“. Gemäß § 5 Abs. 3a Wr. KAG sei hinsichtlich des Bedarfs daher ausschließlich zu prüfen, ob das Vorhaben der Schaffung von elf Therapieplätzen für ambulante Rehabilitation der Phase II in der Rehabilitations-Indikationsgruppe Onkologische Rehabilitation mit der ÖSG VO 2018 übereinstimme. Da gemäß § 2 Abs. 6 ÖSG VO 2018 für Wien elf solcher Therapieplätze vorzuhalten seien und in Wien derzeit kein solcher ambulanter Therapieplatz bestehe oder bewilligt sei, stimme das verfahrensgegenständliche Vorhaben mit der ÖSG VO 2018 überein.
12 Die Einholung eines ergänzenden Gutachtens der GÖG zur Frage der Übereinstimmung des Vorhabens mit der ÖSG VO 2018 sei nicht erforderlich, da die Einholung eines solchen Gutachtens gemäß § 5 Abs. 5 Wr. KAG verbindlich lediglich zum Vorliegen der Kriterien des § 5 Abs. 3 Wr. KAG vorgesehen sei.
13 Wenn die Revisionswerberin vorbringe, dass die belangte Behörde auch in zwei weiteren Verfahren einen Bedarf nach zehn bzw. elf ambulanten Therapieplätzen der Phase II in der Rehabilitations-Indikationsgruppe Onkologische Rehabilitation, insgesamt somit einen Bedarf nach 32 solcher Therapieplätze, festgestellt habe, so sei ihr zunächst zu entgegen, dass der Entscheidung die Sach- und Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt zu Grunde zu legen sei. Solche ambulanten Therapieplätze seien in Wien derzeit weder genehmigt noch in Betrieb. Darüber hinaus sei für ambulante Rehabilitation der Phase II in der Rehabilitations-Indikationsgruppe Onkologische Rehabilitation derzeit ein Vertragsvergabeverfahren der Sozialversicherung anhängig, sodass gemäß § 5 Abs. 2 Wr. KAG Voraussetzung für die Erteilung der Errichtungsbewilligung eine Vertragszusage der Sozialversicherung auf Grund dieses Vergabeverfahrens sei. Es sei daher auszuschließen, dass krankenanstaltenrechtlich insgesamt mehr als elf ambulante Therapieplätze in der Rehabilitations-Indikationsgruppe Onkologische Rehabilitation genehmigt und in Betrieb genommen würden.
14 Hinsichtlich der ambulanten Rehabilitation der Phase III in der Rehabilitations-Indikationsgruppe Onkologische Rehabilitation führte das Verwaltungsgericht aus, der RSG Wien enthalte dazu keine Planungen. Gemäß § 5 Abs. 3a letzter Satz Wr. KAG sei daher für die Prüfung des Bedarfs Abs. 3 leg. cit. sinngemäß anzuwenden.
15 Nach den Sachverhaltsfeststellungen werde im dicht besiedelten Einzugsgebiet mit einer urbanen Bevölkerungsstruktur und einer wachsenden Bevölkerung ambulante Rehabilitation der Phase III in der Rehabilitations-Indikationsgruppe Onkologische Rehabilitation nicht angeboten. Den Planungen des Rehabilitationsplanes und des ÖSG liege ein wachsender Bedarf an ambulanter Rehabilitation zu Grunde, in dem sich auch die Entwicklungstendenzen in der Medizin abbildeten. Die Verkehrsanbindung sowohl an den öffentlichen Verkehr als auch an den motorisierten Individualverkehr sei als sehr gut zu beurteilen. Im Einzugsgebiet seien in der Rehabilitations-Indikationsgruppe Onkologische Rehabilitation auf jeden Fall zumindest 300 Rehabilitationsverfahren der Phase III durchzuführen.
16 Hinsichtlich des Vorbringens der Revisionswerberin, die belangte Behörde habe in zwei weiteren Verfahren einen Bedarf nach 200 bzw. 120 weiteren ambulanten Rehabilitationsverfahren der Phase III in der Rehabilitations-Indikationsgruppe Onkologische Rehabilitation festgestellt, argumentierte das Verwaltungsgericht zunächst wie zur Phase II. Ergänzend führte das Verwaltungsgericht aus, es bestehe nach den Sachverhaltsfeststellungen ein jährlicher Bedarf nach insgesamt höchstens 1.562 solcher Rehabilitationsverfahren, sodass auch eine Genehmigung von jährlich insgesamt 620 ambulanten Therapieverfahren der Phase III den Bedarf zu lediglich 40 % abdecken würde.
17 1.3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Vorverfahren durchgeführt, in dem die Mitbeteiligte eine Revisionsbeantwortung erstattete, in welcher sie ua. die Revisionslegitimation der Revisionswerberin in Zusammenhang mit der Bedarfsprüfung gemäß § 5 Abs. 3a Wr. KAG bestreitet. Dazu erstattete die Revisionswerberin eine Stellungnahme. Die belangte Behörde teilte mit, von einer Revisionsbeantwortung abzusehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
18 2.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetzes - KAKuG, BGBl. Nr. 1/1957, in der Fassung BGBl. I Nr. 13/2019, lauten (auszugsweise):
„Zulassungsverfahren für selbstständige Ambulatorien
§ 3a. (1) Selbständige Ambulatorien bedürfen, sofern § 42d nicht anderes bestimmt, sowohl zu ihrer Errichtung als auch zu ihrem Betrieb einer Bewilligung der Landesregierung. Anträge auf Erteilung der Bewilligung zur Errichtung haben den Anstaltszweck und das in Aussicht genommene Leistungsangebot (Leistungsspektrum, Öffnungszeiten unter Berücksichtigung von Tagesrand- und Nachtzeiten, Sams-, Sonn- und Feiertagen sowie Leistungsvolumen einschließlich vorgesehener Personalausstattung, insbesondere vorgesehene Anzahl von Ärzten bzw. Zahnärzten) genau zu bezeichnen. Eine Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen des Abs. 3 ist zulässig.
(2) Die Bewilligung zur Errichtung darf nur erteilt werden, wenn insbesondere
1. nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch Ambulanzen der genannten Krankenanstalten und kasseneigene Einrichtungen, niedergelassene Ärzte, Gruppenpraxen und selbstständige Ambulatorien, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, bei selbstständigen Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Zahnärzte, Dentisten und zahnärztliche Gruppenpraxen, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen,
a) zur Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen Gesundheitsversorgung und
b) zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit
eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann,
...
(3) Bei der Beurteilung, ob eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann, sind ausgehend von den Ergebnissen der Planungen des jeweiligen RSG folgende Kriterien zu berücksichtigen:
1. örtliche Verhältnisse (regionale rurale oder urbane Bevölkerungsstruktur und Besiedlungsdichte),
2. die für die Versorgung bedeutsamen Verkehrsverbindungen,
3. das Inanspruchnahmeverhalten und die Auslastung von bestehenden Leistungsanbietern, die sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, durch Pfleglinge,
4. die durchschnittliche Belastung bestehender Leistungsanbieter gemäß Z 3 und
5. der Entwicklungstendenzen in der Medizin bzw. Zahnmedizin.
(3a) Wenn der verfahrensgegenständliche Leistungsumfang in den Verordnungen gemäß § 23 oder § 24 des Bundesgesetzes zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit, BGBl. I Nr. 26/2017, geregelt ist, ist hinsichtlich des Bedarfs die Übereinstimmung des Vorhabens mit diesen Verordnungen zu prüfen. Ist das Vorhaben nicht in den genannten Verordnungen geregelt, ist Abs. 3 sinngemäß anzuwenden.
(4) Die Landesregierung hat von einer Prüfung nach Abs. 2 Z 1 in Verbindung mit Abs. 3 abzusehen, wenn nach dem vorgesehenen Leistungsangebot im selbstständigen Ambulatorium ausschließlich sozialversicherungsrechtlich nicht erstattungsfähige Leistungen erbracht werden sollen. Die örtlich zuständige Landesstelle der Österreichischen Gesundheitskasse ist zur Frage, ob es sich beim Leistungsangebot um ausschließlich sozialversicherungsrechtlich nicht erstattungsfähige Leistungen handelt, zu hören. Darüber hinaus ist von der Prüfung des Bedarfes abzusehen, wenn bereits eine Errichtungsbewilligung erteilt wurde und die Verlegung des Standortes innerhalb desselben Einzugsgebietes erfolgt.
(5) Im Bewilligungsverfahren bzw. Verfahren zur Vorabfeststellung ist ein Gutachten der Gesundheit Österreich GesmbH oder eines vergleichbaren Gesundheitsplanungsinstitut sowie eine begründete Stellungnahme des jeweiligen Landesgesundheitsfonds zum Vorliegen der Kriterien gemäß Abs. 3 einzuholen.
(6) Die Vorlage von Unterlagen zum Nachweis der Voraussetzungen nach Abs. 2 Z 2 bis 4 ist nicht erforderlich, wenn eine gesonderte Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen nach Abs. 3 beantragt wird.
...
(8) Weiters hat die Landesgesetzgebung vorzusehen, dass in Verfahren zur Erteilung der Bewilligung zur Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums - ausgenommen im Fall des Abs. 4 - betroffene Sozialversicherungsträger, die gesetzliche Interessenvertretung privater Krankenanstalten und die zuständige Landesärztekammer bzw. bei selbstständigen Zahnambulatorien die Österreichische Zahnärztekammer hinsichtlich des Bedarfs Parteistellung im Sinne des § 8 AVG und das Recht der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht gemäß Art. 132 Abs. 5 B-VG und gegen Erkenntnisse und Beschlüsse des Landesverwaltungsgerichts das Recht der Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 1 B-VG haben. Dies gilt auch für Verfahren zur Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen des Abs. 3.
...“
19 § 3a Abs. 3a wurde durch das Vereinbarungsumsetzungsgesetz 2017 - VUG 2017, BGBl. I Nr. 26, in das KAKuG eingefügt. In den Gesetzesmaterialien wird dazu ausgeführt (RV 1333 BlgNR XXV. GP, 11):
„Im Bereich des Bedarfsprüfungsverfahrens sowohl für bettenführende Krankenanstalten als auch für selbstständige Ambulatorien erfolgen Änderungen, die der zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung vereinbarten Verbindlichkeitserklärung von Teilen des Österreichischen Strukturplanes Gesundheit (ÖSG) und der Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG) durch Verordnungen Rechnung tragen. Für den Fall, dass das verfahrensgegenständliche Leistungsspektrum in diesen Verordnungen geregelt ist, wird vorgesehen, dass im Zuge der Bedarfsprüfung ausschließlich die Übereinstimmung des Vorhabens mit diesen Verordnungen zu prüfen ist. Die Entscheidung über die Plankonformität des Vorhabens hat mittels Feststellungsbescheid zu erfolgen.“
20 2.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Krankenanstaltengesetzes 1987 - Wr. KAG, LGBl. Nr. 23, in der Fassung LGBl. Nr. 49/2019, lauten (auszugsweise):
„Errichtung von selbständigen Ambulatorien
§ 5. (1) Selbständige Ambulatorien bedürfen, sofern § 64i nicht anderes bestimmt, sowohl zu ihrer Errichtung als auch zu ihrem Betrieb einer Bewilligung der Landesregierung. Anträge auf Erteilung der Bewilligung zur Errichtung haben den Anstaltszweck und das in Aussicht genommene Leistungsangebot (Leistungsspektrum, Öffnungszeiten unter Berücksichtigung von Tagesrand- und Nachtzeiten, Sams-, Sonn- und Feiertagen sowie Leistungsvolumen einschließlich vorgesehener Personalausstattung, insbesondere vorgesehener Anzahl und vorgesehenes Beschäftigungsausmaß von Ärztinnen und Ärzten bzw. Zahnärztinnen und Zahnärzten unter Angabe der Berufsberechtigung und vorgesehener Anzahl von Angehörigen anderer Gesundheitsberufe) genau zu bezeichnen. Eine Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen des Abs. 3 ist zulässig.
(2) Die Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt im Sinne des Abs. 1 darf unbeschadet der nach sonstigen Rechtsvorschriften geltenden Erfordernisse nur unter den nach den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft und nach den Erfordernissen für einen einwandfreien Krankenanstaltsbetrieb notwendigen Bedingungen und Auflagen und nur dann erteilt werden, wenn insbesondere
1. nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch Ambulanzen der genannten Krankenanstalten und kasseneigene Einrichtungen, niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Gruppenpraxen und selbständige Ambulatorien, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, bei selbständigen Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Zahnärztinnen, Zahnärzte, Dentistinnen, Dentisten und zahnärztliche Gruppenpraxen, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen,
a) zur Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen Gesundheitsversorgung und
b) zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit
eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann,
....
(3) Bei der Beurteilung, ob eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann, sind ausgehend von den Ergebnissen der Planungen des jeweiligen RSG folgende Kriterien zu berücksichtigen:
1. örtliche Verhältnisse (regionale, rurale oder urbane Bevölkerungsstruktur, Besiedlungsdichte),
2. die für die Versorgung bedeutsamen Verkehrsverbindungen,
3. das Inanspruchnahmeverhalten und die Auslastung von bestehenden Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbietern, die sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, durch Patientinnen und Patienten,
4. die durchschnittliche Belastung bestehender Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter gemäß Z 3 und
5. die Entwicklungstendenzen in der Medizin bzw. Zahnmedizin.
(3a) Wenn der verfahrensgegenständliche Leistungsumfang in den Verordnungen gemäß § 23 des Bundesgesetzes zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit (Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz - G-ZG), BGBl. I Nr. 26/2017 in der Fassung BGBl. I Nr. 131/2017, oder § 5a Abs. 1 geregelt ist, ist hinsichtlich des Bedarfs die Übereinstimmung des Vorhabens mit diesen Verordnungen zu prüfen. Die Entscheidung über die Plankonformität des Vorhabens hat mittels Feststellungsbescheid zu erfolgen. Ist das Vorhaben nicht in den genannten Verordnungen geregelt, ist Abs. 3 sinngemäß anzuwenden.
...
(4) Die Landesregierung hat von einer Prüfung nach Abs. 2 Z 1 in Verbindung mit Abs. 3 abzusehen, wenn nach dem vorgesehenen Leistungsangebot im selbständigen Ambulatorium ausschließlich sozialversicherungsrechtlich nicht erstattungsfähige Leistungen erbracht werden sollen. Die betroffenen Sozialversicherungsträger und die Ärztekammer für Wien sind zur Frage, ob es sich beim Leistungsangebot um ausschließlich sozialversicherungsrechtlich nicht erstattungsfähige Leistungen handelt, zu hören. Darüber hinaus ist von der Prüfung des Bedarfes abzusehen, wenn bereits eine Errichtungsbewilligung erteilt wurde und die Verlegung des Standortes innerhalb desselben Einzugsgebietes erfolgt.
(5) Im Bewilligungsverfahren bzw. Verfahren zur Vorabfeststellung ist ein Gutachten der Gesundheit Österreich GesmbH oder eines vergleichbaren Gesundheitsplanungsinstituts sowie eine begründete Stellungnahme des Wiener Gesundheitsfonds zum Vorliegen der Kriterien gemäß Abs. 3 einzuholen.
(6) Die Vorlage von Unterlagen zum Nachweis der Voraussetzungen nach Abs. 2 Z 2 bis 4 ist nicht erforderlich, wenn eine gesonderte Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen nach Abs. 3 beantragt wird.
...
(8) In Verfahren zur Erteilung der Bewilligung zur Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums - ausgenommen im Fall des Abs. 4 - haben betroffene Sozialversicherungsträger, die gesetzliche Interessenvertretung privater Krankenanstalten und die Ärztekammer für Wien bzw. bei selbständigen Zahnambulatorien die Österreichische Zahnärztekammer hinsichtlich des Bedarfs Parteistellung im Sinne des § 8 AVG und das Recht der Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien gemäß Art. 132 Abs. 5 B-VG und gegen Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Wien das Recht der Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 1 B-VG. Dies gilt auch für Verfahren zur Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen des Abs. 3.
...
Änderung von Krankenanstalten
§ 7. (1) Jede geplante räumliche Veränderung einer Krankenanstalt ist der Landesregierung anzuzeigen.
(2) Wesentliche Veränderungen, auch der apparativen Ausstattung oder des Leistungsangebotes, bedürfen der Bewilligung der Landesregierung. Im Verfahren darüber sind die §§ 4 und 5 sinngemäß anzuwenden. Die dem Bewilligungsbescheid entsprechend geänderte Anlage der Krankenanstalt darf in Betrieb genommen werden, doch ist darüber spätestens gleichzeitig mit der Inbetriebnahme vom Rechtsträger der Krankenanstalt bei der Landesregierung unter Angabe des Zeitpunktes der Inbetriebnahme die Anzeige zu erstatten. Dies gilt auch für selbständige Ambulatorien (§ 1 Abs. 3 Z 5) der Sozialversicherungsträger und Krankenfürsorgeeinrichtungen. Bei wesentlichen Veränderungen von Krankenanstalten der Sozialversicherungsträger und Krankenfürsorgeeinrichtungen ist § 6 sinngemäß anzuwenden.
...“
21 Der in Ausführung des § 3a Abs. 3a KAKuG ergangene § 5 Abs. 3a wurde durch das Wiener Vereinbarungsumsetzungsgesetz 2017 - WVUG 2017, LGBl. Nr. 10/2018, in das Wr. KAG eingefügt. In den Gesetzesmaterialien zum WVUG 2017 wird dazu ausgeführt (Beilage Nr. 20/2017, LG-00211-2017/0001, 8):
„Im Bereich der Bedarfsprüfungsverfahren sowohl für bettenführende Krankenanstalten als auch für selbständige Ambulatorien erfolgen Änderungen, die der zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung vereinbarten Verbindlichkeitserklärung von Teilen des Österreichischen Strukturplanes Gesundheit (ÖSG) und der Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG) durch Verordnungen Rechnung tragen. Für den Fall, dass das verfahrensgegenständliche Leistungsspektrum in diesen Verordnungen geregelt ist, wird vorgesehen, das im Zuge der Bedarfsprüfung ausschließlich die Übereinstimmung des Vorhabens mit diesen Verordnungen zu prüfen ist. Die Entscheidung über die Plankonformität des Vorhabens hat mittels Feststellungsbescheid zu erfolgen.“
22 2.2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesundheits-Zielsteuerungsgesetzes - G-ZG, BGBl. I Nr. 26/2017, in der Fassung BGBl. I Nr. 100/2018, lauten (auszugsweise; § 23 Abs. 1 zweiter, dritter und vierter Satz, Abs. 2 zweiter, dritter, vierter und fünfter Satz und Abs. 4, 6 und 7 wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. Juni 2022, G 39-41/2022-17, V 98-99/2022-17, mit Ablauf des 31. Dezember 2023 aufgehoben):
„...
6. Abschnitt
Planung der österreichischen Gesundheitsversorgungsstruktur
Grundsätze der Planung
§ 18. (1) Die integrative Planung der österreichischen Gesundheitsversorgungsstruktur hat den von der Zielsteuerung-Gesundheit vorgegebenen Anforderungen zu entsprechen sowie auf Basis vorhandener Evidenzen und sektorenübergreifend zu erfolgen. Sie umfasst alle Ebenen und Teilbereiche der Gesundheitsversorgung und Nahtstellen zu angrenzenden Bereichen. Die integrative Planung hat insbesondere die folgenden Versorgungsbereiche zu umfassen:
1. Ambulanter Bereich der Sachleistung, d.h. niedergelassene Ärztinnen/Ärzte und Zahnärztinnen/-ärzte mit Kassenverträgen, Gruppenpraxen mit Kassenverträgen und sonstige in der Gesundheitsversorgung frei praktizierende Berufsgruppen mit Kassenverträgen, selbstständige Ambulatorien mit Kassenverträgen einschließlich der eigenen Einrichtungen der Versicherungsträger, Spitalsambulanzen;
...
3. ambulanter und stationärer Rehabilitationsbereich mit besonderer Berücksichtigung des bedarfsgerechten Auf- und Ausbaus von Rehabilitationsangeboten für Kinder und Jugendliche.
...
Österreichischer Strukturplan Gesundheit und Regionale Strukturpläne Gesundheit
§ 19. (1) Die zentralen Planungsinstrumente für die integrative Versorgungsplanung sind der Österreichische Strukturplan Gesundheit (ÖSG) und die Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG). Der ÖSG ist gemäß der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens der österreichweit verbindliche Rahmenplan für die in den RSG vorzunehmende konkrete Gesundheitsstrukturplanung und Leistungsangebotsplanung.
(2) Der ÖSG hat verbindliche Vorgaben für RSG im Hinblick auf die in § 18 Abs. 1 angeführten Bereiche zu umfassen, die Zielsetzungen gemäß § 18 Abs. 3 bis 7 zu verfolgen, die Kriterien für die Gewährleistung der bundesweit einheitlichen Versorgungsqualität festzulegen.
...
Verbindlichkeitserklärung von Inhalten des ÖSG und der RSG
§ 23. (1) Die Bundes-Zielsteuerungskommission hat im Sinne des öffentlichen Interesses jene für die nachhaltige Versorgung der Bevölkerung unerlässlichen Teile des ÖSG, dazu zählen insbesondere definierte Planungsrichtwerte und -kriterien sowie die überregionale Versorgungsplanung, die eine rechtlich verbindliche Grundlage für Planungsentscheidungen des RSG bilden sollen, als solche auszuweisen. Die Verbindlichkeit wird durch eine Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH gemäß Abs. 3 hergestellt. ...