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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die außerordentliche Revision des D H in H, vertreten durch Mag. Philippe Aigner, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Weingartshofstraße 21, gegen das am 10. Mai 2022 mündlich verkündete und am 21. Juli 2022 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich, LVwG-752471/8/RK/FE, betreffend Absonderung gemäß § 7 Abs. 1a Epidemiegesetz 1950 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde vom 25. November 2021 wurde der Revisionswerber im Zeitraum vom 25. November 2021 bis 8. Dezember 2021 wegen einer Infektion mit COVID-19 (neuartiges Coronavirus/SARS-CoV-2) unter Erteilung gewisser Anordnungen gemäß § 7 Abs. 1, 1a und 2, § 17 Abs. 1 und § 46 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) in Verbindung mit §§ 1, 2, 4 und 5 der Verordnung betreffend die Absonderung Kranker, Krankheitsverdächtiger und Ansteckungsverdächtiger und Bezeichnung von Häusern und Wohnungen (in der Folge kurz: Absonderungsverordnung), RGBl. Nr. 39/1915, in der Fassung BGBl. II Nr. 21/2020, an seinem Wohnort abgesondert.
2 Der dagegen erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung lediglich in Bezug auf einzelne, dem Revisionswerber im Zusammenhang mit der Absonderung erteilter Auflagen Folge, die es für rechtswidrig erklärte. Es sprach dem Revisionswerber gemäß § 7a Abs. 3 EpiG in Verbindung mit § 35 Abs. 1 VwGVG Kostenersatz zu und erklärte eine Revision für unzulässig.
3 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - begründend in der Sache zusammengefasst aus, dass auf Grund des positiven PCR-Tests („Gurgeltest“) vom 23. November 2021 mit dem Erhalt des Testergebnisses am 25. November 2021 festgestanden sei, dass der Revisionswerber mit SARS-CoV-2 infiziert gewesen sei. Der Revisionswerber sei daher - so führte das Verwaltungsgericht weiter aus - im Sinn des § 2 Abs. 2 Absonderungsverordnung als eine kranke Person zu bezeichnen gewesen, bei welcher die Krankheit auf Grund des positiven Gurgeltests festgestellt worden sei. § 1 Absonderungsverordnung sehe für kranke Personen (neben möglichen anderen Verkehrsbeschränkungen) ausdrücklich die räumliche Absonderung vor.
4 Abschließend begründete das Verwaltungsgericht seine Entscheidung über den Aufwandersatz näher sowie die Unzulässigkeit der Revision mit dem Fehlen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.
5 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Unter diesem Gesichtspunkt bringt der Revisionswerber, der sich in seinem Recht, bei Vorliegen lediglich eines Ansteckungsverdachts - mangels Erfüllung der Voraussetzungen gemäß § 4 Absonderungsverordnung - nicht abgesondert zu werden, verletzt erachtet, zur Zulässigkeit seiner Revision vor, es fehle jegliche Judikatur zur Frage, ob ein Ansteckungsverdacht für die Absonderung bei einer Infektion mit 2019-nCoV nach der Absonderungsverordnung ausreichend sei. Die vom Verwaltungsgericht zitierte Entscheidung [VwGH 23.11.2021,] Ra 2021/09/0173, sei nicht einschlägig, weil dort die Frage, ob ein Ansteckungsverdacht für die Absonderung bereits ausreiche, nicht behandelt worden sei.
8 Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Im Zulassungsvorbringen ist daher konkret darzutun, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof im Revisionsverfahren nicht berufen (vgl. etwa VwGH 20.10.2015, Ra 2015/09/0085, mwN).
9 Bei seinen Zulässigkeitsausführungen geht der Revisionswerber nicht von dem Sachverhalt aus, den das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, ging das Verwaltungsgericht doch davon aus, dass es sich beim Revisionswerber um eine kranke Person gehandelt hatte. Das ausgehend vom Vorliegen eines bloßen Ansteckungsverdachts formulierte Zulassungsvorbringen zeigt schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf.
10 Da somit in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war diese gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren und unter Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 12. Dezember 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022090120.L00Im RIS seit
23.01.2023Zuletzt aktualisiert am
23.01.2023