Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 95/20/0410Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerden des A in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres, jeweils vom 31. Mai 1995, Zlen. 4.338.130/5-III/13/94, wegen Wiedereinsetzung gegen Versäumung der Berufungsfrist in einem Asylverfahren und 4.338.130/6-III/13/95, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Asylangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Beide Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aufgrund der Beschwerde und der ihr beigelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, der am 7. Mai 1992 in das Bundesgebiet eingereist war und am 8. Mai 1992 den Asylantrag gestellt hatte, bekämpfte den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 20. Mai 1992, mit welchem festgestellt worden war, daß er die Voraussetzungen für die Zuerkennung seiner Flüchtlingseigenschaft nicht erfülle, mit seiner Berufung vom 7. Juli 1992.
Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. Jänner 1994 wurde diese Berufung als verspätet zurückgewiesen.
Mit Schriftsatz vom 31. Jänner 1994 beantragte der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Berufung gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 20. Mai 1992 und brachte unter einem erneut eine Berufung gegen den genannten Bescheid ein. Den Wiedereinsetzungsantrag begründete der Beschwerdeführer im wesentlichen damit, in Ermangelung von Deutschkenntnissen habe er sich nicht rechtzeitig mit Leuten in Verbindung setzen können, welche sowohl der deutschen als auch der arabischen Sprache mächtig seien. Es sei daher insoferne zu einer Verspätung gekommen, als ihm die vierzehntägige Berufungsfrist ebensowenig wie die Rechtsmittelbelehrung klar gewesen sei. Er habe zwar eigentlich innerhalb der Berufungsfrist jemanden gefunden, der ihm bei der Berufung behilflich gewesen sei, könnte jedoch über diese Person keine konkreten Auskünfte geben. Er sei jedenfalls der sicheren Auffassung gewesen, daß die Berufung ordnungsgemäß und rechtzeitig eingebracht gewesen sei. Da es ihm aus den geschilderten Gründen nicht möglich gewesen sei, rechtzeitig einen Dolmetsch beizuschaffen und er sich auch auf die unbekannte Person verlassen habe, sei er durch ein unabwendbares Ereignis an der fristgerechten Einbringung der Berufung verhindert gewesen, woran ihn nur ein minderer Grad des Versehens treffe.
Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 1. April 1994 wurde dieser Wiedereinsetzungsantrag abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem erstangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und mit dem zweitangefochtenen Bescheid die mit dem Wiedereinsetzungsantrag gleichzeitig eingebrachte neuerliche Berufung als verspätet zurück.
Dagegen richten sich die vorliegenden Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Verbindung der Verfahren infolge ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Gemäß § 71 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:
1. die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft,
2. ...
Der Beschwerdeführer macht als Wiedereinsetzungsgrund lediglich seine mangelnden Deutsch- bzw. fehlende Rechtskenntnisse geltend. Er bestreitet nicht, daß die in arabischer Sprache dem abweislichen Asylbescheid beigefügte Rechtsmittelbelehrung angeschlossen gewesen ist, er meint nur, diese sei ihm nicht "klar geworden", im übrigen habe er zur Verfassung der Berufung eines Dolmetschers bedurft.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in zahlreichen Erkenntnissen ausgesprochen hat, ist die Unkenntnis der deutschen Sprache kein für den Beschwerdeführer unvorgesehenes oder unabwendbares Ereignis. Auch das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung würde den Wiedereinsetzungsgrund nicht verwirklichen. Im vorliegenden Fall bestreitet der Beschwerdeführer jedoch gar nicht, eine in arabischer Sprache verfaßte Rechtsmittelbelehrung erhalten zu haben. Der Umstand, daß ihm diese nicht "klar geworden" sei, er damit möglicherweise Rechtsunkenntnis oder Rechtsirrtum geltend macht, kann seiner Beschwerde auch nicht zum Erfolg verhelfen, weil auch diese Umstände als Gründe für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Frage kommen (vgl. dazu die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts4 auf Seiten 506 f zu § 71 zitierte Judikatur). Was ihn tatsächlich daran gehindert haben mag, seine Berufung rechtzeitig einzubringen, läßt der Beschwerdeführer jedenfalls nach seinem eigenen Vorbringen offen.
Erweist sich aber der erstangefochtene Bescheid als rechtmäßig, so folgt aus der zu Recht erfolgten Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Berufung gegen den den Asylantrag des Beschwerdeführers abweisenden erstinstanzlichen Bescheid deren Verspätung, sodaß die belangte Behörde die unbestrittenermaßen erst nach Ablauf der Frist zu deren Erhebung eingebrachte (mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung neuerlich erhobene) Berufung zu Recht zurückgewiesen hat. Auch hinsichtlich des zweitangefochtenen Bescheides war sohin bereits auf Grund des Inhaltes der Beschwerde zu erkennen, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt.
Die Beschwerden waren daher in Ansehung beider angefochtenen Bescheide gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995200409.X00Im RIS seit
03.04.2001