Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. K I S, 2. S S und 3. K Z, alle in V und alle vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 1. September 2022, Zl. KLVwG-1075-1077/8/2022, betreffend Zustellung eines wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Villach; mitbeteiligte Partei: F GmbH in K, vertreten durch Mag. Martin Prett, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Ringmauergasse 8), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 22. März 2022 wurde der Antrag der revisionswerbenden Parteien auf Zustellung des Bescheides der belangten Behörde vom 20. Mai 2021, mit dem der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer Wohnhausanlage erteilt worden war, als unzulässig zurückgewiesen.
2 Begründend hielt die belangte Behörde fest, dass das Recht auf Akteneinsicht und das Recht auf Zustellung eines das Verfahren erledigenden Bescheides grundsätzlich nur einer Verfahrenspartei zustehe. Da Auswirkungen auf wasserrechtlich geschützte Rechte der revisionswerbenden Parteien auf Grund der Natur der Sache von vornherein ausgeschlossen werden könnten, seien diese dem Verfahren nicht als Parteien beigezogen worden. Auch sei ihnen der wasserrechtliche Bewilligungsbescheid nicht zuzustellen gewesen.
3 Die dagegen von den revisionswerbenden Parteien erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision erklärte es für nicht zulässig
4 In seinen Entscheidungsgründen hielt das Verwaltungsgericht fest, es liege bei den revisionswerbenden Parteien keine Parteistellung nach § 102 WRG 1959 vor. Es werde durch das Projekt der mitbeteiligten Partei bei den revisionswerbenden Parteien weder in die Substanz deren Grundeigentums eingegriffen noch die künftige Ausübung deren Befugnis zur Nutzung des Grundwassers beeinträchtigt. Es sei den revisionswerbenden Parteien daher der wasserrechtliche Bewilligungsbescheid der belangten Behörde vom 20. Mai 2021 nicht zuzustellen gewesen.
5 Die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Verwaltungsgericht im Wesentlichen mit den verba legalia des Art. 133 Abs. 4 B-VG.
6 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte. In den „gesonderten“ Gründen ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Die Beurteilung der Zulässigkeit der außerordentlichen Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung (VwGH 24.1.2022, Ra 2021/07/0104, mwN).
11 In den Zulässigkeitsgründen verweisen die revisionswerbenden Parteien eingangs auf den „Revisionssachverhalt“ und leiten daraus ab, dass das Verwaltungsgericht „unter Abschneidung der Parteistellung in sich widersprüchliche, auf Fiktionen beruhende Bewilligungsgrundlagen für ein und dasselbe Bauvorhaben akzeptiert und im Zuge dessen übergeht, dass die wesentliche, der erteilten wasserrechtlichen Bewilligung zugrunde liegende Bedingung nicht erfüllt ist“. Damit nehme das Verwaltungsgericht seinen „Rechtsschutz- und Kontrollauftrag“ nicht wahr.
12 Zudem bringen die revisionswerbenden Parteien in der Zulässigkeitsbegründung vor, die angefochtene Entscheidung weiche „von der eindeutigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes“ zum Parteiengehör und zur vollständigen Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts ab.
13 Zu diesem Vorbringen ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die Zulässigkeit der Revision neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraussetzt, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mangelfreien Verfahrens zu einer anderen Sachverhaltsgrundlage zu führen (VwGH 25.1.2021, Ra 2020/10/0157, mwN). Es reicht nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (VwGH 27.7.2022, Ra 2022/10/0057, mwN).
14 Die revisionswerbenden Parteien versuchen diesem Konkretisierungsgebot damit zu entsprechen, dass sie die „Ergänzung des Ermittlungsverfahrens infolge aufgetretener Widersprüche im zugrunde liegenden Sachverhalt“ als notwendig erachten. Dieses Vorbringen entbehrt aus folgenden Überlegungen der erforderlichen Relevanz:
15 Die revisionswerbenden Parteien befürchten offenbar, dass ein vom wasserrechtlichen Einreichprojekt, das dem Verfahren vor der belangten Behörde und vor dem Verwaltungsgericht zugrunde lag, abweichendes Projekt der mitbeteiligten Partei zur Ausführung gelangen werde, welches sehr wohl in ihre wasserrechtlich geschützten Rechte eingreifen würde. Dazu hält das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis aber fest, dass auf dieses Vorbringen nicht einzugehen gewesen sei, „weil für ein anderes Projekt - sofern eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich ist - diese gesondert einzuholen wäre“. Damit kommt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes seiner angefochtenen Entscheidung im Fall eines vom vorliegenden Einreichprojekt abweichenden Projektes, das gegebenenfalls in wasserrechtlich geschützte Rechte der revisionswerbenden Parteien eingreift, keine Bindungswirkung zu.
16 Diesen entscheidungsrelevanten rechtlichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts (Seite 21 des angefochtenen Erkenntnisses) treten die revisionswerbenden Parteien in den allein maßgebenden Zulässigkeitsausführungen mit keinem Wort entgegen. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen, um die nach Ansicht der revisionswerbenden Parteien angenommene „grundlegende Widersprüchlichkeit der Bewilligungsgrundlage und einen massiven Verstoß gegen das Gebot der Einheit der Rechtsordnung gem. Art. 18 B-VG“ darzulegen.
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 15. Dezember 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022070213.L00Im RIS seit
23.01.2023Zuletzt aktualisiert am
23.01.2023