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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
AsylG 1991 §5 Abs1 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Baur und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. Mai 1995, Zl. 4.190.236/4-III/13/94, betreffend Feststellung gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. Mai 1995 wurde gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz 1991 festgestellt, daß hinsichtlich der Person des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen des Iran, der mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. März 1984 als Flüchtling anerkannt worden war, der im Art. 33 Abs. 2, zweiter Fall, der Genfer Flüchtlingskonvention genannte Tatbestand eingetreten sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz 1991 verliert ein Flüchtling das Asyl unter anderem, wenn festgestellt wird, daß hinsichtlich seiner Person einer der in Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Tatbestände eingetreten ist. Im Art. 33 Abs. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention wird bestimmt, daß kein vertragschließender Staat einen Flüchtling in irgendeiner Form in ein Gebiet ausweisen oder zurückweisen darf, wo sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre. Nach Art. 33 Abs. 2 der Konvention kann jedoch diese Bestimmung von einem Flüchtling nicht in Anspruch genommen werden, der aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit seines Aufenthaltslandes darstellt oder der, wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt, eine Gefahr für die Gemeinschaft des betreffenden Landes bedeutet.
Die belangte Behörde hat den zuletzt genannten (zweiten) Tatbestand des Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention herangezogen und dabei die hiefür notwendige Voraussetzung, daß der Beschwerdeführer wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde, im Hinblick auf seine rechtskräftige Verurteilung vom 16. Jänner 1992 wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls an einer Sache, deren Wert S 500.000,-- übersteigt, nach § 128 Abs. 2 StGB als gegeben erachtet. Sie ging bei ihren rechtlichen Überlegungen davon aus, daß die Genfer Flüchtlingskonvention zwar den Begriff eines "besonders schweren" Verbrechens nicht definiere, jedoch § 37 Abs. 4 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992, die Abschiebung eines Fremden "trotz dem Nonrefoulement-Grundsatz" dann für zulässig erkläre, wenn dieser nach rechtskräftiger Verurteilung wegen eines Verbrechens, das mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht sei, eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeute, wobei in Klammer auf Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention verwiesen werde. Aus der Zusammenschau dieser beiden Bestimmungen (Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention und § 37 Abs. 4 Fremdengesetz) lasse sich ableiten, daß nach der Wertung des österreichischen Gesetzgebers unter einem derartigen schweren Verbrechen im Sinne des Art. 33 Abs. 2 der Konvention jedenfalls ein solches zu verstehen sei, das gemäß der österreichischen Rechtsordnung mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht sei. Da schwerer Diebstahl gemäß § 128 Abs. 2 StGB mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren bedroht sei, stelle demnach diese Straftat ein besonders schweres Verbrechen im Sinne des Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention dar.
Diese Auffassung der belangten Behörde steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere das Erkenntnis vom 18. Jänner 1995, Zl. 94/01/0746, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - welcher unter wörtlicher Zitierung der die Zukunftsprognose im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr für die Gemeinschaft im angefochtenen Bescheid enthaltenden Passagen der Begründung eine Auseinandersetzung mit dem gesamten Verhalten des Beschwerdeführers vermißt - hat die Behörde sich erkennbar mit dem gesamten Verhalten des Beschwerdeführers auseinandergesetzt, und zwar im Sinne des vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Jänner 1995, Zl. 94/01/0746.
Die belangte Behörde hat in ihre Prognose weitere zwischen 1986 bis 1994 erfolgte strafgerichtliche Verurteilungen wegen mehrfachen versuchten Diebstahls, nach dem Suchtgiftgesetz, dem Waffengesetz und gemäß § 229 Abs. 1 StGB, sowie die zugleich mit der Verurteilung gemäß § 128 Abs. 2 StGB erfolgte Verurteilung nach dem Suchtgiftgesetz einbezogen. Der Beschwerdeführer gesteht selbst zu, daß es sich bei den genannten Verurteilungen um solche von Strafbezirksgerichten bzw. Bezirksgerichten handle, die jeweils wegen versuchter Diebstähle, eine weitere nach dem Suchtgiftgesetz und nach dem Waffengesetz erfolgten.
Richtig an der Rechtsansicht des Beschwerdeführers ist lediglich, daß die rechtskräftige Verurteilung wegen eines besonders schweren Verbrechens im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz 1991 noch nicht zwangsläufig die Annahme nach sich zieht, daß der Betreffende eine qualifizierte Gefahr für die Gemeinschaft (vgl. § 37 Abs. 4 Fremdengesetz) bilde.
Die belangte Behörde durfte zutreffend die von ihr vorgenommene Beurteilung der Gefährlichkeit auf das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers stützen und dabei auch Ereignisse einbeziehen, die vor Verhängung der gerichtlichen Haft lagen. Insbesondere ist darauf zu verweisen, daß frühere gerichtliche Verurteilungen den Beschwerdeführer offenbar nicht abgehalten haben, eine noch schwerere Straftat zu setzen, und selbst diese Verurteilung eine neuerliche Straffälligkeit des Beschwerdeführers nicht verhindern konnte. In diesem Zusammenhang erlangt besonders das Vorbringen des Beschwerdeführers Bedeutung, er leide aufgrund von im Iran erlittenen Folterungen nach wie vor an schweren Schmerzen und habe sich vor allem zur Betäubung dieser Schmerzen auf illegalem Wege Drogen beschafft. Dieses Vorbringen untermauert in gravierender Weise die von der Behörde getroffene negative Zukunftsprognose, denn es ist daraus zwangsläufig der Schluß zu ziehen, daß der Beschwerdeführer zwecks illegalem Erlangen von Drogen wieder rückfällig werden wird ("Beschaffungskriminalität"). Daher sind aus diesen vom Beschwerdeführer angeführten näheren Umständen zur Begehung der Straftat gemäß § 128 Abs. 2 StGB keine relevanten, für ihn sprechenden Umstände zu entnehmen, sodaß sich ein allfällig der Behörde diesbezüglich unterlaufener Ermittlungs- oder Begründungsmangel als nicht wesentlich darstellt.
Deshalb ist die von der belangten Behörde angestellte Gefährlichkeitsprognose und der letztlich gezogene Schluß, der Beschwerdeführer stelle eine Gefahr für die Gemeinschaft Österreichs dar, nicht unschlüssig, sodaß sich der bekämpfte Bescheid als nicht rechtswidrig und auch nicht von sekundären Verfahrensmängeln behaftet erweist.
Bereits der Inhalt der Beschwerde läßt erkennen, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war. Damit erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995200670.X00Im RIS seit
25.04.2001