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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §18 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des M in L, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 6. Mai 1993, Zl. BauR-010970/1-1993 Ba/Vi, betreffend einen Bauauftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde O, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 25. September 1990 bewilligte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde über Antrag des Beschwerdeführers die Errichtung eines Pferdeunterstandes im Ausmaß von 15 m x 13 m und einer Jauchengrube auf dem Grundstück Nr. 72, EZ. 260, KG O. Grundlage der Bewilligung war insbesondere die Stellungnahme des agrartechnischen Amtssachverständigen, wonach die Errichtung eines Pferdeunterstandes samt Bergeraum in primitiver Bauweise, möglichst in Form einer traditionell üblichen Scheune, notwendig und gerechtfertigt erscheine, weil die Pferdehaltung auf den rund 2,5 Joch umfassenden Grundstücken als landwirtschaftliche Betriebsführung anerkannt werden könne. Einem derartigen Bauobjekt könne gemäß § 18 Abs. 5
Oö. Raumordnungsgesetz 1972 (im folgenden: ROG) auch im rechtskräftig gewidmeten Grünland die Baugenehmigung erteilt werden.
Auf Grund von Wahrnehmungen, daß nicht genehmigte Baulichkeiten errichtet worden seien und im Pferdeunterstand PKWs abgestellt würden, führte die Baubehörde am 11. November 1992 unter Beiziehung eines agrartechnischen Amtssachverständigen eine Verhandlung an Ort und Stelle durch. Dabei wurde festgestellt, daß nachstehende selbständige Bauten zusätzlich errichtet worden seien:
1. Ein WC in Holzbauweise mit einem Grundausmaß von ca. 1,30 m x 1,30 m bei sechseckigem Grundriß. Das WC wird nach oben hin mit einem Flachdach begrenzt, welches an der Rückseite über eine steile Stiege begangen werden kann. Dieses Flachdach wird als Sitzplatz verwendet, wobei zum Witterungsschutz desselben ein weiterer Aufbau mit sechs Holzsäulen und einem Pyramidendach erfolgt, sodaß die Gesamthöhe des Gebäudes ca. 4 m beträgt. Das WC wurde unmittelbar auf einer Senkgrube aufgelagert, die in Stahlbetonbauweise ausgeführt ist.
2. Ein Glashaus im Grundausmaß von ca. 3 m x 4 m und einer Höhe von 2,50 m, welches auf einer Betonplatte aufgesetzt ist.
3. Ein in sechseckiger Form errichteter überdachter Sitzplatz, der nach oben mit einem Pyramidendach abgeschlossen wird, dessen Dachflächen mit Kupferblech eingedeckt sind. Die Gesamthöhe dieser Baulichkeit beträgt ca. 3,5 m.
4. Ein WC-Gebäude neben dem Pferdeunterstand mit einem Grundausmaß von ca. 1 m x 1 m, welches als Trockenabort verwendet wird.
Der beigezogene agrartechnische Amtssachverständige führte bei dieser Verhandlung aus, daß für die Bewirtschaftung der gegenständlichen Liegenschaft als landwirtschaftlicher Betriebszweig der Pferdeunterstand nach wie vor als notwendig angesehen werde; das tatsächliche Gepräge des errichteten Pferdeunterstandes weise hingegen zahlreiche Merkmale auf, die weniger der landwirtschaftlichen Nutzung als dem Freizeitgebrauch entsprechen. Für die tatsächlichen Bedürfnisse des landwirtschaftlichen Betriebszweiges (Pferdehaltung und Pferdezucht) genüge vollauf der errichtete Pferdeunterstand, während die restlichen, im Befund angeführten Bauwerke nicht mehr als der Landwirtschaft dienlich bezeichnet werden könnten. Dies gelte für beide WC-Anlagen ebenso wie für das Glashaus und den überdachten Sitzplatz; bei einer Beschränkung der Tätigkeit auf Pferdehaltung und Pferdezucht seien angesichts der weitgehenden Weidetätigkeit der Pferde die WC-Anlagen entbehrlich. Sämtliche konsenslos errichteten Bauwerke stünden mit dem "anerkennungsfähigen" Landwirtschaftsbetrieb nicht im Zusammenhang, sodaß keine Grundlage für die Genehmigung im gewidmeten Grünland gegeben sei.
Auch der Bausachverständige stellte fest, daß das Grundstück den Eindruck erwecke, der Hauptzweck diene nicht der Pferdehaltung, sondern vielmehr einer Freizeitanlage.
Mit Bescheid vom 17. Dezember 1992 trug der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde dem Beschwerdeführer die Entfernung der auf dem gegenständlichen Grundstück ohne Baubewilligung errichteten baulichen Anlagen bis längstens 15. Mai 1993 auf. Die Möglichkeit, nachträglich um die Baubewilligung anzusuchen, könne nicht eingeräumt werden, weil wegen der Widmung als Grünland eine Baubewilligung nicht erteilt werden könne.
In seiner dagegen erstatteten Berufung wies der Beschwerdeführer unter Vorlage von Fotos auf weitere konsenswidrig errichtete Gebäude in der Umgebung hin. Die Baubewilligung decke seine Bauten, weil es sich um Zugehör gemäß §§ 294, 297 ABGB handle. Für die bei ihm beschäftigten Hilfskräfte müsse der Beschwerdeführer gemäß § 32 Abs. 2 OÖ. BauO (richtig wohl: § 33 Abs. 2 OÖ Bauverordnung) in ausreichender Zahl Klosettanlagen zur Verfügung stellen.
Der Gemeinderat wies diese Berufung mit Bescheid vom 2. März 1993 ab, wobei der Spruch dahingehend ergänzt wurde, daß ausdrücklich die Entfernung der oben angeführten vier Objekte aufgetragen wurde.
Der dagegen erhobenen Vorstellung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Bei den vom Beseitigungsauftrag erfaßten Baulichkeiten handle es sich um bauliche Anlagen nach § 41 Abs. 2 lit. a OÖ. BauO, weil zu deren werkgerechter Herstellung fachtechnische Kenntnisse erforderlich seien. Die Bewilligungspflicht ergebe sich aus § 41 Abs. 1 lit. b leg. cit., weil auf Grund der Beschreibungen im bekämpften Bescheid sowie der vorgelegten Fotos eindeutig Gebäude im Sinne des § 41 Abs. 1 lit. a leg. cit. oder sonstige Bauten über oder unter der Erde erkennbar seien, die geeignet seien, eine erhebliche Gefahr oder eine wesentliche Belästigung für Menschen herbeizuführen. Für die Bewilligungspflicht sei es ohne Belang, ob ein Haupt- oder Nebengebäude vorliege. Im übrigen könne nach § 61 Abs. 5 OÖ. BauO ein Beseitigungsauftrag auch für nicht bewilligungspflichtige bauliche Anlagen erteilt werden, wenn diese den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes widersprechen. Hinsichtlich der nicht vorliegenden Bewilligungsfähigkeit schloß sich die Aufsichtsbehörde den Feststellungen der Baubehörden an, wonach die gegenständlichen Baulichkeiten nicht mehr als der Landwirtschaft dienlich bezeichnet werden können, sodaß sie mit § 18 Abs. 5 ROG nicht in Einklang gebracht werden könnten.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten, gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 15. Juni 1993, Zl. B 1008/93-1, ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde eine Gegenschrift:
Der Beschwerdeführer replizierte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit seinem Vorbringen, "naturgemäß" bedürfe es bei den verfahrensgegenständlichen Objekten als landwirtschaftlichen Nebengebäuden, schon gar nicht bei der bewilligten Senk- = Jauchengrube einer Baubewilligung, und es sei nicht einzusehen, aus welchen Gründen diese nicht erteilt werden sollte, kann der Beschwerdeführer die von der belangten Behörde zu Recht angenommene und ausführlich begründete Bewilligungspflicht der im Auftrag genannten Baulichkeiten nicht in Frage stellen.
Vor Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages ist die Behörde gemäß § 61 Abs. 1 OÖ. BauO zur Prüfung verpflichtet, ob die Erwirkung einer nachträglichen Bewilligung in Betracht kommt. Voraussetzung eines Beseitigungsauftrages ist, daß die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung nach der maßgeblichen Rechtslage ausgeschlossen ist (siehe die Nachweise aus der hg. Rechtsprechung bei Neuhofer-Sapp, OÖ. Baurecht3, 263 f). Die Verwaltungsbehörden haben im vorliegenden Fall auf Grund des Widerspruches zum geltenden Flächenwidmungsplan (Grünland ohne Sonderwidmung) die Möglichkeit der Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung ausgeschlossen.
Gemäß § 18 Abs. 2 ROG 1972 sind Flächen des Grünlandes, die nicht für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt sind und nicht zum Ödland gehören, im Flächenwidmungsplan gesondert auszuweisen.
Nach Abs. 5 dieser Bestimmung dürfen im Grünland nur solche Bauten und Anlagen errichtet werden, die einer bestimmungsgemäßen Nutzung (Abs. 2 bis 4) dienen. Hierzu gehören im besonderen auch Bauten und Anlagen für den Nebenerwerb der Land- und Forstwirtschaft.
Zur Zulässigkeit von Bauten und Anlagen im Grünland ist also Voraussetzung, daß sie einer bestimmungsgemäßen Nutzung - hier der Pferdehaltung - dienen. Aus dem Begriff des "Dienens" ergibt sich, daß der (geplante) Bau für die Bewirtschaftung zweckmäßig sein müsse (hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1993, Zl. 92/05/0281, m.w.N.).
Die Zweckmäßigkeit der Errichtung von zwei WC-Anlagen, eines Glashauses und eines überdachten Sitzplatzes für Zwecke der Pferdehaltung haben die Verwaltungsbehörden unter Hinweis auf das eingeholte Gutachten des agrartechnischen Sachverständigen verneint. Danach wies die gesamte Anlage eher auf eine Freizeiteinrichtung als eine landwirtschaftliche Nutzung hin; jedenfalls wurden alle vier Objekte als für die Pferdehaltung und Pferdezucht entbehrlich angesehen.
Der Beschwerdeführer entgegnet diesen Beweisergebnissen, daß die errichteten Anlagen für die bei ihm beschäftigten Hilfskräfte und die durchschnittlich 15 Besucher pro Tag erforderlich seien und stützt sich insbesondere auf die Bestimmung des § 33 Abs. 2 OÖ. Bauverordnung. Damit kann aber keine Unrichtigkeit der behördlichen Feststellungen aufgezeigt werden: Der agrartechnische Sachverständige hat in Übereinstimmung mit dem Bausachverständigen überzeugend dargetan, daß die abzutragenden Bauten wohl für eine Freizeitanlage, nicht aber für eine landwirtschaftliche Nutzung dienlich sind, was durch den Hinweis des Beschwerdeführers auf die tägliche Besucherfrequenz nur unterstützt wird. Zur Frage der erforderlichen Betreuungsintensität ist der Beschwerdeführer der Feststellung, bei Beschränkung der Tätigkeit auf die Pferdehaltung seien im Hinblick auf die weitgehende Weidetätigkeit der Pferde auch die WC-Anlagen entbehrlich, nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und es steht diese Feststellung auch durchaus im Einklang mit dem seinerzeitigen Bauansuchen, wonach ein Unterstand erforderlich sei, damit die Tiere nicht "quälend Regen, Wind eventu Hagel - usw." ausgesetzt sind.
Entgegen dem aus § 41 Abs. 1 VwGG abgeleiteten Neuerungsverbot wird erstmals in der Beschwerde vorgebracht, daß die acht Pferde (Berufung: sechs Pferde) einer Betreuung "rund um die Uhr" bedürften; keinesfalls ist nach dem Sachverhalt, den die Verwaltungsbehörden zu beurteilen hatten, von einem Betriebs- oder Aufenthaltsraum die Rede, der nicht nur einem kurzfristigen Aufenthalt von Personen dient (§ 33 Abs. 2 OÖ. Bauverordnung). Die Behörden gingen daher zu Recht davon aus, daß für die den Gegenstand des Beseitigungsauftrages bildenden Baulichkeiten wegen des Widerspruches zu der gegebenen Flächenwidmung eine Baubewilligung nicht erteilt werden könne.
Die Behauptung, der Gemeinderat sei befangen gewesen, hat der Beschwerdeführer ohne weitere Begründung auf das vorgelegte Rundschreiben des Bürgermeisters vom 13. November 1992 gestützt. Daraus geht aber nur hervor, daß der Gemeinderat den Bürgermeister zu "dieser Vorgangsweise" (das ist nach dem Schreiben eine baupolizeiliche Überprüfung und die Information der Öffentlichkeit) ermächtigt habe; der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Z. 5 AVG ist damit keinesfalls erfüllt. Soweit der Beschwerdeführer die Unterschrift des Bürgermeisters auf dem Berufungsbescheid beanstandet, ist er - wie schon im angefochtenen Bescheid unter Quellenangabe - auf die nach der ständigen hg. Rechtsprechung gegebene Zulässigkeit eines Intimationsbescheides zu verweisen.
Damit erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, sodaß sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Schlagworte
Intimation Zurechnung von BescheidenPlanung Widmung BauRallg3Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4Befangenheit innerhalb der Gemeindeverwaltung BaurechtBaupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2Zurechnung von Bescheiden IntimationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993050149.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009