Index
L66203 Landw Bringungsrecht Güter- und Seilwege NiederösterreichNorm
B-VG Art133 Abs4Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, über die Revision 1. der M K und 2. des L K, beide in G, beide vertreten durch Urbanek & Rudolph, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Europaplatz 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 6. April 2022, Zl. LVwG-AV-1944/001-2021, betreffend die Einräumung eines Bringungsrechts nach dem Niederösterreichischen Güter- und Seilwege-Landesgesetz 1973 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Niederösterreichische Agrarbezirksbehörde; mitbeteiligte Parteien: 1. L G und 2. S G, beide in G), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Schreiben vom 14. Dezember 2020 beantragten die mitbeteiligten Parteien die Einräumung eines Bringungsrechts zugunsten der notleidenden Grundstücke Nrn. 2622/3, 2623/2 und 2624/4, alle KG G., welche sie als landwirtschaftlichen Weingarten nutzen und nach vorangegangener Pachtung im Jahr 2018 käuflich erworben haben.
2 Das Bringungsrecht sollte zulasten der im Eigentum der revisionswerbenden Parteien stehenden Grundstücke Nrn. 2623/6, 2622/5 und 2623/7, alle KG G., eingeräumt werden. Über diese Grundstücke verläuft zwar ein Servitutsweg, den die mitbeteiligten Parteien zur Bewirtschaftung ihres Weingartens auf einer Breite von drei Metern benützen dürfen. Die revisionswerbenden Parteien haben allerdings bei der Zufahrt zum Servitutsweg zwei Metallrohre eingeschlagen. Nach Ansicht der mitbeteiligten Parteien verhindere das westseitige dieser Rohre (seit einer Parzellierung der südlich angrenzenden Flächen im Jahr 2015) das Einbiegen in den Servitutsweg mit landwirtschaftlichen Geräten. Es sei daher die Inanspruchnahme einer weiteren, abgeschrägten Fläche der Grundstücke der revisionswerbenden Parteien notwendig, um vom öffentlichen Weg (Grundstück Nr. 2618/24, KG G.) in den Servitutsweg einbiegen zu können.
3 Mit Spruchpunkt I. des Bescheids der belangten Behörde vom 15. Oktober 2021 wurde gemäß den §§ 2 und 3 Niederösterreichisches Güter- und Seilwege-Landesgesetz 1973 (GSLG) den mitbeteiligten Parteien zugunsten ihrer Grundstücke das zeitlich unbegrenztes Bringungsrecht über das Grundstück Nr. 2623/6, KG G., der revisionswerbenden Parteien entsprechend der planlichen Darstellung in der Beilage zu diesem Bescheid eingeräumt. Demnach stelle der beanspruchte Teilbereich dieses Grundstücks ein etwa gleichseitiges Dreieck mit etwa drei Metern Seitenlänge und einer Fläche von vier Quadratmetern dar. Die revisionswerbenden Parteien hätten die Ausübung des Bringungsrechts durch die mitbeteiligten Parteien zu dulden sowie das westseitige von zwei Metallrohren, mit denen auf den Grundstücken Nrn. 2623/6 und 2622/5, beide KG G., eine Begrenzung vorgenommen worden sei, binnen zwei Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheids zu entfernen. Mit Spruchpunkt II. des Bescheids wurde gemäß § 7 GSLG ausgesprochen, dass den revisionswerbenden Parteien für die Inanspruchnahme ihrer Grundstücke eine einmalige Geldentschädigung in Höhe von € 100,-- gebühre.
4 Die dagegen erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Parteien wies das Verwaltungsgericht - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.
5 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens sei das Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen in Bezug auf das den mitbeteiligten Parteien mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. Oktober 2021 eingeräumte Bringungsrecht festzustellen gewesen. Die belangte Behörde habe sich bei der Erteilung der Berechtigung an alle Vorgaben des § 3 GSLG gehalten und eine Entschädigung nach § 7 GSLG (Einmalzahlung) für die Eigentumseinschränkung nach dem (sachverständig ermittelten) Grundstücksverkehrswert vorgeschrieben.
6 Nach dem Verfahrensergebnis sei eine rechtlich nicht gesicherte Erreichbarkeit der notleidenden Grundstücke der mitbeteiligten Parteien zur Bewirtschaftung mit den benötigten landwirtschaftlichen Geräten über einen Baugrund (Grundstück Nr. 2618/2, KG G.) - bei Nichtentfernung des westseitigen Metallrohrs - hervorgekommen. Allerdings sei unter Hinweis auf VwGH 2.6.2005, 2004/07/0089, nach § 3 Abs. 1 Z 3 GSLG, so nach den Nutzungszwecken der für eine Zufahrt in Betracht kommenden Grundstücke, nämlich zwischen dem landwirtschaftlichen Nutzungszweck des Grundstücks Nr. 2623/6, KG G., der revisionswerbenden Parteien und der Baulandwidmung des tatsächlich zum Einbiegen verwendeten Grundstücks Nr. 2618/2, KG G., festzustellen gewesen, dass der Verwendungszweck des belasteten Grundstücks der revisionswerbenden Parteien am wenigsten durch die Rechtseinräumung beschränkt werde.
7 Für die Einräumung eines Bringungsrechts komme es auf jene Bewirtschaftungsform an, die gewählt worden sei; es könne nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen eine andersgeartete Betriebsführung, etwa mit Handgeräten, von den mitbeteiligten Parteien nicht verlangt werden. Nach dem gerichtlich erzielten Beweisergebnis sei auch die Erforderlichkeit des Bringungsrechts für eine ganzjährige Grundstücksbewirtschaftung festzustellen gewesen und seien etwa zeitliche Einschränkungen des Bringungsrechts, wie auch eine andere Regelung (so etwa eine Grundstücksbenutzung nach Vereinbarung), zu verwerfen gewesen.
8 Nach den Ergebnissen des gegenständlichen Beweisverfahrens hätten sich die mitbeteiligten Parteien auf „guten Glauben“ in Bezug auf die Annahme einer Duldung des Überfahrens des in Fremdeigentum stehenden Grundstücks (Grundstück Nr. 2623/6, KG G.) beim Linksabbiegen mit landwirtschaftlichem Gerät berufen. Bei einem besonderen Sorgfaltsmangel im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 2 GSLG komme es - unter dem Aspekt des § 1500 ABGB - auf ein „Kennenmüssen“ von Mängeln an; dies sei jedoch infolge der Ortsüblichkeit der Duldung des nunmehr aufgrund des Bringungsrechts gestatteten Verhaltens der mitbeteiligten Parteien, somit nach den Besonderheiten des Falls, nicht festzustellen gewesen. Vielmehr hätten die mitbeteiligten Parteien aufgrund der vorliegenden Zufahrtssituation, insbesondere des „Ausscheidens“ eines drei Meter breiten Zufahrtswegs (Gemeindestraße; gemeint: Grundstück Nr. 2618/24, KG G.), welcher ausschließlich den Zweck der Erreichung ihrer Grundstücke bzw. angrenzender Weingärten verfolge, sowie der gängigen landwirtschaftlichen Praxis, wonach kleinflächige Nutzungen zum Zweck der Erreichung von Grundstücken üblicherweise toleriert würden, von einer bestehenden zweckmäßigen Zufahrt zu ihren Grundstücken ausgehen dürfen. Es könne ihnen daher jedenfalls keine auffallende Sorglosigkeit angelastet werden.
9 Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil im Hinblick auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut, verbunden mit der Intention des Gesetzgebers und der übertragbaren Judikatur zum Notwegerecht keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösen gewesen sei.
10 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
11 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
14 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung. Wird darin nicht konkret dargelegt, dass der der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einem der vom Revisionswerber ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hätte und damit von der (ständigen) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre, wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. VwGH 2.2.2022, Ra 2021/07/0052, mwN).
15 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird vorgebacht, der Erstmitbeteiligte habe in der Beschwerdeverhandlung vor dem Verwaltungsgericht selbst betont, dass es zurzeit problemlos möglich sei, etwa auch über das nicht im Eigentum der revisionswerbenden Parteien stehende Baugrundstück Nr. 2618/2, KG G., zu fahren und landwirtschaftliches Gerät zu befördern. Seiner Aussage zufolge könne erst dann überhaupt ein Problem mit der Bringung erwachsen, sofern dieses Grundstück einmal bebaut werde.
16 Der Verwaltungsgerichtshof habe bereits in ständiger Rechtsprechung zu § 2 Abs. 1 GSLG klargestellt, dass der Sinn der Einräumung eines Bringungsrechts gerade darin liege, das gegenwärtig bestehende Fehlen einer ausreichenden Bringungsmöglichkeit, dem auf andere Weise nicht begegnet werden könne, zu beseitigen, sodass ungewisse, allenfalls in der Zukunft gegebene Möglichkeiten einer ausreichenden Bringung bei der Behandlung eines Antrags auf Einräumung eines Bringungsrechtes außer Betracht bleiben müssten (unter Hinweis auf VwGH 7.11.1989, 89/07/0089).
17 Vor diesem Hintergrund sei die außerordentliche Revision zulässig, zumal das angefochtene Erkenntnis von dieser Rechtsprechung dahingehend abweiche, als ein Bringungsrecht nach dem GSLG nur dann einzuräumen sei, sofern das gegenwärtige Fehlen einer ausreichenden Bringungsmöglichkeit nicht auf andere Weise als durch die behördliche Rechtsbegründung beseitigt werden könne.
18 Nach § 2 Abs. 1 GSLG hat die Agrarbehörde ein Bringungsrecht auf Antrag des Eigentümers von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, einzuräumen, wenn die zweckmäßige Bewirtschaftung der Grundstücke oder die Führung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes dadurch erheblich beeinträchtigt wird, dass für die Bringung der auf den Grundstücken oder im Betrieb gewonnenen oder gewinnbaren Erzeugnisse oder der zur Bewirtschaftung erforderlichen Personen oder Sachen keine oder nur eine unzulängliche Möglichkeit besteht (Z 1), dieser Nachteil nicht auf eine auffallende Sorglosigkeit des Grundeigentümers zurückzuführen ist (Z 2), und ausschließlich durch ein Bringungsrecht aufgrund dieses Gesetzes beseitigt oder gemildert werden kann, das öffentliche Interessen nicht verletzt und den im § 3 Abs. 1 leg. cit. aufgestellten Erfordernissen entspricht (Z 3).
19 Nach der hg. Rechtsprechung stellen die Beurteilung des Bestehens eines Bringungsnotstands und die Einräumung von Bringungsrechten einzelfallbezogene Entscheidungen dar (VwGH 9.12.2020, Ra 2020/07/0110, mwN).
20 Auch im Fall eines bestehenden Servitutsrechts (wie im vorliegenden Fall der über die Grundstücke Nrn. 2623/6, 2622/5 und 2623/7, alle KG G., der revisionswerbenden Parteien verlaufende Servitutsweg) hat die Agrarbehörde bzw. das Verwaltungsgericht somit nach den Gegebenheiten des Einzelfalls zu klären, ob unter Bedachtnahme auf das bestehende Servitutsrecht bereits eine zulängliche Bringungsmöglichkeit gegeben ist. Ob daher ein Bringungsnotstand im Sinn des § 2 Abs. 1 GSLG trotz einer grundbücherlich eingeräumten Dienstbarkeit vorliegt, ist im Einzelfall anhand der konkreten Umstände des Falls zu prüfen und zu begründen; die in einem solchen Fall vom Verwaltungsgericht vorgenommene Beurteilung der festgestellten Umstände wirft daher keine grundsätzliche Rechtsfrage nach Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (siehe zum vergleichbaren § 2 Abs. 1 Tiroler Güter- und Seilwege-Landesgesetz: VwGH 23.10.2014, Ro 2014/07/0090, mwN).
21 Das Verwaltungsgericht ging im vorliegenden Fall davon aus, dass bereits aufgrund der Feststellungen im Bescheid der belangten Behörde vom 15. Oktober 2021 sämtliche Voraussetzungen für die Einräumung des von den mitbeteiligten Parteien beantragten Bringungsrechts vorlägen. Demnach sei eine Bringungsmöglichkeit über den verfahrensgegenständlichen Servitutsweg aufgrund des Vorhandenseins des von den revisionswerbenden Parteien westseitig eingeschlagenen Metallrohrs nicht gegeben, weshalb von einer fehlenden Bringungsmöglichkeit auf die landwirtschaftlichen Grundstücke der mitbeteiligten Parteien auszugehen sei. Diese Beurteilung wird in der Revision nicht in Zweifel gezogen.
22 Die von den revisionswerbenden Parteien zitierte Aussage des Erstmitbeteiligten in der Beschwerdeverhandlung, wonach die landwirtschaftlichen Geräte der mitbeteiligten Parteien über das (derzeit noch unbebaute) Baugrundstück Nr. 2618/2, KG G., in den Servitutsweg einbiegen könnten, hat im angefochtenen Erkenntnis Niederschlag gefunden. In diesem Zusammenhang führte das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf VwGH 2.6.2005, 2004/07/0089, aber aus, dass gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 GSLG der Verwendungszweck des (landwirtschaftlich genutzten) Grundstücks Nr. 2623/6, KG G., der revisionswerbenden Parteien weniger als jener des genannten Baugrundstücks durch die Bringungsrechtseinräumung beschränkt werde. Das Verwaltungsgericht hat damit im Sinn der genannten Bestimmung darauf Bedacht genommen, dass Art, Inhalt und Umfang eines Bringungsrechts so festzusetzen ist, dass fremder Grund unter Berücksichtigung seines Verwendungszwecks in möglichst geringem Ausmaß in Anspruch genommen wird.
23 Dem vermögen die revisionswerbenden Parteien mit dem ins Treffen geführten hg. Erkenntnis VwGH 7.11.1989, 89/07/0089, nichts entgegenzusetzen, ging es darin doch um - wie sie selbst zitieren - ungewisse, allenfalls in der Zukunft gegebene Möglichkeiten einer ausreichenden Bringung (dort: die behauptete Ersitzung eines Wegerechts), die bei der Behandlung eines Antrags auf Einräumung eines Bringungsrechts im Fall eines gegenwärtig bestehenden Fehlens einer ausreichenden Bringungsmöglichkeit außer Betracht bleiben müssen. Die revisionswerbenden Parteien berufen sich jedoch auf eine derzeit bestehende (jedoch rechtlich nicht gesicherte) Zufahrtsmöglichkeit über das genannte Baugrundstück, die das Verwaltungsgericht allerdings in vertretbarer Weise unter Berücksichtigung des in § 3 Abs. 1 Z 3 GSLG normierten Verwendungszweckes für die Einräumung eines Bringungsrechtes nicht in Betracht zog. In dieser Hinsicht ist der Sachverhalt des vorliegenden Revisionsfalls mit jenem des zitierten hg. Erkenntnisses nicht vergleichbar, weshalb es den revisionswerbenden Parteien nicht gelingt, damit ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der hg. Rechtsprechung aufzuzeigen.
24 Darüber hinaus wird in der Zulässigkeitsbegründung vorgebracht, der Verwaltungsgerichtshof habe bislang noch nicht entschieden, ob die bloße Annahme eines Grundstückskäufers, es gebe zum kaufgegenständlichen Grundstück eine Zufahrtsmöglichkeit, die ohne Inanspruchnahme eines fremden Grundstücks genutzt werden könne, ohne Einholung allfälliger weiterer Erkundigungen eine auffallende Sorglosigkeit im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 2 GSLG begründe.
25 Da - wie bereits dargelegt - die Beurteilung des Bestehens eines Bringungsnotstands eine einzelfallbezogene Entscheidung darstellt, muss auch die Prüfung, ob dieser Bringungsnotstand auf eine auffallende Sorglosigkeit des Grundeigentümers nach § 2 Abs. 1 Z 2 GSLG zurückzuführen ist, anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls vorgenommen werden, die - wenn sie in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze und auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgen - in der Regel nicht revisibel sind.
26 Vor diesem Hintergrund wird in der Zulässigkeitsbegründung gegen die näher begründeten Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wonach die mitbeteiligten Parteien aufgrund der Ortsüblichkeit der Duldung ihres nunmehr aufgrund des Bringungsrechts gestatteten Verhaltens (Überfahrens des Grundstücks Nr. 2623/6, KG G., der revisionswerbenden Parteien) von einer bestehenden, zweckmäßigen Zufahrt zu ihren Grundstücken hätten ausgehen dürfen und daher der Bringungsnotstand nicht auf eine auffallende Sorglosigkeit der mitbeteiligten Parteien im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 2 GSLG zurückzuführen sei, kein über die dargestellte Rechtsfrage hinausgehendes Vorbringen erstattet. Die nicht als unvertretbar zu erkennende, einzelfallbezogene Beurteilung nach der genannten Bestimmung durch das Verwaltungsgericht wirft daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.
27 Ausgehend davon erweist sich die in der Zulässigkeitsbegründung ferner aufgeworfene Rechtsfrage, ob zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der auffallenden Sorglosigkeit allenfalls auch auf die zur vergleichbaren Bestimmung des § 2 Abs. 1 Notwegegesetz ergangene Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zurückzugreifen sei, als von abstrakter Bedeutung. Für die Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof aber nicht zuständig (vgl. VwGH 12.10.2022, Ra 2022/07/0167, mwN).
28 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 21. Dezember 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022070071.L01Im RIS seit
23.01.2023Zuletzt aktualisiert am
23.01.2023