Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Sulyok und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde 1. des F und weiterer 7 Beschwerdeführer, alle in G, alle vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 18. September 1995, Zl. IIa-60.041/1-95, betreffend Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung in einem Verfahren gemäß § 359b GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 18. September 1995 wurde im Instanzenzug der Antrag der Beschwerdeführer auf Zuerkennung der Parteistellung hinsichtlich des Verfahrens zur gewerberechtlichen Genehmigung der Errichtung und des Betriebes des Cafes "B" an einem näher bezeichneten Standort als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich des Verfahrens zur gewerberechtlichen Genehmigung der Errichtung und des Betriebes eines näher bezeichneten Hotels wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf Zuerkennung der Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Landeshauptmann aus, mit Ansuchen vom 15. Februar 1995 habe G um die Erteilung der gewerberechtlichen Genehmigung für das Cafe "B" und das Aparthotel an einem näher bezeichneten Standort angesucht. Mit Schriftsatz vom 8. Mai 1995 hätten die Beschwerdeführer einen bescheidmäßigen Abspruch über ihre Parteistellung in dem Verfahren über diesen Antrag beantragt. Am 16. Mai 1995 habe über das gegenständliche Ansuchen ein Ortsaugenschein stattgefunden, zu dem die Nachbarn nicht geladen worden und auch nicht erschienen seien. Mit Bescheid vom 12. Juli 1995 habe die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck hinsichtlich des oben beschriebenen Ansuchens gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 festgestellt, daß das in Rede stehende Cafe den Bestimmungen des § 359b Abs. 1 Z. 2 leg. cit. entspreche und eine Anzahl von Aufträgen erteilt. Mit erstbehördlichem Bescheid vom 17. August 1995 sei der Antrag der Beschwerdeführer auf Zuerkennung der Parteistellung als unbegründet abgewiesen worden. Aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen ergebe sich, daß das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 300 m2 betrage, die elektrische Anschlußleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 100 kW nicht übersteige und auf Grund der geplanten Ausführung der Anlage zu erwarten sei, daß Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994 oder Belastungen der Umwelt vermieden würden. Es seien daher die Voraussetzungen des § 359b GewO 1994 erfüllt. Die Voraussetzungen für die Erlangung der Parteistellung im Betriebsanlagenverfahren seien im § 356 Abs. 3 und 4 GewO 1994 taxativ geregelt und danach stehe den Nachbarn Parteistellung im Verfahren gemäß § 359b nicht zu. Im Verfahren zur Genehmigung des gegenständlichen Cafebetriebes habe die erstinstanzliche Behörde die Bestimmung des § 359b leg. cit. zur Anwendung gebracht. Der diesbezügliche Feststellungsbescheid sei rechtskräftig. Die Erstbehörde habe daher den Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung zu Recht abgewiesen.
Nur gegen die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung der Parteistellung betreffend das Verfahren zur gewerberechtlichen Genehmigung der Errichtung und des Betriebes des in Rede stehenden Cafes richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer in dem Recht auf Zuerkennung der Parteistellung gemäß § 8 AVG i.V.m. § 74 Abs. 2 GewO 1994 in dem zugrundeliegenden Betriebsanlagengenehmigungsverfahren verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes machen die Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, die Erstbehörde habe zu Unrecht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 359b GewO 1994 angenommen. Die belangte Behörde gehe von der unrichtigen Rechtsauffassung aus, sie hätte in ihrem Verfahren keine eigenen Ermittlungen pflegen müssen, da der Feststellungsbescheid nach § 359b leg. cit. in Rechtskraft erwachsen sei. Denn die Beschwerdeführer hätten deshalb, weil die Voraussetzungen des § 359b leg. cit. nicht erfüllt seien, den Antrag gestellt, ihre Parteistellung festzustellen. Es sei anerkannte Lehre, daß die Behörde gemäß § 59 Abs. 1 und § 73 Abs. 1 AVG die Pflicht zur förmlichen Entscheidung über die Parteistellung habe. Das für eine solche Feststellung nach der Rechtsprechung erforderliche rechtliche Interesse sei infolge der von der gegenständlichen Betriebsanlage ausgehenden, im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994 relevanten Beeinträchtigungen gegeben. Gerade für den Fall, daß die Behörde die Parteistellung eines Nachbarn nicht anerkenne, sei die Möglichkeit der Durchführung eines eigenen Feststellungsverfahrens vorgesehen. Daraus resultiere aber, daß sich die belangte Behörde bei richtiger rechtlicher Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes keineswegs darauf hätte zurückziehen dürfen, auszuführen, der Bescheid gemäß § 359b GewO 1994 sei bereits in Rechtskraft erwachsen. Die belangte Behörde verkenne nämlich, daß das zu diesem Bescheid führende Verfahren gemäß § 69 AVG hätte wiederaufgenommen werden müssen, wenn die belangte Behörde zur Feststellung der Parteistellung gelangt wäre. Dazu trete ein weiteres Rechtsschutzproblem, das sich aus der Bestimmung des § 359b GewO 1994 über die Ausschließung der Anwendung der Verfahrensbestimmungen des § 356 leg. cit. ergebe. Der Feststellungsbescheid gemäß § 359b Abs. 1 leg. cit. sei den betroffenen Nachbarn nicht zuzustellen, sodaß diesen auch kein Rechtsmittel gegen einen solchen Feststellungsbescheid zustehe. Die Interessen der Nachbarn seien vielmehr lediglich durch "Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen" zu verfolgen. Da die Nachbarn gegen einen Feststellungsbescheid also kein Rechtsmittel hätten, bliebe ihnen lediglich die Möglichkeit, die Feststellung ihrer Parteistellung zu beantragen und auf diesem Weg in Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen auf Durchführung eines Ermittlungsverfahrens unter eigener Mitwirkung zu dringen. Das Verfahren gemäß § 359b GewO 1994 bilde nur dann ein selbständiges und vereinfachtes Genehmigungsverfahren, wenn einwandfrei erwiesen sei, daß die Voraussetzungen der Durchführung eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens gegeben seien. Genau gegen diese Annahme im rechtskräftigen Feststellungsbescheid nach § 359b GewO 1994 wende sich das gesamte Vorbringen der Beschwerdeführer in ihren Anträgen sowie in ihrer Berufung, mithin also in den tragenden Bestandteilen der Begründung des Antrages auf Zuerkennung der Parteistellung. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde also eine eigene Überprüfung vornehmen müssen, ob im vorliegenden Fall hinsichtlich der gegenständlichen Betriebsanlage tatsächlich die Verfahrensvoraussetzungen nach § 359b GewO 1994 vorgelegen seien und den Nachbarn daher Parteistellung zukomme oder nicht. Würde man sich auf den formellen Standpunkt der belangten Behörde zurückziehen, hätte dies zur Folge, daß die Nachbarn als Beschwerdeführer keine Möglichkeit hätten, rechtsirrige Auffassungen der Genehmigungsbehörde im Hinblick auf das Vorliegen der Voraussetzungen des vereinfachten Genehmigungsverfahrens anzufechten. Hieraus ergebe sich, daß die belangte Behörde dadurch, daß sie ein eigenes Ermittlungsverfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 359b GewO 1994 unterlassen habe, auch noch massive Verfahrensfehler begangen habe.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 28. April 1992, Zl. 91/04/0336, dargelegt hat, ist die Frage der Parteistellung der Nachbarn im Verfahren betreffend Betriebsanlagen im § 356 Abs. 3 und 4 GewO 1994 abschließend geregelt. Nach dieser gesetzlichen Regelung kommt Nachbarn im Sinne des § 75 Abs. 2 leg. cit. nicht etwa schon im Hinblick auf diese Eigenschaft Parteistellung in einem Verfahren nach § 356 Abs. 1 leg. cit. zu, sondern sie erwerben die Parteistellung erst bei Erfüllung der Voraussetzungen nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle, deren normativer Inhalt aber die Erlangung einer Parteistellung durch einen "Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung" nicht vorsieht. Eine allfällige rechtswidrige Anwendung der Bestimmung des § 356 Abs. 3 zweiter Satz GewO 1994 müßte durch - zulässige - Rechtsmittel im zugrundeliegenden Betriebsanlagengenehmigungsverfahren selbst geltend gemacht werden.
Mit Rücksicht auf diese Rechtslage erweist sich die Annahme der belangten Behörde, die Beschwerdeführer hätten in dem über den Antrag um Erteilung der gewerberechtlichen Genehmigung für das Cafe "B" eingeleiteten Verfahren Parteistellung nicht erlangt, unabhängig davon als frei von Rechtsirrtum, ob die Erstbehörde diesen Antrag zu Recht in einem Verfahren nach § 359b GewO 1994 erledigte und ob die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides an den von der Erstbehörde nach § 359b GewO 1994 erlassenen Bescheid gebunden war.
Es läßt somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen, daß die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
GewerberechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995040224.X00Im RIS seit
24.01.2001