TE Lvwg Erkenntnis 2022/11/30 LVwG-AV-985/001-2022

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Veröffentlicht am 30.11.2022
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Entscheidungsdatum

30.11.2022

Norm

KFG 1967 §20
KFG 1967 §22 Abs4
  1. KFG 1967 § 20 heute
  2. KFG 1967 § 20 gültig ab 01.11.2021 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 190/2021
  3. KFG 1967 § 20 gültig von 16.12.2020 bis 31.10.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 134/2020
  4. KFG 1967 § 20 gültig von 01.07.2020 bis 15.12.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 104/2019
  5. KFG 1967 § 20 gültig von 07.03.2019 bis 30.06.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 19/2019
  6. KFG 1967 § 20 gültig von 27.07.2017 bis 06.03.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 102/2017
  7. KFG 1967 § 20 gültig von 09.06.2016 bis 26.07.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 40/2016
  8. KFG 1967 § 20 gültig von 10.07.2015 bis 08.06.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 73/2015
  9. KFG 1967 § 20 gültig von 17.12.2014 bis 09.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2014
  10. KFG 1967 § 20 gültig von 26.02.2013 bis 16.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 43/2013
  11. KFG 1967 § 20 gültig von 19.08.2009 bis 25.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 94/2009
  12. KFG 1967 § 20 gültig von 01.01.2008 bis 18.08.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 6/2008
  13. KFG 1967 § 20 gültig von 01.08.2007 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2007
  14. KFG 1967 § 20 gültig von 27.06.2006 bis 31.07.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 99/2006
  15. KFG 1967 § 20 gültig von 28.10.2005 bis 26.06.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2005
  16. KFG 1967 § 20 gültig von 31.12.2004 bis 27.10.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 175/2004
  17. KFG 1967 § 20 gültig von 11.08.2004 bis 30.12.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 107/2004
  18. KFG 1967 § 20 gültig von 13.08.2003 bis 10.08.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 60/2003
  19. KFG 1967 § 20 gültig von 25.05.2002 bis 12.08.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 80/2002
  20. KFG 1967 § 20 gültig von 20.08.1997 bis 24.05.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 103/1997
  21. KFG 1967 § 20 gültig von 01.08.1997 bis 19.08.1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 103/1997
  22. KFG 1967 § 20 gültig von 01.10.1994 bis 31.07.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 654/1994
  23. KFG 1967 § 20 gültig von 24.08.1994 bis 30.09.1994 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 654/1994
  24. KFG 1967 § 20 gültig von 31.12.1982 bis 23.08.1994 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 631/1982
  1. KFG 1967 § 22 heute
  2. KFG 1967 § 22 gültig ab 09.06.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 40/2016
  3. KFG 1967 § 22 gültig von 26.02.2013 bis 08.06.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 43/2013
  4. KFG 1967 § 22 gültig von 01.08.2007 bis 25.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2007
  5. KFG 1967 § 22 gültig von 31.12.1982 bis 31.07.2007 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 631/1982

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Binder als Einzelrichterin über die Beschwerde des „A e.U.“, Inhaber B, vertreten durch C, Rechtsanwältin in ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 26. Juli 2022, Zl. ***, betreffend Erteilung einer Bewilligung zur Anbringung von Warnleuchten mit Blaulicht und Tonfolgehorn nach dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz (VwGVG) keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes- Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Die Landeshauptfrau von Niederösterreich als Kraftfahrbehörde hat mit Bescheid vom 26. Juli 2022, Zl. ***, den Antrag des „A e.U.“, Inhaber Herr B, auf Erteilung der Bewilligung zur Anbringung von Warnleuchten mit Blaulicht und eines Folgetonhornes am Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen *** als unbegründet abgewiesen.

In ihrer Begründung verwies die belangte Behörde auf den Antragsinhalt vom 08. Juni 2022, sowie auf die ergänzenden Angaben des Antragstellers im Schreiben vom 29. Juni 2022. Nach Wiedergabe der relevanten Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes 1967 ging die Kraftfahrbehörde von folgender rechtlicher Beurteilung aus:

„Es stellt sich die Frage, ob der Ausnahmetatbestand des § 20 Abs. 5 lit b KFG 1967 zutrifft, also ob es sich beim gegenständlichen KFZ um ein Fahrzeug handelt, das zur Verwendung für den öffentlichen Hilfsdienst bestimmt ist.

 

Als öffentlicher Hilfsdienst ist nur ein Hilfsdienst anzusehen, dessen hilfsdienstlicher Einsatz von wesentlicher Bedeutung für die Allgemeinheit ist, wie etwa die Wiederherstellung einer durch Katastrophen gefährdeten oder unterbrochenen Versorgung der Volkswirtschaft mit für diese lebenswichtigen Gütern wie elektrischem Strom, Wasser, Lebensmittel, Verkehr usw (ADE zu § 20 Abs. 5).

 

Bei den hier verfahrensgegenständlichen Fahrten handelt es sich um solche, die zur Erhaltung der Gesundheit eines einzelnen Menschen getätigt werden (z.B. Fahrten nach Stürzen). Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller als öffentlicher Hilfsdienst im vorstehenden Sinne anzusehen ist.

Ungeachtet dessen, dass sich der Antragsteller selbst nicht als Rettungsdienst qualifiziert, muss eine derartige Einstufung verneint werden, da als „Rettungsdienst“ nur jene Institutionen zu gelten haben, die besonders gebaute und ausgerüstete Fahrzeuge für die Beförderung von Personen in lebensbedrohendem Zustand zum Ort der ärztlichen Versorgung ständig auf Abruf bereithalten. Dies zeigt auch die für das gegenständliche Fahrzeug mit dem Kennzeichen *** vorgelegte Zulassungsbescheinigung, in der die Verwendungsbestimmungskennzahl 01 („zu keiner besonderen Verwendung bestimmt“) eingetragen ist.

Da es sich beim Antragsteller weder um einen öffentlichen Hilfsdienst noch um einen Rettungsdienst handelt, konnte die Prüfung der weiteren Bewilligungsvoraussetzungen unterbleiben.“

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

Gegen diese behördliche Entscheidung erhob der Antragsteller durch seine rechtsfreundliche Vertretung fristgerecht Beschwerde und beantragte, dass der Beschwerde insofern stattzugeben wäre, dass die Bewilligung zur Anbringung von Blaulicht und Tonfolgehorn am Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen *** erteilt werde; in eventu wurde die Zurückverweisung an die belangte Behörde begehrt.

Begründet wurden diese Anträge wie folgt:

„Als Beschwerdegründe werden Aktenwidrigkeit, materielle Rechtswidrigkeit, mangelhafte Sachverhaltsfeststellung und mangelhafte Beweiswürdigung angezogen.

Die bescheiderlassende Behörde hat es unterlassen, weitere Fakten zum Sachverhalt aufzunehmen. Sie hat nicht eruiert, wie oft und in welchem Ausmaß dringende Fahrten nach Alarmierung notwendig sind sowie welche Zeitspanne für die Anfahrt angemessen ist, um weitere Personenschäden zu vermeiden. Dies wäre relevant gewesen, um die Notwendigkeit von „Blaulichtanlagen“ zur rascheren Anfahrt beurteilen zu können.

Die belangte Behörde beschreibt schlichtweg, dass die vom Beschwerdeführer durchzuführenden Fahrten „nach Stürzen“ erfolgen würden. Dies widerspricht jedoch dem Akt, da der Einschreiter und Beschwerdeführer klar die Wichtigkeit einer raschen Anfahrt dargelegt hat. Sie legt daher den Akteninhalt falsch aus und würdigt die vorliegenden Beweise mangelhaft. Darüber hinaus erfolgt eine unrichtige Auslegung der in § 20 Abs 5 KFG 1967 verwendeten Begriffe „öffentlicher Hilfsdienst“ und Rettungsdienst“.

Der Beschwerde kommt daher Berechtigung zu und wird im Einzelnen ausgeführt wie folgt:

Das gegenständliche Fahrzeug Seat Ateca mit dem pol. Kennzeichen *** zählt nicht zu den in § 20 Abs 1 Z 4 KFG 1967 genannten, weshalb es für die Anbringung einer Blaulichtanlage einer Bewilligung bedarf. Diese darf gemäß § 20 Abs 5 KFG 1967 dann erteilt werden, wenn

1.   ihre Verwendung im öffentlichen Interesse gelegen ist,

2.   vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit keine Bedenken bestehen

3.   und für Fahrzeuge, die u.a. zur Verwendung für den öffentlichen Hilfsdienst (lit b) oder für den Rettungsdienst (lit c) bestimmt sind

Die Mitarbeiter des Einschreiters werden zu ihren Einsätzen einerseits durch Betroffene oder deren Angehörige, jedoch auch direkt über die Journale bzw. Leitstellen von Volkshilfe, Caritas, Rotes Kreuz und Hilfswerk gerufen. Eine direkte Anbindung erfolgt über die Rufhilfe bzw. das Notruftelefon für Zuhause und erfolgen GPS-gestützte Alarmierungen über die App „Lebensretter“. Eine Beauftragung erfolgt daher im direkten Weg zum Erhalt bzw. zum flächendeckenden Ausbau der notwendigen medizinischen Versorgung. Der hohe Bedarf kann durch öffentlich-rechtliche Angebote nicht gedeckt werden und muss zwingend regelmäßig auf Angebote des Einschreiters zurückgegriffen werden. Auch durch die zusätzlich geschaffene "Acut Community Nurse (ACN)“ der Notruf NÖ GmbH konnte der hohe Bedarf nicht gedeckt werden. Deren Aufgaben kommen jenen des Einschreiters gleich – wobei letzterer weitergehende Agenden erfüllt. Die Fahrzeuge der ACN sind mit Blaulichtanlagen ausgestattet und läge daher bei Abweisung des Bescheides eine Ungleichbehandlung vor.

Das Fahrzeug, für das die Bewilligung angestrebt wird, ist nicht nur in Ausnahmefällen, sondern mit entsprechender Häufigkeit zu Fahrten bestimmt, bei denen Gefahr im Verzug iSd § 26 Abs 1 StVO 1960 vorliegt. Die durch die Verwendung von Blaulicht oder Tonfolgehorn bewirkte Erleichterung des Vorankommens wird ausschlaggebend sein, um drohende Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen abzuwenden. Es liegt daher ein öffentliches Interesse an der Verwendung von Blaulicht oder Fonfolgehorn vor.

Einrichtungen wie die des Einschreiters dienen daher der Gesundheitsversorgung und -erhaltung der Bevölkerung und somit dem öffentlichen Interesse. Durch das rasche Eintreffen und Einschreiten der Mitarbeiter des Beschwerdeführers können gesundheitliche Schäden – und somit höhere Ausgaben, finanzielle Belastungen, Ressourcenverschleiß (weniger Spitalskapazitäten durch rasches Eingreifen belegt) für das Gesundheitssystem vermieden werden. Ein unverzügliches Eintreffen auch bei großem Verkehrsaufkommen ist dafür unumgänglich – Voraussetzung dafür ist wiederum das Anbringen von Sondersignalen. Das öffentliche Interesse der Verwendung ist jedenfalls zu bejahen.

Es ist selbstredend, dass die entsprechenden Sondersignale gemäß gesetzlichen Bestimmungen nur im erlaubten Umfang restriktiv genutzt werden. Die Mitarbeiter werden vom Einschreiter entsprechend geschult. Mit Blaulicht ausgestattete PKWs von Rettungsdiensten gehören mittlerweile zu österreichs Straßenbild und erfolgt bereits in der Volksschule, jedenfalls sodann in der Fahrschule die Schulung der Bevölkerung, wie darauf zu reagieren ist. Es kann daher nicht argumentiert werden, dass die Verkehrs- und Betriebssicherheit durch die Stattgebung des gegenständlichen Antrages gefährdet sein könnte. Das öffentliche Interesse überwiegt jedenfalls. Die Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeuges selbst wird durch die „Blaulichtanlagen“ nicht berührt.

Der Einschreiter beschreibt in seiner Verbesserung zum Antrag, dass keine Patientenbeförderung erfolgt. Fälschlich wird daher angenommen, dass aus diesem Grund kein Rettungsdienst vorliege. Tatsächlich kennzeichnet einen Rettungsdienst nach allgemeinen Verständnis eine präklinische medizinische Hilfe für Notfallpatienten. Durch den Einsatz von Qualifiziertem Fachpersonal können Leben gerettet bzw. Leid gelindert werden. Genau dies ist die Beschreibung des Aufgabenbereiches des Einschreiters. Er ist daher sehrwohl als Rettungsdienst zu qualifizieren. Der Einschreiter ist in das Gesundheitsberuferegister zu 18-GBR-035288 eingetragen. Es ist nicht erforderlich, dass hilfsbedürftige Personen befördert werden, um ein Unternehmen als Rettungsdienst zu bezeichnen. Gerade diese mit Häufigkeit zu erwartenden dringenden Einsätze zur Leistung erster Hilfe und die folgende Zuführung zur ärztlichen Versorgung, fallen unter § 20 Abs 5 lit c KFG 1957. (Wohingegen Fahrzeuge zur reinen Personenbeförderung gar nicht darunter fallen würden.) Ein besonderer Bestimmungszweck in den Fahrzeugpapieren muss nicht eingetragen werden. Auch müssen an dem Fahrzeug keine Umbauten vorgenommen werden, damit es als Rettungsfahrzeug qualifiziert werden kann.

Darüber hinaus werden die Fahrzeuge des Einschreiters für den öffentlichen Hilfsdienst genutzt. Der Einschreiter beschäftigt diplomiertes Gesundheits- und Krankenpflegepersonal und erfolgen Hausbesuch in Wien, Niederösterreich und im Burgenland. Krankentransporte werden nicht durchgeführt, jedoch erfolgt die notwendige Erstversorgung bzw. die Einleitung delegierter Maßnahmen durch öffentlich-rechtliche Versorgungseinrichtungen und Ärzte iSd § 14a, § 15 Abs 1, 3 lit 1 GuKG 1997. Der Einschreiter wird dann alarmiert, wenn ein ärztlich besetztes Rettungsmittel nicht rechtzeitig zur Verfügung steht. Die Mitarbeiter des Einschreiters, allesamt diplomierte Gesundheits- und KrankenpflegerInnen, überbrücken nach deren Eintreffen diese arztfreien Intervalle oder leiten weitere Extramurale medizinische Versorgung ein. Das unverzügliche Eintreffen der Mitarbeiter des Einschreiters ist daher unumgänglich, um die drohende Gefahr für Leib und Leben abzuwenden.

Bei diesen Fahrten im Sinn des „first responders“ geht es geradezu um Minuten, um die Zeitspanne bis zum Eintreffen eines Notarztes zu überbrücken. Via GPS-Tracking soll gerade der örtlich nahegelegene Einschreiter zum Einsatzort berufen werden – dies wäre mangels raschen Fortkommens zu verkehrsreichen Zeiten oder in verkehrsreichen Gebieten hinfällig.

Zusammenfassend ist festzuhalten:

Ungeachtet dessen, dass die Eigenschaft als Rettungsdienst bejaht werden kann (lit c), liegt auch die Qualifikation als öffentlicher Hilfsdienst (lit b) vor. Das Fahrzeug, für das die Bewilligung angestrebt wird, ist nicht nur in Ausnahmefällen, sondern mit entsprechender Häufigkeit zu Fahrten bestimmt, bei denen Gefahr in Verzug iSd § 26 Abs 1 StVO 1960 vorliegt. Es ist bei diesem Fahrzeug also anzunehmen, dass die durch die Verwendung von Blaulicht oder Tonfolgehorn bewirkte Erleichterung des Vorankommens ausschlaggebend sein wird, um drohende Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen abzuwenden. Die Verwendung ist daher im öffentlichen Interesse gelegen und bestehen vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit keine Bedenken.

Der Einschreiter bzw. das im Antrag näher bezeichnete Fahrzeug erfüllen daher die Voraussetzungen zur Erteilung einer Bewilligung für die Anbringung von Blaulicht- und Tonfolgehornanlagen nach KFG 1967.

Beweis:          einzuholende Protokolle, wann/wie oft der Einschreiter zur Erstversorgung alarmiert wurde

                  Einvernahme B, DGKP (WDM), p.A. des Einschreiters

                  weitere Beweise vorbehalten“

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt zur Zl. *** sowie in die Homepage des Antragstellers, publiziert unter ***, Beweis erhoben.

4.   Feststellungen:

Der Antragsteller betreibt am Standort ***, ***, einen Pflegenotdienst, der pflegerische Tätigkeiten durch diplomiertes Gesundheits- und Krankenpflegepersonal anbietet.

Der Pflegenotdienst kann von Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen, Notaufnahmen, Rettungsdiensten, dem Ärztefunkdienst, sowie Fachärzten und praktischen Ärzten angefordert werden. In Abstimmung mit dem betreuenden Arzt werden auf Grundlage des § 15 Abs. 3 Z 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) erste Maßnahmen gesetzt, bis eine langfristige oder dauerhafte Pflege und Betreuung gewährleistet ist. Hierbei wird zwischen den jeweiligen Hauskranken-pflegeorganisationen oder Betreuungszentren bzw. Pflegeheimen vermittelt.

In diesem Zusammenhang werden auch folgende medizinische Tätigkeiten verrichtet:

Verabreichung von Injektionen und Infusionen, Wundversorgung und Verbandswechsel, Wundmanagement, Palliativmanagement, Schmerzmanagement, Sondenernährung, Stoma-, Fistel-, und Katheterpflege, Setzen & Wechsel von Dauerkathetern, Medikamentenmanagement, diagnostische Maßnahmen, Pflege von Unterdruck-Wundtherapie (VAC) und notfallmedizinische Erstversorgung.

Bei Anforderung der Patientinnen z.B. durch das Notruftelefon wird im Rahmen der notfallmedizinischen Erstversorgung unverzüglich ein Fahrzeug des antragstellenden Pflegenotdienstes zum Patienten entsendet und bei Bedarf eine medizinische Versorgung durch niedergelassene Ärzte koordiniert bzw. die Rettung verständigt. Jedenfalls wird kein schwer kranker Patient durch den Antragsteller transportiert.

Die Kompetenz bei Notfällen umfasst gemäß § 14a Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) das Erkennen und Einschätzen von Notfällen und Setzen entsprechender Maßnahmen und die eigenverantwortliche Durchführung lebensrettender Sofortmaßnahmen, solange und soweit ein Arzt nicht zur Verfügung steht; die unverzügliche Verständigung eines Arztes ist zu veranlassen. Gemäß § 14 Abs. 2 leg. cit umfassen die lebensrettenden Sofortmaßnahmen gemäß Abs. 1 Z 2 umfassen insbesondere Herzdruckmassage und Beatmung, die Durchführung der Defibrillation mit halbautomatischen Geräten oder Geräten im halbautomatischen Modus sowie die Verabreichung von Sauerstoff.

Zum Erreichen der entsprechenden Einsatzorte wurde vom A e.U. ein Personenkraftwagen der Marke Seat Ateca, FID ***, angeschafft, welcher antragsgemäß mit Warnleuchten mit blauem Licht, sowie Tonfolgehorn ausgeschattet werden soll, um rascher in verkehrsreichen Gebieten zum Einsatzort zu gelangen. Das Fahrzeug ist als Kombilimousine aufgebaut und für fünf Sitzplätze zugelassen. Das Auto ist zu keiner besonderen Verwendung bestimmt.

5.   Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen beruhen auf dem unbedenklichen Inhalt des Aktes der Verwaltungsbehörde samt Angaben des antragstellenden Unternehmens im behördlichen Verfahren, sowie auf dem vom Antragsteller im Internet publizierten Dienstleistungsangebot, veröffentlicht unter ***, und auf dem im behördlichen Verfahren vorgelegten Zulassungsschein des antragsgegenständlichen Fahrzeuges, behördliches Kennzeichen ***.

Strittig ist im gegenständlichen Verfahren vielmehr die Rechtsfrage, ob das verfahrensinkriminierte Fahrzeug des Antragstellers für den öffentlichen Hilfsdienst oder für den Rettungsdienst iSd § 20 Abs. 5 KFG 1967 verwendet wird.

6.   Rechtslage:

§ 28 VwGVG regelt Folgendes:

(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.   der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.   die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

§ 17 VwGVG sieht vor:

Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Die relevante Bestimmung des § 20 Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967) lautet auszugsweise wie folgt:

  1. (1) Außer den im § 14 Abs. 1 bis 7 und in den §§ 15 und 17 bis 19 angeführten Scheinwerfern, Leuchten und Rückstrahlern dürfen ohne Bewilligung gemäß Abs. 4 an Kraftfahrzeugen und Anhängern nur angebracht werden:
    1. 1.
      Leuchten für die Beleuchtung des Wageninneren, der dem Betrieb dienenden Kontrollgeräte, der Zeichen für Platzkraftwagen (Taxi-Fahrzeuge), der Fahrpreisanzeiger und von Zeichen für die im Abs. 5 lit. d und e angeführten Fahrzeuge von ärztlichen Bereitschaftsdiensten oder Ärzten;
    2. 2.
      Freizeichen, Linienzeichen, Zielschilder und dergleichen, Parkleuchten sowie Leuchten oder Rückstrahler, mit denen rotes oder gelbrotes Licht aus- oder rückgestrahlt werden kann und mit denen die Lage einer geöffneten Fahrzeugtüre angezeigt werden kann, und Leuchten und Rückstrahler, deren Anbringen gemäß § 33 Abs. 1 nicht angezeigt werden muß;
    3. 3.
      Nebelscheinwerfer, Suchscheinwerfer, Rückfahrscheinwerfer, Arbeitsscheinwerfer, Nebelschlußleuchten und Seitenleuchten;
    4. 4.
      Scheinwerfer und Warnleuchten mit blauem Licht bei
      1. a)
        Fahrzeugen, die zur Verwendung im Bereich des öffentlichen Sicherheitsdienstes bestimmt sind,
      2. b)
        Fahrzeugen, die im Bereich des militärischen Eigenschutzes sowie des Entminungsdienstes zur ,Verwendung kommen,
      3. c)
        Fahrzeugen, die zur Verwendung von Organen des Amtes für Betrugsbekämpfung und des Zollamtes Österreich bestimmt sind,
      4. d)
        Feuerwehrfahrzeugen sowie Kommando- und Mannschaftsfahrzeugen der Feuerwehr,
      5. e)
        Fahrzeugen des Rettungsdienstes im Besitz von Gebietskörperschaften,
      6. f)
        Fahrzeugen im Besitz der in § 23 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Sanitätergesetzes, BGBl. I Nr. 30/2002 namentlich genannten Einrichtungen, oder Fahrzeugen der Bergrettung, der Höhlenrettung oder der Wasserrettung, die für dringende Einsätze im Rettungsdienst, bei Großschadensereignissen oder zur Katastrophenhilfe verwendet werden,
      7. g)
        Fahrzeugen, die von gemäß § 97 Abs. 2 StVO beeideten Straßenaufsichtsorganen zur Begleitung von Sondertransporten verwendet werden, sofern die Verwendung von Blaulicht im Bescheid gemäß § 39, § 82 Abs. 5, § 101 Abs. 5 oder § 104 Abs. 9 als Auflage zur Transportabsicherung vorgeschrieben wurde, für die Dauer dieser Transportbegleitung;
      8. h)
        Fahrzeugen, die von Organen der Strafvollzugsverwaltung verwendet werden,
      9. i)
        Fahrzeugen von Eisenbahninfrastrukturunternehmen, die im Notfallmanagement
        • von den Einsatzleitern oder Gefahrgutmanagern dieser Unternehmen verwendet werden, um im Falle außergewöhnlicher Ereignisse innerhalb kurzer Zeit am Einsatzort zu sein oder
        • im Streifendienst entlang der Bahnstrecken zur Durchführung von Erstmaßnahmen zur Gefahrenbeseitigung nach Buntmetalldiebstählen eingesetzt werden,
      10. j)
        Fahrzeugen der Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes (§ 2 Unfalluntersuchungsgesetz – UUG 2005, BGBl. I Nr. 123/2005) für Fahrten zum Ort eines Vorfalles gemäß § 6 UUG 2005;
      11. k)
        Fahrzeugen der Fernmeldebehörden, die für dringende Einsätze im Rahmen der Aufsicht über den ordnungsgemäßen und störungsfreien Betrieb von Funkanlagen (§§ 175 ff des Telekommunikationsgesetzes 2021, BGBl. I Nr. 190/2021, TKG 2021) verwendet werden;
    5. 5.
      bei Fahrzeugen, die ausschließlich im Bereich des Straßendienstes im Sinne des § 27 Abs. 1 der StVO. 1960 bestimmt und zur Verrichtung von Streu- oder Schneeräumarbeiten besonders gebaut oder ausgerüstet sind und deren äußerste Punkte durch Flaggen erkennbar gemacht werden, je ein quer zur Fahrtrichtung wirkender Scheinwerfer, mit dem zur Beleuchtung dieser Flaggen weißes Licht ausgestrahlt werden kann;
    6. 6.
      Warnleuchten mit gelbrotem Licht;
    7. 7.
      Ladewarnleuchten zur Kenntlichmachung von Anbaugeräten oder Hubladebühnen, mit denen paarweise gelbrotes Blinklicht ausgestrahlt werden kann. Diese sind möglichst am äußeren Rand der Einrichtung anzubringen;
    8. 8.
      bei Fahrzeugen der Klassen M2, M3, N, O2, O3 und O4 auffällige Markierungen gemäß UN-Regelung Nr. 48 sowie charakteristische Markierungen und Grafiken aus retroreflektierenden Markierungsmaterialien der Klassen „D“ und „E“ gemäß UN-Regelung Nr. 104, letztere unter Einhaltung der Anbringungsvorschriften in Pkt. 7.2 der UN-Regelung Nr. 104;
    9. 9.
      bei Fahrzeugen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der Straßenaufsichtsorgane oder des Straßendienstes sowie bei Feuerwehrfahrzeugen und bei Pannen- und Abschleppfahrzeugen beleuchtete Warnleiteinrichtungen;
    10. 10.
      Beleuchtungseinrichtungen an historischen Fahrzeugen zur Aufrechterhaltung des historischen Erscheinungsbildes; solche Beleuchtungseinrichtungen dürfen aber auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nicht im Sinne des § 99 verwendet werden.

[…]

  1. (5) Scheinwerfer und Warnleuchten mit blauem Licht dürfen bei nicht unter Abs. 1 Z 4 fallenden Fahrzeugen nur bewilligt werden, wenn ihre Verwendung im öffentlichen Interesse gelegen ist und dagegen vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit keine Bedenken bestehen und nur für Fahrzeuge, die zur Verwendung bestimmt sind:
    1. a)
      ausschließlich oder vorwiegend für Feuerwehren,
    2. b)
      für den öffentlichen Hilfsdienst,
    3. c)
      für den Rettungsdienst,
    4. d)
      für den ärztlichen Bereitschaftsdienst von Gebietskörperschaften, Ärztekammern oder Sozialversicherungsträgern,
    5. e)
      für die Leistung dringender ärztlicher Hilfe durch Ärzte in verkehrsreichen Gebieten, in denen kein mit einem Arzt besetzter Rettungsdienst und kein ärztlicher Bereitschaftsdienst gemäß lit. d zur Verfügung stehen; vor der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung der Bewilligung ist eine Stellungnahme der Ärztekammer zur Frage der Notwendigkeit der Erteilung dieser Bewilligung einzuholen oder
    6. f)
      für die Leistung dringender Hilfsdienste im Zusammenwirken mit Feuerwehren oder öffentlichen Hilfsdiensten bei Verkehrsunfällen, an denen Fahrzeuge zur Beförderung gefährlicher Güter beteiligt sind,
    7. g)
      für die Erbringung dringender tierärztlicher Hilfe durch Tierärzte in verkehrsreichen Gebieten, in denen kein mit einem Tierarzt besetzter Rettungsdienst zur Verfügung steht; vor der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung der Bewilligung ist eine Stellungnahme der Tierärztekammer zur Frage der Notwendigkeit der Erteilung dieser Bewilligung einzuholen,
    8. h)
      für die Leistung dringender ärztlicher Hilfe durch Fachärzte (in verkehrsreichen Gebieten), sofern sie sich auf Grund krankenanstaltenrechtlicher Organisationsvorschriften in Rufbereitschaft befinden, oder
    9. i)
      für frei praktizierende Hebammen, die berechtigt sind, Hausgeburten durchzuführen, und für Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, die tatsächlich auch Hausgeburten durchführen, zum rascheren Erreichen des Ortes der Hausgeburt,
    10. j)
      für die auftragsgemäße dringende Entstörung der Funk- bzw. Kommunikationssysteme sowie Leitzentralen der BOS-Organisationen (Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben).
    In den Fällen der lit. d und lit. h ergeht die Bewilligung, sofern es sich nicht um Fahrzeuge gemäß lit. c handelt, an die Institution oder Krankenanstalt, die den Bereitschaftsdienst organisiert. Die Bewilligung erstreckt sich auf ein oder mehrere Fahrzeuge dieser Institutionen oder auf die jeweils von der Institution namhaft gemachten Fahrzeuge der Bereitschaftsdienst versehenden Ärzte. Die Warnleuchten mit blauem Licht dürfen jeweils nur an dem Fahrzeug angebracht werden, das tatsächlich für einen bestimmten Bereitschaftsdienst eingesetzt wird und nur auf die Dauer des Bereitschaftsdienstes und nur während der Verwendung dieses Fahrzeuges für Einsatzfahrten.

(6) Bewilligungen nach Abs. 5 sind unter den entsprechenden Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen. Durch Verordnung können die näheren Bestimmungen hinsichtlich der Bewilligungen nach Abs. 5 festgelegt werden. Dabei sind insbesondere die Antragslegitimation, die Erteilungsvoraussetzungen, spezielle Einsatzbedingungen sowie die Führung entsprechender Aufzeichnungen über die Verwendung des Blaulichtes zu regeln.

(6a) Die Bewilligung nach Abs. 5 ist zu widerrufen, wenn die für ihre Erteilung erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind. In diesem Fall sind die Scheinwerfer und Warnleuchten mit blauem Licht von den betroffenen Fahrzeugen zu entfernen. Dies gilt auch, wenn ein unter die Bestimmung des Abs. 1 Z 4 fallendes Fahrzeug nicht mehr von den dort genannten Stellen verwendet wird oder nicht mehr für die dort genannten Verwendungen bestimmt ist.

(7) Die in den Abs. 1 bis 5 angeführten Scheinwerfer, Leuchten und Rückstrahler dürfen nicht blenden; sie dürfen die Wirkung der vorgeschriebenen Scheinwerfer, Leuchten und Rückstrahler nicht beeinträchtigen. Nach vorne darf, außer mit fluoreszierenden Farben bei Feuerwehrfahrzeugen oder Rettungsfahrzeugen, nie rotes Licht, nach hinten, außer bei Rückfahrscheinwerfern, rückstrahlenden Kennzeichentafeln, reflektierenden Warntafeln im Sinne des § 102 Abs. 10a und 10c, Zeichen für Platzkraftwagen (Taxi-Fahrzeuge), retroreflektierenden Markierungen, Konturmarkierungen sowie charakteristischen Markierungen zur Verbesserung der Sichtbarkeit und Erkennbarkeit schwerer und langer Fahrzeuge im Sinne der ECE-Regelung Nr. 104 und reflektierenden Tafeln (Aufklebern) für vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge, nie weißes oder gelbes Licht aus- oder rückgestrahlt werden können; dies gilt jedoch nicht für die Kenntlichmachung von Fahrzeugen des Straßendienstes, von Fahrzeugen, deren größte Länge oder größte Breite die im § 4 Abs. 6 Z 2 und 3 festgesetzten Höchstgrenzen überschreitet, oder von über das Fahrzeug hinausragenden Ladungsteilen oder Geräten mit fluoreszierenden Farben oder rückstrahlendem Material. Leuchten mit Blinklicht sind ausschließlich bei Fahrtrichtungsanzeigern (§ 19) oder als Warnleuchten, Leuchten mit Drehlicht ausschließlich als Warnleuchten zulässig. Leuchten mit Drehlicht sind Leuchten, bei denen die die Richtung der Lichtaussendung bestimmenden Teile rotieren. Blaues Licht darf außer mit den im Abs. 1 Z 4 und Abs. 5 angeführten Scheinwerfern und Warnleuchten nicht aus- oder rückgestrahlt werden. Wenn Bedenken bestehen, ob die Scheinwerfer, Leuchten und Rückstrahler oder ihre Anbringung den Vorschriften entsprechen, hat die Behörde hierüber ein Gutachten eines gemäß § 125 bestellten Sachverständigen einzuholen.

(8) Das Anbringen von über die ganze Hinterseite oder über die ganze Seitenwand verlaufenden waagrechten Streifen aus rot fluoreszierendem oder rot rückstrahlendem Material von mehr als 100 mm Höhe an anderen als Fahrzeugen, die zur Verwendung im Bereich des öffentlichen Sicherheitsdienstes bestimmt sind, ist unzulässig. Weiters ist das Anbringen von Streifen aus rot fluoreszierendem oder rot rückstrahlendem Material an Fahrzeugen in der Art, dass es dadurch zu einer Verwechslung mit Fahrzeugen, die zur Verwendung im Bereich des öffentlichen Sicherheitsdienstes bestimmt sind, kommen kann, unzulässig.

§ 22 Abs. 4 KFG 1967 bestimmt:

Vorrichtungen zum Abgeben von Warnzeichen mit aufeinanderfolgenden, verschieden hohen Tönen dürfen, außer in den in den Abs. 5 und 6 angeführten Fällen, nur mit Bewilligung des Landeshauptmannes angebracht werden. Die Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn diese Vorrichtungen sonst den Bestimmungen des Abs. 1 dritter und vierter Satz entsprechen. Für die Erteilung der Bewilligung gilt § 20 Abs. 5 sinngemäß.

Einleitend stellt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fest, dass die Bewilligungsvoraussetzungen des § 20 Abs. 5 KFG 1967 entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unter dem Gesichtspunkt der Effizienz der Warneinrichtungen und der damit verbundenen Verkehrssicherheit restriktiv auszulegen sind (vgl. VwGH 21.05.1996, Zl. 96/11/0049).

Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen nicht einer Organisation bzw. Gebietskörperschaft im Sinne des § 20 Abs. 1 lit. d KFG 1967 zuzurechnen ist, dürfen gemäß § 20 Abs. 5 KFG 1967 Warnleuchten mit blauem Licht nur dann bewilligt werden, wenn ihre Verwendung im öffentlichen Interesse gelegen ist, vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit keine Bedenken bestehen und gegenständlich das Fahrzeug entweder für den öffentlichen Hilfsdienst (lit. b) oder für den Rettungsdienst (lit. c) zur Verwendung bestimmt ist. Es müssen somit alle drei Voraussetzungen für eine positive Bewilligung vorliegen.

Ein öffentliches Interesse an der Verwendung von Blaulicht bzw. eines Folgetonhornes ist nur dann gegeben, wenn das Fahrzeug, für welches die Bewilligung angestrebt wird, nicht nur in Ausnahmefällen, sondern mit entsprechender Häufigkeit zu Fahrten bestimmt ist, bei denen Gefahr im Verzug im Sinne des § 26 Abs. 1 StVO 1960 vorliegt, und die bewirkte Erleichterung des Vorankommens ausschlaggebend sein wird, um drohende Gefahren für das Leben und für die Gesundheit von Menschen abzuwenden (VwGH 21.08.2014, Ro 2014/11/0068). Diese Voraussetzung ist in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen. Zusätzlich ist ein Antrag gemäß § 20 Abs. 5 KFG 1967 auch in die Richtung zu prüfen, ob nicht das öffentliche Interesse schon durch bestehende Einrichtungen, die im Besitz einer solchen Genehmigung sind (bspw. § 20 Abs. 1 Z. 4 KFG 1967), ausreichend erfüllt ist.

Die angestrebte Bewilligung bedarf nicht nur eines öffentlichen Interesses an der Verwendung von Blaulicht sowie des Fehlens von Bedenken vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit, sondern ist auch erforderlich, dass das Fahrzeug zur Verwendung für einen der in § 20 Abs. 5 lit. a bis j KFG 1967 taxativ genannten Zwecke bestimmt ist. Liegen daher die drei erwähnten Voraussetzungen (öffentliches Interesse an der Verwendung von Blaulicht, Fehlen von Bedenken vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit, Verwendung des Fahrzeugs für eine der in § 20 Abs. 5 lit a bis j KFG 1967 taxativ aufgezählten Aufgaben) vor, ist die angestrebte Bewilligung zu erteilen, im gegenteiligen Fall wäre sie zu versagen; das KFG 1967 bietet keinen Hinweis darauf, dass die Erteilung der Bewilligung im Ermessen der Behörde läge (VwGH 24.02.2017, Ra 2016/11/0157 mwN).

Die Bewilligung von Warnleuchten mit blauem Licht setzt auch bei Fahrzeugen gemäß § 20 Abs. 5 lit. c KFG 1967 (Fahrzeuge für den Rettungsdienst oder den Bergrettungsdienst) das Vorliegen eines öffentlichen Interesses voraus, welches dann anzunehmen ist, wenn das Fahrzeug nicht nur in Ausnahmefällen, sondern mit entsprechender Häufigkeit (in einer größeren Zahl von Fällen) zu Fahrten bestimmt ist, bei denen anzunehmen ist, dass die durch die Verwendung von Blaulicht oder Tonfolgehorn bewirkte Erleichterung des Vorankommens ausschlaggebend sein wird, um drohende Gefahr für das Leben oder für die Gesundheit von Menschen abzuwenden (bei denen es also gleichsam "um Minuten geht").

Unter dem in § 20 Abs. 5 lit. c KFG 1967 genannten Rettungsdienst ist nicht jede Tätigkeit zu verstehen, die unter den Begriff des Rettungswesens (iSd Art 10 Abs. 1 Z 12 B-VG) subsumiert werden kann. § 20 Abs. 5 lit c KFG 1967 ist vielmehr auf Fahrzeuge einzuschränken, die für –  mit einer gewissen Häufigkeit zu erwartende – dringende Einsätze (Leistung erster Hilfe und die folgende Zuführung zur ärztlichen Versorgung) bestimmt sind. Fahrzeuge, die ausschließlich oder nahezu ausschließlich als Krankentransportfahrzeuge verwendet werden, fallen nicht darunter. Auch der Transport von Medikamenten und Blutkonserven für Krankenhäuser gehört nicht zum Rettungsdienst gemäß § 20 Abs. 5 lit c KFG 1967 (VwGH 24.03.1999, 98/11/0123).

Unbestritten ist, dass das Unternehmen des Beschwerdeführers nicht im Rahmen der Besorgung des Rettungsdienstes im Sinne des NÖ Rettungsdienstgesetzes 2017 (NÖ RDG), LGBl. Nr. 101/2016, idF LGBl. Nr. 64/2020, als Rettungsorganisation iSd § 7 leg. cit. durch die Landesregierung anerkannt wurde. Zudem definiert § 2 Abs. 1 Z 1 NÖ RDG „Rettungsdienst“ als Leistung von Erster Hilfe oder einer Ersten medizinischen Versorgung an Personen, bei denen im Rahmen einer akuten Erkrankung, einer Vergiftung oder eines Traumas eine lebensbedrohliche Störung einer vitalen Funktion eingetreten ist, einzutreten droht oder nicht sicher auszuschließen ist, und deren Transport zur weiteren medizinischen Versorgung in eine Krankenanstalt oder sonstige geeignete Einrichtung des Gesundheitswesens. Da gerade ein solcher Transport vom Unternehmen des Rechtsmittelwerbers nicht durchgeführt wird, scheidet eine Verwendung des Fahrzeuges für den Rettungsdienst iSd § 20 Abs. 5 lit. c KFG 1967 aus. Diese restriktive Auslegung des Begriffes „Rettungsdienst“ ist auch deshalb notwendig, da gemäß § 20 Abs. 5 lit. e KFG 1967 eine Bewilligung für Fahrzeuge für die Leistung dringender ärztlicher Hilfe durch Ärzte in verkehrsreichen Gebieten nur dann erteilt werden kann, in denen kein mit einem Arzt besetzter Rettungsdienst und kein ärztlicher Bereitschaftsdienst gemäß lit. d. zur Verfügung stehen. Von einem Gebiet, in dem kein entsprechend besetzter Rettungsdienst zur Verfügung steht, ist dann zu sprechen, wenn in diesem Gebiet nicht gewährleistet ist, dass - von ganz außergewöhnlichen Verhältnissen abgesehen - im Bedarfsfall innerhalb einer zumutbaren, dem Stand des Rettungswesens entsprechenden Hilfsfrist ein mit einem Arzt besetzter Rettungswagen eintrifft (vgl. VwGH 26.01.2017, Ro 2016/11/0021). Nur dann, wenn die Hilfsfrist von 20 Minuten nicht eingehalten wird, ist von einem Nichtzurverfügungstehen eines mit einem Arzt besetzten Rettungsdienstes auszugehen. Auch in diesem Konnex können die Leistungen des Gesundheits- und Krankenpflegerpersonals iSd § 14a Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) im Rahmen der Ersten Hilfe nicht als „Rettungsdienst“ nach § 20 Abs. 5 lit. c KFG 1967 subsumiert werden. Ein anderes Verständnis kann dem Gesetzgeber des KFG 1967 bei dieser Systematik nicht zugesonnen werden.

Abgesehen davon, dass aus dem im behördlichen Verfahren vorgelegten Zulassungsschein des verfahrensinkriminierten Fahrzeuges, behördliches Kennzeichen ***, hervorgeht, dass dieses als Kombilimousine für fünf Sitzplätze zugelassen ist und für keine besondere Verwendung zugelassen ist, bringt das antragstellende Unternehmen selbst vor (siehe Schreiben vom 29. Juni 2022), zu keiner Zeit schwer kranke Patienten transportieren zu wollen. Eine Beförderung von Patienten und Notfallpatienten wird sohin nicht durchgeführt, sodass das Fahrzeug iSd § 20 Abs. 5 lit. c KFG 1967 nicht für den Rettungsdienst bestimmt ist.

Festzuhalten ist ebenso, dass es sich bei den Fahrten des Beschwerdeführers um keinen öffentlichen Hilfsdienst im Sinne des § 20 Abs. 5 lit. b KFG 1967 handelt, zumal ein derartiger Hilfsdienst nur dann gegeben ist, wenn dessen hilfsdienstlicher Einsatz von wesentlicher Bedeutung für die Allgemeinheit ist, wie etwa die Wiederherstellung einer durch Katastrophen gefährdeten oder unterbrochenen Versorgung der Volkswirtschaft mit für diese lebenswichtigen Gütern wie elektrischem Strom, Wasser, Lebensmittel bzw. Verkehr (LVwG NÖ 20.09.2016, LVwG-AV-241/001-2016). In diesem Zusammenhang sind Ausführungen in der Beschwerdeschrift nicht zu entnehmen, zumal sich die Behauptung, dass ein öffentlicher Hilfsdienst iSd § 20 Abs. 5 lit. b KFG 1967 vorliegt, lediglich mit der Beschäftigung von diplomiertem Gesundheits- und Krankenpflegepersonal und mit der Durchführung von Hausbesuchen begründet wird. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Hilfeleistung für die Allgemeinheit durch die Tätigkeit des Antragstellers im obigen Sinne wurden weder im behördlichen noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgebracht.

Da es sich bei den Fahrten des beschwerdeführenden Unternehmens sohin weder um einen "öffentlichen Hilfsdienst" iSd § 20 Abs. 5 lit. b KFG 1967 noch um einen "Rettungsdienst" iSd § 20 Abs. 5 lit. c leg. cit. handelt, ist die angestrebte Bewilligung zu versagen, ohne dass geprüft werden muss, ob angesichts der behaupteten Frequenz an vom Beschwerdeführer als dringend bezeichneten Einsatzfahrten überhaupt ein öffentliches Interesse iSd § 20 Abs. 5 KFG 1967 begründet ist. Die beantragte Bewilligung kommt nämlich nur für Fahrzeuge in Betracht, die zur Verwendung für in lit. a bis lit. j des § 20 Abs. 5 KFG 1967 taxativ genannten Zwecke bestimmt sind; liegt ein solcher Verwendungszweck nicht vor, kommt die Erteilung der in Rede stehenden Bewilligung schon deshalb nicht in Betracht (VwGH 24.02.2017, Ra 2016/11/0157), weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

7.   Zur Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von den Parteien nicht beantragt. Davon abgesehen würde eine mündliche Erörterung auf diesen Fall bezogen auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lassen und es steht dem Entfall der Verhandlung auch weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen.

8.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der oben zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sich andererseits auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützen kann (vgl. aus der stRsp zur Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision in derartigen Fällen zB VwGH 29.07.2015, Ra 2015/07/0095) und überdies lediglich eine einzelfallbezogene Beurteilung vorzunehmen war, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist (vgl. zB VwGH 17.10.2016, Ro 2015/03/0035).

Schlagworte

Verkehrsrecht; Kraftfahrrecht; Warnleuchte; Tonfolgehorn;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.AV.985.001.2022

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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