TE Vwgh Erkenntnis 1995/12/20 91/12/0010

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Veröffentlicht am 20.12.1995
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Index

63/02 Gehaltsgesetz;
63/08 Sonstiges allgemeines Dienstrecht und Besoldungsrecht;

Norm

AusG 1989 §5 Abs2;
GehG 1956 §12 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des Dr. G in I, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in I, gegen den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung, betreffend die Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit Festsetzung des Vorrückungsstichtages nach § 12 des Gehaltsgesetzes 1956, zu Recht erkannt:

Spruch

Der belangten Behörde wird gemäß § 42 Abs. 4 VwGG aufgetragen, die versäumte Entscheidung unter Zugrundelegung folgender Rechtsanschauung zu erlassen:

Umfaßt der hochspezialisierte Arbeitsplatz des öffentlich-rechtlich Bediensteten schwerpunktmäßig Aufgaben, deren vollständige und sofortige Wahrnehmung nur auf Grund umfassender Erfahrungen und Kenntnisse möglich ist, schließt eine kurzfristige (hier: einjährige) Vorverwendung auf einem vergleichbaren Arbeitsplatz als Vertragsbediensteter nicht aus, daß die langjährige einschlägige (sonstige) Vortätigkeit von besonderer Bedeutung im Sinne des § 12 Abs. 3 GG 1956 ist.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der in Südtirol geborene Beschwerdeführer steht als Universitätsassistent am Institut für Geographie der Universität Innsbruck seit 1. November 1985 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er war bereits zuvor in der Zeit vom 1. Oktober 1984 bis 31. Oktober 1985 als Vertragsassistent am Institut für Meteorologie und Geophysik tätig.

Der Beschwerdeführer hatte sein im Wintersemester 1973/74 an der Universität Innsbruck begonnenes Studium am 4. Februar 1984 mit der Promotion zum Doktor der Philosophie (Dissertation: "Verdunstung von Schnee und Eis") abgeschlossen. Während seiner Studienzeit stand er ab 1. Juni 1974 bis 31. März 1983 - mit zwei Unterbrechungen (gewährte Karenzurlaube) - auf Grund eines Dienstvertrages in einem Dienstverhältnis zur Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Sein Dienstort war das Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität Innsbruck; der Beschwerdeführer hatte an Projekten der "Internationalen hydrologischen Dekade" und am "Internationalen hydrologischen Programm" sowie am Projekt "Hydrologie Österreich" mitgearbeitet, die im wesentlichen Zusammenhänge zwischen Gletscherverhalten und Klima betrafen.

Mit Bescheid vom 14. Mai 1986 setzte die belangte Behörde für den Beschwerdeführer den 29. August 1978 als Vorrückungsstichtag fest.

Sie begründete ihren Bescheid wie folgt:

"Der für die Ermittlung des Vorrückungsstichtages maßgebende Sachverhalt wurde unter Zugrundelegung Ihrer Angaben im Erhebungsblatt und aus den ho. aufliegenden Personalunterlagen angenommen und auf Grund der angeschlossenen und einen festen Bestandteil des Bescheides bindenden Ermittlung festgestellt.

Das Gesamtausmaß der dem Tag Ihrer Ernennung voranzusetzenden Zeiten beträgt 7 Jahre, 2 Monate und 2 Tage.

Wegen der in der Erhebung für die Feststellung des Vorrückungsstichtages unter Post Nr. 3 angegebenen Zeit vom 1. Juni 1974 bis 31. März 1983 (VB I/b, Österreichische Akademie der Wissenschaften) wurde Ihnen mit

GZ 232.551/6-11DA/85 vom 3. Oktober 1985 mitgeteilt:

"Zu Post Nr. 3 der Erhebung für die Feststellung des Vorrückungsstichtages, das ist die Zeit vom 1. Juni 1974 bis 31. März 1983 als Vertragsbediensteter bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, wird bemerkt, daß diese Zeit nur gemäß § 12, Abs. 1 (b) des Gehaltsgesetzes 1956 zur Hälfte gerechnet werden könnte, weil hier die Voraussetzung des § 12 Abs. 2 Ziff. 1 leg. cit. (Gebietskörperschaft) nicht zutrifft. Auch ist eine Prüfung dieser Zeit gemäß § 12 Abs. 3 leg. cit. nicht möglich. Abs. 3 des § 12 leg. cit. bestimmt, daß Zeiten gemäß Abs. 1 lit. b, in denen der Beamte eine Tätigkeit ausgeübt hat, mit Zustimmung des Bundeskanzleramtes und des Bundesministeriums für Finanzen im öffentlichen Interesse insoweit zur Gänze berücksichtigt werden können, als die Tätigkeit für die erfolgreiche Verwendung des Beamten von BESONDERER Bedeutung ist. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie nach der Anrechnungspraxis des Bundeskanzleramtes kann nur Zeiten NACH Erbringung des Anstellungserfordernisses jene besondere Bedeutung zugemessen werden, die eine Vollanrechnung im öffentlichen Interesse rechtfertigt."

Mit Schreiben vom 11. November 1985 haben Sie, abgesehen von den Unterbrechungen (Post Nr. 4 und 5 der Erhebung für die Feststellung des Vorrückungsstichtages - Anmerkung: dabei handelt es sich um gewährte Karenzurlaube in der Zeit vom 14. Juni 1979 bis 3. Juni 1980 und vom 1. April 1982 bis 30. Juni 1982) um die volle Anrechnung der angegebenen Zeit mit folgender Begründung ersucht:

"Die Arbeit ist unabhängig vom Studium und parallel dazu verlaufen und war eine wesentliche Ursache für das Überschreiten der vorgesehenen Studiendauer.

Prof. P (Institut für Meteorologie und Geophysik) und Prof. F (Institut für Geographie) bescheinigen, daß meine Arbeit von besonderer Bedeutung und öffentlichem Interesse und daß sie auch eine wesentliche Voraussetzung für meine Anstellung als Universitätsassistent war. (auf die Bescheinigungen der Professoren P und F wurde hingewiesen).

Dr. D (Institut für Meteoroloie und Geophysik der Universität Innsbruck) wurde einem gleichartigen Ansuchen stattgegeben."

Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung ersuchte nun das Bundeskanzleramt und das Bundesministerium für Finanzen um volle Berücksichtigung der unter Post. 3b, 3d und 3f der Ermittlung des Vorrückungsstichtages angeführten Zeiträume. Dazu hat das Bundeskanzleramt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen die nachstehend angeführte Entscheidung getroffen:

"Sämtliche zur Anrechnung beantragten Praxiszeiten liegen vor Erbringung des Anstellungserfordernisses.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnis vom 8.7.1975, Zl. 358/75, etc.) ist bei der vollen Berücksichtigung unterwertiger oder vor Erfüllung des einschlägigen Anstellungserfordernisses zurückgelegter Praxis- oder Ausbildungszeiten, bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Gehaltsgesetz 1956 zutreffen, ein besonders strenger Maßstab anzulegen, etwa in der Richtung, daß die Vortätigkeit für die nunmehrige Verwendung des Beamten der Sache nach unerläßlich war.

Eine solche Unerläßlichkeit ist dem Antrag nicht zu entnehmen.

Der Hinweis auf die angeblich günstigere Behandlung eines anderen Bediensteten (Dr. D) geht schon deshalb fehl, weil

1)

die Frage der Vollberücksichtigung von Zeiten nach § 12 Abs. 3 Gehaltsgesetz 1956 in jedem Einzelfall auf Grund der konkreten Gegebenheiten nach dem Gesetz zu lösen ist und dieses hiebei einen Vergleich mit Laufbahnen anderer Beamter nicht vorsieht (z.B. Verwaltungsgerichtshof vom 4.11.1976, Zl. 789/76 und Zl. 838/76),

2)

eine Behörde aus sachlichen Erwägungen von einer früher als richtig angesehenen Praxis abgehen kann (z.B. VfSlg. 8375/78 und 8725/80), weiters

3)

niemand aus einem eventuellen Fehlverhalten der Behörde anderen Beamten gegenüber das Recht auf gleiches Fehlverhalten der Behörde auch ihm gegenüber ableiten kann (z.B. VfSlg. 7836/76, 8790/80).""

Mit Erkenntnis vom 29. November 1988, Zl. 86/12/0174, hob der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Er führte - soweit dies aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles von Bedeutung ist - zunächst zum Vorbringen des Beschwerdeführers, es hätte die (gesamte) Zeit seiner Tätigkeit als Angestellter der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zur Gänze (und nicht nur zur Hälfte) für die Vorrückung angerechnet werden müssen, aus, daß ein Teil dieser Zeit (nämlich vom 1. Juni 1974 bis 31. Dezember 1977) wegen ihrer zur Gänze erfolgten Anrechnung als Studienzeit (§ 12 Abs. 2 Z. 8 GG 1956) wegen des Verbotes der Mehrfachberücksichtigung (§ 12 Abs. 8 leg. cit.) außer Betracht zu bleiben habe. Zu der für eine Vollanrechnung in Frage kommenden sonstigen Zeiten als Dienstnehmer der Österreichischen Akademie der Wissenschaften fehle es an einer Feststellung darüber, welche Tätigkeiten der Beschwerdeführer zu Beginn seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses (unter Berücksichtigung des im Sinne der Rechtsprechung zulässigen Beobachtungszeitraumes von einem halben Jahr nach Beginn des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses) erbracht habe, wie sein Verwendungserfolg gewesen sei und welcher Zusammenhang zwischen seiner Vortätigkeit bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Besorgung der ihm übertragenen Aufgabenbereiche als Universitätsassistent bestünde. Diese Feststellungen seien auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Zeiten des Beschwerdeführers als Angestellter der Österreichischen Akademie der Wissenschaften vor der Vollendung seines Hochschulstudiums lägen, was (nur) zur Folge habe, daß bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen nach § 12 Abs. 3 GG 1956 vorlägen, ein besonders strenger Maßstab anzulegen sei (Hinweis auf Vorjudikatur). Es sei der belangten Behörde zuzugestehen, daß sie im Hinblick auf die ablehnende Haltung des Bundeskanzleramtes rechtlich nicht in der Lage gewesen sei, die vom Beschwerdeführer angestrebte Vollanrechnung zur Gänze oder teilweise vorzunehmen. Die bloße Behauptung aber, daß im Beschwerdefall eine Unerläßlichkeit der Vortätigkeit des Beschwerdeführers für seine nunmehrige Verwendung nicht habe gefunden werden können - diese Behauptung sei aus der ablehnenden Stellungnahme des Bundeskanzleramtes in den Bescheid übernommen worden - werde den Anforderungen an die Begründung eines Bescheides, die sich aus § 60 AVG ergäben, nicht annähernd gerecht.

In der Folge führte die belangte Behörde ein Ermittlungsverfahren (Einholung von Stellungnahmen) durch (Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 17. März 1989; erste Stellungnahme des Universitätsprofessors Dr. L, Vorstand des Instituts für Geographie vom 22. März 1989; erste Stellungnahme des Universitätsprofessors Dr. X, Vorstand des Instituts für Meteorologie und Geophysik).

Mit Schriftsatz vom 30. Oktober 1989 erhob der Beschwerdeführer die unter Zl. 89/12/0194 protokollierte Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof. Der Verwaltungsgerichtshof leitete hiezu mit Verfügung vom 13. November 1989 das Vorverfahren gemäß § 36 Abs. 2 VwGG ein und setzte der belangten Behörde eine Frist von drei Monaten für die Nachholung des versäumten Bescheides. Die Einleitungsverfügung wurde der belangten Behörde am 29. Dezember 1989 zugestellt.

In der Folge teilte die belangte Behörde mit Schreiben vom 5. März 1990 dem Beschwerdeführer mit, eine Vollanrechnung der strittigen Zeiten sei nicht beabsichtigt: Die Vortätigkeit an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sei neben der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Vertragsassistent nur eine Ursache für seine Aufnahme als Universitätsassistent gewesen. Hiezu legte der Beschwerdeführer Stellungnahmen des (nunmehr) emeritierten Universitätsprofessors Dr. L, des Universitätsprofessors Dr. X und des Universitätsdozenten Dr. Y (Institut für Geographie) vor, die im wesentlichen übereinstimmend hervorhoben, die Vortätigkeit des Beschwerdeführers bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sei nicht nur eine Mitursache, sondern die einzige Ursache für seine Bestellung bzw. seinen Verwendungserfolg als Universitätsassistent gewesen.

Mit Bescheid vom 27. März 1990 setzte die belangte Behörde den Vorrückungsstichtag neuerlich mit 29. August 1978 fest. Sie wies in der Begründung u.a. darauf hin, im (nach Aufhebung des ersten Bescheides vom 14. Mai 1986 durchgeführten) Ermittlungsverfahren habe der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 17. März 1984 im wesentlichen ausgeführt, daß die Erforschung des Wasserhaushaltes von ganz besonderer Bedeutung und großem öffentlichen Interesse sei. Seine Kenntnisse und Erfahrungen aus der Arbeitszeit in den Projekten der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sei bei seiner Bestellung zum Universitätsassistenten eine enscheidende Voraussetzung gewesen. Professor L (Institut für Geographie) habe in seiner Stellungnahme vom 22. März 1989 unter anderem vorgebracht, aus dem Tätigkeitsprofil gehe hervor, daß die vom Beschwerdeführer im Rahmen des Forschungsprojektes an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften durchgeführten Aufgaben für seine jetzige Verwendung in Lehre und Verwaltung von besonderer Bedeutung seien und dazu beigetragen hätten, ihn in eine Assistentenstelle des Instituts für Geographie einzuweisen. Prof. X (Institut für Meteorologie und Geophysik) habe in seiner Stellungnahme vom 17. März 1989 die Ansicht vertreten, daß sich die besondere Bedeutung und das öffentliche Interesse unter anderem auch daran zeigten, daß das gesamte Forschungsprojekt im Rahmen der "Internationalen hydrologischen Dekade" nach deren Ablauf in das "Hydrologische Programm" und später in die "Hydrologie Österreich 7" übergeleitet worden sei.

Der Beschwerdeführer habe ferner weitere Stellungnahmen über Aufforderung der belangten Behörde vorgelegt. In seiner Stellungnahme vom 16. März 1990 habe der emeritierte Univ.Prof. L eine Darstellung der Tätigkeiten des Beschwerdeführers als Universitätsassistent während der ersten sechs Monate gegeben und ausgeführt, der Beschwerdeführer sei unmittelbar nach Dienstantritt ohne besondere Einschulung in Lehre, Forschung und Verwaltung so tätig gewesen wie nur eine langjährig bestens eingeschulte Kraft.

Prof.Dr. X habe in seiner Stellungnahme vom 14. März 1990 darauf hingewiesen, daß nur durch die Vortätigkeit eine derart effiziente Arbeit als Universitätsassistent möglich gewesen sei. Die Vortätigkeit des Beschwerdeführers sei durch seine erfolgreiche Verwendung nicht nur eine Mitursache, sondern die einzige Ursache, und somit unerläßlich gewesen.

Assistenzprofessor Dr. Y (Institut für Geographie) habe in seiner Stellungnahme vom 15. März 1990 angegeben, daß Prof. F den Beschwerdeführer gerade wegen seiner Tätigkeit bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften für die Universitätsassistentenstelle besonders geeignet gehalten und betont habe, daß er bei der Nachbesetzung nicht an den Beschwerdeführer gedacht hätte, hätte dieser nicht bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften gearbeitet. Prof. F. hätte besonderen Wert auf praktische Qualifikation in den Bereichen Klimatologie, Hydrologie und Glaziologie gelegt. Die Vortätigkeiten des Beschwerdeführers seien der einzige und entscheidende Grund für dessen Aufnahme gewesen. Es sei auch sofort ohne eine nennenswerte Anlaufphase volle Effizienz gegeben gewesen. Die Vortätigkeit des Beschwerdeführers an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sei für seine erfolgreiche Verwendung nicht nur ein angenehmer Begleitumstand, sondern die einzige und auf jeden Fall unerläßliche Ursache gewesen.

Die belangte Behörde führte ferner aus, als Angestellter der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sei der Beschwerdeführer im Rahmen des von der UNESCO organisierten Projektes "Kombinierte Studien von Eis-, Wasser- und Wärmehaushalt vergletscherter Einzugsgebiete" tätig gewesen. Zu seinen Aufgaben gehörten die Organisation und Durchführung von Meßkampagnen auf dem Hintereis- und Kesselwandferner im Ötztal, die Mitarbeit bei den Verwaltungsaufgaben des Projektes, die Ausarbeitung der Ergebnisse zu deren Veröffentlichung in Fachzeitschriften und bei internationalen Tagungen und die Betreuung von Studenten und ausländischen Wissenschaftlern im Rahmen des Projektes und Mitarbeit an deren Projekten am Hintereis- und Kesselwandferner.

Als Vertragsassistent am Institut für Meteorologie und Geophysik in Innsbruck (1. Oktober 1984 bis 31. Oktober 1985) habe sich der Beschwerdeführer mit den aus seiner Dissertation ergebenden Fragestellungen zur Verdunstung von Schnee und Eis, weiters mit der Bestimmung der Gebietsverdunstung in einem größeren alpinen Einzugsgebiet (Ötztal) beschäftigt und habe die Abflußverhältnisse in Nord- und Südtirol untersucht, sowie Studenten bei Seminaren, Übungen und Feldarbeiten betreut.

Als Universitätsassistent am Institut für Geographie in Innsbruck sei er zu 50 % in der Lehre, 20 % in der Verwaltung und 30 % in der Forschung eingesetzt gewesen. Während der ersten sechs Monate dieses Dienstverhältnisses seien ihm folgende Aufgaben oblegen:

Lehre: Assistenz bei Seminaren, fachliche und organisatorische Vorbereitung und Durchführung von Pflichtexkursionen (Gletscher-Ötztal, tropische Hochgebirge in Kenia, Vulkane in Süditalien) und Betreuung von Diplomarbeiten.

Verwaltung: Betreuung des Luftbildarchives, der Diasammlung des Institutes und der wissenschaftlichen Geräte sowie Aufarbeitung des Nachlasses von Prof. Z. Forschung: Probleme der Verdunstung von Schnee und Eis, Bestimmung der Gebietsverdunstung in einem größeren alpinen Einzugsgebiet (Ötztal), Untersuchung der Abflußverhältnisse in Nord- und Südtirol und Gletscherwind- und Energiehaushalt im Hintereisferner.

Nach Darstellung der Rechtslage und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 12 Abs. 3 GG 1956 ging die belangte Behörde zwar davon aus, die Vortätigkeit des Beschwerdeführers an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften habe zwar sicher eine Ursache für seine erfolgreiche Verwendung als Universitätsassistent dargestellt, könne aber nicht für als unerläßlich hiefür angesehen werden. Vielmehr sei für seine sofortige Einsetzbarkeit in Lehre, Forschung und Verwaltung ohne nennenswerte Anlaufphase seine Vortätigkeit als Vertragsassistent maßgebend gewesen. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Vortätigkeit an der Österreichischen Akademie für Wissenschaften die einzige Ursache für seine effiziente Arbeit als Universitätsassistent (Stellungnahme Prof. X) gewesen sein sollte. Auch im Hinblick auf den Ausschreibungstext

("1. Universitätsassistentenplanstelle am Institut für Geographie ab 1. November 1985, Arbeitsrichtung: physische Geographie mit besonderer Berücksichtigung der Hydrologie") sei nicht einzusehen, warum seine erfolgreiche Verwendung als Universitätsassistent ausschließlich auf die Vortätigkeit an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zurückzuführen sei. Die beantragte Vollanrechnung seiner Vortätigkeit als Akademieangestellter sei daher nicht gerechtfertigt.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 2. April 1990 und somit nach Ablauf der der belangten Behörde nach § 36 Abs. 2 VwGG eingeräumten Frist zur Nachholung des versäumten Bescheides zugestellt. Mit Beschluß vom 23. April 1990, Zl. 89/12/0194-6, stellte der Verwaltungsgerichtshof hierauf das Säumnisbeschwerde-Verfahren (gemäß § 33 Abs. 1 VwGG) ein.

Mit Erkenntnis vom 27. September 1990, Zl. 90/12/0172, hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde vom 27. März 1990 wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit auf, weil die belangte Behörde diesen Bescheid zu einem Zeitpunkt erlassen hatte, in dem die Zuständigkeit bereits auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen war und der Beschwerdeführer diesen Umstand ausdrücklich als Beschwerdepunkt geltend gemacht hatte.

Mit Beschluß vom 3. Dezember 1990, Zl. 90/12/0307, gab der Verwaltungsgerichtshof dem Antrag auf Wiederaufnahme des mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 1990, Zl. 89/12/0194, abgeschlossenen (Säumnisbeschwerde)Verfahrens nach § 45 Abs. 1 Z. 5 VwGG statt und hob diesen Beschluß auf.

Das wiederaufgenommene Säumnisbeschwerde-Verfahren wurde unter Zl. 91/12/0010 protokolliert. Die belangte Behörde hat über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes die Verwaltungsakten vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof, auf den die Pflicht zur Entscheidung auf Grund der Beschwerde gemäß § 27 VwGG übergegangen ist, hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist § 12 Abs. 1 und 3 GG 1956 in der Fassung der 20. GG-Novelle, BGBl. Nr. 245/1970, anzuwenden.

Diese Bestimmungen lauten:

"(1) Der Vorrückungsstichtag ist dadurch zu ermitteln, daß - unter Ausschluß der vor der Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Zeiten und unter Beachtung der einschränkenden Bestimmungen der Abs. 4 bis 8 - dem Tag der Anstellung vorangesetzt werden:

a)

Die im Abs. 2 angeführten Zeiten zur Gänze;

b)

die sonstigen Zeiten zur Hälfte.

...

(3) Zeiten gemäß Abs. 1 lit. b, in denen der Beamte eine Tätigkeit ausgeübt oder ein Studium betrieben hat, können mit Zustimmung des Bundeskanzleramtes und des Bundesministeriums für Finanzen im öffentlichen Interesse insoweit zur Gänze berücksichtigt werden, als die Tätigkeit oder das Studium für die erfolgreiche Verwendung des Beamten von besonderer Bedeutung ist."

Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob die Zeiten der während des Studiums ausgeübten Vortätigkeiten des Beschwerdeführers als Vertragsbediensteter I b bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Beschäftigungsdauer insgesamt: 1. Juni 1974 bis 31. März 1983) mit Ausnahme der in dieser Zeit gewährten Karenzurlaube (14. Juni 1979 bis 3. Juni 1980; 1. April 1982 bis 30. Juni 1982) bei der Ermittlung des Vorrückungsstichtages gemäß § 12 Abs. 1 lit. b GG 1956 zur Hälfte (so die belangte Behörde im bisherigen Verwaltungsverfahren) oder nach § 12 Abs. 3 leg. cit. in einem höheren Ausmaß (so der Standpunkt des Beschwerdeführers, der eine Vollanrechnung anstrebt) zu berücksichtigen sind. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Vorerkenntnis vom 29. November 1988, Zl. 86/12/0174, ausgesprochen hat, ist der strittige Zeitraum wegen der Vollanrechnung eines Teiles der Beschäftigung als Studienzeit nach § 12 Abs. 2 Z. 8 in Verbindung mit dem "Doppelverwertungsverbot" nach § 12 Abs. 8 GG 1956 auf die Zeit vom 1. Jänner 1978 bis 31. März 1983 (unter Ausklammerung der darin enthaltenen oben zitierten Karenzzeiten) einzuschränken.

Eine Vortätigkeit ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die erfolgreiche Verwendung eines Beamten von Bedeutung, wenn sie sich als eine ihrer Ursachen darstellt. Von besonderer Bedeutung ist sie dann, wenn der durch sie verursachte Erfolg der Verwendung ohne sie nur in einem beträchtlich geringeren Maße gegeben wäre (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1995, Zl. 94/12/0065, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in diesem Zusammenhang die Rechtsauffassung, daß bei zeitlich langandauernden Vortätigkeiten, die für die erfolgreiche Verwendung des öffentlich-rechtlichen Bediensteten von Bedeutung sind, eine besondere Bedeutung im Sinne des § 12 Abs. 3 GG 1956 nur für einen Teil dieser Zeit, der in der Regel erforderlich ist, um die notwendigen praktischen Kenntnisse und Erfahrungen für die erfolgreiche Ausübung der Vortätigkeit zu erwerben, gegeben sein kann. Die wesentlichen Auswirkungen der Vortätigkeit auf die erfolgreiche Verwendung des öffentlich-rechtlich Bediensteten kann daher zeitlich begrenzt sein und eine darüber hinausgehende Vollanrechnung auch nicht im öffentlichen Interesse liegen (vgl. das oben genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Juni 1995 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Der Verwaltungsgerichtshof geht auf Grund der von der belangten Behörde angestellten Ermittlungen, die im wesentlichen auf Angaben des seinerzeitigen Vorstandes des Instituts für Geographie Univ.Prof. Dr. L (Stellungnahme vom 22. März 1989) und des Beschwerdeführers (17. März 1989) beruhen, von jener Arbeitsplatzbeschreibung für die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Universitätsassistent aus, wie sie die belangte Behörde im oben genannten Ersatzbescheid vom 27. März 1990 näher dargelegt hat. Dieser Arbeitsplatz weist in den beiden Teilbereichen Lehre und Forschung, die zu 80 % die Arbeitskraft des Beschwerdeführers unbestritten in Anspruch genommen haben, einen hohen Grad von Spezialisierung auf, der zweifellos durch seine Schwerpunkte (Gletscherkunde, Hydrologie und Klimatologie) im engen Zusammenhang mit der Vortätigkeit des Beschwerdeführers als Bediensteter der Österreichischen Akademie der Wissenschaften steht (vgl. dazu die ebenfalls unbestrittene Umschreibung der Aufgaben dieser Tätigkeiten im oben wiedergegebenen Ersatzbescheid vom 27. März 1990). Da bei der Beurteilung der nach § 12 Abs. 3 GG 1956 entscheidenden Frage die konkreten Tätigkeiten des Arbeitsplatzes des Beamten im Beobachtungszeitraum (der ersten sechs Monate ab Begründung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses; vgl. dazu das hg. Vorerkenntnis vom 29. November 1988, Zl. 86/12/0174) maßgebend sind, kann dem Ausschreibungstext für die Planstelle als Universitätsassistent nur eine begrenzte Bedeutung zukommen, zumal in der Regel Ausschreibungen sehr knapp gehalten sind. Abgesehen davon hebt aber im Beschwerdefall auch der Ausschreibungstext einen Schwerpunkt der Assistententätigkeit ("mit besonderer Berücksichtigung der Hydrologie") ohnehin besonders hervor.

Dieser enge Zusammenhang zwischen dieser Vortätigkeit bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und dem Arbeitsplatz des Beschwerdeführers als Universitätsassistent wird auch durch die von der belangten Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholten Stellungnahmen verschiedener Universitätsprofessoren bestätigt, die im Ergebnis übereinstimmend, den unbestritten gebliebenen besonderen Verwendungserfolg des Beschwerdeführers als Universitätsassistent ausschließlich auf diese Vortätigkeit zurückführen (siehe dazu die obige Wiedergabe der Begründung des aufgehobenen Ersatzbescheides vom 27. März 1990).

Die belangte Behörde hat im aufgehobenen Ersatzbescheid vom 27. März 1990 die Vollanrechnung der strittigen Zeiten im wesentlichen mit dem Argument abgelehnt, daß die einjährige Vortätigkeit des Beschwerdeführers als Vertragsassistent (am Institut für Meteorologie und Geophysik), die unmittelbar dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis des Beschwerdeführers als Universitätsassistent am Institut für Geographie vorausging, für seine sofortige Einsetzbarkeit in Lehre, Forschung und Verwaltung ohne nennenswerte Anlaufphase ausschlaggebend gewesen sei.

Dieser Auffassung kann der Verwaltungsgerichtshof aus folgenden rechtlichen Erwägungen nicht folgen:

Der Beschwerdeführer hat auf Grund der Arbeitsplatzbeschreibung zweifellos (im Beobachtungszeitraum) einen hochspezialisierten Arbeitsplatz innegehabt. Dieser umfaßte auf Grund der Schwerpunkte der vorgesehenen Tätigkeiten Aufgaben, deren vollständige und sofortige Wahrnehmung nur auf Grund umfassender Erfahrungen und Kenntnisse möglich ist. In diesem Fall schließt eine kurzfristige (hier: einjährige) Vorverwendung auf einem vergleichbaren Arbeitsplatz (so offenkundig die Annahme der belangten Behörde in bezug auf die Vertragsassistententätigkeit am Institut für Meteorologie und Geophysik) als Vertragsbediensteter nicht aus, daß langjährige einschlägige Vortätigkeiten (hier in einem Dienstverhältnis zu einem Dritten) von besonderer Bedeutung im Sinne des § 12 Abs. 3 GG 1956 sind.

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG beschränkt der Verwaltungsgerichtshof sein Erkenntnis auf die Entscheidung dieser Rechtsfrage, weil es die belangte Behörde im bisherigen Verwaltungsverfahren erkennbar von einer irrigen Rechtsanschauung ausgehend unterlassen hat, weitere Ermittlungen anzustellen. Die belangte Behörde wird nunmehr die versäumte Entscheidung unter Zugrundelegung der hiemit festgelegten Rechtsanschauung zu erlassen haben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 2 und 54 Abs. 4 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1991120010.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

09.02.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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