TE Vfgh Erkenntnis 2021/2/25 G197/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.02.2021
beobachten
merken

Index

L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 Z1 lita
Sbg BaupolizeiG 1997 §16 Abs6
VfGG §7 Abs1, §62 Abs1
  1. B-VG Art. 7 heute
  2. B-VG Art. 7 gültig ab 01.08.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013
  3. B-VG Art. 7 gültig von 01.01.2004 bis 31.07.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  4. B-VG Art. 7 gültig von 16.05.1998 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/1998
  5. B-VG Art. 7 gültig von 14.08.1997 bis 15.05.1998 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/1997
  6. B-VG Art. 7 gültig von 01.07.1988 bis 13.08.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 341/1988
  7. B-VG Art. 7 gültig von 01.01.1975 bis 30.06.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  8. B-VG Art. 7 gültig von 19.12.1945 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  9. B-VG Art. 7 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. B-VG Art. 140 heute
  2. B-VG Art. 140 gültig ab 01.01.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013
  3. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2008
  5. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  6. B-VG Art. 140 gültig von 06.06.1992 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 276/1992
  7. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.1991 bis 05.06.1992 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  8. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.1988 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 341/1988
  9. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.1976 bis 30.06.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 302/1975
  10. B-VG Art. 140 gültig von 19.12.1945 bis 30.06.1976 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 140 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. VfGG § 7 heute
  2. VfGG § 7 gültig ab 22.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020
  3. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 21.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  4. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/2014
  5. VfGG § 7 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  6. VfGG § 7 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  7. VfGG § 7 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. VfGG § 7 gültig von 01.10.2002 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2002
  9. VfGG § 7 gültig von 01.01.1991 bis 30.09.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 329/1990
  10. VfGG § 7 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 311/1976

Leitsatz

Abweisung eines Antrags auf Aufhebung einer Bestimmung des Sbg BaupolizeiG 1997 betreffend die fünfjährige Befristung des Rechts von Nachbarn auf Beseitigung von – gegen Abstandsregeln verstoßende – bereits vollendeten Baumaßnahmen; verkürzte Befristung des Rechts auf Beseitigung bei ansonsten unbefristeter Parteistellung im nachträglichen Baubewilligungsverfahren im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B-VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Salzburg, §16 Abs6 zweiter Satz Salzburger Baupolizeigesetz (Sbg BauPolG), LGBl 40/1997, idF LGBl 33/2019 als verfassungswidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Baupolizeigesetzes (Sbg BauPolG), LGBl 40/1997 (Wiederverlautbarung), idF LGBl 33/2019 (bzw §16 idF LGBl 96/2017) lauten auszugsweise wie folgt (die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):

"Begriffsbestimmungen

§1

Im Sinn dieses Gesetzes gilt als:

Bau: ein überdachtes oder überdecktes Bauwerk, das von Menschen betreten werden kann und wenigstens einen Raum zum Aufenthalt von Menschen oder zur Unterbringung von Sachen umfaßt; als Bauwerk ist hiebei eine bauliche Anlage anzusehen, die bei ordnungsgemäßer Errichtung mit dem Boden verbunden ist und zu deren Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind; das Vorliegen von Seitenwänden ist für einen Bau nicht wesentlich;

bauliche Anlage: das durch eine bauliche Maßnahme oder aufgrund des §2 Abs2 bewilligungsfrei Hergestellte sowie Stütz- und Futtermauern, Aussichtswarten und Sprungschanzen;

Bauführung: die Errichtung oberirdischer oder unterirdischer Bauten einschließlich der Zu-, Auf- und Umbauten;

Baugebrechen: ein mangelhafter Zustand einer baulichen Anlage in bautechnischer Hinsicht, der geeignet ist, Personen oder im Eigentum Dritter stehende Sachen zu gefährden oder zu beschädigen oder das Orts-, Straßen- oder Landschaftsbild grob zu beeinträchtigen (Verunstaltung);

bauliche Maßnahme: die Durchführung einer nach baurechtlichen Vorschriften bewilligungspflichtigen Maßnahme;

Baustelleneinrichtung: ein Bau, eine Einrichtung oder eine sonstige Anlage vorübergehenden Bestandes, die zur Ermöglichung, Erleichterung oder ordnungsgemäßen Durchführung einer baulichen Maßnahme oder eines ähnlichen Vorhabens erstellt und sodann beseitigt wird.

Gebäudehülle: diejenigen Bauteile eines Baus, die dessen konditionierten Innenbereich nach außen begrenzen (Außenwände, Fenster, Dächer udgl);

größere Renovierung: bauliche Änderungen an Bestandsbauten, die mehr als 25 % der Oberfläche der Gebäudehülle betreffen und sich auf die Gesamtenergieeffizienz des Baus auswirken.

[…]

Parteien

§7

[…]

(5) Partei in einem Verfahren gemäß §16 ist der vorgesehene Adressat des baupolizeilichen Auftrages. In einem wegen Verstoßes gegen eine Bestimmung betreffend Abstände zu den Grenzen des Bauplatzes oder zu anderen Bauten auf Antrag des Nachbarn eingeleiteten Verfahren gemäß §16 Abs1 bis 4 ist auch der dadurch in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzte Nachbar Partei.

[…]

Folgen der bescheidwidrigen oder nicht
bewilligten Ausführung baulicher Maßnahmen

§16

(1) Stellt die Baubehörde fest, daß die Ausführung einer baulichen Maßnahme nicht dem Inhalt der Bewilligung (Baukonsens) einschließlich der auf die bauliche Maßnahme bezughabenden baurechtlichen Vorschriften, der Pläne und technischen Beschreibung entsprechend erfolgt, so hat sie die Einstellung der Ausführung der baulichen Maßnahme zu verfügen, es sei denn, daß die Abweichung geringfügig ist. Eine Abweichung vom Inhalt der Bewilligung ist jedenfalls dann nicht mehr als geringfügig anzusehen, wenn hiedurch die in den raumordnungs- oder baurechtlichen Vorschriften enthaltenen Bestimmungen verletzt werden oder für die Änderung selbst eine Bewilligungspflicht besteht. Die Einstellung ist unter Anordnung der notwendigen Sicherungsmaßnahmen unmittelbar gegenüber den mit der Ausführung der baulichen Maßnahme beschäftigten Personen ohne vorausgehendes Verfahren mit sofortiger Wirkung zu verfügen und erforderlichenfalls durch die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt auf Gefahr und Kosten des Bauherrn und des Bauführers sicherzustellen. Sie wird unwirksam, wenn die Baubehörde die Einstellung nicht innerhalb einer Woche nach der Einstellungsverfügung durch Bescheid aufrecht erhält. Beschwerden dagegen haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Die Baubehörde hat die Einstellung der Ausführung der baulichen Maßnahme auch dann und insolange zu verfügen, als

1. keine Bewilligung vorliegt, oder die erteilte Bewilligung nachträglich aufgehoben wurde oder nicht rechtskräftig ist, es sei denn, es handelt sich im letzten Fall um Arbeiten nach §12 Abs2;

2. die bauliche Maßnahme nicht durch eine hiezu befugte Person (§11) ausgeführt bzw überwacht wird;

3. die im Bewilligungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht erfüllt werden;

4. baubehördlichen Anordnungen im Sinn des §13 nicht entsprochen wird;

5. sie in einem Gebiet, für das eine Bausperre gemäß §21 ROG 2009 gilt, ohne die gemäß dem Abs2 der zitierten Bestimmung erforderliche besondere Bewilligung ausgeführt wird. Abs1 dritter bis fünfter Satz findet Anwendung.

(3) Ist eine bauliche Anlage ohne Bewilligung ausgeführt oder ist ihre Bewilligung nachträglich aufgehoben worden, so hat die Baubehörde dem Eigentümer und allenfalls auch dem Veranlasser aufzutragen, die bauliche Anlage binnen einer angemessenen Frist zu beseitigen. Wird ein Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung gestellt, darf eine Vollstreckung des Beseitigungsauftrages nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden. Bei Versagung der nachträglichen Bewilligung beginnt die Frist zur Beseitigung ab Rechtskraft des Versagungsbescheides neu zu laufen.

(4) Die Bestimmung des Abs3 gilt hinsichtlich des unzulässig Hergestellten sinngemäß, wenn die Ausführung aufgrund einer baubehördlichen Bewilligung erfolgt, von deren Inhalt aber nicht nur geringfügig abweicht. Der Beseitigungsauftrag ist diesfalls an den Bauherrn bzw den Eigentümer der baulichen Anlage zu richten.

(5) Geringfügige Abweichungen der Ausführung der baulichen Anlage vom Inhalt der Bewilligung sind von der Baubehörde nachträglich zu genehmigen. Hinsichtlich solcher Abweichungen kann die Baubehörde die Vorlage der erforderlichen Pläne und Unterlagen (§§4 und 5) verlangen. Bei Bauten, die unter §17 Abs4 fallen, kann die Genehmigung über Antrag im Überprüfungsbescheid erteilt werden.

(6) Wird durch eine bescheidwidrige oder nicht bewilligte Ausführung einer baulichen Maßnahme gegen eine Bestimmung betreffend Abstände zu der Grenze des Bauplatzes oder zu anderen Bauten verstoßen, so steht dem hiedurch in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzten Nachbarn das Recht der Antragstellung auf behördliche Maßnahmen nach Abs1 bis 4 zu. Dies gilt nicht, wenn die bauliche Anlage fünf oder mehr Jahre ab Vollendung der baulichen Maßnahme, bei Bauten ab Aufnahme der auch nur teilweisen Benützung besteht. Der Antrag hat solche Gründe zu enthalten, die einen Verstoß gegen Abstandsbestimmungen als wahrscheinlich erkennen lassen.

(7) Dem Abweichen vom Baukonsens ist das Abweichen von im Zeitpunkt des Bauansuchens geltenden baurechtlichen Vorschriften gleichzuhalten, soweit es nicht vom Baukonsens erfasst ist. Für derartige, geringfügige Abweichungen genügt die Angabe in der Bestätigung gemäß §17 Abs2 Z1."

2. Mit LGBl 96/2017 hat §16 Abs6 Sbg BauPolG die heute geltende Fassung erhalten (siehe oben). Davor lautete die Bestimmung idF LGBl 107/2013 wie folgt:

"Folgen der bescheidwidrigen oder nicht

bewilligten Ausführung baulicher Maßnahmen

§16

[…]

(6) Wird durch eine bescheidwidrige oder nicht bewilligte Ausführung einer baulichen Maßnahme gegen eine Bestimmung betreffend Abstände zu der Grenze des Bauplatzes oder zu anderen Bauten verstoßen, so steht dem hiedurch in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzten Nachbarn das Recht der Antragstellung auf behördliche Maßnahmen nach Abs1 bis 4 zu. Dies gilt nicht, wenn die bauliche Anlage 20 oder mehr Jahre ab Vollendung der baulichen Maßnahme, bei Bauten ab Aufnahme der auch nur teilweisen Benützung besteht. Der Antrag hat solche Gründe zu enthalten, die einen Verstoß gegen Abstandsbestimmungen als wahrscheinlich erkennen lassen.

[…]"

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

2. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Scheffau am Tennengebirge (im Folgenden: Scheffau a.T.) vom 13. März 2008 wurde einem Bauwerber die Baubewilligung samt Unterschreitung des Mindestabstandes zur Bauplatzgrenze für den Neubau eines Einfamilienhauses mit Keller, Doppelgarage, Wintergarten, Garten-Gerätehütte und Einfriedung auf dem Grundstück Nr 679/23, KG Scheffau erteilt. Mit Eingabe vom 22. Juni 2011 erstattete der Bauwerber die Bauvollendungsanzeige und zeigte die Benützungsaufnahme per November 2008 an.

3. Die Partei des Ausgangsverfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg, eine Nachbarin des Bauwerbers (in der Folge nur: Nachbarin), beantragte am 9. Februar 2018 die "Herstellung der plangemäßen Regenwasser Mulde [sic] und Rückbau der konsenswidrigen Aufschüttung auf der Parzelle 679/23". Mit Antrag vom 22. Februar 2018 begehrte sie den "Rückbau der Garagentrauflänge auf der Parzelle 679/23". Mit Antrag vom 26. Februar 2018 begehrte sie den "Rückbau der Garage wegen Überschreitung der Traufhöhe auf der Parzelle 679/23".

4. Im Rahmen eines von der Baubehörde erster Instanz von Amts wegen eingeleiteten baupolizeilichen Überprüfungsverfahrens wurden mit Gutachten eines bautechnischen Sachverständigen vom 30. April 2018, ergänzt am 27. Juni 2018, nicht bloß geringfügige Abweichungen der Ausführung des Bauvorhabens vom Inhalt der erteilten Baubewilligung festgestellt. Daraufhin stellte der Bauwerber am 1. Oktober 2018 ein nachträgliches Bauansuchen.

5. Mit Anträgen vom 26. September und vom 6. Oktober 2018 begehrte die Nachbarin jeweils die bescheidmäßige Erledigung ihrer unter Punkt 3. genannten Anträge sowie Akteneinsicht.

6. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Scheffau a.T. vom 22. Oktober 2018 wurden sämtliche Anträge der Nachbarin als unzulässig zurückgewiesen.

7. Auf Grund einer Berufung der Nachbarin gegen diesen Bescheid wurde mit Bescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde Scheffau a.T. vom 6. Mai 2019 die Zurückweisung der genannten Anträge vom 9., 22. und 26. Februar 2018 bestätigt. Weiters wurde festgestellt, dass die Nachbarin das Recht auf Akteneinsicht habe.

Zur Zurückweisung der genannten Anträge wurde ausgeführt, dass gemäß §16 Abs6 Sbg BauPolG das Nachbarrecht der Antragstellung auf behördliche Maßnahmen nach Abs1 bis 4 leg. cit. nicht mehr bestehe, wenn die bauliche Anlage fünf oder mehr Jahre ab Vollendung der baulichen Maßnahme, bei Bauten ab Aufnahme der auch nur teilweisen Benützung, bestehe. Da die Aufnahme der Benützung des Baus zumindest fünf Jahre vor Stellung der Anträge erfolgt sei, seien diese als unzulässig zurückzuweisen.

8. Gegen diese Zurückweisung der genannten Anträge wendet sich die beim Landesverwaltungsgericht Salzburg anhängige Beschwerde der Nachbarin.

9. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg legt seine Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bewogen haben, wie folgt dar:

"Die bescheidwidrige oder nicht bewilligte Ausführung einer baulichen Maßnahme, durch die ein Nachbar in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten (durch Missachtung der Abstandsvorgaben zur Bauplatzgrenze oder zu anderen Bauten) verletzt wird, berührt ebenso wie eine konsenslose Bauführung dessen subjektiv-öffentliche Rechte.

Daher sind nach Ansicht des antragstellenden Verwaltungsgerichts für die zeitliche Beschränkung dieser Geltendmachung auf fünf Jahre in §16 Abs6 zweiter Satz BauPolG die dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 01.03.2019, G380/2018, zu §7 Abs10 leg cit zugrunde liegenden Erwägungen des Höchstgerichts auch bezüglich der Frage der Verfassungskonformität des §16 Abs6 zweiter Satz BauPolG anzustellen.

Der Verfassungsgerichtshof hat im genannten Erkenntnis ausgeführt:

'Dem Gesetzgeber sind durch den Gleichheitsgrundsatz insofern inhaltliche Schranken gesetzt, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl zB VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001) sowie sachlich nicht begründbare Differenzierungen vorzunehmen (vgl VfSlg 8169/1977, 15.590/1999, 18.269/2007).

Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass grundsätzlich keine verfassungsrechtliche Bestimmung Parteirechte in einem Verfahren überhaupt oder in einem bestimmten Umfang garantiert (zB VfSlg 15.274/1998, 15.581/1999, 16.103/2001). Es ist der Gestaltungsfreiheit des einfachen Gesetzgebers überlassen, ob und inwieweit er diesen Personen rechtlichen Schutz gewährt, die durch den einer anderen Person gegenüber ergangenen verwaltungsbehördlichen Bescheid in ihren Interessen betroffen sind. Die Gestaltungsfreiheit ist verfassungsrechtlich lediglich dadurch begrenzt, dass das die Parteirechte bestimmende Gesetz dem aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebot unterliegt (VfSlg 14.512/1996 mwN; 19.617/2012; VfGH 6.3.2018, G129/2017).'

Der Verfassungsgerichtshof hat hinsichtlich der - als verfassungswidrig erkannten - Bestimmung des §7 Abs10 BauPolG ausgeführt, dass der Ausschluss der Parteistellung von Nachbarn nach fünf Jahren nicht durch die amtswegige Pflicht der Baubehörde zur Wahrung eines gesetzmäßigen Verfahrens bei nachträglicher Baubewilligung kompensiert wird und auch die von der Salzburger Landesregierung ins Treffen geführte Verfahrensbeschleunigung die Sachlichkeit der Regelung nicht zu begründen vermag, da es einen Bauwerber geradezu einladen würde, konsenslos zu bauen und nach fünf Jahren in einem nachträglichen Verfahren die Mitsprache von Nachbarn zu umgehen. Es stellt die Regelung auch kein taugliches Mittel zur Wahrung des Rechtsfriedens dar, wenn einer Verfahrenspartei ihr Mitspracherecht entzogen wird. Nachbarn von konsenslos oder konsenswidrig bauenden Personen sollen nicht schlechter gestellt werden als Nachbarn eines regulären Bauverfahrens.

Eben diese Aspekte gelten nach Ansicht des vorlegenden Gerichts auch für die Antragstellung gemäß §16 Abs6 BauPolG, die quasi als 'Ersatz' für Nachbareinwendungen in einem regulären Bauverfahren angesehen werden kann.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (Nr 36 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages, 6. Session der 15. Gesetzgebungsperiode) findet sich eine gemeinsame Anmerkung zu den Friständerungen in den §§7 Abs10 bzw 16 Abs6 BauPolG:

'Die Änderung dient ebenfalls der Umsetzung eines Vorschlages aus dem Projekt 'Deregulierung konkret'. Die mit der Herabsetzung der Frist verbundene Einschränkung der Mitwirkungsrechte der Nachbarn führt zu keiner unvertretbaren nachbarrechtlichen Schlechterstellung, wohl aber zur Vermeidung komplexer Verfahren in allen Instanzen. Die Bewilligungspflicht und der damit verbundene Auftrag an die Behörden, die Bewilligungsfähigkeit in jeder Richtung zu prüfen, werden dadurch nicht berührt.'

Dieser Argumentation ist aber wie oben dargelegt der Verfassungsgerichtshof nicht gefolgt.

Überdies ist noch darauf hinzuweisen, dass die Fristverkürzung von 20 auf 5 Jahre im Jahr 2017 ohne Übergangsfrist erfolgt ist, was einer rückwirkenden Aberkennung von Rechtsansprüchen gleichkommt und aus Gründen des Vertrauensschutzes verfassungsrechtlich bedenklich erscheint (siehe Giese, Salzburger Baurecht, 2. Auflage, S.611). Im hier vorliegenden Fall ist somit am 01.12.2017 (Inkrafttreten der Fristverkürzung) ausgehend von der Benützungsaufnahme (November 2008) die bis dahin noch geltende Antragsfrist des §16 Abs6 BauPolG auf November 2013 vorverlegt worden."

10. Die Salzburger Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie die Präjudizialität der angefochtenen Bestimmung zugesteht, den im Antrag erhobenen Bedenken aber wie folgt entgegentritt:

"[...] Mit dem angestellten Vergleich zu der vom VfGH als verfassungswidrig aufgehobenen Bestimmung des §7 Abs10 Sbg BauPolG ist das Landesverwaltungsgericht nicht im Recht. §16 Sbg BauPolG regelt die Folgen der bescheidwidrigen oder nicht bewilligten Ausführung baulicher Maßnahmen.

Der VfGH setzte sich in seinem Erkenntnis vom 1.3.2019, G380/2018 ausschließlich mit der Schlechterstellung von Nachbarn im nachträglichen Baubewilligungsverfahren gegenüber dem 'ordentlichen' Baubewilligungsverfahren auseinander. Unter diesem Gesichtspunkt widerspreche es dem Gleichheitsgrundsatz, dass der Gesetzgeber Nachbarn von Personen, die sich rechtswidrig verhielten, indem sie konsenswidrig oder konsenslos Baumaßnahmen vornahmen, im Hinblick auf deren prozessuale Stellung in einem (nachträglichen) Bewilligungsverfahren schlechter stelle als Nachbarn von Personen, die in Übereinstimmung mit der Rechtsordnung rechtmäßig vorab eine Bewilligung einholen würden. Die Aussagen des Erkenntnisses lassen sich jedoch nicht ohne weiteres auf das Antragsrecht des Nachbarn gemäß §16 Abs6 Sbg BauPolG übertragen.

Durch den Entfall (LGBl Nr 20/2019) der als verfassungswidrig erachteten Bestimmung stellt sich die Rechtslage für Nachbarn im Zusammenhang mit konsenslos errichteten Bauwerken nach dem Sbg BauPolG anders dar als im Verfahren zu VfGH vom 1.3.2019, G380/2018. Durch das Außerkrafttreten des §7 Abs10 Sbg BauPolG, wonach der Nachbar im Verfahren zur Erteilung einer nachträglichen Bewilligung nach fünf Jahren keine Parteistellung mehr genossen hat, ist es dem Nachbarn nun uneingeschränkt möglich seine subjektiv-öffentlichen Rechte auch im nachträglichen Bewilligungsverfahren geltend zu machen (Stegmayer/Thaller, Einführung in das Salzburger Bau- und Raumplanungsrecht (2019) S 34). Die vom VfGH in seinem Erkenntnis vom 1.3.2019, G380/2018 aufgegriffene Schlechterstellung der Parteistellung von Nachbarn im nachträglichen gegenüber dem 'ordentlichen' Bewilligungsverfahren besteht somit im Sbg BauPolG nicht mehr.

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg behauptet in seinem Antrag, dass das Erkenntnis des VfGH gleichsam auch auf das Verfahren in Zusammenhang mit baupolizeilichen Aufträgen anzuwenden sei. Die diesbezüglichen Erwägungen im Hinblick auf die Einschränkung der Parteistellung des Nachbarn ergeben sich für das baupolizeiliche Auftragsverfahren jedoch gerade nicht.

Auf die Einstellung einer rechtswidrigen Bauausführung und Beseitigung der baulichen Anlage haben Nachbarn grundsätzlich keinen Rechtsanspruch, außer es wird ihnen gesetzlich ein explizites Antragsrecht eingeräumt (Giese, Salzburger Baurecht² S 576, zum mangelnden Antragsrecht vgl VwGH 22.1.2019, Ra 2018/05/0191 zur Wiener Bauordnung, VwGH 24.4.2018, Ra 2018/05/0032 zur OÖ Bauordnung, VwGH 29.11.2005, 2004/06/0109 zur Tiroler Bauordnung, VwGH 26.4.1984, 84/06/0079; 23.3.1984, 83/06/0254). Dies ist nach dem Sbg BauPolG nur bei der Verletzung von Mindestabständen (vgl §25 Abs3 ff Salzburger Bebauungsgrundlagengesetz - BGG) der Fall.

Auch hat der VfGH in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass grundsätzlich keine verfassungsrechtliche Bestimmung Parteirechte in einem Verfahren überhaupt oder in einem bestimmten Umfang garantiert (zB VfSlg 15.274/1998, 15.581/1999, 16.103/2001, vgl insbesondere zum Sbg BauPolG VfSlg 10.844/1986). Es ist der Gestaltungsfreiheit des einfachen Gesetzgebers überlassen, ob und inwieweit er diesen Personen rechtlichen Schutz gewährt, die durch den einer anderen Person gegenüber ergangenen verwaltungsbehördlichen Bescheid in ihren Interessen betroffen sind. Die Gestaltungsfreiheit ist verfassungsrechtlich lediglich dadurch begrenzt, dass das die Parteirechte bestimmende Gesetz dem aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebot unterliegt (VfSlg 14.512/1996 mwN; 19.617/2012; VfGH 6.3.2018, G129/2017). Auch aus Art6 Abs1 EMRK kann keine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Einräumung der Parteistellung in einem Verwaltungsverfahren abgeleitet werden (VfSlg 14.786/1997).

§16 Abs6 Sbg BauPolG räumt dem Nachbarn ein - nach der Rechtsprechung des VfGH nicht zwingend erforderliches - zeitlich auf fünf Jahre begrenztes subjektives Antragsrecht in baupolizeilichen Verfahren im Hinblick auf die Einhaltung von Mindestabständen ein.

Räumt der Gesetzgeber dem Nachbarn zusätzlich ein subjektives Antragsrecht ein, kann vor dem Hintergrund, dass dem Gesetzgeber nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH aus dem Gleichheitsgrundsatz ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum bei der Ausgestaltung der den Nachbarn zustehenden subjektiv öffentlichen Rechte zukommt (vgl VfSlg 15.093/1998) und er insbesondere nicht gehalten ist, Beteiligten Parteistellung einzuräumen, deren Interessen nicht oder nur geringfügig berührt werden (VfSlg 12.465/1990), daraus keine Unsachlichkeit erblickt werden. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 16.049/2000) ist dem Gesetzgeber sogar von verfassungswegen nicht verwehrt, eine Regelung zu treffen, gemäß der die Frage der Zulässigkeit der Bauführung zunächst nicht mit den Nachbarn erörtert wird, sondern gemäß der die Nachbarn erst im Nachhinein die Möglichkeit erhalten, Einwendungen zu erheben und damit zu beantragen, dass die Bewilligung versagt wird.

Der vom Landesverwaltungsgericht angestellte Vergleich bzw die Bezugnahme auf das genannte Erkenntnis des VfGH träfe insbesondere nur zu, wenn davon auszugehen wäre, dass der VfGH aus dem Sachlichkeitsgebot zwingend eine Parteistellung von Nachbarn in baupolizeilichen Auftragsverfahren ableitet. Diese Wertung ist jedoch der angeführten Rechtsprechung nicht zu entnehmen. Insbesondere ist in der gegenständlichen Bestimmung dem Nachbarn ein Recht eingeräumt worden, das ihm entsprechend der Judikatur nicht zwingend zugestanden werden muss. Dem Nachbarn steht es überdies nach Entfall des §7 Abs10 Sbg BauPolG durch das Erkenntnis des VfGH offen im nachträglichen Bewilligungsverfahren etwaige Mindestabstände gestützt auf seine subjektiv-öffentlichen Rechte nach dem Sbg BauPolG auch noch nach dem Ablauf von fünf Jahren geltend zu machen.

Aus Sicht der Salzburger Landesregierung verstößt die vom Landesverwaltungsgericht Salzburg angefochtene Bestimmung daher nicht gegen das aus dem Gleichheitsgrundsatz abzuleitende Sachlichkeitsgebot, wenn sie differenzierend nach der Schwere der Interessenbeeinträchtigung aus der Reihe von subjektiv-öffentlichen Rechten nur das besonders vordringliche Interesse des Nachbarn herausgreift und festlegt, dass nur bei Verletzung dieses Rechtes (durch welches insbesondere die Belichtungs- und Besonnungsverhältnisse auf dem Nachbargrundstück erheblich beeinflusst werden) durch eine unzulässig vorgenommene Bauführung dem Nachbarn ein Antragsrecht auf Einleitung eines Verfahrens nach §16 Abs1 bis 4 Sbg BauPolG zukommen soll. Ebenso wenig verfangen die Bedenken im Hinblick auf die zeitliche Befristung des Antragrechts, denn einerseits ist es - wie erwähnt - verfassungsrechtlich nicht geboten und andererseits steht den Nachbarn im nachträglichen Baubewilligungsverfahren die Geltendmachung subjektiver Rechte offen.

Insbesondere wird darüber hinaus darauf hingewiesen, dass die nachbarrechtlichen Interessen nicht nur auf Antrag, sondern auch von Amts wegen wahrzunehmen sind. Die Herstellung eines rechtmäßigen Zustandes liegt grundsätzlich auch im öffentlichen Interesse, weshalb die mit der Einhaltung der Mindestabstände (§25 Abs3 und 4 BGG) verbundenen Nachteile nicht ohne weiteres auf den Nachbarn überwälzt werden dürfen (VwGH 22.11. 2001, 2000/06/0177; 3.9A998, 95/06/0212) und zwar selbst dann nicht, wenn eine Zustimmung des Nachbarn vorläge (Giese, Salzburger Baurecht 2 S 139).

Der Baubehörde kommt bei Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des §16 Sbg BauPolG kein Ermessensspielraum zu (vgl VwGH 28.2.2006, 2005/06/0316; 28.6.2008, 2007/06/0302). Unterlässt die Baubehörde die erforderlichen baupolizeilichen Anordnungen, kann der Tatbestand des Missbrauches der Amtsgewalt (§302 Abs1 StGB; vgl dazu OGH 16.9.2008, 11 Os 122/08p sowie Seiler, Die strafrechtliche Haftung von Gemeindefunktionären, in: Rebhahn [Hrsg], Beiträge zum Kärntner Gemeinderecht [1997] 227 [236]) erfüllt sein (Giese, Salzburger Baurecht² S 576).

[…]

Nach der Judikatur des VfGH (vgl ua VfSlg 10.588/1985, 11.665/1988, 14.846/1997, 15.269/1998, 16.292/2001) gewährleistet keine Verfassungsvorschrift den Schutz erworbener Rechtspositionen, sodass Eingriffe in erworbene Ansprüche oder effektuierte Anwartschaften nicht schlechthin ausgeschlossen sind. Vielmehr sind Beschränkungen wohlerworbener Rechte innerhalb der verfassungsrechtlichen Grenzen zulässig. Hier nimmt der VfGH eine auf eine Art Verhältnismäßigkeitsprüfung hinauslaufende Abwägung zwischen der Schwere des Eingriffs einerseits und der Bedeutung der im öffentlichen Interesse gelegenen Zielsetzungen andererseits vor (Holoubek, Art7/1 B-VG, in: Korinek/Holoubek (Hrsg), Bundesverfassungsrecht, Rz 398 (2018). Für die Beschränkung erworbener Rechtspositionen kann grundsätzlich jedes öffentliche Interesse als Rechtfertigungsgrund herangezogen werden.

In den Materialien zur Novelle (RV 69 BlgLT [Sbg] 11. GP), mit der erstmalig eine zeitliche Einschränkung der Parteirechte eingeführt wurde, wird ausgeführt, dass die Neuregelung neben dem verwaltungsökonomischen Zweck vor allem der Rechtssicherheit diene. Ohne gesetzliche Regelung bewirke die Stellung eines Nachbarn, der dem Verfahren nicht beigezogen und dem kein Bescheid zugestellt worden ist, ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit. Die Möglichkeit des Vorbringens von Einwendungen übergangener Nachbarn sollte daher zeitlich befristet werden. Die Herabsetzung in §16 Abs6 Sbg BauPolG von zwanzig auf fünf Jahre (RV 36 BlgLT [Sbg] 15. GP) erfolgte aus Gründen der Vermeidung komplexer Verfahren in allen Instanzen. Die Bewilligungspflicht und der damit verbundene Auftrag an die Behörden, die Bewilligungsfähigkeit in jeder Richtung zu prüfen, wurde dadurch nicht berührt.

Die zeitliche Einschränkung der Parteirechte der Nachbarn in baupolizeilichen Auftragsverfahren erfolgte in Verfolgung öffentlicher Interessen (vgl zur Legitimation von verwaltungsökonomischen Erwägungen beim Ausschluss der Parteirechte VfSlg 14.512/1996) und nach Auffassung der Salzburger Landesregierung somit innerhalb der verfassungsrechtlichen Grenzen, insbesondere weil die Rechtstellung der Nachbarn im baupolizeilichen Auftragsverfahren nicht gänzlich ausgeschlossen, sondern lediglich zeitlich beschränkt wurde, und ihnen darüber hinaus die Geltendmachung ihrer subjektiven Rechte im nachträglichen Baubewilligungsverfahren zeitlich unbeschränkt offen steht. Von einer gleichsam rückwirkenden Beschneidung von Rechten, hinsichtlich derer ein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen aufgebaut worden wäre, kann somit keine Rede sein."

11. Die Gemeindevertretung der Gemeinde Scheffau a.T. hat eine Äußerung erstattet, in der sie den Bedenken des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg entgegentritt.

12. Die Nachbarin hat als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der sie sich den Bedenken des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg anschließt sowie den Stellungnahmen der Gemeindevertretung der Gemeinde Scheffau a.T. und der Landesregierung entgegentritt.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Gemäß §62 Abs1 erster Satz VfGG muss ein Gesetzesprüfungsantrag das Begehren enthalten, das – nach Auffassung des Antragstellers verfassungswidrige – Gesetz seinem gesamten Inhalt oder in bestimmten Stellen aufzuheben. Um das strenge Formerfordernis des ersten Satzes des §62 Abs1 VfGG zu erfüllen, muss – wie der Verfassungsgerichtshof mehrfach (zB VfSlg 11.888/1988, 12.062/1989, 12.263/1990, 14040&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True" target="_blank">14.040/1995, 14.634/1996; jüngst wieder VfGH 24.9.2019, G349/2018) ausgesprochen hat – die bekämpfte Gesetzesstelle genau und eindeutig bezeichnet werden. Es darf nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des Antragstellers tatsächlich aufgehoben werden soll (VfSlg 12.062/1989, 12.487/1990, 14.040/1995, 16.340/2001). Ein Antrag, der die konkrete Fassung der zur Aufhebung begehrten Norm nicht nennt, erfüllt das strenge Formerfordernis des ersten Satzes des §62 Abs1 VfGG nicht. Es ist dem Verfassungsgerichtshof nämlich verwehrt, Gesetzesbestimmungen auf Grund bloßer Vermutungen, in welcher Fassung ihre Aufhebung begehrt wird, zu prüfen und im Fall des Zutreffens der geltend gemachten Bedenken aufzuheben (vgl dazu VfSlg 11.802/1988, 14.261/1995, 14.634/1996, 15.962/2000, 19.933/2014 ua).

1.2. §16 Abs6 Sbg BauPolG hat seine heute geltende Fassung mit LGBl 96/2017 erhalten. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg beantragt zwar die Aufhebung einer Wortfolge dieser Bestimmung "idF LGBl Nr 33/2019"; da es aber die angefochtene Wortfolge wörtlich wiedergibt und auch sonst der Anfechtungsgegenstand aus seinem Antrag deutlich hervorgeht, entspricht der Antrag den Voraussetzungen des §62 Abs1 VfGG (vgl etwa VfSlg 20.012/2015).

1.3. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art140 Abs1 Z1 lita B-VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001, 16.927/2003).

1.4. Es ist nichts hervorgekommen, was an der Präjudizialität zweifeln ließe. Der Antrag erweist sich daher als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2. Der Antrag ist nicht begründet.

2.3. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg führt in seinem Antrag aus, die dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. März2019, G380/2018 (VfSlg 20.308/2019) zugrunde liegenden Erwägungen seien auch im Hinblick auf die Verfassungskonformität der angefochtenen Wortfolge anzustellen. Der Verfassungsgerichtshof habe in diesem Erkenntnis hinsichtlich §7 Abs10 Sbg BauPolG ausgeführt, der Ausschluss der Parteistellung von Nachbarn nach fünf Jahren werde nicht durch die amtswegige Pflicht der Baubehörde zur Wahrung eines gesetzmäßigen Verfahrens bei nachträglicher Baubewilligung kompensiert. Auch die Verfahrensbeschleunigung vermöge die Sachlichkeit der Regelung nicht zu begründen, weil es einen Bauwerber geradezu einladen würde, konsenslos zu bauen und nach fünf Jahren in einem nachträglichen Verfahren die Mitsprache von Nachbarn zu umgehen. Es sei auch kein taugliches Mittel zur Wahrung des Rechtsfriedens, wenn einer Verfahrenspartei ihr Mitspracherecht entzogen werde. Nachbarn von konsenslos oder konsenswidrig bauenden Personen sollten nicht schlechter gestellt werden als Nachbarn eines regulären Bauverfahrens. Nach Auffassung des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg würden diese Aspekte auch für die Antragstellung gemäß §16 Abs6 Sbg BauPolG gelten, die als "Ersatz" für Nachbareinwendungen in einem regulären Bauverfahren angesehen werden könne.

Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 20.308/2019 ging es um eine Differenzierung in der damaligen Fassung des §7 Abs10 Sbg BauPolG in Sachen zeitlicher Beschränkung der Parteistellung des Nachbarn, die dazu führte, dass derjenige, der einen Bau konsenswidrig oder gar konsenslos errichtet hatte, in prozessualer Hinsicht bessergestellt war als derjenige, dessen Bau dem Konsens entsprach. Eine solche Unterscheidung, die den Rechtsbrüchigen gegenüber dem rechtmäßig Handelnden bevorzugt, widerspricht dem Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes (vgl dazu auch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur nachträglichen Bewilligung von "Schwarzbauten", etwa VfSlg 16.901/2003, 17.211/2004, 17.402/2004).

Eine solche verpönte Differenzierung liegt hier aber nicht vor, weil die angefochtene Bestimmung des §16 Abs6 Sbg zweiter Satz BauPolG keine Besserstellung desjenigen normiert, der einen Bau rechtswidrig errichtet hat. Diese Vorschrift enthält lediglich eine – zeitlich begrenzte – Verleihung einer subjektiven Rechtsstellung, nämlich das Recht, die Beseitigung eines konsenslosen Bauwerkes auf Grund eines Verstoßes gegen Abstandsbestimmungen zu verlangen.

Es ist aber gerade in einem Fall wie diesem der Gestaltungsfreiheit des einfachen Gesetzgebers überlassen, ob und inwieweit er diesen Personen rechtlichen Schutz gewährt, die durch den einer anderen Person gegenüber ergangenen verwaltungsbehördlichen Bescheid in ihren Interessen betroffen sind. Diese Gestaltungsfreiheit ist verfassungsrechtlich aber dadurch begrenzt, dass das die Parteirechte regelnde Gesetz dem aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebot unterliegt (VfSlg 14.512/1996;

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten