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L8200 BauordnungNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Abweisung eines Antrags auf Aufhebung einer Bestimmung des Sbg BaupolizeiG 1997 betreffend die fünfjährige Befristung des Rechts von Nachbarn auf Beseitigung von – gegen Abstandsregeln verstoßende – bereits vollendeten Baumaßnahmen; verkürzte Befristung des Rechts auf Beseitigung bei ansonsten unbefristeter Parteistellung im nachträglichen Baubewilligungsverfahren im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des GesetzgebersRechtssatz
Abweisung eines Antrags des Landesverwaltungsgerichts Salzburg (LVwG) §16 Abs6 zweiter Satz Sbg Baupolizeigesetz 1997 idF LGBl 96/2017 (Sbg BauPolG) als verfassungswidrig aufzuheben. §16 Abs6 Sbg BauPolG hat seine heute geltende Fassung mit LGBl 96/2017 erhalten. Das LVwG beantragt zwar die Aufhebung einer Wortfolge dieser Bestimmung "idF LGBl Nr 33/2019"; da es aber die angefochtene Wortfolge wörtlich wiedergibt und auch sonst der Anfechtungsgegenstand aus seinem Antrag deutlich hervorgeht, entspricht der Antrag den Voraussetzungen des §62 Abs1 VfGG.
Im dem vom LVwG ins Treffen geführten Erkenntnis VfSlg 20308/2019, dessen Aspekte auch für die Antragstellung gegen §16 Abs6 Sbg BauPolG gelten würden und als "Ersatz" für Nachbareinwendungen in einem regulären Bauverfahren angesehen werden könnten, ging es um eine Differenzierung in der damaligen Fassung des §7 Abs10 Sbg BauPolG in Sachen zeitlicher Beschränkung der Parteistellung des Nachbarn, die dazu führte, dass derjenige, der einen Bau konsenswidrig oder gar konsenslos errichtet hatte, in prozessualer Hinsicht bessergestellt war als derjenige, dessen Bau dem Konsens entsprach. Eine solche Unterscheidung, die den Rechtsbrüchigen gegenüber dem rechtmäßig Handelnden bevorzugt, widerspricht dem Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes.
Eine solche verpönte Differenzierung liegt hier aber nicht vor, weil die angefochtene Bestimmung des §16 Abs6 Sbg zweiter Satz BauPolG keine Besserstellung desjenigen normiert, der einen Bau rechtswidrig errichtet hat. Diese Vorschrift enthält lediglich eine - zeitlich begrenzte - Verleihung einer subjektiven Rechtsstellung, nämlich das Recht, die Beseitigung eines konsenslosen Bauwerkes auf Grund eines Verstoßes gegen Abstandsbestimmungen zu verlangen.
Es ist aber gerade in einem Fall wie diesem der Gestaltungsfreiheit des einfachen Gesetzgebers überlassen, ob und inwieweit er diesen Personen rechtlichen Schutz gewährt, die durch den einer anderen Person gegenüber ergangenen verwaltungsbehördlichen Bescheid in ihren Interessen betroffen sind. Diese Gestaltungsfreiheit ist verfassungsrechtlich aber dadurch begrenzt, dass das die Parteirechte regelnde Gesetz dem aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebot unterliegt.
Für den VfGH ist, insbesondere vor dem Hintergrund der nunmehr zeitlich unbegrenzten Parteistellung des Nachbarn im nachträglichen Baubewilligungsverfahren, nicht erkennbar, dass die Bestimmung des §16 Abs6 zweiter Satz Sbg BauPolG aus den vom LVwG geäußerten Gründen dem Sachlichkeitsgebot widerspricht.
Der VfGH hat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass das bloße Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der gegebenen Rechtslage als solches keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz genießt. Vielmehr bleibt es dem Gesetzgeber auf Grund des ihm zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes im Allgemeinen unbenommen, die Rechtslage auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern. Es liegt sohin im gegebenen Zusammenhang im rechtspolitischen Ermessen des Gesetzgebers, die Rechtslage für die Zukunft anders und aus Sicht des Nachbarn des Bauwerbers auch insoweit ungünstiger zu gestalten, als die Frist verkürzt wurde, innerhalb derer dem Nachbar ein Antragsrecht in Bezug auf behördliche Maßnahmen zusteht.
Schlagworte
Baurecht, Nachbarrechte, Baubewilligung, Rechte subjektive öffentliche, Rechtspolitik, VfGH / Gerichtsantrag, VfGH / Prüfungsgegenstand, VfGH / Antrag, Fristen, Parteistellung Baurecht, SchwarzbautenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:G197.2019Zuletzt aktualisiert am
17.01.2023