TE Vwgh Erkenntnis 1995/12/20 95/01/0096

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Veröffentlicht am 20.12.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der Z in L, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. März 1995, Zl. 4.345.939/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. März 1995 wurde in Erledigung der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22. Februar 1995 der an diesem Tag gestellte Asylantrag der Beschwerdeführerin - einer Staatsangehörigen "der Jugosl. Föderation", die am 19. Jänner 1995 in das Bundesgebiet eingereist ist - abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck gebracht, daß die Erstbehörde in der Begründung ihres Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefaßt habe, sie sich den Ausführungen der Erstbehörde in deren Bescheid "vollinhaltlich" anschließe und diese zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erhebe (vgl. zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Oktober 1995, Zl. 95/01/0045). Demnach hat die belangte Behörde die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides auch insoweit übernommen, als sie aus den in diesem Bescheid angeführten Gründen die Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführerin gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 verneint und ihr in erster Linie deshalb die Gewährung von Asyl gemäß § 3 leg. cit. versagt hat. Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe sich überhaupt nicht mit ihrem Asylantrag auseinandergesetzt, "sondern lediglich in einem computergespeicherten Rahmenbescheid meine Daten eingesetzt und ganz allgemein ausgesprochen, daß mir keine Flüchtlingseigenschaft zugesprochen wird", trifft daher nicht zu, zumal der erstinstanzliche Bescheid eine auf die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Fluchtgründe eingehende Begründung enthielt. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ergibt sich die mangelnde Auseinandersetzung "mit der Begründetheit" ihres Asylantrages nicht schon daraus, daß sie nach ihrer (eine Stunde dauernden) niederschriftlichen Vernehmung bei der Erstbehörde "bereits eine halbe Stunde später den negativen erstinstanzlichen Asylbescheid in Händen hatte".

Die Beschwerdeführerin hat bei ihrer Vernehmung hinsichtlich ihrer Fluchtgründe im wesentlichen angegeben, daß sie Mitglied "der demokratischen Partei des Kosovo" sei und als solches die Anliegen der Kosovo-Albaner unterstützt habe, indem sie versucht habe, die derzeit geschlossenen albanischen Schulen wieder zu öffnen und Lebensmittel zu verteilen, die "aus dem Ausland zur Verfügung gestellt" worden seien. Bis zum 15. August 1994, als sie wegen dieser Tätigkeiten von der Polizei gesucht worden, jedoch nicht zu Hause gewesen sei, habe sie mit der Polizei "nie irgendetwas" zu tun gehabt. Von diesem Zeitpunkt an habe sie sich bis zu ihrer Ausreise bei verschiedenen Bekannten versteckt.

Wenn auch der Erstbehörde (und damit der belangten Behörde) nicht darin beigepflichtet werden könnte, es habe sich um eine bloße Vermutung der Beschwerdeführerin gehandelt, daß die Polizei auf Grund ihrer Tätigkeiten bei "der demokratischen Partei des Kosovo" nach ihr gefahndet habe, und die Fahndung habe "an sich noch kein politisch motiviertes Vorgehen von seiten des Staates" gegen die Beschwerdeführerin dargestellt, wäre für den Standpunkt der Beschwerdeführerin im Ergebnis nichts zu gewinnen. Mag daher auch - im Sinne des Beschwerdevorbringens - in dem Umstand, daß am 15. August 1994 nach der Beschwerdeführerin polizeilich gesucht worden sei, bereits eine gegen sie gerichtete Verfolgungshandlung aus einem der im § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) genannten Gründe gelegen sein, so würde es doch an der für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erforderlichen Intensität dieser Maßnahme gefehlt haben. Selbst wenn die Beschwerdeführerin objektiv zu befürchten gehabt hätte, daß sie festgenommen und angehalten würde, wäre diese Intensität noch nicht erreicht worden, sofern nicht weitere, ins Gewicht fallende Umstände, die einen weiteren Verbleib in ihrem Heimatland für sie unerträglich gemacht hätten, hinzugetreten wären (vgl. die zwar im Zusammenhang mit der Teilnahme an verbotenen Demonstrationen ergangene, jedoch auch auf den gegenständlichen Sachverhalt zu übertragende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, so u.a. das Erkenntnis vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0339, mit weiteren Judikaturhinweisen). Ein Anhaltspunkt dafür, daß von der Beschwerdeführerin in diesem Sinne darüber hinausgehende Maßnahmen zu erwarten gewesen wären, fand sich in ihren niederschriftlichen Angaben jedenfalls nicht.

Im Hinblick darauf, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zentrale Entscheidungsgrundlage des Asylverfahrens das Vorbringen des Asylwerbers ist und es diesem obliegt, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen, war demnach das Ermittlungsverfahren nicht mangelhaft, weshalb auch für die belangte Behörde keine Veranlassung bestand, gemäß § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 (in der bereinigten Fassung nach der Kundmachung BGBl. Nr. 610/1994) dessen Ergänzung oder Wiederholung anzuordnen. Sie hatte vielmehr gemäß § 20 Abs. 1 leg. cit. ihrer Entscheidung das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz, also die von der Beschwerdeführerin gemachten und nicht als unglaubwürdig erachteten Angaben, zugrunde zu legen. Daraus ergibt sich, daß sie - ungeachtet der Frage, worauf eine derartige Befürchtung der Beschwerdeführerin objektiv zurückzuführen wäre - auch auf das zusätzliche Berufungsvorbringen, es sei das Leben der Beschwerdeführerin gefährdet und diese habe nicht abwarten müssen, bis sie "die serbische Polizei in Haft nimmt und foltert", nicht mehr Bedacht nehmen durfte. Dazu kommt, daß sich die Beschwerdeführerin ihren Angaben zufolge zwar seit dem 15. August 1994 versteckt gehalten habe, sie aber nie erwähnt hat, daß bis zu ihrer erst im Jänner 1995 erwähnten Ausreise von der Polizei weiterhin nach ihr gesucht worden sei. Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die Meinung vertreten hat, die Beschwerdeführerin sei nicht als Flüchtling gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 anzusehen.

Da sich somit die Beschwerde schon aus diesem Grunde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, weshalb eine Auseinandersetzung damit, ob die Erstbehörde (und damit auch die belangte Behörde) überdies zu Recht vom Ausschließungsgrund der Verfolgungssicherheit gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 Gebrauch gemacht hat, entbehrlich war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995010096.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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