Gbk 2022/9/27 GBK I/1011/21

JUSLINE Allgemeines Dokument

Veröffentlicht am 27.09.2022
beobachten
merken

Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl Nr 108/1979 idgF)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 27. September 2022 über den am 21. Mai 2021 eingelangten Antrag von A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG (BGBl I Nr 66/2004 idgF) durch Z (Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl II Nr 396/2004 idgF), zu GZ GBK I/1011/21, zu folgendem

PRÜFUNGSERGEBNIS:

A ist nicht aufgrund des Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG durch Z diskriminiert worden.

VORBRINGEN

Im Antrag wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Die Antragstellerin sei seit 6. Mai 2021 als Ladnerin bei der Antragsgegnerin beschäftigt gewesen.

Am 10. Mai 2021 habe die Antragstellerin während der Arbeitszeit einen Kreislaufzusammenbruch erlitten. Daraufhin habe sie in den Räumlichkeiten der Betriebstätte ihren Frauenarzt kontaktiert und mit diesem über ihre Beschwerden, nämlich Schwindel, Übelkeit und Ausbleiben der Monatsblutung, gesprochen. Die Antragstellerin habe im Laufe des Gespräches wahrgenommen, dass sich eine andere Person in Hörweite im Nebenraum aufgehalten habe. Die Vorgesetzte der Antragstellerin, Mag.a X, habe sich an diesem Tag im Betrieb befunden.

Später habe die Antragstellerin einer Kollegin mitgeteilt, sie müsse zum Frauenarzt fahren, da „etwas komisch“ sei. Ihre Vorgesetzte habe sie mittels E-Mail über den Kreislaufzusammenbruch informiert.

Der Arzt habe noch am selben Tag eine Schwangerschaft in der fünften Woche festgestellt sowie Bettruhe verordnet.

Am Abend des gleichen Tages habe die Antragstellerin ihrer Vorgesetzten per WhatsApp-Nachricht mitgeteilt, sie könne am nächsten Tag aufgrund des Kreislaufzusammenbruches nicht in die Arbeit kommen. Darauf habe diese geantwortet, in diesem Fall werde das Dienstverhältnis in der Probezeit aufgelöst.

Die Antragstellerin habe daraufhin ihrer Vorgesetzten die Schwangerschaft bekannt gegeben. Am 11. Mai 2021 habe die Vorgesetzte per E-Mail erneut die Beendigung des Dienstverhältnisses in der Probezeit trotz Schwangerschaft bestätigt.

Die Antragstellerin sehe ihre Schwangerschaft als Grund für die Auflösung des Dienstverhältnisses. Vermutlich habe die Vorgesetzte das Telefonat mit dem Frauenarzt mitgehört oder bzw. und durch die Kollegin von dem Frauenarztbesuch aufgrund der Beschwerden erfahren. Durch die Meldung des Krankenstandes habe die Vorgesetzte dann auf die Schwangerschaft rückschließen können und ihre Annahme als bestätigt gesehen.

Die Vorgesetzte habe die Antragstellerin schon beim Bewerbungsgespräch nach einem Schwangerschaftswunsch gefragt gehabt, was diese wahrheitsgemäß verneint gehabt habe. Allgemein habe die Vorgesetzte sehr empfindlich auf das Thema „Schwangerschaft“ reagiert und sich negativ über die Schwangerschaft einer anderen Mitarbeiterin geäußert.

Die Antragstellerin habe sich bei der Antragsgegnerin grundsätzlich sehr wohl gefühlt und die anderen Mitarbeiterinnen seien ihr sehr sympathisch gewesen.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK von der rechtsfreundlichen Vertretung der Antragsgegnerin übermittelten Stellungnahme vom 21. Juni 2021 und vom 9. März 2022 bestritt diese die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Die Antragsgegnerin habe im Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses nichts von der Schwangerschaft gewusst, diese sei ihr erst nach Auflösung bekanntgegeben worden.

Die Antragstellerin sei ab 6. Mai 2021 für 40 Wochenstunden auf sechs Tage und ein Entgelt in Höhe von EUR 1.665,79 als Ladnerin bei der Antragsgegnerin am Standort Bahnhof ... beschäftigt gewesen. Es sei eine Probezeit von vier Wochen vereinbart worden.

Die Antragstellerin habe bereits am ersten Arbeitstag jeglichen Einsatz vermissen lassen. Sie habe ihre Pausen ohne Abstimmung in Stoßzeiten abgehalten, kein Interesse am Geschäftsbetrieb gehabt sowie durch ständige Preisnachfragen den Arbeitsablauf gestört und sei nicht kooperativ mit anderen Mitarbeiterinnen gewesen. Bereits am ersten Tag hätten sich andere Mitarbeiterinnen gegenüber der zuständigen Personalleiterin der Antragsgegnerin, Mag.a X, negativ über die Arbeitsmoral der Antragstellerin geäußert. Am nächsten Tag sei es ebenso gewesen, was erneut Mag.a X mitgeteilt worden sei.

Am 10. Mai 2021, den letzten Arbeitstag der Antragstellerin, habe diese von 05:45 Uhr bis 14:45 Uhr gearbeitet, inklusive einer Pause, wobei die Antragstellerin diese wieder bereits eine halbe Stunde nach Dienstbeginn zur intensivsten Arbeitszeit wahrnehmen habe wollen. Sie habe erneut keinen Arbeitseifer gezeigt.

Gegen 14:25 Uhr sei der Ehemann der Antragstellerin mit dem Auto vor dem Geschäftslokal vorgefahren, woraufhin diese nervös als auch ungeduldig geworden sei sowie schließlich ihre Sachen geholt und ohne Gruß oder Nachfrage „quicklebendig“ den Dienst frühzeitig beendet habe.

B habe nichts von einem Kreislaufzusammenbruch gewusst. Die Antragstellerin habe nichts gesagt und auch während der Dienstzeit nicht ihr Unwohlsein geäußert. Sie habe während der Arbeitszeit keinen Kreislaufzusammenbruch erlitten.

Mag.a X sei am 10. Mai 2021 in einem anderen Geschäftslokal und nicht bei jenem am Bahnhof tätig gewesen. Weder ihr noch anderen Mitarbeiterinnen sei bekannt, ob die Antragstellerin im Geschäftslokal mit ihrem Frauenarzt telefoniert habe. Die Antragstellerin habe auch keiner Kollegin mitgeteilt, sie müsse zum Frauenarzt fahren. Weiters habe sie Mag.a X nicht per E-Mail über den Kreislaufzusammenbruch informiert. Erst mit WhatsApp-Nachricht vom 10. Mai 2021, 20:03 Uhr, habe die Antragstellerin mitgeteilt, sie könne am nächsten Tag aufgrund eines Kreislaufzusammenbruches nicht kommen. Mag.a X habe daraufhin am selben Tag um 20:07 Uhr ebenfalls per WhatsApp mitgeteilt, in dem Fall werde das Probezeitdienstverhältnis aufgelöst und die schriftliche Auflösung erfolge postalisch. Zu diesem Zeitpunkt habe Mag.a X nichts von der Schwangerschaft gewusst.

Am 11. Mai 2021 habe die Antragstellerin dann ihre Schwangerschaft Mag.a X mitgeteilt. Diese habe in weiterer Folge per E-Mail bestätigt, dass die Auflösung bereits am Vortag erfolgt sei und diese trotz Schwangerschaft gelte.

Anlässlich des Verhandlungstermins am 28. September 2021 sei die Antragstellerin von dem von ihr im Antrag vorgebrachten Sachverhalt abgegangen und habe komplett konträre Behauptungen aufgestellt.

Sie habe angegeben, Mag.a X habe ein Gespräch über die Schwangerschaft zwischen ihr und C in den hinteren Räumlichkeiten des Verkaufslokals mitbekommen. Diese Behauptung sei ebenso unrichtig.

C habe in einem Chatverlauf mit der Antragstellerin angegeben, sie könne diese Behauptung der Antragstellerin nicht bestätigen und Mag.a X habe aufgrund ihrer fehlenden Anwesenheit nichts hören können.

Die Antragstellerin habe wider besseren Wissens C aufgefordert so etwas zu behaupten. Es sei davon auszugehen, dass die Antragstellerin sie zu einer Falschaussage überreden habe wollen. Sie habe erst einen Tag vor der Verhandlung, nämlich am 27. September 2021, C per WhatsApp kontaktiert und gefragt, woran sie sich noch erinnere, sowie in ihrem Sinne auf sie einwirken wollen. Die Antragstellerin habe hiedurch bewusst und vorsätzlich Kontakt mit einer Zeugin aufgenommen und versucht, diese zu beeinflussen, indem sie diese aufgefordert habe, in ihrem Sinne auszusagen.

PRÜFUNGSGRUNDLAGEN

Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin und von Mag.a X (informierte Vertreterin der Antragsgegnerin) vom 27. September 2022. Als weitere Auskunftspersonen wurden B sowie D am 27. September 2022 befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat in seiner Entscheidungsfindung auf das Schreiben von Mag.a X vom 10. Mai 2021, die E-Mail von Mag.a X vom 11. Mai 2021, den Dienstvertrag der Antragstellerin, den WhatsApp-Chatverlauf zwischen der Antragstellerin und Mag.a X vom 10. und 11. Mai 2021 sowie jenen zwischen der Antragstellerin und C vom 27. und 28. September als auch 4., 11., 13. und 15. Oktober 2021.

BEGRÜNDUNG1

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Bestimmung des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl I Nr 66/2004 idgF, lautet:

§ 3. Auf Grund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat darf im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

[…]

7.   bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses“.

Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren anzumerken, dass eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne des § 3 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist.

Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des Antragstellers/der Antragstellerin sprechen als dagegen.2 Dem Antragsgegner/der Antragsgegnerin obliegt dann zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes von ihm/ihr glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung des Vorwurfes, dass das Dienstverhältnis der Antragstellerin aufgrund ihrer Schwangerschaft im Probemonat beendet worden sei, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch und geht von folgendem Sachverhalt aus:

Die Antragstellerin bewarb sich auf die Stellenausschreibung der Antragsgegnerin. Das Bewerbungsgespräch fand vor dem Hauptgeschäft der Antragsgegnerin statt, wobei der Ehemann der Antragstellerin, D, diese zum vereinbarten Termin brachte und in weiterer Folge in knapp ein Meter Entfernung in seinem Auto mit teils geöffneten Autofenstern wartete. Das Bewerbungsgespräch erfolgte mit X, welche das Personalmanagement der Antragsgegnerin innehatte. Da sich eine Arbeitnehmerin der Antragsgegnerin im damaligen Zeitpunkt im Mutterschutz befand, kam das Thema Schwangerschaft bzw. Kinderwunsch auf und wurde Gesprächsgegenstand.

Der exakte darüberhinausgehende Inhalt des Bewerbungsgespräches in dieser Sache sowie die Wahrnehmungen, welche D diesbezügliche hatte, konnten nicht festgestellt werden.

Die Antragstellerin war in weiterer Folge ab 6. Mai 2021 als Ladnerin bei der Antragsgegnerin beschäftigt. Es wurde eine vierwöchige Probezeit vereinbart. Die Arbeitskolleginnen meldeten X über die ersten Arbeitstage der Antragstellerin - insbesondere - einen mangelnden Arbeitseifer und eine schlechte Arbeitsmoral zurück.

Am 10. Mai 2021 war die Antragstellerin am Standort beim Bahnhof tätig. Sie fühlte sich während der Arbeitszeit nicht gut und verspürte Übelkeit sowie Schwindel.

Es konnte nicht festgestellt werden, ob die Antragstellerin am 10. Mai 2021 reine Kreislaufprobleme hatte oder darüber hinaus einen Kreislaufzusammenbruch erlitt sowie ob sie die Antragsgegnerin bzw. X darüber informierte.

An diesem Tag befand sich X lediglich für ein bis zwei Minuten in der Betriebstätte am Bahnhof. Zum Zwecke der Retournierung der Gebäckkisten begab sie sich rasch in die Innenräume der Filiale. Sie war dabei nicht im selben Raum wie die Antragstellerin. Als X in die Bäckerei eintrat, um die Gebäckkisten zurückzubringen, hielt sich die Antragstellerin mit der Arbeitskollegin C in einem Nebenraum auf, wobei die Antragstellerin direkt hinter der Türe verweilte. Die Antragstellerin befand sich gerade in einem Gespräch mit C, in welchem sie ihr von den Beschwerden erzählte und eine mögliche Schwangerschaft thematisierte. Der weitere präzise Inhalt des Gespräches im verfahrensrelevanten Zeitfenster konnte nicht festgestellt werden.

Während des Eintretens in die Bäckerei begrüßte X die Anwesenden. Als sie beim Betreten des Geschäftes die Begrüßung aussprach, deutete C der Antragstellerin mittels Geste, konkret mit einem Finger auf den Mund gelegt, sie solle leise sein und sagte dabei „Pst“.

Es konnte nicht festgestellt werden, ob nach dem Eintreten von X das Gespräch fortgeführt wurde sowie dass beim Eintreten bzw. während des Aufenthaltes von X die Antragstellerin zeitgleich C mitteilte, sie sei überfällig und müsse aufgrund der Beschwerden ihren Frauenarzt anrufen.

X hörte kein Gespräch zwischen der Antragstellerin und C im Hinterzimmer mit, insbesondere keine Äußerung der Antragstellerin bezüglich ihrer Überfälligkeit, eines geplanten Telefonates mit ihrem Frauenarzt oder eines Frauenarztbesuches.

Nach Abstellen sämtlicher Kisten verabschiedete sich X wieder und verließ daraufhin die Bäckerei. Längere Aufenthalte in den Räumlichkeiten des Standortes seitens X fanden an diesem Tag nicht statt.

Aufgrund der gesundheitlichen Beschwerden kontaktierte die Antragstellerin am 10. Mai 2021 ihren Frauenarzt. An diesem Tag wurde das Bestehen einer Schwangerschaft bestätigt. Nicht festgestellt werden konnte, wann die Antragstellerin mit ihrem Frauenarzt telefonierte.

X bekam oder hörte kein Telefonat der Antragstellerin mit ihrem Frauenarzt mit. Es war nicht feststellbar, dass eine Arbeitnehmerin, im Besonderen C, X von einem solchen Telefonat erzählte. Das vorzeitige Verlassen des Dienstortes durch die Antragstellerin konnte ebenso nicht festgestellt werden.

Am Abend des 10. Mai 2021 um 20:03 Uhr teilte die Antragstellerin X per WhatsApp mit, sie könne am nächsten Tag nicht zum Dienst erscheinen, da sie einen Kreislaufzusammenbruch erlitten habe. Darauf antwortete X um 20:07 Uhr ebenfalls per WhatsApp, dann werde das Arbeitsverhältnis in der Probezeit fristgerecht aufgelöst und die schriftliche Auflösung erfolge auf postalischen Weg.

Am 11. Mai 2021 um 10:36 Uhr informierte die Antragstellerin X per WhatsApp über ihre Schwangerschaft. X erklärte am selben Tag - mittels E-Mail um 13:24 Uhr - der Antragstellerin gegenüber, die Auflösung des Dienstverhältnisses erfolge trotz Schwangerschaft und diese sei bereits am Abend des Vortages erfolgt sowie die schriftliche Auflösung sei bereits um 9:00 Uhr zur Post gebracht worden.

In rechtlicher Hinsicht ist der Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

Es liegt keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG vor.

Der Begriff der „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ im § 3 Z 7 GlBG ist nicht auf eine bestimmte Art des Arbeitsverhältnisses oder eine bestimmte Art der Beendigung beschränkt und ist daher weit zu verstehen. Vom Geltungsbereich des GlBG sind auch Probearbeitsverhältnisse und befristete Arbeitsverhältnisse erfasst.3

Zwischen der Antragstellerin und Antragsgegnerin bestand ein Probearbeitsverhältnis. X beendete dieses per WhatsApp-Nachricht vom 10. Mai 2021 um 20:07 Uhr. Die schriftliche Auflösung, datiert auf den 10. Mai 2021, erfolgte mittels Postzustellung.

Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um ein Einzelunternehmen, konkret um die Einzelunternehmerin Z, welche das Gewerbe „Bäcker“ ausübt. X ist als Personalleiterin der Antragsgegnerin dieser iSd § 1313a ABGB zuzurechnen, wodurch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch X als Handlung der Antragsgegnerin zu werten ist.

§ 3 Z 7 GlBG verbietet die unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat, bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.4

Das Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes basiert zwar grundsätzlich auf dem Geschlecht im biologischen Sinn, beinhaltet aber auch alle anderen Fallkonstellationen, in denen das Geschlecht im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis als Unterscheidungskriterium verwendet wird, obwohl es grundsätzlich kein entscheidendes Kriterium sein dürfte. Zu den Fallkonstellationen zählen auch Benachteiligungen von Frauen wegen (der Möglichkeit) einer Schwangerschaft.5

Praktisch bedeutend ist der Fall der diskriminierenden Auflösung des Arbeitsverhältnisses in der Probezeit bzw. der diskriminierenden Nichtverlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin vor allem bei Bekanntwerden der Schwangerschaft einer Arbeitnehmerin.6 Ein Probearbeitsverhältnis kann grundsätzlich jederzeit, fristlos und unbegründet, gekündigt werden, sofern die Beendigung rechtskonform ist. Diskriminierend ist die Auflösung in der Probezeit, wenn sie bei Bekanntwerden der Schwangerschaft erfolgt.7 Die diskriminierende Berücksichtigung einer Schwangerschaft wird vom Europäischen Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung als unmittelbare Geschlechtsdiskriminierung qualifiziert.8 Auch die von einem Arbeitgeber bzw. einer Arbeitgeberin wegen des konkreten Motivs einer möglichen Schwangerschaft einer Arbeitnehmerin bzw. der Annahme, dass die Arbeitnehmerin bald schwanger werde, ausgesprochene Kündigung stellt eine verbotene Diskriminierung auf Grund des Geschlechts dar.9

Ausschlaggebend für eine Diskriminierung ist sohin eine Kündigung oder Entlassung gerade wegen der Schwangerschaft, wobei die weite Auslegung des EuGHs zu berücksichtigen ist. Daher war der Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung der Antragsgegnerin getroffen wurde, maßgeblich.

Der Antragstellerin gelang es nach Ansicht des Senates nicht, glaubhaft den Anschein eines Sachverhaltes, in welchem eine Diskriminierung zu erblicken wäre, darzulegen. Der Senat war davon überzeugt, dass im vorliegenden Fall ein von der Schwangerschaft unabhängiges Motiv für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses entscheidend war und X im Zeitpunkt als die Entscheidung für die Auflösung des Probedienstverhältnisses getroffen wurde, noch nichts von der Schwangerschaft der Antragstellerin wusste oder vermutete.

In gleichbehandlungsrechtlichen Verfahren geht es häufig um Situationen, in denen es keine Zeugen sowie Zeuginnen oder sonstigen Beweismittel gibt und daher Aussage gegen Aussage steht. Gerade dann ist die Glaubwürdigkeit der aussagenden Personen eine zentrale Frage für die entscheidenden Gremien.10

Die Schilderung der Antragstellerin, X habe innerhalb der wenigen Minuten während ihres - unter Zeitdruck stehenden - Aufenthaltes in der Bäckerei ein Gespräch bzw. genau die behaupteten Aussagen des Gespräches im Nebenraum mitgehört, war für den Senat nicht nachvollziehbar. Vielmehr war der Senat davon überzeugt, dass X den Inhalt des Gespräches nicht wahrnahm, sondern andere Faktoren für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses in der Probezeit ausschlaggebend waren. Zwar ging der Senat davon aus, dass X während des Bewerbungsgespräches das Thema Schwangerschaft bzw. Kinderwunsch aufgriff bzw. ansprach, insbesondere mit Blick auf die sich damals im Mutterschutz befindliche Arbeitnehmerin der Antragsgegnerin, jedoch kann nicht alleine daraus auf eine diskriminierende Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschlossen werden.

Der Antragstellerin gelang es nicht, den glaubhaften Anschein einer Diskriminierung darzulegen, wobei insbesondere Widersprüchlichkeiten sowohl zwischen ihren eigenen Aussagen als auch zwischen jenen von D und der Antragstellerin ausschlaggebend waren. So brachte die Antragstellerin im Rahmen ihres Antrages vor, X habe entweder persönlich das Gespräch mit dem Frauenarzt in den Räumlichkeiten der Antragsgegnerin mitgehört oder von einem solchen von einer anderen Arbeitnehmerin erfahren. Hingegen erklärte die Antragstellerin in der Sitzung am 27. September 2022 zunächst, sie wisse nicht mehr genau, wann sie dieses Telefonat geführt habe. Zuvor sagte sie widersprüchlich dazu aus, sie habe kurz den Frauenarzt angerufen, allerdings habe sie gleich wieder aufgelegt sowie das Telefonat mit dem Frauenarzt sei erst nach dem „Pst“ von C erfolgt. An weiterer Stelle meinte sie bezüglich des Telefonates mit dem Frauenarzt, sie habe ihn im Geschäft angerufen, jedoch wisse sie nicht, ob X sich da noch im Geschäft aufgehalten habe. D gab an, die Antragstellerin habe den Frauenarzt während der Autofahrt nach Hause angerufen. Die dargelegte Chronologie war nicht schlüssig und eine Feststellung betreffend die zeitliche Einordnung eines Telefonates mit dem Frauenarzt nicht möglich.

Die Antragstellerin führte aus, sie habe X beim Betreten der Bäckerei im Hintergrund „Hallo“ sagen gehört und gleichzeitig habe C „Pst“ gesagt. Später gab sie an, sie habe erst nach Eintreffen von X bzw. wie sie reingekommen sei gesagt, sie sei überfällig und wolle den Frauenarzt anrufen. Dann habe C „Pst“ gesagt, wohinauf sie zu reden aufgehört hätten, aber sie selbst habe nicht gehört, wie die Türe aufgegangen sei, da man das nicht höre. Auf die Nachfrage nach ihrer Aussage zuvor, nämlich sie habe das „Hallo“ gehört, antwortet die Antragstellerin nicht. Diese Aussagen stehen im Widerspruch zueinander, weswegen dies die Glaubwürdigkeit der Antragstellerin ebenso schmälerte.

X brachte glaubwürdig vor, sie habe sich nur sehr kurz in der Bäckerei aufgehalten und in dieser kurzen Zeit nichts mitbekommen können. Sie habe weder ein Telefonat mitgehört noch Informationen diesbezüglich von einer anderen Arbeitnehmerin erhalten. Erst mit der Nachricht der Antragstellerin vom 11. Mai 2021 habe sie von der Schwangerschaft erfahren.

Welchen Inhalt das Gespräch zwischen der Antragstellerin und C im genauen Zeitpunkt des Eintretens von X hatte, konnte aufgrund widersprüchlicher Aussagen der Antragstellerin nicht festgestellt werden. Es ist allerdings nicht von Belangen, ob die Antragstellerin nun über ein Telefonat mit dem Frauenarzt oder die Überfälligkeit gesprochen hatte, da der Senat zur Ansicht gelangte, dass X ohnehin kein Gespräch im Hinterzimmer - gleichgültig mit welchem Inhalt - mithörte.

Die Antragstellerin erklärte, X habe sich in der Bäckerei zum Zwecke der Kistenlieferung aufgehalten, wobei sie angab, als Aufenthaltsdauer könne eine Minute oder könnten eineinhalb Minuten hinkommen.

Auch abseits der Widersprüche der Antragstellerin war die Schilderung, X habe während ihres kurzen Aufenthaltes in der Bäckerei zum Hereintragen der Kisten, wobei sie sich nach Abstellen aller Kisten sofort wieder verabschiedet und das Geschäft verlassen habe, gleichzeitig ein Gespräch der Antragstellerin mit einer Kollegin im Hinterzimmer mitgehört sowie genau den Teil des Gespräches bezüglich eines Telefonates mit dem Frauenarzt bzw. der Überfälligkeit mitbekommen, nicht nachvollziehbar und lebensnah.

Weiters erklärte X, die anderen Arbeitnehmerinnen hätten ihr bereits am ersten Tag gesagt, die Antragstellerin passe nicht ins Team und sei nicht motiviert sowie engagiert. Aufgrund dieser Eindrücke und des dazukommenden Krankenstandes am dritten Arbeitstag, habe sie erkannt, es passe nicht und das Dienstverhältnis sei im Probemonat aufgelöst worden.

Der Senat gelangt zur Ansicht, dass die eben genannten Gründe das tatsächliche Motiv der Antragsgegnerin für die Auflösung waren. Die Meldung des Krankenstandes innerhalb der ersten Tage sah der Senat als das schlussendlich ausschlaggebende Ereignis an, da X mehrfach betonte, wie toll und selten krank ihre Arbeitnehmerinnen wären, wobei die Erfahrungen der Vortage durchaus miteingespielten hätten. Ohne eine Wertung über die genannten Gründe zu treffen, ist festzuhalten, dass gerade die Erprobung der Zusammenarbeit Zweck des Probemonats ist, wobei es besonders auf eine schnelle und unkomplizierte Auflösungsmöglichkeit ankommt. Der Senat ging davon aus, wenn X etwas von der Schwangerschaft gewusst oder vermutete hätte und sie das Thema sehr stören würde, hätte sie nicht abgewartet, sondern selbständig früher reagiert und zeitiger eine Auflösung ausgesprochen. Gleichzeitig hat sie nach der Krankmeldung durch die Antragstellerin nicht lange gewartet, sondern innerhalb weniger Minuten die Auflösung erklärt, weswegen sie keine Überlegungszeit betreffend Theorien zu einer möglichen Schwangerschaft hatte. Unter Gesamtbetrachtung der Umstände konnte der Senat keinen Zusammenhang zwischen der Auflösung des Probearbeitsverhältnisses und der Schwangerschaft erkennen. Nach Sicht des Senates hatte X im Zeitpunkt der Auflösung keine Kenntnis von der Schwangerschaft.

Die Behauptung von D, er habe während des Bewerbungsgespräches genau jene Teile des Gespräches betreffend eine Schwangerschaft und sonst nicht wirklich etwas mitbekommen, war nicht glaubwürdig und lebensnah, insbesondere da er auch nicht das Aufkommen des Themas bzw. seine Wahrnehmung zu nur genau diesen Teilen des Bewerbungsgespräches erklären konnte. Gleichzeitig erklärte er, es sei seine subjektive Meinung gewesen und für ihn der Eindruck entstanden, dass X eine negative Einstellung bezüglich Schwangerschaften habe. Konkrete negative Äußerungen ihrerseits nannte er nicht. Dazu gab er an, eine Frage nach der Familienplanung habe er nicht gehört.

Im Hinblick auf das Bewerbungsgespräch führte X aus, sie könne sich nicht erinnern, aber vielleicht hätten sie aufgrund des Mutterschutzes einer anderen Verkäuferin darüber geredet. Der Senat kam zur Überzeugung, dass das Thema Schwangerschaft während des Bewerbungsgespräches diskutiert wurde, wie bzw. was genau besprochen wurde, konnte allerdings nicht festgestellt werden. Dies ändert jedoch nichts an dem oben Gesagten, da der Senat davon ausging, dass X im Auflösungszeitpunkt ohnehin kein Wissen über die Schwangerschaft besaß und auch keine Schwangerschaft vermutete.

Die WhatsApp Korrespondenz zwischen der Antragstellerin und C minderte die Glaubwürdigkeit der Darstellung der Antragstellerin, da C schrieb, sie glaube nicht, X sei im Raum gewesen und habe was gehört. Sie sei erst reingekommen und habe nichts mitbekommen. Auf einen behaupteten Versuch der Zeugenbeeinflussung war im Weiteren nicht genauer einzugehen.

Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass der Antragstellerin die Glaubhaftmachung des behaupteten Diskriminierungstatbestandes nicht gelungen ist.

Wien, 27. September 2022

Dr.in Eva Matt

Vorsitzende des Senates I der GBK

1  Im weiteren Verlauf werden (akademische) Titel nicht weiter angeführt.

2  Vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen.

3  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 3 Rz 137, § 12 Rz 76.

4  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 3 Rz 136.

5  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG² (2021) § 3 Rz 2.

6  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 3 Rz 137.

7  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG² (2021) § 3 Rz 137.

8  Vgl. OGH 27.8.2015, 9 Ob A 87/15g; Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 5 Rz 14, FN 42.

9  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 12 Rz 76, § 3 Rz 140.

10  Vgl. Sabine Wagner, Getrennte Befragung im Arbeitsrecht, DRdA 2014, 266

Zuletzt aktualisiert am

16.01.2023
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten