TE Lvwg Erkenntnis 2022/12/29 LVwG-2022/32/2871-8

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Veröffentlicht am 29.12.2022
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Entscheidungsdatum

29.12.2022

Index

50/01 Gewerbeordnung

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Ing. Mag. Peinstingl über die Beschwerde von Herrn AA, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 29.09.2022, ***, betreffend Angelegenheiten nach der Gewerbeordnung 1994 nach der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

zu Recht:

1.       Der Beschwerde gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren in diesem Spruchpunkt eingestellt.

2.       Der Beschwerde gegen Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses wird nach der Maßgabe, wonach der Spruch (§ 44a Z 1 bis 3 VStG) wie folgt lautet, Folge gegeben:

„Sie haben vom Standort Adresse 1 in **** Z aus am 14.06.2022 auf der Homepage BB Tätigkeiten, die den Gegenstand des Gewerbes Gas- und Sanitärtechnik (§ 94 Z 25 GewO 1994) bilden, einen größeren Kreis von Personen angeboten, obwohl Sie dafür keine Gewerbeberechtigung inne hatten.

Sie haben dadurch die Bestimmungen nach § 366 Abs 1 Z 1 iVm § 1 Abs 4 GewO 1994, BGBl Nr 194/1994 idF BGBl I Nr 65/2020 verletzt.

Über Sie wird daher gemäß § 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO 1994, BGBl Nr 194/1994 idF BGBl I Nr 65/2020 eine Geldstrafe der Höhe von Euro 360,00 (Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden) verhängt“

3.       Dementsprechend wird der Beitrag zu den behördlichen Verfahrenskosten mit Euro 36,00 neu festgesetzt.

4.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 29.09.2022 wurde dem Beschuldigten wie folgt zu Last gelegt:

„1. Datum/Zeit: 29.05.2022

Ort: **** Z, Adresse 1

Sie haben am 29.05.2022 eine Bestätigung an die Bezirkshauptmannschaft Y übermittelt, zu einem Betriebsanlagenverfahren Zahl *** für eine kaltrauchdichte Ausführung der Heizraumtüre und die restlichen Abschottungen, von der Adresse aus: **** Z, Adresse 1 und dadurch das Gewerbe "Wärme-, Kälte-, Schall- und Branddämmer (Handwerk) gern. § 94 Z 79 GewO 1994" selbständig, regelmäßig und in der Absicht ausgeübt, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, obwohl Sie dafür keine Gewerbeberechtigung besitzen.

2. Datum/Zeit: 14.06.2022

Ort: **** Z, Adresse 1

Sie haben zumindest am 14.06.2022 auf der Homepage CC Tätigkeiten, die den Gegenstand der Gewerbe "Anbieten: Gas- und Sanitärtechnik gern. § 94 Z 25 GewO 1994" und "Lüftungstechnik (Handwerk) gern. § 94 Z 31 GewO 1994" bilden, an einen größeren Kreis von Personen angeboten, obwohl Sie dafür keine Gewerbeberechtigung besitzen. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen wird jedoch der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.“

Dadurch habe der Beschuldigte zu Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Zif. 1 Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 42/2018 und zu Spruchpunkt 2. eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Zif. 1 i.V.m. § 1 Abs. 4 zweiter Satz Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 45/2018, begangen und wurde über ihn daher jeweils gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 42/2018 eine Geldstrafe der Höhe von Euro 500,00 (Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen) verhängt. Zudem wurde ein Beitrag zu den behördlichen Verfahrenskosten festgesetzt.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte und nunmehrige Beschwerdeführer zulässig und rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und darin neben der Verletzung von Verfahrensvorschriften ua vorgebracht, dass es sich bei den Abschottungen, für die eine Bestätigung ausgestellt wurde, um Eigenbedarf gehandelt habe.

Weiters bringt er vor, dass die Bestimmung nach §371c Gewerbeordnung 1994 anzuwenden gewesen wäre, da die Voraussetzungen hierfür vorliegen würden. Dies sei im laufenden Verfahren weder geprüft worden noch gäbe es im Straferkenntnis dazu Ausführungen. Im Übrigen sei § 20 VStG anzuwenden.

Es wurde eine mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol durchgeführt, im Zuge derer der Beschwerdeführer einvernommen wurde.

II.      Sachverhaltsfeststellungen:

Verwaltungsgerichtlich wurde im Wege der belangten Behörde ermittelt werden, dass dem Beschwerdeführer im Rahmen einer einstweiligen Zwangs-und Sicherheitsmaßnahmen gemäß § 360 Abs 4 GewO 1994 nachfolgende Maßnahmen in der von ihm betriebenen gastgewerblichen Betriebsanlage „DD“ in Z Nr *** aufgetragen wurden:

„Im bestehenden Heizraum sind div. Abschottungen ordnungsgemäß auszuführen sowie die fehlende kaltrauchdichte Ausführung der Heizraumtüre, unter Verweis auf die Tiroler Gas-Heizung-und Klimaverordnung, um bei einem möglichen Brandereignis eine Brandrauchübertragung auf die darüberliegenden Geschosse hintanzuhalten.“

Der Beschwerdeführer übermittelte der belangten Behörde zur Aktenzahl *** - dies ist jene Zahl, zu der auch das gewerbepolizeiliche Verfahren geführt wurde - die Bestätigung vom 29.05.2022. Darin bestätigt er als AA die ordnungsgemäße Ausführung der Heizraumtüre und die restlichen Abschottungen.

Er verwendete hierzu das Geschäftspapiere, welches er im Zuge seines angemeldeten Handelsgewerbes nutzt.

Der Beschwerdeführer betreibt die vorgenannte gastgewerbliche Betriebsanlage „DD“.

Der Beschwerdeführer hat das Gastgewerbe in der Betriebsart Restaurant und das Handelsgewerbe (mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe) inne. Andere Gewerbeberechtigungen liegen nicht vor

Der Beschwerdeführer hat vom Standort Adresse 1 in **** Z aus am 14.06.2022 auf der Homepage BB Tätigkeiten, die den Gegenstand des Gewerbes Gas- und Sanitärtechnik (§ 94 Z 25 GewO 1994) bilden, einen größeren Kreis von Personen angeboten.

Konkret ist nach der Nennung der Kontaktdaten wie folgt dargestellt:

Sparte: Sanitär Gas-Wasser-Heizung Installateur Installateur Photovoltaik Solartechnik

Zu dieser Einschaltung hat der Beschwerdeführer die EE mit Sitz in X beauftragt, wie sich aus den vom 09.09.2015 und 09.09.2020 stammenden Beauftragungen ergibt, welche im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholt wurden.

Diese Webseite konnte auch noch am Tage der Schöpfung des gegenständlichen Erkenntnisses (29.12.2022) aufgerufen werden.

III.     Beweiswürdigung:

Die vorgenannten Sachverhaltsfeststellungen lassen sich unzweifelhaft anhand der bezüglichen, dem behördlichen und dem verwaltungsgerichtlichen Akt einliegenden Schriftstücke sowie den Ausführungen des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol treffen.

IV.      Rechtslage:

Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994, BGBl Nr 194/1994 idF BGBl I Nr 65/2020:

„§ 1

(4) Auch eine einmalige Handlung gilt als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten. Die Veröffentlichung über eine den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit in Registern gilt nicht als Ausübung, wenn die Veröffentlichung auf Grund von gesetzlichen Verpflichtungen erfolgt.

1. Reglementierte Gewerbe

§ 94

Folgende Gewerbe sind reglementierte Gewerbe:

Z 25 Gas- und Sanitärtechnik

§ 366

(1) Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3 600 € zu bestrafen ist, begeht, wer

1. ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben, und nicht Z 10 oder § 367 Z 8 anzuwenden sind;

….

Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 58/2018:

„§ 5

(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

§ 19

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.“

Im Übrigen wird auf die Internetseite ris.bka.gv.at (Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes) verwiesen.

V.       Erwägungen:

Zu Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses:

Vorausgeschickt wird, dass allfällige Tätigkeiten Zusammenhang mit einer Betriebsanlage in W (vgl hierzu die Ausführungen auf Seite 1 der Beschwerde) nicht von Tatvorwurf umfasst sind.

Unbeschadet der Fragestellung, ob mit dem im Sachverhalt erwähnten verwaltungspolizeilichen Auftrag auch eine Bestätigungspflicht durch einen Gewerbetreibenden einhergeht, ist wie folgt festzuhalten:

Gewerbsmäßig sind alle Handlungen eines Gewerbetreibenden, die der Erreichung des mit seinem Gewerbebetrieb verbundenen geschäftlichen Zieles dienen, sofern sie ihrem Inhalt nach eine gewerbliche Tätigkeit darstellen; dass sie nicht für sich einen abgesonderten Ertrag liefern, ändert daran nichts. Das trifft für jeden Aufwand und für jede Tätigkeit zu, die der Gewerbetreibende zur Erbringung seiner gewerbsmäßigen Tätigkeit entfaltet. Jede im Rahmen eines Gewerbebetriebes ausgeübte Tätigkeit trägt schon hierdurch allein den Charakter der gewerbsmäßig an sich (Stolzlechner/Müller/Seider/Vogelsang/Höllbacher, GewO4 (2020) § 1 Rz 5).

Insofern steht fest, dass die Ausstellung von Bestätigungen über die Durchführung von Tätigkeiten im Rahmen eines Gewerbes einen Bestandteil der Gewerbeausübung darstellen.

Nicht unter dem Begriff der gewerbsmäßigen Tätigkeit im Sinn der GewO fallen aber alle jene Tätigkeiten, die zur Befriedigung des Eigenbedarfs des Handelnden gesetzt werden (Stolzlechner/Müller/Seider/Vogelsang/Höllbacher, GewO4 (2020) § 1 Rz 5).

Wie auf Sachverhaltsebene dargestellt, betreibt der Beschwerdeführer jene Betriebsanlage, in der die Abdichtung der Heizraumtüre und die sonstigen Abschottungen erfolgt sind, über welche die monierte Bestätigung ausgestellt wurde. Insofern fehlt es bei der Ausstellung der Bestätigung der Gewerbsmäßigkeit, da diese Bestätigung im Rahmen des Eigenbedarfs erstellt wurde.

Das angefochtene Straferkenntnis war daher in diesem Spruchpunkt schon aus diesem Grund zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.

Zu Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses:

Beim - der Ausübung des Gewerbes gleichzuhaltenden - Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit kommt es auf den in diesem Zusammenhang zu prüfenden objektiven Wortlaut und nicht etwa auf die Absicht des Anbietenden an. Der Tatbestand des Anbietens einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs 4 zweiter Satz GewO 1973 ist dann erfüllt, wenn einer an einen größeren Kreis von Personen gerichteten Ankündigung die Eignung zukommt, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass eine unter den Wortlaut der Ankündigung fallende gewerbliche Tätigkeit entfaltet wird (vgl VwGH 31.03.1992, 91/04/0299)

Unzweifelhaft hat der Beschwerdeführer die auf Sachverhaltsebene dargestellte Interneteinschaltung veranlasst. Selbstredend ist der Inhalt dieser Einschaltung dadurch einem größeren Kreis von Personen bekannt geworden.

Inhaltlich ergibt sich, dass damit Leistungen angeboten werden, die den Gegenstand des Gewerbes Gas- und Sanitärtechnik (§ 94 Z 25 GewO 1994) bilden. Die Angabe „Sparten: Sanitär Gas-Wasser-Heizung Installateur Installateur Photovoltaik Solartechnik“ lässt für einen Betrachter dieser Webseite nämlich gerade diesen Schluss zu.

Insofern hat der Beschwerdeführer den objektiven Tatbestand der ihm verwaltungsgerichtlich zur Last gelegten Verwaltungsübertretung begangen.

Aus der Einschaltung ergibt sich jedoch nicht, dass damit auch Tätigkeiten angeboten werden, die dem Gewerbe Lüftungstechnik (§ 94 Z 31 GewO 1994) vorbehalten sind, wie die seitens der belangten Behörde vorgeworfen wurde. Deshalb hatte diesbezüglich eine Korrektur bei der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a Z 1 VStG) zu erfolgen.

Zur subjektiven Tatseite:

Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" - als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt - tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Die Schuldformen des Vorsatzes werden im VStG nicht definiert. Sie sind nach herrschender Auffassung besonders in dem von § 5 Strafgesetzbuch (StGB) umschriebenen Sinn zu verstehen (VwGH 15.05.1991, 90/10/0152):
„§ 5 (1) Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

(…)“

Bedingter Vorsatz, dh, der für das Sich-Abfinden mit einer Verwirklichung eines gesetzmäßigen Tatbildes erforderliche positive Willensschluss des Täters im Sinne des § 5 Abs 1 StGB bedarf entsprechender Sachverhaltsfeststellungen durch die Behörde (vgl VwGH 20.04.1998, 97/17/0179).

Der Beschwerdeführer hat die monierte Einschaltung im Internet selbst veranlasst. Dass er mit dieser Einschaltung Tätigkeiten eines Gewerbes anbietet, welches er nicht inne hat, hat den Kauf genommen und sich damit abgefunden.

Insofern ist von zumindest bedingt vorsätzlicher Tatbegehung auszugehen.

Zur Strafbemessung:

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat sind erheblich. Das hier angebotene Gewerbe „Gas- und Sanitärtechnik“ stellt ein reglementiertes Gewerbe im Sinn des § 94 Gewerbeordnung dar, mit welchem selbstredend im Interesse des Kundenschutzes besondere Anforderungen verbunden sind. Durch das gegenständliche Anbieten ohne Gewerbeberechtigung wurde dieses Schutzziel unterlaufen.

Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen hat der Beschwerdeführer nicht gemacht. Nach eigenen Angaben ist der sorgepflichtig für ein Kind.

Hinsichtlich der wirtschaftlichen Voraussetzungen war daher nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eine Einschätzung vorzunehmen, wobei mangels gegenteiliger Anhaltspunkte von einer zumindest durchschnittlichen wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers ausgegangen wird.

Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde ist der Beschwerdeführer nicht unbescholten; Erschwerungsgründe sind auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht hervorgekommen.

Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers besteht für die Anwendung nach § 371c GewO 1994 schon deshalb kein Raum, da von einem leichten Verschulden des Beschwerdeführers nicht gesprochen werden kann. Vielmehr liegt zumindest bedingt vorsätzliche Tatbegehung vor. Im Übrigen hat eine Überprüfung im Zuge der Schöpfung des gegenständlichen Erkenntnisses ergeben, dass die monierte Interneteinschaltung nach wie vor aufgerufen werden kann.

Nachdem § 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO 1994 eine Mindeststrafe nicht vorsieht, besteht für die Anwendung des § 20 VStG kein Raum.

In Ansehung der vorgenannten Strafzumessungsgründe kann die nunmehr verhängte Geldstrafe in Höhe von Euro 360,00 (bei einer Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden) keinesfalls als überhöht angesehen werden. Der gesetzliche Strafrahmen von bis zu 3600,00 Euro wird damit lediglich zu 10%% ausgeschöpft, wobei verwaltungsgerichtlich Rechnung getragen wurde, dass lediglich ein Gewerbe angeboten wurde, wobei jedoch von zumindest bedingt vorsätzlicher Tatbegehung auszugehen ist. Zudem hat sich ergeben, dass der Beschwerdeführer nicht unbescholten ist, sodass dieser Milderungsgrund wegfällt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei – innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist - eine Präzisierung des Spruches bei der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a Z 1 VStG) und den verletzten Verwaltungsvorschriften (§44a Z 2 VStG) zu erfolgen hatte. Zur Richtigstellung der Strafsanktionsnorm war das Verwaltungsgericht verpflichtet (vgl VwGH 28.05.2014, 2012/07/0033, uva).

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Ing. Mag. Peinstingl

(Richter)

Schlagworte

Eigenbedarf
Anbieten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.32.2871.8

Zuletzt aktualisiert am

16.01.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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