Entscheidungsdatum
13.12.2022Index
90/01 StraßenverkehrsordnungNorm
StVO 1960 §91 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter Mag. Dr. Kaspar aufgrund des gegen die Beschwerdevorentscheidung der Bürgermeisterin der Stadt Graz vom 05.04.2022, GZ: A10/1-139249/2021/0011, erhobenen Vorlageantrages der Frau Mag. AB, geb. am XXXX, vertreten durch CD Rechtsanwälte GmbH, Kgasse, G, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Bürgermeisterin der Stadt Graz vom 18.01.2022, GZ: A10/1-139249/2021/0003,
z u R e c h t e r k a n n t:
I. Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet
abgewiesen.
II. Der Beschwerdeführerin werden die Kosten des beigezogenen Sachverständigen, DI EF, in Höhe von € 684,51 auferlegt. Dieser Betrag ist binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit Bescheid vom 18.01.2022 der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 91 Abs 1 StVO 1960 iVm § 83 Abs 1 lit. c StVO 1960 aufgetragen, als Eigentümerin der Liegenschaft Pstraße Gst. Nr. XXXX, KG P, die Sträucher, welche auf die öffentliche Verkehrsfläche Pstraße hervorragen und die Verkehrssicherheit beeinträchtigen, binnen zwei Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides mindestens bis zur Grundstücksgrenze zurückzuschneiden und wenn nötig betroffene Sträucher bzw. Bäume zur Gänze zu entfernen. Beim Zurückschneiden der Hecke sei darauf zu achten, dass keine harten, steifen und spitzen Äste durch den Zaun in die Straße hineinreichen. Dieser Zustand sei künftig stets beizubehalten.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die auf der Liegenschaft Pstraße Gst. Nr. XXXX, KG P, gepflanzten Sträucher trotz Aufforderung durch den Straßenerhaltungsdienst der Holding Graz, Stadtraum, nach wie vor die Grundgrenze zur öffentlichen Verkehrsfläche Pstraße überragen würden. Dieser Missstand gefährde die Sicherheit des öffentlichen Verkehrs. Gemäß § 91 Abs 1 StVO 1960 idgF habe die Behörde die Grundeigentümer aufzufordern, Bäume, Sträucher, Hecken und dergleichen, welche die Verkehrssicherheit, insbesondere die freie Sicht über den Straßenverlauf oder auf die Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs oder welche die Benutzbarkeit der Straße, einschließlich der auf oder über ihr befindlichen, den Straßenverkehr dienenden Anlagen, z.B. Oberleitungs- und Beleuchtungsanlagen, beeinträchtigen, auszuästen oder zu entfernen. Die Vorschrift des § 91 Abs 1 umfasse jede Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit. Es handle sich also um eine vorbeugende Maßnahme, welche die zuständige Verwaltungsbehörde anzuordnen habe, um Unfälle schon im Vorhinein zu vermeiden.
Bis in welche Höhe die Auslichtung vorzuschreiben sei, ergebe sich aus § 83 Abs 1 lit. c StVO. Gemäß § 83 Abs 1 lit. c liege eine wesentliche Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs vor, wenn sich Gegenstände im Luftraum oberhalb der Straße nicht mindestens 2,2 Meter über einem (sofern vorhandenen) Gehsteig und 4,5 Meter über der Fahrbahn bzw. mindestens 60 cm vom Fahrbahnrand befinden würden.
Somit liege im gegenständlichen Fall eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit vor und es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der Bescheid in sich widersprüchlich sei, zumal es sich auf zwei Rechtsgrundlagen stütze, die nichts miteinander zu tun haben würden.
Die belangte Behörde beziehe sich auf § 83 Abs 1 lit. c StVO, der allerdings nur für die Bewilligungspflicht für die Benutzung von Straßen gemäß § 82 StVO maßgeblich sei. Für die Beurteilung der Hecke am Grundstück der Beschwerdeführerin sei lediglich § 91 Abs 1 StVO zu beachten. Wie sich aus den vorgelegten Lichtbildern entnehmen lasse, welche auch den derzeitigen Zustand der Örtlichkeit wiederspiegeln würden, sei nicht einmal ansatzweise erkennbar, warum die Verkehrssicherheit auch nur abstrakt gefährdet sein solle. Betrachte man das auf einem Lichtbild erkennbare Fahrzeug, ergebe sich, dass ein entgegenkommender PKW dieses problemlos passieren können würde, obgleich der am Lichtbild erkennbare PKW nicht einmal ansatzweise am rechten Fahrbahnrand gelenkt werden würde. Selbst die Begegnung eines PKW mit einem Bus sei vor Ort problemlos möglich. Eine Sichtbeeinträchtigung sei auszuschließen.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Durchführung eines Ortaugenscheins, durch welchen klarwerden würde, dass die von der Judikatur geordnete „tatsächliche und konkrete Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit“ nicht vorliege (VwGH 25.01.2005, Zl. 2004/02/0233).
Nach Auskunft eines konsultierten Gärtners, würde der Rückschnitt die 50 Jahre alte, vollkommen gesunde Hecke nicht überleben und eine Entfernung der Sträucher und eine neue Bepflanzung notwendig machen, wofür sich die Kosten auf € 22.063,08 belaufen würden.
Es sei evident, dass dies vollkommen inadäquat sein würde, sodass damit ein nicht gerechtfertigter Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Eigentumsrecht der Beschwerdeführerin gemäß Art 5 StGG bzw. Art. 1 1. ZP EMRK verbunden wäre.
Eine Beseitigung würde daher zu einer entschädigungslosen Enteignung der Beschwerde führen, die unzulässig sei (vgl. Grabenwarter/Frank B-VG, Art. 1 1. ZP EMRK, RZ 15).
Die Beschwerdeführerin rege daher an, ein Normenkontrollverfahren entsprechend Art. 140 B-VG, hinsichtlich der Regelung des § 91 StVO, beim VfGH zu initiieren.
Abschließend wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Stattgabe der Beschwerde sowie Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Als Urkunden wurden als Beilage./1 Lichtbilder der Straße auf Höhe Pstraße 69, G, und als Beilage./2 ein Angebot des Gärtners GH vom 03.02.2022 vorgelegt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 05.04.2022 zu GZ: A10/1-139249/2021/0011, der belangten Behörde wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 18.01.2022, GZ: A10/1-139249/2021/0003, gemäß § 28 Abs 1 und § 31 iVm § 7 Abs 4 und § 14 Abs 1 VwGVG zurückgewiesen. Gleichzeitig wurde der bescheidmäßige Auftrag auf die Gst. Nr. XXXX und XXXX, beide KG P, erweitert, da es sich bei der Anrainerverpflichtung gemäß § 83 um dieselbe Liegenschaft handle (selbe Einlagezahl, selbe Eigentümerin).
Begründet wurde die Beschwerdevorentscheidung im Wesentlichen damit, dass sich § 83 StVO auf alle Gegenstände im Luftraum oberhalb der Straße beziehe, als auch auf Sträucher. Selbst wenn lediglich § 91 Abs 1 StVO die Rechtsgrundlage darstellen würde, würde sich der Tatsache, dass die Sträucher gestutzt werden würden müssen, sich nichts ändern. Es befinde sich im Bereich der Gabelung der Pstraße, die Bushaltestelle „Pstraße “ (Stadtbuslinien 68 und 69) mit einer Aufstellfläche für Fahrgäste. Zwischen der Bordsteinkante, der Auftrittsfläche und der verfahrensgegenständlichen Hecke betrage die Breite etwa 5,6 Meter. Für einen Begegnungsfall Bus/Bus gemäß RVS 03.04.12, bei einer Geschwindigkeit von maximal 30 km/h sei eine Breite von 6,25 Metern notwendig, somit mit der ausladenden Hecke nicht möglich. In der Pstraße betrage die Breite der öffentlichen Verkehrsfläche, im Bereich der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft, zwischen ca. 8 Meter und ca. 8,6 Meter, durch die hereinragenden Sträucher, allerdings nur mehr zwischen ca. 6,7 und ca. 7,1 Meter (bis ca. 1,5 Meter Einengung durch die Sträucher). Dies bedeute, dass bei einer Begegnung zweier Kraftfahrzeuge, insbesondere beim Ein- und Aussteigen aus einem Linienbus, ein gefahrloses Ausweichen von Fußgängern, auf das durch Sträucher verwachsene Bankett, nicht möglich sei. (siehe § 76 StVO: „sind Gehsteige oder Gehwege nicht vorhanden, so haben Fußgänger das Straßenbankett und, wenn auch dieses fehlt, den äußersten Fahrbahnrand zu benützten.“)
Der bescheidmäßige Auftrag werde auf die Gst. Nr. XXXX und XXXX, beide KG P, erweitert, da es sich bei der Anrainerverpflichtung gemäß § 83 um dieselbe Liegenschaft handele (selbe Einlagezahl, selbe Eigentümerin) und diese im Bescheid, GZ: A10/1-139249/2021/0003, vom 18.01.2022, nicht explizit erwähnt worden seien.
Verwiesen werde auf das Erkenntnis LVwG 41.20-2388/2020-16, vom 07.09.2021.
Mit Schreiben vom 29.04.2022 ergänzte die belangte Behörde den Vorlageantrag, führte dazu im Wesentlichen aus, dass irrtümlich bei der Beschwerdevorentscheidung im Spruch der Textbaustein „Zurückweisung“ anstatt „Abweisung“ verwendet worden sei. Gleichzeitig wurde ausgeführt, dass der VwGH in seinem Erkenntnis vom 25.01.2005, Zl. 2004/02/0233, ausgeführt habe, dass die Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit tatsächlich und konkret vorhanden sein oder unmittelbar drohen müsse, was im gegenständlich Fall gegeben sei. Aus der Rechtsgrundlage des § 83 Abs 1 lit. c StVO lasse sich entnehmen, welche Sträucher betroffen seien. Somit sei bereits durch die Formulierung des Spruchs klar erkennbar, dass die Sträucher, die über die Grundgrenze ragen und nicht die vom Gesetz geforderten Höhen und Abstände erfüllen würden, gemeint seien. Auch in der Begründung werde festgelegt, um welche Sträucher und welchen Sachverhalt es sich handele, es wurde unter anderem ausgeführt, bis in welche Höhe die Auslichtung vorzuschreiben sei, welche sich aus § 83 Abs 1 lit. c StVO ergebe.
In der Beschwerdevorentscheidung sei der bescheidmäßige Auftrag insofern richtiggestellt worden, als die richtigen Grundstücksnummern der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft mit EZ XXXX, Gst. Nr. XXXX, XXXX und XXXX, alle KG P, zu lauten haben. Der bescheidmäßige Auftrag beziehe sich insgesamt auf die Liegenschaft, EZ XXXX, Gst. Nr. XXXX, XXXX und XXXX, alle KG P.
Die belangte Behörde übermittle mit diesem Schreiben einen Vermessungsplan des Stadtvermessungsamtes. Es handelt sich um Sträucher, die auf die öffentliche Verkehrsfläche (öffentliches Gut) Pstraße hervorragen würden.
Beigelegt wurde ein Vermessungsplan des Stadtvermessungsamtes.
Verwiesen wurde auf § 2 Abs 1 Z 6 StVO, wonach ein Straßenbankett der seitliche, nicht befestigte Teil einer Straße sei, der zwischen der Fahrbahn und dem Straßenrande liege, soweit dieser Straßenteil nicht besonderen Zwecken vorbehalten sei (z.B. Gehsteige oder Reitwege oder sonstige besondere straßenbauliche Anlagen). Gemäß § 76 Abs 1 StVO würden Fußgänger, wenn Gehsteige oder Gehwege nicht vorhanden seien würden, das Straßenbankett zu benutzten haben, wenn dieses fehle, den äußersten Fahrbahnrand. Wie bereits oben erwähnt, befinde sich direkt im Anschluss an die Grundgrenze ein Straßenbankett. In Ermangelung eines Gehsteiges in dem Bereich Pstraße sei dieses von Fußgängern zu benutzen. In der Pstraße betrage die Breite der Straße im Bereich der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft zwischen ca. 8 Meter und ca. 8,6 Meter, durch die hereinragenden Sträucher allerdings nur mehr zwischen ca. 6,7 und 7,1 Meter (bis ca. 1,5 Meter Einengung durch die Sträucher). Dies bedeute, dass bei einer Begegnung zweier Kraftfahrzeuge ein gefahrloses Ausweichen von Fußgängerinnen (insbesondere Schülerinnen) beim Ein- und Aussteigen aus dem Bus (auf das durch Sträucher verwachsene Bankett nicht möglich sei). Dies wurde durch ein beigelegtes Foto dokumentiert.
Daher sei auch gemäß § 83 Abs 1 lit. d StVO vorzugehen. Gemäß § 83 Abs 1 lit. c und d StVO liege eine wesentliche Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs vor, wenn die Gegenstände seitlich der Fahrbahn den Fußgängerverkehr auf Gehsteigen oder Straßenbanketten behindern und nicht mindestens 60 cm von der Fahrbahn entfernt seien.
Die Grundeigentümerin sei erstmalig am 20.12.2021 vom Straßenerhaltungsdienst der Holding Graz, Stadtraum, schriftlich aufgefordert worden, einen den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Rückschnitt der Sträucher ihrer Liegenschaft durchführen zu lassen. Am 11.01.2022 sei festgestellt worden, dass die Liegenschaftseigentümerin ihrer gesetzlichen Verpflichtung noch nicht nachgekommen sei. Deswegen habe eine bescheidmäßige Verpflichtung ausgesprochen werden müssen.
Am 04.10.2022 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen. Als gerichtlich beeideter Sachverständiger wurde DI EF bestellt.
Zur Vorbereitung auf die Verhandlung erstattete der Sachverständige DI EF nachstehenden Befund und Gutachten, welcher in der Verhandlung am 04.10.2022 konkretisiert wurde.
„1. Auftrag
Mit Beschluss vom 7. Juni 2022 hat mich das Landesverwaltungsgericht Steiermark beauftragt, ein Sachverständigengutachten zur Frage zu erstatten, ob die Verkehrssicherheit durch den westseitigen Bewuchs (Hecke), welcher auf die öffentliche Verkehrsfläche auf der Pstraße , Gst. Nr.: XXXX hervorragt, beeinträchtigt wird. Der Auftrag umfasst die Vorortbefundung und Erstellung eines schriftlichen Gutachtens bezüglich der aufgeworfenen zitierten Beschwerdepunkte, siehe Hauptakt, hinsichtlich der Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit durch den vorhandenen Bewuchs.
Als Unterlagen standen der Gerichtsakt samt Lichtbildbeilagen zur Verfügung. Weitere Unterlagen wurden nicht bereitgestellt.
2. Befund
Die Vorortbefundung wurde am Montag, den 1. August 2022 um 18:30 Uhr durchgeführt. Die Lichtbildaufnahmen stammen vom Zeitpunkt der Befundaufnahme. Das Wetter war zum Zeitpunkt der Befundaufnahme sonnig, warm (27 0 C) und trocken. Es herrschte Tageslicht.
Der Befundaufnahme vor Ort am 1. August 2022 von 18:30 bis 19:15 Uhr haben die folgenden Personen beigewohnt:
A. Herr Dipl. Ing. EF
Die Pstraße verläuft im Bereich des Gst. Nr. XXXX grob in Nord-Süd Richtung, nahezu eben. Dabei macht die Straße im Bereich des nord-östlichen Ecks des Grundstücks einen leichten Knick von etwa 25 0 , aus nördlicher Richtung kommend in Richtung Westen. Aus nord-östlicher Richtung mündet eine Stichstraße, ersichtlich auf Bild 2.1 , in die Pstraße in einem spitzen Winkel ein.
(Bild wurde entfernt)
Es herrscht eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h.
Das Grundstück weist eine zur öffentlichen Straße angrenzende Länge von 80,94m auf, Bild 2.2. Die benutzbare Verkehrsfläche, die Fahrbahn in der Natur, beträgt dabei zwischen 5,3m im äußerst südlichen Bereich und 6,0m im Bereich der Einfahrt zur Pstraße Hausnummer XX und XX (gegenüberliegend), und ist mit einer Asphaltdecke befestigt. Der vollständige Verlauf mit Naturmaßen ist in Bild 2.2 aufgenommen und dargestellt.
(Bild wurde entfernt)
Dem Kataster kann eine Breite der öffentlichen Fläche von 8.9m im nördlichen Teil, dem Bereich der Haltestelle, entnommen werden. Bild 2.3 zeigt den Bereich ohne Fahrzeug und Bild 2.4 mit einem Linienbus. Es ergibt sich nach Abzug der Haltestelle eine Verringerung des benützbaren Bereichs von in etwa 130cm im nördlichen Bereich.
(Bild wurde entfernt)
Befund:
Im südlichen Teil kann eine Breite von 7,6m des betreffenden Straßenteils entnommen werden.
Anschließend an die Fahrbahn lässt sich über die gesamte Länge weitgehend beidseitig ein Bankett erkennen, welches fast vollständig durch den Heckenbewuchs überdeckt ist und welches teilweise einen Grasbewuchs aufweist. Es befindet sich kein Gehsteig oder Gehweg neben dem Bankett.
Die Höhe der Hecke am westlichen Rand der öffentlichen Straße beträgt zwischen 2,2 und 2,5 Meter und weist einen dichten, nicht durchblickbaren Bewuchs auf. Die Hecke ist im gesamten Verlauf weitestgehend senkrecht geschnitten. Innerhalb der Hecke ist bei genauer Betrachtung ein Zaun erkennbar, welcher in etwa 80cm vom äußeren Rand der Hecke zurückversetzt ist.
Aus nördlicher Richtung betrachtet, springt der in die Straße ragende Bewuchs zu Beginn des Gst. Nr. XXXX um etwa Im herein. Der Sprung im Bewuchs ist in Bild 2.5 ersichtlich. Dieser Sprung im seitlichen Bewuchs ist nicht durch die Betrachtung der Grundstücksgrenzen im vorliegenden Katastralauszug Bild 2.6 vom 03. August 2022 erkennbar.
(2 Bilder wurden entfernt)
3. Gutachten
Der zu erörternde Bereich des Straßenstücks wird nachfolgend von Norden nach Süden behandelt, wobei für die Betrachtung eine entsprechende Strecke vor dem Grundstück zur Bewertung mit betrachtet werden muss.
Aus gutachterlicher Sicht kann, wenn man aus Norden auf das Straßenstück, welches an das Gst. Nr. XXXX heranfährt, festgehalten werden, dass durch den Versatz im Verlauf der Hecke an der aus nördlicher Richtung kommend rechten Fahrbahnseite eine verringerte Sichtweite auf den äußerst rechten Fahrbahnrand, respektive das Bankett, im Verlauf der Straße gegeben ist. Durch die verringerte Sichtweite aus der Fahrersicht eines PKW Lenkers betrachtet, ersichtlich in Bild 3.1 , ergibt sich folglich eine erhöhte Gefahr für einen sich dort befindlichen Fußgänger, da dieser durch den Verlauf des rechten Bewuchs lange dem Fahrer verdeckt bleibt.
(Bild wurde entfernt)
Auf Grund der Fahrbahnbreite von 5,8m im Begegnungsbereich der Haltestelle von zum Beispiel einem PKW (PKW übliche Breite von 2,1 m) mit dem Linienbus (Linienbus übliche Breite von 2,55m) ergibt sich, eine Restbreite von 1,15m. Diese Restbreite muss auf drei Abstände aufgeteilt werden: Erstens der Abstand zwischen einem Fahrzeug (zum Beispiel dem Linienbus) und der Haltestelle, zweitens der Abstand zwischen den sich begegnenden Fahrzeugen in der Mitte, sowie drittens dem Abstand zwischen Sträuchern und dem zweiten Fahrzeug. Es ergibt sich kein, beziehungsweise kaum Raum für einen sich dort befindlichen Fußgänger. Durch eine Verbreiterung der Straße, Fahrbahn und Bankett, auf die ursprüngliche Fläche würde sich ein zusätzlicher Raum für Fußgänger ergeben, welcher deren Sicherheit konkret verbessern würde.
Durch die Haltestelle auf der östlichen Fahrbahnseite im nördlichen Bereich des Straßenabschnitts ist überdies vermehrt mit Fußgängerverkehr zu rechnen.
Im weiteren Verlauf des Grundstücks Richtung Süden ist durch die fehlende Benutzbarkeit des Banketts, welches unterhalb der Hecke vorhanden ist, eine erhöhte Gefahr für Fußgänger vorhanden, da diese durch die Hecke nunmehr den äußersten Fahrbahnrand der insgesamt nur zwischen 5,3 m und 6,7 m breiten Fahrbahn benutzen müssen. Überdies ist jederzeit im Begegnungsverkehr mit Fahrzeugen, die eine größte zulässige Breite nach §4 Abs 6 Z 2 KfG (2,55m) aufweisen, zu rechnen, im speziellen da es konkret zur Begegnung von Bussen der entlang der Pstraße geführten Buslinie kommen kann.
Tatsächlich ergibt sich aus technischer Sicht, dass durch einen Rückschnitt des Bewuchs (Hecke) und der damit einhergehenden Wiederherstellung der Benutzbarkeit des Banketts eine maßgebliche Verbesserung der Sicherheit des Fußgängerverkehrs gegeben wäre.
Ergänzend wird durch den Sachverständigen ausgeführt, dass durch einen Rückschnitt im äußersten nördlichen Grundstücksbereich, im Bereich einer Wirtschaftszufahrt zu einer deutlichen Verbesserung der Sicherheit von Fußgängern in eben diesem Bereich führt. Dazu zählen, der Bereich nördlich der Wirtschaftszufahrt und in einem verlaufenden Bereich drei bis vier Meter südlich der Zufahrt.
Zu den Grundstücken wird ausgeführt: Im weiteren Verlauf der Grundstücke XXXX, XXXX und XXXX lässt sich festhalten, dass durch einen regelmäßigen Rückschnitt und der dadurch erreichbaren Benutzbarkeit des Banketts, ein Sicherheitsgewinn für sich dort befindliche Fußgänger ergibt. Die Ausführungen im Gutachten auf Seite 9 für das Grundstück XXXX gelten genauso für die beiden Grundstücke XXXX und XXXX.
Die Hecke müsste daher regelmäßiger zurückgeschnitten werden, um ein jederzeit benutzbares Bankett und damit eine einhergehende erhöhte Sicherheit der Fußgänger zu gewährleisten.“
Aufgrund des Akteninhaltes und der durchgeführten öffentlich mündlichen Verhandlung, insbesondere des erstellten Gutachtens des beigezogenen Sachverständigen DI EF der die nachstehenden Feststellungen getroffen:
Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin der Liegenschaft Pstraße mit den Gst. Nr. XXXX, XXXX und XXXX, alle KG P.
Entlang der Grundstücksgrenze der Liegenschaft Pstraße, mit den Grundstücken XXXX, XXXX und XXXX, KG P, ist eine ca. 50 Jahre alte Thujenhecke gepflanzt, welche in die Pstraße bis zu 1,5 Meter über den Zaun hinausragt bzw. hinausgeragt hat. Dies stellt eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit dar, weil einerseits eine Sichtbehinderung teilweise vorliegt und vor allem Fußgänger durch die fehlende Benutzbarkeit des Banketts, welches unterhalb der Hecken vorhanden ist, einer erhöhten Gefahr ausgesetzt sind. Fußgängern ist es, sofern die Thujenhecke nicht zurückgeschnitten wird, nicht möglich entlang der Pstraße zu gehen, ohne auf der Fahrbahn gehen zu müssen.
Der Spruch im angefochtenen Bescheid bzw. der Beschwerdevorentscheidung ist somit hinreichend bestimmt, um der bestehenden Situation abzuhelfen.
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich eindeutig aus der Aktenlage, insbesondere der öffentlich mündlichen Verhandlung und dem dabei erstellten Gutachten des beigezogenen Sachverständigen DI EF sowie der damit verbundenen aufwendigen Fotodokumentation.
Der beigezogene Sachverständige DI EF hat die Situation in der Pstraße konzise analysiert und kommt er in seinem Befund und Gutachten nachvollziehbar zu dem Schluss, dass durch einen regelmäßigen Rückschnitt der Thujenhecke und der dadurch verbundenen Benutzbarkeit des Banketts, ein Sicherheitsgewinn für sich dort befindliche Fußgänger ergibt. Dieses Gutachten deckt sich auch mit der allgemeinen Lebenserfahrung von Fußgängern und Verkehrsteilnehmern jeder Art.
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat erwogen:
Gemäß § 91 Abs 1 StVO hat die Behörde die Grundeigentümer aufzufordern, Bäume, Sträucher, Hecken und dergleichen, welche die Verkehrssicherheit, insbesondere die freie Sicht über den Straßenverlauf beeinträchtigen, auszuästen oder zu entfernen.
Im vorliegenden Fall ist die Thujenhecke der Beschwerdeführerin in der Pstraße über einen Meter über den Zaun hinausgewachsen, was eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit darstellt.
Die belangte Behörde hat daher zu Recht das Zurückschneiden bis zur Grundstücksgrenze und wenn nötig die gänzliche Entfernung der betroffenen Sträucher bzw. Bäume aufgetragen, was sich in hinreichender Klarheit aus dem Spruch des in Beschwerde gezogenen Bescheides bzw. der Beschwerdevorentscheidung ergibt.
Die von der Beschwerdeführerin beantragte Verordnung einer höchstzulässigen Geschwindigkeit von 10 km/h, kommt für die Beurteilung der gegenständlichen Rechtsfrage von vornherein nicht in Betracht. Ebenfalls kann es aufgrund des Schutzzweckes der betroffenen Norm (Verkehrssicherheit) zu keiner Güterabwägung hinsichtlich der eventuellen Wiederherstellungskosten der Beschwerdeführerin für eine Neupflanzung einer Thujenhecke kommen.
Aus der Rechtsgrundlage des § 83 Abs 1 lit. c StVO lässt sich entnehmen, dass eine wesentliche Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs vorliegt, wenn sich Gegenstände im Luftraum oberhalb der Straße nicht mindestens 2,2 Meter über dem Gehsteig und 4,5 Meter über der Fahrbahn befinden bzw. mindestens 60 cm vom Fahrbahnrand befinden (vgl. § 83 Abs 1 lit. d StVO). Nachdem die hervorragende Thujenhecke definitiv eine Sichtbehinderung und durch die nichtmehr gegebene Benutzbarkeit des Straßenbanketts für Fußgänger eine erhebliche Gefahrenquelle bedeutet, war spruchgemäß zu entscheiden. Diesbezüglich wird auf die ständige Rechtsprechung (LVwG 41.20-2388/2020, VwGH 14.12.2012, 2012/02/0216; VwGH 16.11.2012, 2012/02/0133) verwiesen.
Abschließend wird noch darauf hingewiesen, dass aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts keinerlei verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich eines eventuellen Eigentumseingriffs vorliegen. Dies wird auch durch die Rechtsprechung vom Verwaltungsgerichtshof gedeckt (vgl. VwGH vom 16.11.2012, 2012/02/0133), wonach eine dem Grundeigentümer nach § 91 Abs 1 StVO 1960 aufgetragene Maßnahme, einen vom Gesetzgeber im Interesse der Verkehrssicherheit für zulässig erklärten Eingriff in das Eigentum darstellt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Entfernung von Sträuchern, Beeinträchtigung, Überragung der Grundgrenze, Gefährdung des öffentlichen Verkehrs, Auslichtung, Beschwerdevorentscheidung, ThujenheckeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGST:2022:LVwG.41.12.5708.2022Zuletzt aktualisiert am
16.01.2023