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90/01 Straßenverkehrsordnung 1960Norm
B-VG Art139 Abs1 Z3Leitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung einer FahrverbotsV für laute Motorräder einer Tiroler Bezirkshauptmannschaft auf der B 198, L 21 und die B 199; Möglichkeit der Beantragung einer Ausnahmebewilligung durch den Halter des MotorradsSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
1. Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z3 B-VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller, der Verfassungsgerichtshof möge "die 'B 198 Lechtalstraße, L 21 Bergwang-Namloser Straße und B 199 Tannheimer Straße; Fahrverbot für Motorräder mit einem Standgeräusch (Nahfeldpegel) über 95dB(A) - Verordnung' der Bezirkshauptmannschaft Reutte, Geschäftszahl RE-VK-STVO-141/81-2021, vom 14.04.2021, ihrem ganzen Inhalt nach", in eventu lediglich §3 der angefochtenen Verordnung, in eventu in §3 der angefochtenen Verordnung die Wortfolge "bei der Genehmigung dieser Fahrzeuge oder ihrer Type bestimmte" als gesetzwidrig aufheben.
1.1. Der Antragsteller bringt zunächst zu seiner Antragslegitimation vor, dass er als Eigentümer und Halter eines Motorrades, dessen bei der Genehmigung bestimmtes Standgeräusch (Nahfeldpegel) den Wert von 95 dB(A) überschreite, unmittelbarer und aktuell betroffener Normadressat der angefochtenen Verordnung sei. Durch die angefochtene Verordnung sei es ihm nicht möglich, einen bestimmten Motorradausflug zu unternehmen, weil ihn die Anreise zu dem im Antrag näher umschriebenen Ziel zwangsläufig über die B 199 Tannheimer Straße führen würde, die vom Anwendungsbereich des angefochtenen Fahrverbotes erfasst sei. Die angefochtene Verordnung versage es dem Antragsteller im Zeitraum vom 15. April bis 31. Oktober eines jeden Jahres, mit seinem Motorrad die B 199 Tannheimer Straße wie gewohnt zu befahren. Dem Antragsteller stehe kein anderer zumutbarer Weg offen, seine Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.
1.2. In der Folge legt der Antragsteller seine Bedenken gegen die angefochtene Verordnung dar. Der Antragsteller bringt insbesondere vor, dass die verordnungserlassende Behörde vor Erlassung der angefochtenen Verordnung kein ausreichendes Ermittlungsverfahren durchgeführt und nicht die erforderliche Interessenabwägung vorgenommen habe. Zudem sei das angefochtene Fahrverbot unverhältnismäßig.
2. Der Antrag ist unzulässig.
2.1. Gemäß Art139 Abs1 Z3 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluss VfSlg 8058/1977 unter Hinweis auf VfSlg 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 Z3 B-VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art139 Abs1 Z3 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg 11.684/1988, 14.297/1995, 15.349/1998, 16.345/2001 und 16.836/2003).
2.2. Bei verkehrsbeschränkenden Maßnahmen nach §43 StVO 1960 kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ein zumutbarer Weg darin bestehen, die Erteilung einer Ausnahmebewilligung iSd §45 Abs2 StVO 1960 zu beantragen (vgl zB VfGH 21.9.2020, V525-526/2020).
2.3. Auch im vorliegenden Fall stellt die Antragstellung auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung (§45 Abs2 StVO 1960) von dem mit der angefochtenen Verordnung angeordneten Fahrverbot einen zumutbaren Weg dar. Damit steht dem Antragsteller ein Mittel zur Verfügung, die Wirkungen der Verordnung von sich abzuwenden oder aber – wenn dieser Weg erfolglos bleiben sollte – in einer Beschwerde gegen die die Ausnahme versagende (letztinstanzliche) Entscheidung die Frage der Gesetzmäßigkeit der verkehrsbeschränkenden Maßnahme an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (vgl VfGH 21.9.2020, V525-526/2020 mwN).
3. Der Antrag ist daher mangels Legitimation des Antragstellers gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.
Schlagworte
Verkehrsbeschränkungen, Fahrverbot, VfGH / Individualantrag, VfGH / Weg zumutbarer, Ausnahmebewilligung, VfGH / LegitimationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:V183.2022Zuletzt aktualisiert am
16.01.2023