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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §2 Abs2 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. August 1995, Zl. 4.330.921/10-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerde sowie einer damit vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides zufolge hat der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nigerias, den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. April 1992, mit dem festgestellt worden war, daß er die Voraussetzung für die Zuerkennung seiner Flüchtlingseigenschaft nicht erfülle, mit Berufung bekämpft.
Mit ihrem Bescheid vom 20. August 1995 wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab, im wesentlichen unter Zugrundelegung des - im Sachverhaltsbereich auch in der Beschwerde unbestritten gelassenen - Ergebnisses einer ergänzenden Einvernahme am 6. April 1995, wonach sich der Beschwerdeführer mit Hilfe seiner Freunde von den nigerianischen Behörden am 27. Mai 1992 einen Reisepaß (Nr. n./) habe ausstellen lassen. Rechtlich folgerte die belangte Behörde daraus, der Beschwerdeführer habe sich dadurch im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wieder unter den Schutz seines Heimatlandes gestellt, da die Ausstellung eines Reisepasses in der Regel als eine jener Formen angesehen werden müsse, mit denen ein Staat seinen Angehörigen Schutz gewähre. Sie versagte demzufolge dem Beschwerdeführer unter Heranziehung der Bestimmung des § 2 Abs. 2 Z. 1 AsylG 1991 das begehrte Asyl.
Der Beschwerdeführer hält dem in der Beschwerde entgegen, aus dem Umstand, daß er sich mit Hilfe seiner Freunde von den nigerianischen Behörden einen Reisepaß habe ausstellen lassen, könne nicht abgeleitet werden, daß er sich wieder unter den Schutz seines Heimatlandes habe stellen wollen. Daß die Ausstellung eines Reisepasses in der Regel als eine der Formen angesehen werden müsse, mit denen ein Staat seinen Angehörigen Schutz gewähre, könne nur so gemeint sein, daß dieser Reisepaß auf "normalem" Weg beantragt und ausgestellt werde, also entweder in dem Heimatland selbst oder in der Vertretungsbehörde dieses Heimatlandes, keinesfalls aber durch Hilfe von Freunden, die ihrerseits Mittel und Wege gefunden hätten, ihm (dem Beschwerdeführer) einen Reisepaß zu beschaffen. Dies bedeute keinesfalls, daß er sich damit unter den Schutz seines Heimatlandes habe begeben wollen.
Über diese Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer wendet sich zwar gegen die zur Frage der "Unterschutzstellung" der von der belangten Behörde vorgenommenen rechtlichen Beurteilung, nicht jedoch gegen den dieser zugrunde gelegten Sachverhalt selbst, wonach er unter Mithilfe von Freunden über ein von ihm selbst ausgefülltes Ersuchen einen nigerianischen Reisepaß ausgestellt erhalten habe. Gemäß § 2 Abs. 2 Z. 1 AsylG 1991 wird einem Flüchtling kein Asyl gewährt, wenn er unter Art. 1 Abschnitt C (oder F, welcher Fall hier nicht in Rede steht) der Genfer Flüchtlingskonvention fällt. Gemäß dieser Bestimmung wird dieses Abkommen auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt, nicht mehr angewendet, wenn sie sich freiwillig wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt hat. Daraus folgt, daß selbst für den Fall, daß der Beschwerdeführer als Flüchtling anzuerkennen gewesen wäre, ihn die Inanspruchnahme des Schutzes seines Heimatlandes von der Gewährung von Asyl ausschließt. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen (vgl. hiezu hg. Erkenntnisse vom 24. Jänner 1995, Zl. 94/20/0881, vom 25. April 1995, Zl. 94/20/0779, und vom 27. Juni 1995, Zl. 94/20/0546, und die jeweils dort angeführte Judikatur), daß die Ausstellung eines Reisepasses (auf Grund der dieser zugrunde liegenden Antragstellung) in der Regel - sofern nicht im konkreten Einzelfall ein dieser rechtlichen Beurteilung entgegenstehender Sachverhalt aufgezeigt wird - als eine der Formen angesehen werden muß, mit denen ein Staat seinen Angehörigen Schutz gewährt. Selbst in der Beschwerde wird vom Beschwerdeführer kein darartiger Umstand aufgezeigt, erschöpft sich sein diesbezügliches Vorbringen doch in der Behauptung, die Antragstellung um einen Reisepaß - wenn auch auf möglicherweise nicht "normalem Weg" - bedeute keinesfalls, daß er sich "damit unter den Schutz seines Heimatlandes begeben wollte". Diese "Mentalreservation" beeinträchtigt jedoch nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes die freie Willensbildung nicht. Ist aber die Willensbildung frei von physischen oder psychischen Zwängen gewesen, ist der Beschwerdeführer auch für das von ihm gewollte Tun (die Antragstellung auf Ausstellung eines Reisepasses) verantwortlich; diese entfaltet dann auch gegen ihn Wirkungen (vgl. hiezu insbesondere auch das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1995).
Da bereits aus der Beschwerde ersichtlich war, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Damit erübrigt sich auch eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995010441.X00Im RIS seit
20.11.2000