Gbk 2022/11/29 B-GBK I/294/22

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Veröffentlicht am 29.11.2022
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Diskriminierungsgrund

Mehrfachdiskriminierung

Diskriminierungstatbestand

Begründung eines Dienstverhältnisses

Text

Die Gleichbehandlungskommission des Bundes

Senat I

hat in der Sitzung am ... über den Antrag von A (= Antragstellerin), in einem Gutachten nach § 23a Bundes-Gleichbehandlungsgesetz (B-GlBG), BGBl. I Nr. 65/2004 i.d.g.F., festzustellen, dass sie durch die Nichtberücksichtigung ihrer Bewerbung um die Leitung der …, Bundesamt für Wald (BFW) auf Grund des Geschlechts gemäß § 4 Z 1 B-GlBG und auf Grund des Alters gemäß § 13 Abs 1 Z 1 B-GlBG diskriminiert worden sei, folgendes

Gutachten

beschlossen:

Die Beurteilung von As Qualifikationen im Auswahlverfahren zur Besetzung der Leitung der … stellt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und des Alters dar.

Begründung

Der Antrag von A langte am ... bei der Bundes-Gleichbehandlungskommission (B-GBK) ein.
Die Antragstellerin führte aus, sie habe sich am ... beim BFW um die Leitung der ... beworben. Sie verfüge über die geforderten Qualifikationen in einem hohen Grad und sei auch als eine von ... Kandidaten (... männliche und sie) zum Bewerbungsgespräch am ... eingeladen worden. Es sei ein Zukunftskonzept zu präsentieren gewesen, welches sie sehr gewissenhaft und umfassend vorbereitet habe. Aus ihrer Sicht sei das Gespräch „von vorgefassten und eher negativen Meinungen“ begleitet gewesen, und die Entscheidung des BFW habe ungewöhnlich lange gedauert. Am ... habe sie eine kurze Absage erhalten („aus welchen Gründen auch immer“), die Stelle habe jener Bewerber bekommen, der bisher stellvertretender Leiter der ... gewesen sei. „Das ursprüngliche Ansinnen, Frauen in Leitungsfunktionen zu bringen, was auch in der hauseigenen BFW-Strategie verankert ist und eine neue frische Sicht von außen in das Unternehmen zu bringen wurde somit ad absurdum geführt.“

Nachdem laut der Homepage des BFW dieses (noch) von ... geleitet wurde, wurde die Antragstellerin vom Senat I der B-GBK im Sinne des § 25 (2) Bundes-Gleichbehandlungsgesetz ersucht, darzulegen, weshalb Sie den Verdacht habe, dass das Geschlecht und das Alter bei der Personalauswahl ausschlaggebend gewesen seien. A konkretisierte am ... ihren Antrag indem sie ausführte, dass in der Ausschreibung „ganz klar auf § 43 in Verbindung mit § 11b bzw. § 11c“ B-GlBG verwiesen“ worden sei. Der Bewerberkreis habe sich auf ... Personen - ... jüngere Männer und sie - beschränkt. Da sie zwei Studienabschlüsse, „exzellente Erfahrung entlang der Wertschöpfungskette Forst-Holz-Papier“ sowie Führungserfahrungen vorweisen könne, sei sie der Meinung gewesen, dass sie zumindest gleich, wenn nicht sogar besser qualifiziert sei als ihre Mitbewerber, und daher hätte sie lt. B-GlBG bevorzugt werden müssen. Zu erwähnen sei auch, dass sich das BFW in seinem internen Strategiekonzept die Förderung von Frauen in der Forstwirtschaft auf seine Fahnen hefte und dass es sich breiter aufstellen und „für externe ExpertInnen noch stärker ein attraktiver Arbeitgeber sein will“. Die Neubesetzung der Leitungsfunktion mit einem internen Mitarbeiter laufe dem aber entgegen.

Dem Antrag angeschlossen waren die Ausschreibung der gegenständlichen Stelle, As tabellarischer „Beruflicher Werdegang“ sowie die Information des BFW über Inhalt und Ablauf des Hearings.

Die Stellenausschreibung umfasste zum einen folgende Aufgaben:

?    „Führung und Strategische Entwicklung der ...

?    Vertretung der ... und des gesamten … nach Außen

?    Gestaltung einer nachfrage- und problemlösungsorientierten Veranstaltungskonzeption

?    Organisation einer zielorientierten Beratungsarbeit bei den land- und forstwirtschaftlichen Zielgruppen sowie weiterer gesellschaftlicher Gruppen

?    Nutzen von Synergien mit der am Standort X eingemieteten … und weiteren dort angesiedelten Institutionen und Einrichtungen

?    Erweiterung des Kundenportfolios im nationalen und internationalen Bereich

?    Kontinuierliche Kontaktpflege zu verschiedenen Interessensgruppen

?    Steigerung der Einwerbung von Drittmitteln und aktive Mitarbeit in der Projektentwicklung

?    Organisation der Schnittstellen in den Bereichen Lehre, Verwaltung Küchen- und Beherbergungsbetrieb sowie zu den weiteren Partnern im Haus

?    Gestaltung der Öffentlichkeitsarbeit in Abstimmung mit der PR-Abteilung des BFW und Kommunikation sowie Publikation von Fachwissen an die Praxis

?    Verantwortung für eine wertschätzende und effiziente Führung der Mitarbeiter*innen

?    Aktive Zusammenarbeit mit dem Team der Führungsebene des BFW sowie laufender Austausch und Abstimmung mit der BFW Leitung“

und zum anderen das folgende Profil:

?    „Abgeschlossenes Diplom/Masterstudium der Forstwissenschaften oder vergleichbare Ausbildung

?    Ausgeprägte Management-Kompetenzen und Erfahrung in der Führung von Mitarbeiter*innen

?    Hohe kommunikative Kompetenz innerhalb und außerhalb der Organisation sowie Erfahrung in der Wissensvermittlung und in der Kommunikation mit Medienvertreter*innen

?    Freude an der Zusammenarbeit mit verschiedenen Mitarbeiter*innengruppen und Ansprechpersonen in der Gesellschaft

?    Weitere: abgeschlossener Grundwehr-/Zivildienst (bei Bewerbern), Führerschein B, gute EDV- und Englischkenntnisse setzen wir voraus“

Für das Hearing hatten die Bewerberin und die Bewerber eine Selbstpräsentation vorzubereiten, in deren Rahmen in rund 10 Minuten die bisherigen beruflichen Schwerpunkte und fachlichen Qualifikationen darzulegen waren. Im 2. Teil waren die „strategischen und operativen Vorstellungen“ in Bezug auf die Leitung der ... darzulegen und als 3. Teil war die Beantwortung situativer Frage vorgesehen.

As Lebenslauf ist zu entnehmen, dass sie ... geboren wurde und an der Universität X das Studium der Forstwirtschaft sowie an der Universität Y das postgraduale Studium für Public Relations abgeschlossen habe. Von ... bis ... sei sie Referentin für Öffentlichkeitsarbeit in der Sektion X und der Abteilung X (in ...), und von ... bis ... Referentin für Kommunikation bei der ... „...“, ebenfalls in ..., gewesen. Von ... bis ... sei sie Sprecherin der ... und Referentin für Kommunikation und PR im ... gewesen, danach „Freelancer, Support für Zertifizierung nach FSC und PEFC für die ...“ in ..., und von ... bis ... sei sie „Certification Specialist Wood Procurement“ für die ... gewesen.

Auf Ersuchen der B-GBK übermittelte das BFW am ... eine Stellungnahme zum Antrag:

Die Leitung der ... sei in zahlreichen Medien (z.B. ...) ausgeschrieben worden. Es seien ... Bewerbungen, eine von einer Frau, eingelangt, ein Bewerber habe wieder abgesagt. Mit den übrigen ... Bewerbern und der Bewerberin hätten der Leiter des BFW ..., sein Stellvertreter... und ... (HR Management) Hearings via Zoom durchgeführt. Die Bewerber und die Bewerberin hätten die selbe Aufgabenstellung im selben Zeitraum erhalten, alle Hearings hätten ... gleich lang gedauert, und die Bewerber und die Bewerberin hätten gleich viel Zeit für die Beantwortung der Fragen bekommen. Die Entscheidung sei aufgrund der „in den Unterlagen angeführten Bewertungskriterien“ gefallen, und zwar einstimmig.

Es sei korrekt, dass in der BFW-Strategie verankert sei, verstärkt Frauen einzustellen und ihnen Führungspositionen zu ermöglichen, und das passiere auch in der Praxis, die derzeitige Leiterin sei ... B (der erfolgreiche Bewerber) sei etwa ... Jahre jünger als A, das BFW weise daher den Vorwurf der Diskriminierung aufgrund des Alters strikt von sich. Selbstverständlich würden Frauen bei gleicher Qualifikation (Ausbildung und Berufserfahrung) bevorzugt, jedoch sei im gegenständlichen Fall keine gleichwertige Qualifikation vorgelegen.

Bezüglich der (von der Antragstellerin erwähnten) langen Entscheidungsfindung sei zu sagen, dass allen Bewerbern und der Bewerberin mitgeteilt worden sei, dass die Entscheidung bis Ende des Monats (...) gefällt werde, was auch der Fall gewesen sei, A sei am ... informiert worden, dass die Entscheidung in der darauffolgenden Woche getroffen werde und die definitive Mitteilung sei am ... erfolgt.

Der Stellungnahme angeschlossen waren (u.a.) die Bewerbung von B inkl. Lebenslauf und je ein „Bewertungsbogen“ für das Hearing von A und B.

Der Bewerbung von B ist zu entnehmen, dass er an der ... seit ... Trainer in der Erwachsenenbildung, seit ... stellvertretender Dienststellenleiter und seit ... Leiter des Teams „...“ sei. Er habe ... das Studium der Forstwirtschaft an der ... und ... das Bachelorstudium Agrar- und Umweltpädagogik an der ... sowie ... die Staatsprüfung für den höheren Forstdienst abgeschlossen.

Im Rahmen der verbalen Beurteilung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass A „fachlich und inhaltlich auf die konkrete Aufgabe bezogen“ auch bei Nachfragen eher an der Oberfläche geblieben sei.
Zum „Thema Führung“ wurde festgehalten, dass A bis dato noch keine Position mit fachlicher und disziplinärer Führung innegehabt habe, sie habe davon gesprochen, bei ... als „missling Link“ zwischen verschiedenen MA-Gruppen in Projekten fungiert zu haben, Projektverantwortung sei jedoch keine fachliche und disziplinäre Führung.
Unter dem Titel „Weitere Kompetenzen und Skills“ wurde vermerkt, dass die Bewerberin die Zeit nicht eingehalten habe bzw. auch nicht ganz auf die Aufgabenstellung eingegangen sei.
Die „Einschätzung & Empfehlung“ lautete, dass A über jahrelange Berufserfahrung verfügte die für die Stelle nützlich sein könnte, erfülle allerdings essentielle Anforderungen der Stellenbeschreibung nicht, wie z.B. Führungskompetenz; weiters würden die Erfahrung in der strukturierten Wissensweitergabe im Ausbildungssektor fehlen. Für die Stelle sei praktische und jahrelange Führungserfahrung unerlässlich (aufgrund der MA-Größe, der Anliegen der MA, der aktuellen und zukünftigen Changes). Die Mitarbeiter*innen bräuchten eine Ansprechperson, die ihre Anliegen sehr ernst nehme und auch entsprechend entscheide. Ohne entsprechende Erfahrung sehe man „die diesbezügliche Umsetzung als sehr schwierig an“.
Der Schwerpunkt ihrer bisherigen Berufserfahrung liege im Bereich Kommunikation, der zwar wichtig, aber nur ein Teilbereich sei. Die Vorstellungen von der Erfüllung der Aufgaben seien „nicht tiefergehend erläutert“ worden. Der Gesamteindruck sei, dass die Vorstellungen von der Stelle nicht ganz realistisch seien. Insgesamt erfülle sie Bewerberin die Anforderungen für die Stelle zu wenig.

B betreffend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass in seinen Ausführungen zur Aufgabenstellung eine „hohe Mitarbeiter*innen-Orientierung“ deutlich geworden sei. Auffallend seien die hohe strategische Orientierung, der Gesamtblick sowie die strategische Sichtweise auch in der Personal-(kosten)planung. Offen geblieben seien ein wenig die Punkte, wie gut er improvisieren und sich auf neue Situationen einstellen könne „(kann jedoch durch Unterstützung im Bedarfsfall beispielsweise durch ein Einzelcoaching oder durch Teilnahme an Führungskräfteseminaren verbessert werden)“.
Der Bewerber habe seine Motivation überaus deutlich dargelegt. Die angeführten Kompetenzen erfülle er zur Gänze oder überwiegend.
Die „Einschätzung & Empfehlung“ lautete, der Bewerber verfüge über jahrelange Berufserfahrung an der ... und erfülle alle essentiellen Anforderungen der Stelle. Entwicklungspotential gebe es beim Thema PR, wobei man überzeugt sei, dass sich der Bewerber durch die Aneignung gewisser Methoden und Kompetenzen diesbezüglich entwickeln könne. Deutlich sei die starke Verwurzelung und Identifikation mit der ... und der Umgebung sowie die Übereinstimmung mit den Werten und der Unternehmenskultur am BFW.
Der Bewerber sei ein passender Kandidat für die Stelle.

An der Sitzung des Senates I der B-GBK (im Folgenden kurz: Senat) am ... nahmen die Antragstellerin und als Dienstgebervertreterin ... teil. Als Gleichbehandlungsbeauftragte (GBB) war ... anwesend.

A führte aus, dass es sie immer schon interessiert habe, im BFW zu arbeiten. Sie sei ausgebildete Forstwirtin, habe auch ein zweites Studium absolviert (PR und Kommunikation) und diverse Managementseminare besucht. Sie sei überzeugt gewesen, dass ihre Eignung für diese Stelle ausreichend sei, daher habe sie sich beworben. Sie habe im Hearing Verschiedenes vorgestellt, wie z. B die Öffnung des Hauses. Sie sei seit über ... Jahren in der Forstwirtschaft und dort eine von sehr wenigen Frauen. Sie habe ... Mitbewerber gehabt. Nachdem die Entscheidungsfindung über einen Monat gedauert habe, habe sie die Absage erhalten mit den Worten „es hat sich keine Frau für diesen Job beworben.“ Das sei für sie ein Schlag ins Gesicht gewesen und der Hauptgrund für die Antragstellung.

Auf die Frage, warum sie glaube, dass das Alter eine Rolle gespielt haben könnte, antwortete A, sie habe erfahren, dass ihre Mitbewerber deutlich jünger seien. Nachdem sie ... Jahre alt sei und ... lang einen Job gesucht habe, habe sie gedacht, dass es mit ihrem Alter zusammenhänge, auch weil die Leute keine Auskunft gegeben haben, warum sie eine Stelle nicht bekommen habe, es habe immer nur geheißen, in Nuancen passe etwas nicht. Welche Nuancen das genau seien, sei ihr nie gesagt worden, daher glaube sie, dass das Alter jedenfalls auch eine Rolle spiele.

Auf die Frage, wie sich der Prozess für sie dargestellt habe, da sie angegeben habe, sie habe beim Hearing atmosphärisch bereits gespürt, dass es schon gelaufen sei, antwortete A, dass es eigentlich Pro-Forma-Fragen gewesen seien. Anstatt es zu schätzen, dass sie aufgrund ihrer umfangreichen Laufbahn Erfahrungswerte habe, die sie auf dem ausgeschriebenen Arbeitsplatz einbringen könnte, sei sie nur gefragt worden, ob sie auch irgendwo länger als ... Jahre bleibe. Für sie sei die Atmosphäre nicht wertschätzend gewesen.

An die Dienstgebervertreterin gerichtet wollte die Vorsitzende wissen, wie sich das Auswahlverfahren für das BFW dargestellt habe, und die Dienstgebervertreterin führte aus, dass die Stelle circa ... bis ... Wochen auf verschiedenen Kanälen ausgeschrieben gewesen sei. ... Aufgrund der geringen Anzahl an Bewerbungen sei klar gewesen, dass mit jedem Bewerber/der Bewerberin ein Hearing - via Zoom –abgehalten werde. Aufgrund der Wichtigkeit der Stelle seien sie vom BFW zu dritt gewesen, nämlich der Direktor, sein Stellvertreter ... und sie selbst, weil sie das Recruiting aufgebaut habe und sich für Frauen im BFW einsetze. Sie habe den Prozess mit einem bestimmten Fragenkatalog und Aufgabenstellungen organisatorisch mitbetreut.

Die Frage, ob sie den Bewertungsbogen erstellt habe, bejahte die Dienstgebervertreterin, wobei sie angab, fachlich nicht die Expertin zu sein, sondern ihre Schwerpunkte seien Recruiting und Führung. Beim Hearing seien allen dieselben Fragen gestellt worden, Suggestivfragen seien nicht gestellt worden, es könne sein, dass „die Beständigkeit“ angesprochen worden sei.

Die Vorsitzende warf ein, dass „die Beständigkeit“ ganz sicher angesprochen worden sei, so stehe es nämlich auch im Bewertungsbogen.

Die Dienstgebervertreterin führte weiter aus, dass sie gefragt habe, aus welchen Gründen A nicht länger an einer Stelle geblieben sei. Nachdem sie sich nach den Hearings zweimal beraten hätten, sei die Entscheidung zu Gunsten von B gefallen.

Die Vorsitzende fragte, ob jeder für sich bepunktet habe. Die Dienstgebervertreterin antwortete, zuerst habe jeder (vom PBFW) Punkte vergeben und dann seien sie zusammengekommen und hätten verglichen. Vieles sei deckungsgleich gewesen.

Auf Nachfrage, warum dennoch zwei Sitzungen benötigt worden seien, antwortete die Dienstgebervertreterin, es habe sich bei Führungspositionen bewährt, ein oder zwei Nächte „darüber zu schlafen“ und sich dann erneut zu besprechen.

Auf Frage, wie viele Personen an der ... zu führen seien, gab die Dienstgebervertreterin an, circa ...

Die Vorsitzende hielt fest, dass der Bewerber B stellvertretender Dienststellenleiter gewesen sei, und die Dienstgebervertreterin bemerkte, B habe, da absehbar gewesen sei, dass ... in Pension gehen werde, „schon essenzielle Aufgaben übernommen“.

Die Vorsitzende fragte - nachdem die Ausschreibung keine Gewichtung der Führung und der Öffentlichkeitsarbeit enthalten habe –, was für den Dienstgeber wichtiger gewesen sei, und die Dienstgebervertreterin antwortete, dass die Führungserfahrung für den Standort X sehr wichtig sei, weil die Hierarchie sehr flache sei, man sei sehr nahe an den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen dran, und es müssten viele Bereiche koordiniert werden. Da es ein Aus- und Weiterbildungsbetrieb sei, gebe es sehr viele Träger und Lehrer, und diese zu koordinieren und zu führen, sei sicher eine Herausforderung. Die Führungsrolle sei „ganz, ganz wichtig“, daher sei dem BFW die Führungserfahrung sehr wichtig gewesen.

Die Vorsitzende warf ein, dass das BFW A die Führungserfahrung abgesprochen habe, und darauf replizierte die Dienstgebervertreterin, dass A noch nie eine fachliche oder disziplinäre Führung innegehabt habe.

Auf den Einwand, dass sie aber dennoch zum Hearing eingeladen worden sei, führte die Dienstgebervertreterin aus, weil „Projektverantwortung“ alles sein könne, auch fachliche Führung, und das habe man im Gespräch eruieren wollen, weil nicht alles klar aus dem Lebenslauf hervorgegangen sei.

Der Senat monierte, dass - offenbar – niemand vom Betriebsrat hinzugezogen worden sei und auch nicht die Gleichbehandlungsbeauftragte, obwohl das B-GlBG anzuwenden gewesen sei, worauf die Gleichbehandlungsbeauftragte (GBB) ... ausführte, dass dies ressourcenbedingt nicht vorgesehen sei.

Die Vorsitzende erläuterte, dass dies keine Ressourcenfrage sei, eine GBB könne die Teilnahme an einem Hearing absagen, wenn sie ihr zeitlich nicht möglich sei, aber eingeladen werden müsse sie, und es seien ihr die Bewerbungen zu übermitteln.

Die GBB führte aus, dass sie seit ... Jahren GBB sei und den Frauenförderungsplan erstellt und als Betriebsvereinbarung verankert habe, das sei keine Selbstverständlichkeit. Das Gesprächsklima mit dem Betriebsrat und der Direktion sei gut.

Die Vorsitzende fragte, wie die GBB „einschreiten“ könne, wenn sie bei der Entscheidungsfindung nicht dabei sei, und die GBB antwortete, Vertrauen in die Arbeit der Direktion und der „HR“ zu haben. Sie sei im Vorfeld dieser Sitzung informiert und gebrieft worden, und es sei ihr versichert worden, dass die fachlichen und sozialen Skills von B als die besten befunden worden seien.

Die Vorsitzende hielt fest, dass laut dem „Bewertungsbogen“ die Persönlichkeit der Bewerber und Bewerberinnen u.a. nach dem Kriterium Motivation zu bewerten gewesen sei und As Motivation nur mit „teilweise erfüllt“ bewertet worden sei. Die Frage an die Dienstgebervertreterin sei, wie man zu dem Schluss gekommen sei, dass eine Bewerberin nur „teilweise“ motiviert sei, die Stelle anzutreten? Die Dienstgebervertreterin antwortete, dass die Motivation für die Präsentation und zur Beantwortung der Fragen bewertet worden sei. Alle hätten den Eindruck gehabt, dass A schon seit längerem den Wunsch gehabt habe, im BFW zu arbeiten.
Die Vorsitzende warf ein, dass dies doch eher großes Interesse bezeuge, was die Dienstgebervertreterin bejahte und sie ergänzte, es sei aber der Eindruck entstanden, dass sich A mit einer gewissen Selbstverständlichkeit als Nachfolgerin von ... gesehen habe. Selbstsicherheit sei gut, aber A habe die Motivation bei der Präsentation im Hearing gefehlt. Man sei nicht überzeugt gewesen, dass sie die mit der Teamleitung verbundenen essenziellen Aufgaben wirklich mit vollem Engagement erfüllen werde, weil der Schwerpunkt ihrer Präsentation auf PR gelegen sei. Das sei natürlich auch ein Punkt, aber nicht der wichtigste.

Die Vorsitzende wies darauf hin, dass B betreffend festgestellt worden sei, er habe Mängel im PR-Bereich, aber Entwicklungspotenzial. A habe man fehlende Führungs- und Managementkompetenzen attestiert, ihr aber nicht zugestanden, dass sie sich weiterentwickeln könne.

Die Dienstgebervertreterin replizierte, dass sich B bereits einmal um die Stelle beworben habe, nämlich gleichzeitig mit ..., und man habe damals gesehen, dass er sich noch entwickeln müsse, insbesondere im Bereich Führung. Er habe sich entwickelt und daher jetzt die Stelle bekommen. Das BFW gebe Personen schon die Möglichkeit sich zu entwickeln, aber die gegenständliche Position könne man nicht so leicht übernehmen, wenn man nicht bereits „in einer fachlichen und disziplinären Führung gewesen“ sei.

Die Vorsitzende warf ein, dass bei B im Hinblick auf die Fähigkeit zu improvisieren und sich auf neue Situationen einzustellen die Möglichkeit ihn durch Einzelcoachings oder Führungskräfteseminare zu unterstützen angesprochen worden sei, obwohl er doch schon einige Zeit die Möglichkeit gehabt habe, sich für eine Führungsrolle zu qualifizieren.

Die Dienstgebervertreterin replizierte, dass B sehr gut für die Stelle qualifiziert sei. Im BFW denke man, dass Führungskräfte immer ein Coaching haben könnten, um sich weiterzuentwickeln, es gebe auch keine/n perfekte/n Kandidaten/in. Für das BFW sei es normal, die Notwendigkeit einer Unterstützung im Bewerbungsprozess festzuhalten.

A führte zu ihrer Führungserfahrung aus, sie sei im Fachverband tatsächlich nur für eine Person „disziplinarrechtlich“ verantwortlich gewesen, sie habe aber indirekt eine Führungsrolle gehabt, als Sprecherin der ... habe sie sich darum kümmern müssen, Informationen von den Mitgliedsbetrieben zu erhalten, die sie in ... auf Lobbying-Ebene vertreten habe. Wenn man gewisse Themen behandeln müsse und auf Informationen von den Unternehmen angewiesen sei, diese jedoch nicht so einfach auf Zuruf bekomme, sondern gezielt nachfragen müsse, könne dies sehr aufreibend sein. Im Endeffekt habe sie die Informationen erhalten und diese in ... vorgetragen. Bei der ... sei es ihre Aufgabe gewesen, eine bestimmte Zertifizierung aufzubauen, sie habe aber kein „Führungsmandat“ gehabt. Die Kollegen seien ihr gegenüber zu Beginn sehr pessimistisch gewesen und sie habe sie erst überzeugen müssen. Das sei mit (Einzel)Gesprächen gelungen. Sie würde sagen, sie habe eine indirekte Führungsrolle gehabt, in der es schwieriger sei, durchzukommen und die Leute zu motivieren. Ihr sei nie die Chance gegeben worden, Führung ausüben, weil sie in Karenz gegangen sei und dann in Teilzeit gearbeitet habe. Wenn sich niemand getraue, einem die Führung anzuvertrauen, könne man auch keine Führungserfahrung sammeln, die auch am Papier stehe.

A wurde – weil ihr vorgeworfen wurde, bei der Präsentation im Hearing die vorgeschriebene Zeit nicht eingehalten zu haben – vom Senat gefragt, um wie viel sie die Zeit überschritten habe, worauf A antwortete, sie glaube, um eine Minute. Sie könne sich nicht erklären, inwiefern sie auf einmal die Zeit überschritten haben soll.

Die Dienstgebervertreterin bemerkte dazu, dass A sicher zwölf bis 15 Minuten mehr Zeit gegeben worden sei als den Kandidaten.

Die Vorsitzende fragte, ob man A die Zeit gegeben habe, oder ob sie sich die Zeit genommen habe, und die Dienstgebervertreterin antwortete, dass alle drei Mitglieder des BWF A mehrmals unterbrochen hätten und sie (die Dienstgebervertreterin) habe auch immer wieder ermahnt, auf die Zeit zu schauen, und das sei bei den Kandidaten nicht der Fall gewesen.

A führte aus, dass sie auf Zwischenfragen geantwortet habe und der Meinung gewesen sei, dass sie mit ihrer Präsentation rechtzeitig fertig geworden sei. Niemand habe ihr vorgeworfen, zu lange zu brauchen.

Auf die Frage, ob die Präsentation sachlich in Ordnung gewesen sei, antwortete die Dienstgebervertreterin, dass der Schwerpunkt auf Kommunikation gelegen habe. Auf die wiederholt gestellte Frage erfolgte keine Antwort.

A führte aus, dass sie auf der Grundlage der vorgegebenen Aufgabenstellung ihre Präsentation erstellt habe, zum Teil auch mit den identen Überschriften, und sie habe eigene Ideen eingebracht. Für sie sei die Aussage bei der Absage, nämlich dass sich „keine Frau beworben hat“, nicht zu fassen gewesen, obwohl sie seit ... Jahren als eine von wenigen Frauen in der Forstwirtschaft wirklich eine dicke Haut habe. Die Absage sei telefonisch durch die Dienstgebervertreterin am ... erfolgt, u.a. habe sie gesagt, dass sich keine Bewerberin vom BFW für diesen Job gefunden habe.

Die Dienstgebervertreterin sagte dazu, sie habe A angerufen, weil es ihr persönlich wichtig sei und wertschätzender erscheine, als eine E-Mail zu schreiben, sie habe aber nicht gesagt, dass sich keine Frau beworben habe, weil es habe sich ja mit A eine Frau beworben.

Die B-GBK hat erwogen:

Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nach § 4 Z 1 B-GlBG bzw. § 13 Abs 1 Z 1 B-GlBG liegt vor, wenn jemand im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis auf Grund des Geschlechtes und/oder auf Grund des Alters bei der Begründung eines Dienstverhältnisses unmittelbar oder mittelbar diskriminiert wird.

Gemäß § 25 Abs. 2 B-GlBG hat die Vertreterin oder der Vertreter des Dienstgebers darzulegen, dass bei Abwägung aller Umstände eine höhere Wahrscheinlichkeit dafürspricht, dass ein anderes von ihr oder ihm glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war. Von der B-GBK war also die Begründung des BFW für die gegenständliche Personalentscheidung im Hinblick auf die Sachlichkeit zu prüfen.

Gemäß § 11c B-GlBG („Vorrang beim beruflichen Aufstieg“) sind Bewerberinnen, die für die angestrebte hervorgehobene Verwendung (Funktion) gleich geeignet sind wie der bestgeeignete Mitbewerber, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen, entsprechend den Vorgaben des Frauenförderungsplanes solange vorrangig zu bestellen, bis der Anteil der Frauen an der Gesamtzahl der dauernd Beschäftigten in der betreffenden Funktionsgruppe im Wirkungsbereich der jeweiligen Dienstbehörde 50 Prozent beträgt. Diese Bestimmung beinhaltet die Verpflichtung des Dienstgebers, die fachliche und persönliche Eignung jeder Bewerberin und jedes Bewerbers nach einheitlichen Kriterien zu prüfen und nach Vornahme eines Wertungsvergleiches zwischen den Bewerberinnen und Bewerbern das Maß der Eignung festzustellen.

A begründete die behauptete Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und des Alters damit, dass sie als eine von wenigen Frauen in der Forstwirtschaft und als über ...-Jährige mit hoher Qualifikation abgelehnt worden sei, und das mit den Worten, „es hat sich keine Frau beworben“. Zum Zug gekommen sei der jüngere Mitbewerber, der bisher stellvertretender Leiter der ... gewesen sei.

Das BFW argumentierte im Wesentlichen, dass A mit ihren Ausführungen zur Aufgabenstellung eher an der Oberfläche geblieben sei und ihr Führungskompetenz und Erfahrung in der strukturierten Wissensweitergabe im Ausbildungssektor fehlen würden. Demgegenüber verfüge B über jahrelange Berufserfahrung an der ..., er habe eine „hohe Mitarbeiter*innen-Orientierung“ und eine „hohe strategische Orientierung“ und eine „strategische Sichtweise auch in der Personal-(kosten)planung“. Er sei besser qualifiziert als A.

Werden die Lebensläufe von A und B verglichen, ergibt sich folgendes Bild:

A wurde ... geboren und war zum Bewerbungszeitpunkt ... Jahre alt. Sie schloss das Studium der Forstwirtschaft und das postgraduale Studium für Public Relations sowie einen Management-Lehrgang ab und war beruflich seit über ... Jahren im Bereich der Forstwirtschaft tätig (u.a. als Referentin für Öffentlichkeitsarbeit in der Sektion X und als Sprecherin der ...).

B wurde ... geboren und war zum Bewerbungszeitpunkt ... Jahre alt. Er schloss ebenfalls das Studium der Forstwirtschaft ab und weiters das Bachelor-Studium Agrar- und Umweltpädagogik sowie die Ausbildung zum Naturwacheorgan. Seit ... war er Bediensteter des BFW, und zwar Trainer in der Erwachsenenbildung der Forstlichen ...n ... und ..., seit ... auch stellvertretender Leiter der ... und seit ... Leiter des Teams „...“.

Zusammengefasst ist A um ... Jahre älter als B, beide haben das Studium der Forstwirtschaft abgeschlossen sowie Zusatzausbildungen absolviert. Während B seit über ... Jahren an der ... beschäftigt war, sammelte A über ... Jahrzehnte Erfahrungen bei verschiedenen Arbeitgebern in der Forst-Branche.

Zur Argumentation des BFW, nämlich dass B bereits jahrlange Berufserfahrung an der ... hatte, ist zu bemerken, dass, wenn Erfahrungen in der ... gewünscht waren, die Ausschreibung diesbezüglich einen konkreten Hinweis enthalten hätte müssen.

Durch die Ausführungen der Dienstgebervertreterin in der Senatssitzung kam hervor, dass die wesentlichste Kompetenz die der Mitarbeiter/-innenführung war/ist. Auch dies kam in der Ausschreibung nicht hervor. Die Anforderungen an die Bewerber und Bewerberinnen bzw. den Inhaber oder die Inhaberin der Leitungsfunktion wurden im „Profil“ der Ausschreibung genannt (Seite 3), neben dem geforderten Studium waren das 1.) „Ausgeprägte Management-Kompetenzen und Erfahrung in der Führung von Mitarbeiter*innen“ und 2.) „Hohe kommunikative Kompetenz innerhalb und außerhalb der Organisation sowie Erfahrung in der Wissensvermittlung und in der Kommunikation mit Medienvertreter*innen“, eine Gewichtung dieser Kompetenzen war nicht angegeben.

Im Bewertungsbogen wurden die „Qualifikationen gem. Ausschreibung“ im Fall von B mit „2“ bewertet (= überwiegend erfüllt), wobei angemerkt wurde: „Entwicklungspotential bei Konfliktmgmt. und PR“.

Im Fall von A wurde angemerkt: „Fehlende Führungs-und Managementkompetenz (bzw. nur theoretisch durch Lehrgang)“, die Bewertung war „3“ (= teilweise erfüllt).
Für den Senat ist nicht nachvollziehbar, warum der Bewerber, dem ein - wenn auch nicht großes - Defizit im Konfliktmanagement und im Bereich PR attestiert wurde, obwohl er seit mehr als ... Jahren stellvertretender Leiter der ... war, eine bessere Bewertung erhielt als die Bewerberin, die - angeblich - ein Defizit in den Bereichen Führung und Management hatte, aber keines im PR-Bereich. Der Umstand, dass A bislang keine formale Führungsrolle innehatte – für eine Frau und Mutter die Regel – brachte „ein Minus“ gegenüber dem Mitbewerber mit formaler stellvertretender Führungsrolle.
Nicht nachvollziehbar ist vor allem, dass bei A neben der fehlenden Führungskompetenz auch fehlende Managementkompetenz festgestellt wurde, obwohl sie in ihrer Laufbahn auch Managementaufgaben – wenn auch nicht Personalmanagementaufgaben – wahrnahm, z. B. bei der ... die Planung und Durchführung von Audits, das „Lobbying auf ... Ebene“ und der Organisation „...“. Die ... attestierte (im Dienstzeugnis), dass A ein strukturiertes System innerhalb der Abteilung „..." aufgebaut und „komplexe Spezialaufgaben“, z. B. die Erstzertifizierung eines Partner-Unternehmens der ... während der Corona Pandemie(!), übernommen habe.

Anzumerken ist schließlich, dass der Bewertungsbogen unter „Weitere Kompetenzen und Skills“ wieder, oder noch eine(?) Führungskompetenz enthielt, nämlich die „Leadershipkompetenz (inkl. Digitale Führung)“ und sich die Fragen stellen, weshalb die einzelnen Führungsaufgaben oder Führungsrollen nicht klar dargelegt und damit voneinander abgegrenzt wurden und inwiefern es gerechtfertigt ist, aufgrund der fehlenden formalen Führungsrolle (auch) die offenbar spezielle Führungskompetenz „Leadershipkompetenz“ nur mit „4“ (= wenig bis nicht erfüllt) zu bewerten.

Nicht nachvollziehbar ist, weshalb in den Bewertungsbögen lediglich die Beurteilungen von „Berufserfahrung“, „theoretisches Wissen“ und „Qualifikationen gem. Ausschreibung“ begründet wurden und die weiteren 14 Kriterien, nämlich Englischkenntnisse, branchenspezifische Kenntnisse, Kontakte und Netzwerk, Wissen über die Organisation und über die Position, Persönlichkeit (Auftreten, Motivation, Höflichkeit, Interesse), Leadershipkompetenz, Kommunikationsfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Empathie, Präsentationsfähigkeit, Organisatorische Kompetenz, nicht.

Bei B wurden alle Kriterien ausschließlich mit „1“ (=voll erfüllt) oder „2“ (= überwiegend erfüllt) beurteilt, wobei es erstaunt, dass trotz seiner langjährigen stellvertretenden Dienststellenleitung seine „Leadershipkompetenz“ und seine „Kontakte und Netzwerk“ „nur“ mit „2“ beurteilt wurden.

A erhielt Bewertungen im gesamten Beurteilungsspektrum von „1“ bis „5“, wobei nur die beiden Beurteilungen mit „4“ begründet wurden, und zwar die „Leadershipkompetenz“ (wie bereits oben ausgeführt) damit, dass A „bis dato keine fachliche und disziplinäre Führungserfahrung“ gehabt habe, und die „4“ für die „Organisatorische Kompetenz“ mit: „Zeit nicht eingehalten bzw. auch nicht ganz auf die Aufgabenstellung eingegangen“. Dazu ist zu bemerken, dass das Überziehen eines zeitlichen Rahmens um 10 bis 15 Minuten bei einem Hearing (wie die Dienstgebervertreterin in der Senatssitzung angab) oder einer ähnlichen Veranstaltung ein sehr schwaches Argument ist, um einer Person organisatorische Kompetenz abzusprechen.

Zu den Beurteilungen der „Persönlichkeit“ hält der Senat fest, dass grundsätzlich nicht nachvollziehbar ist, wie bei einem Hearing über Zoom das „Auftreten“ einer Person beurteilt werden kann. Verwunderlich ist weiters, dass As „Interesse“ (woran genau?) nur mit „3“ und somit mit „teilweise erfüllt“ bewertet wurde. Wenn mit Interesse das Interesse an der ausgeschriebenen Teamleitung gemeint ist, ist wohl davon auszugehen, dass es mit der Bewerbung als gegeben gelten kann. Es stellt sich auch die Frage, was überhaupt mit „Interesse“ und „Motivation“ gemeint war.

Auch dass As „Kommunikationsfähigkeit“ nur mit „2“ beurteilt wurde, obwohl dieser Bereich ein Schwerpunkt in ihrem Berufsleben war und sie auch eine entsprechende Ausbildung absolvierte (Postgraduate Studium für PR an der ... von .../... bis .../...) ist nicht nachvollziehbar. Die ... schrieb jedenfalls: „Durch ihr gewinnendes und überzeugendes Wesen schaffte sie es, die Kollegen auf das Thema der Zertifizierung einzuschwören und ihre aktive Mitarbeit zu gewinnen. Ihre kommunikative Art machte es auch möglich, mit skeptischen Lieferanten gut zurande zu kommen.“ Angesichts dessen erstaunt es auch, dass A auch für das Unterkriterium „Empathie“ nur eine „2“ bekam.

Generell moniert der Senat, dass die Kriterien im Bewertungsbogen teilweise unklar (bloße Schlagworte) und die vorgenommenen Beurteilungen in ihrer Gesamtheit weder nachvollziehbar noch überzeugend sind. Insgesamt mangelt es der Beurteilung von A an Sachlichkeit und Objektivität und wurde im Verfahren vor der B-GBK As Eindruck, nämlich die Fragen im Hearing seien nur Pro-Forma-Fragen gewesen, die Entscheidung zu Gunsten von B sei bereits vor dem Hearing allein aufgrund dessen Berufslaufbahn bei der ... bzw. im BFW festgestanden, bestätigt. Auch der Senat hält es für sehr wahrscheinlich, dass A eingeladen wurde, um zu demonstrieren, dass beim BFW auch Frauen eine Chance auf eine Führungsrolle hätten, wovon aber das gegenständliche Auswahlverfahren den Senat nicht im Mindesten überzeugen konnte.

Nicht unerwähnt soll bleiben, dass das Verständnis im BFW von der Rolle der Gleichbehandlungsbeauftragten im Auswahlverfahren, nämlich dass ihr keine zukommt und sie in dieses nicht einbezogen werden muss, weil der Direktion und der „HR“ vertraut werden kann, nicht der Intention des B-GlBG entspricht. Im Interesse der Frauenförderung sollte in Anwendung des § 10 B-GlBG – „Vertretung von Frauen in Kommissionen“ – die oder der Gleichbehandlungsbeauftragte (GBB) die Möglichkeit haben, an den Sitzungen des Gremiums, das eine Personalangelegenheit vorbereitet oder über diese entscheidet teilzunehmen. Zumindest sollte die/der GBB alle Bewerbungsunterlagen und die Möglichkeit bekommen, dazu im Hinblick auf Gleichbehandlung und Frauenförderung eine Stellungnahme abzugeben.

Aufgrund der dargelegten Erwägungen kommt der Senat nach eingehender Beratung zu dem Ergebnis, A im Auswahlverfahren um die Leitung der ... auf Grund des Geschlechts und des Alters diskriminiert wurde.

Auf die schadenersatzrechtlichen Ansprüche des § 17 B-GlBG wird verwiesen.

Empfehlung:

Der Senat empfiehlt die Teilnahme der/des Gleichbehandlungsbeauftragten an einer Schulung zum Gleichbehandlungsrecht.

Wien, November 2022

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2023
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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