Entscheidungsdatum
07.03.2022Index
16/02 RundfunkNorm
RGG 1999 §2 Abs5Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter MMag. Dr. Böhm-Gratzl über das als Beschwerde zu wertende E-Mail der A. B., C.-straße …, Wien, vom 2.2.2022 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 4. und 5. Bezirk, vom 6.8.2021, Zl. MBA/…/2021, betreffend eine Übertretung des § 7 Abs. 1 erster Satz letzter Fall iVm § 2 Abs. 5 und § 4 Abs. 1 Rundfunkgebührengesetz – RGG, BGBl. I Nr. 159/1999, idF BGBl. I Nr. 70/2016
zu Recht:
I. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von EUR 10,-- (das ist der gesetzliche Mindestkostenbetrag) zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit o.a. Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin wie folgt zur Last gelegt:
„Sie sind laut Zentralem Melderegister seit 29.09.2017 zumindest bis 06.08.2021 in Wien, C.-straße … mit Hauptwohnsitz gemeldet, somit Benutzer dieser Wohnung und damit für die Einhaltung der Bestimmungen des Rundfunkgebührengesetzes verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Da für diese Wohnung keine rundfunkgebührenrechtliche Meldung vorliegt, wurden Sie seitens der GIS Gebühren Info Service GmbH (als beliehene Gesellschaft) mit Sitz in 1040 Wien, mittels Auskunftsbegehren vom 20.11.2020, Ihnen nachweislich zugestellt am 27.11.2020 und der Mahnung vom 15.01.2021, Ihnen ebenso nachweislich zugestellt am 25.01.2021, aufgefordert, bekannt zu geben, ob Sie Rundfunkempfangseinrichtungen (Fernseher und/oder Radio) an diesem Standort betreiben.
Diese Auskunft haben Sie binnen 14 Tagen nach Zustellung der Mahnung, also bis zum 08.02.2021 nicht erteilt, obwohl Sie gemäß § 2 Abs. 5 RGG dazu verpflichtet gewesen wären.“
(Unkorrigiertes Originalzitat ohne die darin enthaltenen Hervorhebungen)
Hiedurch habe die Beschwerdeführerin § 7 Abs. 1 letzter Satz iVm § 2 Abs. 5 und § 4 Abs. 1 RGG verletzt und wurde hiefür über sie eine Geldstrafe iHv EUR 50,-- bzw. für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von zwei Stunden verhängt.
Dieses Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin (erst) am 28.1.2022 durch postamtliche Hinterlegung zugestellt.
Hiegegen erhob die Beschwerdeführerin mit E-Mail vom 2.2.2022 – so wörtlich – „Einspruch“, welcher aus hg. Sicht als frist- und (noch) formgerechte Beschwerde zu werten ist.
Die belangte Behörde nahm von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand und legte den bezughabenden Verwaltungsakt dem erkennenden Gericht vor.
Das Verwaltungsgericht Wien stellt den folgenden Sachverhalt fest:
Mit schriftlichem Auskunftsbegehren der GIS Gebühren Info Service GmbH vom 20.11.2020 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, binnen 14 Tagen bekannt zu geben, ob an ihrer Wohnadresse Rundfunkempfangseinrichtungen betrieben werden. Dieses Schreiben wurde nach einem erfolglosen Zustellversuch am 26.11.2020 postamtlich hinterlegt, wobei eine Hinterlegungsanzeige an der Wohnadresse der Beschwerdeführerin hinterlassen wurde, und wurde ab dem 27.11.2020 zur Abholung bereitgehalten. Das Schreiben wurde jedoch nicht behoben und wurde in weiterer Folge an den Absender retourniert.
Mit schriftlicher Mahnung der GIS Gebühren Info Service GmbH vom 15.1.2021 wurde o.a. Auskunftsbegehren wiederholt. Dieses Schreiben wurde nach einem erfolglosen Zustellversuch am 22.1.2021 postamtlich hinterlegt, wobei eine Hinterlegungsanzeige an der Wohnadresse der Beschwerdeführerin hinterlassen wurde, und wurde ab 25.1.2021 zur Abholung bereitgehalten. Jedoch wurde auch dieses Schreiben nicht behoben und wurde in weiterer Folge ebenso an den Absender retourniert.
Die Beschwerdeführerin ist bislang verwaltungsstrafrechtlich unbescholten.
Die Beschwerdeführerin hat ihre wirtschaftlichen Verhältnisse nicht bekannt gegeben.
Zur Beweiswürdigung:
Die obigen Feststellungen gründen sich auf dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, in welchem die Aufforderung und die Mahnung jeweils samt Zustellnachweis enthalten sind (aaO, AS 6 ff.). Die Nichtbehebung der beiden Schreiben und Retournierung an den Absender geht unzweifelhaft aus dem Akteninhalt hervor (aaO, AS 10 und 16).
Die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin war hg. eingeholten Auskünften der Verwaltungsstrafbehörden zu entnehmen (vgl. ON 8 bis 10 des Gerichtsaktes).
Die Beschwerdeführerin wurde mit hg. Schreiben vom 14.2.2022 (ON 7 des Gerichtsaktes) um Bekanntgabe ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse ersucht. Mit E-Mails vom 20.2.2022 und 24.2.2022 (aaO, ON 11 f.) hat sie jeweils ausdrücklich davon Abstand genommen.
Der entscheidungserhebliche Sachverhalt steht damit fest.
Das Verwaltungsgericht Wien hat hiezu in rechtlicher Hinsicht erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 1 RGG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer eine Mitteilung gemäß § 2 Abs. 5 RGG trotz Mahnung verweigert.
Die Verpflichtung zur Mitteilung setzt den wirksamen Zugang einer Anfrage der GIS Gebühren Info Service GmbH voraus. In concreto wurden die Aufforderung und die Mahnung jeweils nach einem erfolglosen Zustellversuch postamtlich hinterlegt. Gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz gelten hinterlegte Dokumente mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt. Hinterlegungsanzeigen wurden in beiden Fällen an der Wohnadresse der Beschwerdeführerin hinterlassen. Ein – im vorgelegten Akt enthaltener – ordnungsgemäßer Zustellnachweis macht als öffentliche Urkunde Beweis über die erfolgte Zustellung (vgl. hiezu etwa VwGH 30.3.2017, Fr 2015/07/0001, mwN). Die Beschwerdeführerin hat einen Zustellmangel auch nie behauptet, sodass von einer ordnungsgemäßen Zustellung der Aufforderung und Mahnung ausgegangen wird.
„Verweigern“ bedeutet etwas von jemandem Gefordertes nicht ausführen. Für die Annahme einer Verweigerung der Mitteilung gemäß § 7 Abs. 1 RGG ist Vorsatz erforderlich, wobei Eventualvorsatz ausreichend ist. Die tatbildliche Verweigerung der Mitteilung liegt somit nur dann vor, wenn die betreffende Person tatsächlich Kenntnis von der Aufforderung im Sinne des § 2 Abs. 5 RGG hat oder das Vorliegen einer derartigen Aufforderung zumindest ernstlich für möglich hält und dennoch die Mitteilung unterlässt (vgl. hiezu VwGH 31.1.2019, Ra 2018/15/0073).
Das Verwaltungsgericht Wien ist der Ansicht, dass es die Beschwerdeführerin mit Blick auf die Bezeichnung des auf den Hinterlegungsanzeigen aufscheinenden Absenders, nämlich der GIS Gebühren Info Service GmbH, nach allgemeiner Lebenserfahrung ernstlich für möglich halten musste, dass jene eine Auskunft hinsichtlich des Betriebes von Rundfunkempfangseinrichtungen von ihr fordert.
Die Verpflichtung zur Auskunft besteht unabhängig davon, ob tatsächlich eine Rundfunkempfangseinrichtung betrieben wird oder ob bereits in der Vergangenheit eine Auskunft erteilt worden ist. Insofern ist es für die hier vorzunehmende rechtliche Beurteilung irrelevant, ob sich Rundfunkempfangseinrichtungen in der Wohnung der Beschwerdeführerin befinden. Eine – von ihr angebotene – Besichtigung jener Wohnung kann somit dahinstehen.
Indem die Beschwerdeführerin eine Mitteilung gemäß § 2 Abs. 5 RGG unterlassen hat, wurde die gegenständliche Verwaltungsübertretung sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht.
Zur Strafbemessung:
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß Abs. 2 par. cit. sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Im gegenständlichen Fall sind die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Absehen von der Fortführung des Strafverfahrens und eine Einstellung gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG sowie eine Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 zweiter Satz VStG nicht gegeben, da das Verschulden der Beschwerdeführerin hier nicht als geringfügig beurteilt werden kann (vgl. hiezu zB VwGH 9.9.2016, Ra 2016/02/0118).
Die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin wurde seitens der belangten Behörde bereits mildernd berücksichtigt. Sonstige Milderungs- oder Erschwerungsgründe liegen nicht vor.
Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse hat die Beschwerdeführerin nicht bekannt gegeben, weswegen jene als durchschnittlich zu werten sind (vgl. VwGH 27.4.2000, 98/10/0003). Sorgepflichten wurden nicht vorgebracht.
Mit Blick auf die verhängte Strafe von EUR 50,-- bei einem gesetzlichen Strafrahmen von bis zu EUR 2.180,-- (vgl. § 7 Abs. 1 RGG) kommt nach dem Vorgesagten eine Strafreduktion nicht in Betracht und erscheint die Verhängung einer Strafe im konkreten Fall – wie nicht zuletzt die hg. Eingaben der Beschwerdeführerin zeigen – aus spezialpräventiven Gründen geboten. Einer Strafverschärfung steht die Bestimmung des § 42 VwGVG entgegen.
Gemäß § 16 Abs. 1 VStG ist bei Verhängung einer Geldstrafe zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzulegen. Gemäß Abs. 2 letzter Satz par. cit. ist diese Ersatzfreiheitsstrafe ohne Bedachtnahme auf § 12 leg. cit. nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.
Die im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Ersatzfreiheitsstrafe ist den Strafzumessungskriterien mit Ausnahme der allseitigen Verhältnisse angemessen und zur Geldstrafe verhältnismäßig.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle.
Insofern die Beschwerdeführerin in ihrem „Einspruch“ vom 2.2.2022 die „Ausstellung eines Bescheides“ begehrt, sei ihr zur Kenntnis gebracht, dass es sich bei dem Straferkenntnis vom 6.8.2021 um einen solchen Bescheid handelt.
Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung:
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z 3 VwGVG abgesehen werden, da die im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Geldstrafe die Höhe von EUR 500,– nicht übersteigt und die Durchführung einer Verhandlung von keiner Verfahrenspartei beantragt wurde (vgl. VwGH 9.9.2015, Ra 2015/03/0032). Zudem war vor dem Hintergrund einer einschlägigen ständigen Judikatur bloß eine Rechtsfrage ohne besondere Komplexität zu beantworten, sodass hier dem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen (vgl. hiezu zB EGMR 5.9.2002, Appl. Nr. 42.057/98, Speil [ÖJZ 2003, 117]; 7.3.2017, Appl. Nr. 24.719/12, Tusnovics).
Zum Revisionsausspruch:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen (obzitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche, über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung der hier zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal auch die Gesetzeslage eindeutig ist (vgl. etwa VwGH 28.5.2014, Ro 2014/07/0053; 3.7.2015, Ra 2015/03/0041). Zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen (vgl. VwGH 24.3.2014, Ro 2014/01/0011; 28.4.2015, Ra 2014/19/0177).
Schlagworte
Rundfunkgebühr; Gebührenpflicht; Mitteilung; Auskunft; Mahnung; Verweigerung; HinterlegungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2022:VGW.001.016.1354.2022Zuletzt aktualisiert am
11.01.2023