Entscheidungsdatum
25.03.2022Index
50/01 GewerbeordnungNorm
GewO 1994 §13 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seine Richterin MMag. Dr. Ollram über die Beschwerde des A. B., C.-gasse, Wien, gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 63, vom 9.5.2018, …, betreffend die Verweigerung der Nachsicht vom Gewerbeausschlussgrund der strafgerichtlichen Verurteilung für die Ausübung des Gewerbes „Schneeräumung, Betreuung und Reinigung von Verkehrsflächen (Sommer- und Winterdienst)“ (§ 26 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG zu Recht:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die Entscheidungsgrundlage § 26 Abs. 1 iVm § 13 Abs. 1 GewO 1994 lautet.
II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ein Antrag des Beschwerdeführers (BF) vom 5.12.2017 auf Erteilung der im Spruchkopf genannten Nachsicht in der Sache negativ erledigt. Begründend legte die belangte Behörde unter Wiedergabe der herangezogenen Rechtsgrundlagen und einschlägiger höchstgerichtlicher Judikatur, der Eckdaten der damals ausgewiesenen ausschlussbegründenden und sonstigen strafgerichtlichen Verurteilungen samt damals errechnetem Tilgungsdatum (19.2.2032) sowie der jeweils zu Grunde liegenden Tatumstände und einer im Parteiengehör erstatteten schriftlichen Stellungnahme im Einzelnen detailliert dar, dass das vom BF angestrebte Gewerbe im Licht der Rechtsprechung für die Begehung gleichartiger Straftaten grundsätzlich geeignet sei, und dass aus den Tatumständen sowie ausgehend von den Ausführungen des BF zum Entscheidungszeitpunkt keine positive Persönlichkeitsprognose resultieren könne. Insbesondere sei (aus damaliger Sicht) zu berücksichtigen, dass die gegen fremdes Vermögen gerichteten Straftaten des schweren Diebstahls und des gewerbsmäßigen schweren Betrugs unter Ausnützung einer beruflich gebotenen Gelegenheit erfolgt seien, und dass der BF erst kürzlich, nämlich im Jahr 2015, wieder straffällig geworden sei. Ein zweieinhalbjähriger Wohlverhaltenszeitraum sei in Anbetracht der damals erst vor drei Monaten abgelaufenen Probezeit zu kurz.
Dagegen richtet sich die fristgerecht und (ohne rechtskundige Vertretung) letztlich mängelfrei eingebrachte Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid im Sinn des verfahrenseinleitenden Antrags auf eine positive Erledigung abzuändern. Begründend wendete der BF auf das Wesentliche zusammengefasst ein, der Gesetzgeber wolle strafrechtlich „angefallenen“ Menschen durch die Nachsichtsmöglichkeit eine Chance zur Reintegration in die Gesellschaft und ins Erwerbsleben geben. Die Terminologie im Strafgesetz zeichne ein dramatisierendes Bild, zumal einem Täter auch viel Ungemach widerfahren sein könne und er allenfalls aus finanziellen Gründen und Unerfahrenheit seine Unschuld nicht habe beweisen können. Sein Leben habe sich nach einem schmerzlichen Lernprozess grundlegend geändert und habe er jetzt die Chance, den Landwirtschaftsbetrieb seines verstorbenen Vaters zu bewirtschaften und als Nebentätigkeit Winterdienst als Subunternehmer zu verrichten. Bei der Stärkung seiner Existenz würden ihm jetzt „gewerberechtliche Hürden“ aufgebaut. Seinen Unterhalt habe er bisher nie als Dienstnehmer, sondern über 15 Jahre hinweg als selbständiger Landwirt bestritten, wobei es zu „keiner in der Nachsichtsfrage relevanten Gesetzesverletzung“ und zu keiner „strafrechtlichen Bereicherung“ gekommen sei. Beim Gewerbe Winterdienst seien auch keine strafbaren Handlungen zu erwarten.
In der im Behördenverfahren erstatteten Stellungnahme vom 5.3.2018, auf die der BF auch in der Beschwerde verwies, hatte er (bezogen auf das damalige Verfahrensstadium) im Wesentlichen gleichartige Ausführungen getätigt. Ferner wurde dort ausdrücklich betont, dass es sich bei allen seinen Verurteilungen um „Fehlurteile“ gehandelt habe. Ein Teil der Übertretungen resultiere aus den Konflikten in einer Lebensgemeinschaft, die Verurteilung wegen Krida daraus, dass er im Vertrauen auf einen letztlich insolventen Geschäftspartner weitere abgeschlossene Verträge nicht habe erfüllen können. Wegen Abgaben- und Beitragshinterziehung sei er nie verfolgt oder verurteilt worden. Die in Aussicht genommene Gewerbeausübung sei für ihn wirtschaftlich existenziell und von besonderer Wichtigkeit, zumal er bereits mit entsprechenden Geräten („maschinellen Räum- und Streugeräten“) ausgestattet sei.
Der gleichzeitig mit der Beschwerdeerhebung gestellte Verfahrenshilfeantrag (§ 8a VwGVG) wurde mit Beschluss des VGW vom 21.3.2019, VGW-101/079/7301/2018-2, rechtskräftig abgewiesen. Die an die Höchstgerichte gerichteten Verfahrenshilfeanträge zur Bekämpfung dieser Entscheidung blieben ohne Erfolg. Das Beschwerdeverfahren wurde daher in der Sache zur gegenständlichen Geschäftszahl VGW-101/V/079/4375/2019 weitergeführt.
In der mündlichen Beschwerdeverhandlung, die insbesondere auch der Erörterung einer zwischenzeitlich ausgewiesenen weiteren ausschlussbegründenden Verurteilung Ende des Jahres 2019 und der Gewinnung eines persönlichen Eindrucks vom BF diente, wurde in der Sache kein inhaltlich neues Vorbringen erstattet.
Aufgrund des Ermittlungsverfahrens ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Der am … geborene und nunmehr 50 Jahre alte BF ist österreichischer Staatsbürger und derzeit ohne ausgewiesene Beschäftigung. Er ist aktuell bei der Sozialversicherung der Selbständigen versichert und sieht seinen Haupterwerb in der Landwirtschaft. Sein vor einigen Jahren verstorbener Vater hinterließ einen Landwirtschaftsbetrieb in D., dessen weitere Verwaltung, insbesondere hinsichtlich bestimmter Verfügungsbefugnisse, bislang zu diversen Unstimmigkeiten und Auseinandersetzungen führte. Auf die Person des BF ist nach dem Stand des GISA (Gewerberegister) aktuell kein Gewerbe anmeldet. Im August 2004 wurde ihm wegen Nichtausübung bzw. Nichtentrichtung von Kammerumlagen das Gewerbe „Lohndrusch“, im Oktober 2008 wegen strafgerichtlicher Verurteilung ein freies Handelsgewerbe entzogen. Im Jänner 2006 wurde der E. Gesellschaft m.b.H., als deren vertretungsbefugtes Organ und gewerberechtlicher Geschäftsführer der BF fungierte, das Gewerbe „Technische Naturfaserproduktion“ entzogen. Die im Jahr 2003 eingetragene Gesellschaft war im Jahr 2004 insolvent geworden und wurde im November 2006 wegen Vermögenslosigkeit amtswegig aus dem Firmenbuch gelöscht.
Gegen den BF liegen bislang zumindest folgende rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen zu drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafen bzw. wegen Delikten gemäß §§ 156 bis 159 StGB vor:
1.) Urteil LG F. vom 26.9.1996, … (Rechtskraft: 30.9.1996)
Strafausmaß: 1 Monat bedingt (Probezeit 3 Jahre)
Tatzeit: Juli 1993
Tatbestand: fahrlässige Krida (§ 159 Abs. 1 Z 1 StGB, Vergehen)
Tatumstände: Der BF nahm als damaliger Schuldner mehrerer Gläubiger einen leichtsinnigen und unverhältnismäßigen Bankkredit auf und führte so seine Zahlungsunfähigkeit herbei.
2.) Urteil LG F. vom 20.1.2005, … (Rechtskraft: 20.1.2005)
Strafausmaß: 3 Jahre (davon 2 Jahre bedingt, Probezeit 3 Jahre verlängert auf 5 Jahre durch Folgeverurteilung)
Tatzeit: 1999 bis 2004
Tatbestände: gewerbsmäßiger schwerer Betrug (§§ 146, 147 Abs. 3, 148 2. Fall StGB, Verbrechen); Fälschung besonders geschützter Urkunden (§§ 223 Abs. 2, 224 StGB, Vergehen); Urkundenunterdrückung (§ 229 Abs. 1 StGB, Vergehen); versuchter Widerstand gegen die Staatsgewalt (§§ 15, 269 Abs. 1 StGB, Vergehen)
Tatumstände: Im Zeitraum 1999 bis zumindest 2003 verleitete der BF unter Vortäuschung seiner Zahlungsfähigkeit und – willigkeit in insgesamt 45 Fällen Personen in Bereicherungsabsicht und zwecks Verschaffung fortlaufender Einnahmen zu wirtschaftlichen Dispositionen wie Lieferung unterschiedlicher Waren und Betriebsmittel, Kostenvoranschlagserstellung, Bereitstellung von Gerätschaften, Erbringung von Lager- und sonstigen Dienstleistungen sowie verschiedenen Arbeitsschritten (insbesondere im Zusammenhang mit Hanfbau), wodurch diese in einem 40.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt wurden. Von September bis Oktober 2001 stellte er falsche KFZ-Kennzeichentafeln her, die er auf einem LKW montierte und durch anschließendes Herumfahren zum Beweis eines Rechts auf Teilnahme am Straßenverkehr gebrauchte. Bis zuletzt im September 2002 unterdrückte er zwei KFZ-Kennzeichentafeln zum Nachteil der Bezirkshauptmannschaft G. und Kennzeichentafeln samt Zulassungsschein zum Nachteil einer Privatperson. Am 4.6.2004 versetzte er Fußtritte gegen zwei Justizwachebeamte, während er von der Haftverhandlung in eine Zelle verbracht wurde.
3.) Urteil LG F. vom 14.8.2008, … (Rechtskraft nach Rechtsmittelerhebung: 21.4.2010) + Urteil LG K. vom 1.7.2015, … (Rechtskraft nach Rechtsmittelerhebung: 15.9.2015)
Strafausmaß: 9 Monate bedingt (Probezeit 3 Jahre) + 3 Monate Zusatzstrafe (§§ 31, 40 StGB) unbedingt
Tatzeit: 2003, 2007 + 2008
Tatbestände: schwerer Diebstahl (§§ 127, 128 Abs. 1 Z 4 StGB, Vergehen); Beweismittelfälschung (§ 293 Abs. 2 StGB, Vergehen);
+ vorsätzliche Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 StGB, Vergehen); Sachbeschädigung (§ 125 StGB, Vergehen); gefährliche Drohung (§ 107 Abs. 1 StGB, Vergehen)
Tatumstände: Im Juni/Juli 2003 nahm der BF einem Dritten mit Bereicherungsvorsatz eine Zugmaschine im Wert von jedenfalls über 3.000 Euro weg. Im Oktober 2007 legte er in der Strafhauptverhandlung in einem gegen ihn geführten Strafverfahren ein von dritten falsch erstelltes Beweismittel (Schreiben) über den eigenen Erwerb eines Anhängers vor.
Im Juli 2008 verletzte er seine frühere Lebensgefährtin durch zahlreiche Schläge ins Gesicht, die zu Nasenbluten, einer Gesichts- und Nasenschwellung, einer Lippenverletzung und einer Prellung im Augenhöhlenbereich führten, vorsätzlich am Körper und beschädigte dabei ihre Brille im Wert von ca. 300 Euro. Anschließend bedrohte er sie durch die Äußerung „sie solle froh sein, dass sie noch leben würde; das nächste Mal erschlage er sie und vergrabe [er] sie hinterm Bach“ zumindest mit einer Körperverletzung, um sie in Furcht und Schrecken zu versetzen.
4.) Urteil Amtsgericht L. (Deutschland) vom 10.11.2015, … (Rechtskraft nach Rechtsmittelerhebung: 19.2.2016)
Strafausmaß: 1 Jahr bedingt (Probezeit 2 Jahre)
Tatzeit: September 2015
Tatbestand: Einschleusen von Ausländern (§§ 95 Abs. I Nr. 3, 96 Abs. I Nr. 1 a und b AufenthG; § 73 Abs. I StGB)
Tatumstände: Der BF verbrachte am 13.9.2015 mit seinem PKW gegen Entgelt von 200 Euro bzw. zugesagtem Vermögensvorteil von 700 Euro fünf syrische Staatsangehörige über den Grenzübergang Freilassing in die Bundesrepublik Deutschland, obwohl er wusste, dass diese nicht über die erforderlichen Aufenthaltstitel verfügten.
5.) Urteil LG M. vom 9.12.2019, … (Rechtskraft nach Rechtsmittelerhebung: 28.5.2020)
Strafausmaß: 18 Monate unbedingt; Vollzugsdatum: 15.10.2021
Tatzeit: August 2018
Tatbestand: versuchter Widerstand gegen die Staatsgewalt (§§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB, Vergehen)
Tatumstände: Am 28.8.2018 versuchte der BF, eine Richterin des LVwG Niederösterreich in einem von ihr geführten Verwaltungsverfahren mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung auf dem landwirtschaftlichen Anwesen in D. an der Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Ortsaugenschein zu hindern, indem er auf diese und weitere Verfahrensbeteiligte mit einer von ihm gelenkten Laderaupe (einem mit einer Mehrzweckschaufel ausgerüsteten Kettenfahrzeug mit einem Gewicht von zumindest sechs Tonnen) mit ca. 4 bis 7 km/h bzw. jedenfalls höher als Schrittgeschwindigkeit zufuhr, sodass die in der Fahrlinie stehenden Beteiligten einschließlich der Richterin ausweichen mussten, um nicht angefahren zu werden und durch das Fahrverhalten des BF vermittelt bekamen, dass sie bei Nichtausweichen von der Laderaupe angefahren und am Körper verletzt würden. Die Gerichtsverhandlung musste - auch wegen des von der Laderaupe ausgehenden störenden Lärms - bis zum Einschreiten der Polizei und Verlassen der Örtlichkeit durch den BF unterbrochen werden.
Darüber hinaus sind folgende weitere rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen des BF zu Freiheitsstrafen von bis zu 3 Monaten bzw. zu Geldstrafen von bis zu 180 Tagessätzen ausgewiesen:
1.) Strafverfügung BG N. vom 11.5.1994, …
Strafausmaß: 30 Tagessätze (15 Tage Ersatzfreiheitsstrafe)
Tatzeit: Februar 1994
Tatbestand: fahrlässige Körperverletzung (§ 88 Abs. 1 StGB, Vergehen)
Tatumstände: Der BF verursachte auf einer Bundesstraße durch zu geringe Abstandhaltung fahrlässig einen Auffahrunfall mit Verletzungsfolge (Halswirbelsäulenzerrung einer anderen Lenkerin).
2.) LG für Strafsachen Wien vom 7.11.2000, … (Rechtskraft: 13.11.2000)
Strafausmaß: 100 Tagessätze (50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe)
Tatzeit: April 1997
Tatbestand: Sachbeschädigung (§ 125 StGB, Vergehen)
Tatumstände: Der BF beschädigte und zerstörte ein im Eigentum einer Genossenschaft stehendes Eingangstor, indem er das geschlossene Tor mit seinem LKW durchstieß.
3.) LG P. vom 27.8.2002, … (Rechtskraft: 31.8.2002)
Strafausmaß: 60 Tagessätze (30 Tage Ersatzfreiheitsstrafe)
Tatzeit: März 2001
Tatbestand: Fälschung besonders geschützter Urkunden (§ 223 Abs. 3, 224 StGB, Vergehen)
Tatumstände: Der BF befuhr eine Bundesstraße mit einem LKW unter Verwendung eines selbst angefertigten und täuschend echt wirkenden KFZ-Kennzeichens.
Die vorgenannten Strafen sind allesamt nicht getilgt und wird die Tilgung nach dem jetzigen Stand des Strafregisters voraussichtlich mit 15.10.2036 eintreten.
Dem persönlichen Eindruck nach lässt der BF einen auffallenden Mangel an Verständnis und Akzeptanz in Bezug auf die österreichische Rechts- und Verfahrensordnung erkennen. Seine Auffassung von Recht beruht weitgehend auf eigenen Vorstellungen. Bei Konfrontation mit staatlichen Maßnahmen oder Funktionsträgern zeigt er eine ausgeprägte Tendenz zu unterschiedlich geäußertem aggressivem Verhalten. Im Hinblick auf sämtliche gerichtlich geahndete Verfehlungen zeigt er wie vor keine Unrechtseinsicht, geschweige denn Reue. Hingegen bezichtigt er staatliche Funktionsträger, die in irgendeiner Weise nicht nach seinen Vorstellungen agieren, standardmäßig und unreflektiert der persönlichen Voreingenommenheit und unrechtmäßigen Verhaltens.
Beweisverfahren und Beweiswürdigung:
In der mündlichen Verhandlung vom 2.6.2020 unter Teilnahme beider Parteien wurden folgende Beweise aufgenommen und erörtert: Bisheriger Gesamtinhalt von Behörden- und Gerichtsakt; Parteivernehmung des BF. Die Umstände der letzten seit der Entscheidung der Behörde neu hinzugekommenen Verurteilung durch das LG M. wegen versuchtem Widerstand gegen die Staatsgewalt wurden in der Verhandlung ausführlich erörtert. Da sich die Rechtskraft des Strafverfahrens (28.5.2020) mit dem Beschwerdeverfahren überschnitt, wurde im Anschluss an die Verhandlung nochmals der Letztstand des Strafverfahrens verifiziert und dem BF unter Vorhalt der (aussagegemäß bereits in seinem Besitz befindlichen) Urkunden aus dem einschlägigen Strafakt abschließendes Parteiengehör eingeräumt, woraufhin keine weiteren Äußerungen oder Beweisanträge erfolgten.
Die Personendaten des BF (Alter, Stand der Sozialversicherung) und seine früheren Funktionen und Gewerbeberechtigungen sind aus unbedenklichen öffentlichen Urkunden und amtlichen Registern (ZMR, Firmenbuch, GISA, amtliche Sozialversicherungs- und AMS-Daten) ersichtlich. Die im gegenständlichen Verfahren herangezogenen rechtskräftigen und bislang nicht getilgten strafgerichtlichen Verurteilungen sowie die zu Grunde liegenden Tatumstände und Strafbemessungskriterien ergeben sich aus dem österreichischen Strafregister (EKIS) in Verbindung mit den relevanten Inhalten der von Behörde und VGW beigeschafften Strafakten einschließlich allfälliger Rechtsmittelentscheidungen.
Die Feststellungen zum persönlichen Eindruck vom BF, zu seiner Sichtweise auf sein bisheriges Fehlverhalten sowie zu seiner allgemeinen Einstellung zur österreichischen Rechts- und Verfahrensordnung resultierten insbesondere aus seinem Auftreten und Antwortverhalten bei der Parteivernehmung vor dem VGW, daneben auch aus einschlägigen Dokumentationen in den beigeschafften Strafakten.
Im Strafurteil des LG F. vom 20.1.2005 wurde als Milderungsgrund ein durch einen Sachverständigen bestätigter „reduzierter Geisteszustand“ berücksichtigt (Urteil S. 12), im nachfolgenden Strafurteil desselben Gerichts vom 14.8.2008 eine „offensichtlich […] vorliegende schwere Persönlichkeitsstörung“ (Urteil S. 59), im Strafurteil des LG K. vom 1.7.2015 erneut „die Persönlichkeitsstörung“ (Urteil S. 16) und im rezenten Strafurteil des LG M. vom 9.12.2019 die „eingeschränkte Steuerungsfähigkeit“ (Urteil S. 16). Im letztgenannten Urteil wurde nach Beiziehung eines Sachverständigen auch ausdrücklich festgestellt, dass der BF trotz ausgewiesener Schuld- und Straffähigkeit zur Tatzeit im August 2018 sowie auch weiterhin eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, narzisstischen und dissozialen Merkmalen aufweist, die zu einer konstant veränderten Interaktion mit seiner Umwelt, zu einer veränderten situativen Wahrnehmung und mitunter zu einer Enthemmung und Störung der Impulskontrolle führt (Urteil S. 8).
Auch bei der Parteivernehmung vor dem VGW zeigte sich der BF hinsichtlich der abgeurteilten Straftaten unverändert schuldunsichtig. Auffallend waren auch eine durchgehende Opferhaltung und vehemente Überzeugung, sämtliche eingeschrittenen Funktionsträger würden seine Angelegenheiten von vornherein unsachlich behandeln und hätten grundsätzlich etwas gegen seine Person („Es sind alle voreingenommen gegen mich, weil ich der B. bin, [...]“; „Machen Sie nur Ihr Urteil, Sie haben es bestimmt eh schon vorbereitet wie alle, aber ich werde es auf jeden Fall bekämpfen und will es schriftlich. Die Richter und Behörden sind alle gleich. Ich sage Ihnen, warum es nicht geht, nur weil ich der B. bin, das ist der Grund.“; Auf Frage nach der Würdigung eines Gutachtens im Strafverfahren: „Nein überhaupt nicht, weil das Gutachten ja von mir, also vom B. war.“; „Außerdem sind die Beamten offenbar der Meinung, dass man den B. einfach entmündigen kann.“; „Von den Beamten und Behörden werde ich immer nur als der ,depperte Bauer‘ angesehen, der sich die Hände schmutzig macht, die ganze Zeit arbeitet, und mit dem man alles machen kann.“; „[…] und bin überzeugt davon, dass die agierenden Personen bzw. Beamten etwas gegen mich persönlich haben, also immer nur so agieren, weil ich der Herr B. bin.“ VHP S. 3, 4, 5). Ferner musste der BF, zumal er den Verlassenschaftskurator seines Vaters in der Verhandlung des Diebstahls bzw. der Unterschlagung/Veruntreuung bezichtigte, auch ausdrücklich auf die Strafbarkeit einer Verleumdung hingewiesen werden (VHP S. 4). Deutlich wurde auch, dass der BF grundsätzlich eine eigene Auffassung von Recht und Gerechtigkeit vertritt, die mit der geltenden Rechtsordnung wenig zu tun hat und stellte sich bei der Vernehmung bald heraus, dass er in dieser Hinsicht sachlichen Erörterungen nicht zugänglich ist.
Rechtliche Beurteilung:
Zu I: Gemäß § 13 Abs. 1 erster Satz GewO 1994 sind natürliche Personen von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie
1. von einem Gericht verurteilt worden sind
a) wegen betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (§ 153 d StGB), organisierter Schwarzarbeit (§ 153 e StGB), betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§§ 156 bis 159 StGB) oder
b) wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen und
2. die Verurteilung nicht getilgt ist.
Diese Bestimmungen gelten gemäß § 13 Abs. 1 letzter Satz GewO 1994 auch, wenn mit den angeführten Ausschlussgründen vergleichbare Tatbestände im Ausland verwirklicht wurden.
Gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde im Fall des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 die Nachsicht von diesem Ausschluss zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist.
Den BF trifft derzeit in jedem Fall ein Ausschlussgrund nach § 13 Abs. 1 GewO 1994, weil er feststellungsgemäß in zumindest fünf Fällen von Strafgerichten zu Freiheitsstrafen von über drei Monaten und in einem Fall nach § 159 StGB rechtskräftig verurteilt wurde, wobei alle diese Verurteilungen nicht getilgt sind.
Die in § 26 Abs. 1 GewO 1994 (Erteilung der Nachsicht vom Gewerbeausschluss zwecks Begründung eines Gewerberechts) und § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 (Absehen von der Entziehung einer aufrechten Gewerbeberechtigung) geregelten Prognosen haben entsprechend ihrem spiegelbildlichen Wortlaut nach den gleichen Kriterien zu erfolgen, weshalb in solchen Fällen grundsätzlich die höchstgerichtliche Rechtsprechung zu beiden Bestimmungen maßgeblich ist. Die § 26 Abs. 1 bzw. § 87 Abs. 1 Z 1 iVm § 13 Abs. 1 GewO 1994 dienen insbesondere dem Schutz verschiedener Teilnehmer am Wirtschaftsleben (Kunden, Arbeitnehmer und sonstige in Betracht kommende Geschäftspartner des Gewerbetreibenden) sowie auch der Vertreter der Gewerbeaufsicht vor einer persönlichen oder finanziellen Schädigung durch Begehung gleichartiger (iSv gegen das gleiche Rechtsgut gerichteter) Straftaten bei der künftigen bzw. weiteren Gewerbeausübung.
Während die Gewerbebehörde hinsichtlich Begehung und Art der in Rede stehenden strafbaren Handlungen an die rechtskräftigen Verurteilungen durch das Strafgericht gebunden ist und daher hinsichtlich der Tatumstände und des Verschuldensgrades von den in den Strafurteilen getroffenen Feststellungen auszugehen hat, hat sie die Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale für die Erteilung der Nachsicht grundsätzlich selbständig zu beurteilen, ohne bei der von ihr zu treffenden Prognose etwa an spezifische gerichtliche Strafzumessungsgründe oder den Inhalt einer Entscheidung über die bedingte Strafnachsicht gebunden zu sein (vgl. etwa VwGH 17.4.2012, 2008/04/0009).
Unter dem Aspekt der Eigenart der strafbaren Handlung ist nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung zunächst die Eignung des in Rede stehenden Gewerbes für die Begehung gleicher oder ähnlicher (iSv gegen die gleichen Rechtsgüter gerichteter) Straftaten zu bewerten. Nicht relevant ist, ob die der ausschlussbegründenden Verurteilung zu Grunde liegende Straftat bei oder im Zusammenhang mit der Ausübung des betreffenden oder überhaupt eines Gewerbes verübt wurde, ob das Motiv der Tat im Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes stand, oder ob der betreffende Sachverhalt in gleicher Konstellation auch im Zusammenhang mit der (weiteren) Gewerbeausübung verwirklicht werden kann (vgl. etwa VwGH 18.5.2016, Ra 2016/04/0046; 29.4.2014, 2013/04/0026, mwV). Auch kommt es nicht etwa darauf an, ob das Gewerbe „klassisch“ für die Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten geeignet ist oder diesbezüglich eine erhöhte Gefahrensituation aufweist (vgl. VwGH 8.5.2002, 2001/04/0043). Umso deutlicher kommt die Eignung selbstredend zum Ausdruck, wenn das strafbare Verhalten tatsächlich im Rahmen oder im Zusammenhang mit einer gewerblichen Tätigkeit gesetzt wurde.
Das Persönlichkeitsbild des Täters und eine Befürchtung iSd § 26 Abs. 1 bzw. § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 können sich mitunter bereits in der Art der strafgerichtlichen Verurteilung manifestieren (vgl. VwGH 9.9.2015, Ro 2014/04/0012; VwGH 8.5.2002, 2002/04/0030, mwV). Zu berücksichtigen sind hier insbesondere die Umstände der Straftaten, etwa ein aufwändig geplantes oder auffällig sorgloses Vorgehen, das Tatmotiv, ein langer Tatzeitraum oder die Höhe eines Schadensbetrags (vgl. etwa VwGH 11.11.1998, 97/04/0167). Ferner ist auch auf das Ausmaß Bedacht zu nehmen, in dem die verhängte Strafe die in § 13 Abs. 1 GewO 1994 genannte Grenze übersteigt (VwGH 9.9.2015, Ro 2014/04/0012; VwGH 11.12.2013, 2013/04/0151, mwV).
Grundsätzlich sind bei der gewerberechtlichen Prognoseentscheidung alle äußeren Umstände zu berücksichtigen, die auf die weitere Persönlichkeitsentwicklung der betroffenen Person – sei es im positiven oder negativen Sinn – von Einfluss sein können. Diese sind mit der Eigenart und Schwere begangener Straftaten sowie stets im Hinblick auf die Frage abzuwägen, ob mit begründeter Wahrscheinlichkeit noch die Befürchtung besteht, dass der Nachsichtswerber bei der angestrebten bzw. der von der Entziehung bedrohte Gewerbeinhaber bei der (weiteren) Gewerbeausübung gleiche oder ähnliche Straftaten begehen wird. Ein wesentliches Kriterium ist hier auch das weitere Wohlverhalten, wobei die Rechtsprechung überwiegend auf den Zeitraum seit der letzten Tathandlung, gelegentlich aber auch auf den Zeitraum seit der Verurteilung abstellt (vgl. etwa VwGH 18.5.2016, Ra 2016/04/0046; VwGH 9.9.2015, Ro 2014/04/0012; VwGH 6.10.2009, 2009/04/0262; VwGH 11.11.1998, 98/04/0174). Auch diesbezüglich werden die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sein. Allgemein kommt bei der Erstellung einer rechtlichen Zukunftsprognose der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von der betreffenden Person im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu (VwGH 18.2.2015, Ra 2014/04/0035, mwV).
Die Erteilung einer Nachsicht nach § 26 Abs. 1 GewO 1994 ist ein konstitutiver Verwaltungsakt, weshalb der Beurteilung (mangels gegenteiliger Regelung in den Verwaltungsvorschriften) die Sachlage zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung zu Grunde zu legen ist. Ferner handelt es sich bei der Beurteilung eines Nachsichtsantrags um eine gebundene Entscheidung und kommt der Gewerbebehörde bzw. dem Verwaltungsgericht hierbei bei Nichtvorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kein Ermessensspielraum zu (vgl. sg. zur Entziehung VwGH 2.2.2012, 2011/04/0210,0217 mwV). Soweit der BF wirtschaftliche oder existenzielle Konsequenzen seines Gewerbeausschlussgrundes bzw. bereits in sein Erwerbsvorhaben getätigte Investitionen ins Treffen führt, ist ihm daher vorab zu entgegnen, dass für die Berücksichtigung derartiger Umstände nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen der anzuwendenden Vorschriften keine Rechtsgrundlage besteht (vgl. VwGH 28.9.2011; 2010/04/0134; 24.02.2010, 2009/04/0303; 8.5.2002, 2001/04/0043, mwV, hier zur Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994).
Die vom BF nach den ausschlussbegründenden Verurteilungen übertretenen Strafnormen dienen im Fall des (versuchten) Widerstands gegen die Staatsgewalt dem Schutz des Ansehens öffentlich Bediensteter, der Integrität und Funktionsfähigkeit öffentlicher Einrichtungen (insbesondere von Behörden und Gerichten) und damit der öffentlicher Ordnung und Gewährleistung eines funktionierenden Rechtsstaats, im Fall des Diebstahls, des Betrugs und der Krida dem Schutz fremden Vermögens, im Fall der Urkundendelikte dem Schutz eines redlichen Rechtsverkehrs und der Rechtssicherheit in Bezug auf behördliche bestätigte Umstände, im Fall der Beweismittelfälschung dem Interesse an der prozessualen Wahrheitsfindung, im Fall der Körperverletzung und gefährlichen Drohung dem Schutz der physischen und psychischen Integrität von Personen, im Fall der Sachbeschädigung dem Schutz fremden Eigentums und im Fall des Einschleusens von Ausländern (Schlepperei) einem geordneten Fremdenwesen und dem Staatshaushalt. Wie bereits die Behörde zutreffend ausgeführt hat, eröffnet das vom BF angestrebte Gewerbe der Schneeräumung/Verkehrsflächenbetreuung (Sommer- und Winterdienst) wie nahezu jedes andere mit Personenkontakten verbundene und faktisch an einer Mehrzahl von Orten auszuübende Gewerbe – Gelegenheiten und Anreize jedenfalls für Vermögensdelikte jeder Art und Urkundenfälschungen, ferner für verschiedene Aggressions- und Gewaltdelikte gegen Kontaktpersonen und deren Eigentum sowie für die Behinderung von Amtsfunktionären im Rahmen ihrer Kontrolltätigkeiten und sonstigen Amtshandlungen, welche zielgerichtet oder auch nur zufällig in Berührung mit der Gewerbeausübung kommen. Dass sich das vom BF angestrebte Gewerbe im Besonderen für Straftaten wie jene vom August 2018 (Urteil vom Dezember 2019) eignen würde, ergibt sich insbesondere auch aus den eigenen Ausführungen des BF, wonach er für die Gewerbeausübung bereits maschinelle Schneeräumapparaturen (sinngemäß vergleichbar mit der strafgegenständlichen Laderaupe) verfügbar habe.
Was das Persönlichkeitsbild des BF betrifft, manifestierte sich bereits in den Tatumständen der letzten inländischen ausschlussbegründenden Verurteilung vom Dezember 2019 wegen versuchtem Widerstand gegen die Staatsgewalt (Ansteuern einer aus mehreren Personen bestehenden Amtsabordnung mit einer schweren fahrbaren Maschine zur Störung einer Gerichtsverhandlung) eine deutliche Tendenz zur Missachtung von Amtsträgern einschließlich Gerichten, insbesondere bei der Wahrnehmung von gesetzlich gebotenen Überwachungspflichten (wie im öffentlichen Interesse durchgeführten Ortsaugenscheinsverhandlungen), dies verbunden mit einem nicht unbeträchtlichen Aggressionspotenzial, wobei er auch vor gefahrengeneigtem und bei Kontrollverlust potenziell die körperliche Integrität von Personen schädigendem Verhalten nicht zurückschreckt. Verdeutlicht wird eine diesbezügliche persönliche Neigung durch den Umstand, dass es sich bereits um eine Wiederholungstat handelte und bereits im Jahr 2004 ein entsprechender – wenn auch insgesamt weniger gravierender – Vorfall zu einer einschlägigen Verurteilung geführt hatte, wobei der BF damals Tritte gegen Justizwachebeamte setzte. Die grundsätzliche vorhandene Aggressions- und Gewaltbereitschaft des BF manifeste sich ferner in einer Verurteilung wegen einer im Jahr 2008 gegen eine frühere Lebensgefährtin gerichteten vorsätzlichen Körperverletzung (Schläge ins Gesicht), Sachbeschädigung und gefährlichen Drohung. Zu bemerken ist ferner, dass sich auch in der im Jahr 1997 begangenen Sachbeschädigung laut (nicht ausschlussbegründender) Verurteilung des LG für Strafsachen Wien vom 7.11.2000 eine ganz ähnliche Tendenz zeigte wie bei der Tat vom August 2018, zumal der BF damals mit einem LKW – bei Sachbeschädigung notwendigerweise vorsätzlich – auf ein geschlossenes Tor zufuhr und dieses mit dem Kraftfahrzeug durchstieß. Bei der rezenteren Verurteilung vom Dezember 2019 wurde unter Berücksichtigung von inzwischen drei einschlägigen Vorstrafen nunmehr auch eine verhältnismäßig hohe und zudem unbedingte Freiheitsstrafe verhängt, welche mit letztlich 18 Monaten das Sechsfache der ausschlussbegründenden Strafgrenze des § 13 Abs. 1 Z 1 lit. b GewO 1994 betrug. Die geringfügige Herabsetzung der Freiheitsstrafe von ursprünglich 19 auf 18 Monate durch das Berufungsgericht wegen längerer Verfahrensdauer steht mit der hier gegenständlichen Persönlichkeitsprognose in keinem Zusammenhang. Die gesamte bis ins junge Erwachsenenalter zurückreichende vielfältige Verurteilungshistorie des BF zeigt, dass dieser der geltenden Rechtsordnung und objektiv anzuerkennenden rechtlichen Werten grundsätzlich nicht sehr verbunden ist. Gerade auch die von den Strafgerichten durchwegs attestierte starke Persönlichkeitsstörung - welche sich erörterungsgemäß in der letzten abgehandelten Tat vom August 2018 aufs Neue deutlich manifestierte - stellte zwar in den Strafverfahren einen Milderungsgrund dar, verstärkt jedoch im gegenständlichen Administrativverfahren, wo es in erster Linie nicht um die Schuldfrage, sondern um den Schutz öffentlicher und privater Interessen Dritter geht, sehr die Befürchtung, dass der BF bei einer Gewerbeausübung, die typischerweise mit technischen Gerätschaften und fahrbaren Maschinen verbunden ist, in gleicher Weise erneut straffällig werden könnte. Auch der in der Beschwerdeverhandlung gewonnene Eindruck führte feststellungsgemäß zu keinem anderen Ergebnis. In jedem Fall kann – gerade auch in Anbetracht der konsequent manifestierten Schulduneinsicht – eine spezialpräventive Wirkung der bisherigen Verurteilungen nicht angenommen werden.
Die letzte im Verfahren berücksichtigte ausschlussbegründende - und letztlich ausschlaggebende - Straftat vom August 2018 liegt nunmehr etwa 3,5 Jahre zurück, das Urteil vom Dezember 2019 ist seit 28.5.2020 rechtskräftig. Da auf die verhängte Freiheitsstrafe lediglich ein Vorhaftzeitraum von rund 8,5 Monaten (20.3.2019 bis 9.12.2019) anzurechnen war, war noch mehr als die Hälfte der Freiheitsstrafe zu verbüßen. Laut Strafregister (EKIS) ist der Strafvollzug erst mit 15.10.2021 erfolgt. Auch wenn Haftzeiträume bei der Beurteilung des Wohlverhaltens nach der Rechtsprechung nicht grundsätzlich außer Acht zu lassen sind, hat ein objektives Wohlverhalten in einer Strafanstalt mit stark eingeschränkten sozialen Kontakten bzw. allenfalls auch im freien Vollzug unter staatlicher Aufsicht nach allgemeinen Erfahrungswerten weniger Aussagekraft als ein Wohlverhalten außerhalb jeglicher Drucksituation. Unabhängig davon ist jedoch der bisherige Wohlverhaltenszeitraum in Anbetracht aller vorerörterter Umstände, insbesondere der Eigenart und Schwere der Straftat vom August 2018 in Verbindung mit der einschlägigen Strafhistorie des BF und der besonderen Eignung des (regelmäßig auch maschinell auszuübenden) angestrebten Gewerbes noch bei weitem zu kurz bzw. zu wenig aussagekräftig, um iSd § 26 Abs. 1 GewO 1994 zu einer günstigen Persönlichkeitsprognose zu gelangen. In diesem Licht und im Gesamtzusammenhang ist auch unerheblich, dass die - ebenfalls ausschlussbegründenden - schweren Vermögens- und Urkundendelikte schon längere Zeit zurückliegen, und dass die in Deutschland abgeurteilte (mit Schlepperei vergleichbare) Einschleusung von Ausländern im Jahr 2015 mit der Art der angestrebten Gewerbeausübung sachlich in keinem besonderen Zusammenhang steht. Der angefochtene Bescheid war im Ergebnis - umso mehr zum Entscheidungszeitpunkt des VGW - durch Abweisung der Beschwerde zu bestätigen.
Angemerkt wird, dass der BF laut Stand des Strafregisters zwischenzeitlich (nach der Verhandlung und dem zuletzt eingeräumten Parteiengehör) durch ein ungarisches Strafgericht (P.) wegen Sachbeschädigung zu einer weiteren iSd § 13 Abs. 1 letzter Satz GewO 1994 gewerbeausschlussbegründenden Geldstrafe von 300 Tagessätzen verurteilt wurde. Das betreffende Urteil vom 22.10.2021 ist seit 30.11.2021 rechtskräftig. Da schon aufgrund der vorangehenden Ausführungen - insbesondere der letzten inländischen Verurteilung - auch bei Außerachtlassen/Wegdenken des ungarischen Urteils eine positive Erledigung zum nunmehrigen Zeitpunkt keinesfalls in Betracht kommt, konnte diesbezüglich von eingehenderen Ermittlungen abgesehen werden.
Zu II (§ 25a Abs. 1 VwGG): Die Unzulässigkeit der Revision war auszusprechen, da sich im Beschwerdeverfahren keine für die Entscheidung relevanten Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG stellten: Der entscheidungsmaßgebliche Sachverhalt war anhand eindeutiger Rechtsvorschriften in Verbindung mit den im jeweiligen Zusammenhang zitierten gefestigten Leitlinien des VwGH abschließend beurteilbar. Im Übrigen erfolgte auf Grundlage des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und der im vorliegenden Fall für die Entscheidung ausschlaggebenden Beweiswürdigung eine rechtliche Einzelfallbeurteilung; diese Aspekte unterliegen bei Vertretbarkeit grundsätzlich nicht der Nachprüfung im Revisionsweg (vgl. etwa VwGH 8.11.2016, Ra 2016/09/0097; 24.2.2016, Ra 2016/04/0013, mwV).
Schlagworte
Ausschlussgrund; Nachsicht; Prognose; strafgerichtliche Verurteilungen; Gewerbeberechtigung; Absehen von der EntziehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2022:VGW.101.V.079.4375.2019Zuletzt aktualisiert am
11.01.2023