TE Lvwg Erkenntnis 2022/12/12 LVwG-2022/26/2949-1

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Veröffentlicht am 12.12.2022
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Entscheidungsdatum

12.12.2022

Index

83 Naturschutz Umweltschutz

Norm

AWG 2002 §15 Abs3 Z1
AWG 2002 §79 Abs2 Z3
  1. AWG 2002 § 15 heute
  2. AWG 2002 § 15 gültig ab 11.12.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 200/2021
  3. AWG 2002 § 15 gültig von 01.08.2019 bis 10.12.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 71/2019
  4. AWG 2002 § 15 gültig von 21.06.2013 bis 31.07.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 103/2013
  5. AWG 2002 § 15 gültig von 16.02.2011 bis 20.06.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 9/2011
  6. AWG 2002 § 15 gültig von 01.01.2007 bis 15.02.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 34/2006
  7. AWG 2002 § 15 gültig von 01.01.2007 bis 31.03.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 155/2004
  8. AWG 2002 § 15 gültig von 01.04.2006 bis 31.12.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 34/2006
  9. AWG 2002 § 15 gültig von 01.01.2005 bis 31.03.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 155/2004
  10. AWG 2002 § 15 gültig von 02.11.2002 bis 31.12.2004
  1. AWG 2002 § 79 heute
  2. AWG 2002 § 79 gültig ab 11.12.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 200/2021
  3. AWG 2002 § 79 gültig von 01.08.2019 bis 10.12.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 71/2019
  4. AWG 2002 § 79 gültig von 13.07.2018 bis 31.07.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 44/2018
  5. AWG 2002 § 79 gültig von 20.06.2017 bis 12.07.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2017
  6. AWG 2002 § 79 gültig von 01.01.2015 bis 19.06.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 193/2013
  7. AWG 2002 § 79 gültig von 21.06.2013 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 103/2013
  8. AWG 2002 § 79 gültig von 16.02.2011 bis 20.06.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 9/2011
  9. AWG 2002 § 79 gültig von 12.07.2007 bis 15.02.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 43/2007
  10. AWG 2002 § 79 gültig von 01.04.2006 bis 11.07.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 34/2006
  11. AWG 2002 § 79 gültig von 01.01.2005 bis 31.03.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 155/2004
  12. AWG 2002 § 79 gültig von 02.11.2002 bis 31.12.2004

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Aicher über die Beschwerde des AA, Adresse 1, ***** Z, DEUTSCHLAND, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 07.11.2022, Zl ***, betreffend eine Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird teilweise und insofern Folge gegeben, als

a.   die Geldstrafe auf Euro 400,00 (Ersatzarreststrafe in der Dauer von 16 Stunden) herabgesetzt wird,

b.   dementsprechend der Beitrag des Beschwerdeführers zu den Kosten des Verfahrens der belangten Strafbehörde mit Euro 40,00 neu festgesetzt wird,

c.   womit sich für den Beschwerdeführer ein an die belangte Behörde zu zahlender Gesamtbetrag von Euro 440,00 ergibt.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die angefochtene Strafentscheidung mit der Maßgabe bestätigt, dass

-    die verletzte Rechtsnorm mit „§ 15 Abs 3 Z 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl I Nr 102/2002 idF BGBl I Nr 200/2021“ und

-    die Strafsanktionsnorm mit „§ 79 Abs 2 Z 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl I Nr 102/2002 idF BGBl I Nr 200/2021

konkretisiert werden.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

1)

Mit dem in Beschwerde gezogenen Straferkenntnis der belangten Behörde vom 07.11.2022 wurde dem Beschwerdeführer wie folgt zur Last gelegt:

„1.  Datum/Zeit:                 17.09.2022, 17:00 Uhr

     Ort:                         **** X, Adresse 2, Erdbau BB

     Betroffenes Fahrzeug:    LKW, Kennzeichen: *** (D)

AA, geboren am XX.XX.XXXX, wohnhaft in Deutschland, ***** Z, Adresse 1, hat jedenfalls am 17.09.2022 um 17:00 Uhr in **** X, HNr. ***, im Bereich des Firmengeländes der Firma Erdbau BB vor den sich dort befindlichen Bauschuttcontainern, Abfall in Form von Sperrmüll (Schachteln, Liegestuhl, Pfannen bzw. Kochtöpfe, Altkleider, Taschen und dergleichen) entsorgt und somit nicht gefährliche Abfälle gelagert, obwohl Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen.“

Dadurch habe der Beschuldigte eine Verwaltungsübertretung nach § 15 Abs 3 Z 1 AWG 2002 iVm § 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002 begangen, weswegen über ihn eine Geldstrafe in Höhe von Euro 500,00 (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 1 Tag und 12 Stunden) verhängt wurde.

Der Verfahrenskostenbeitrag wurde von der belangten Strafbehörde mit Euro 50,00 festgesetzt.

Die Strafentscheidung wurde von der belangten Behörde im Wesentlichen damit begründet, dass aufgrund der Ermittlungen und der Anzeige der Polizeiinspektion X als erwiesen feststehe, dass der Beschuldigte am 17.09.2022 um 17:00 Uhr in X auf dem Firmengelände der Firma Erdbau BB vor den sich dort befindlichen Bauschuttcontainern Abfall in Form von Sperrmüll (Schachteln, Liegestuhl, Pfannen bzw. Kochtöpfe, Altkleider, Taschen und dergleichen) entsorgt habe.

Von der Möglichkeit, sich im Strafverfahren zu rechtfertigen, habe der Beschuldigte nicht Gebrauch gemacht.

Der Beschuldigte habe die strittige Abfallentsorgung vorsätzlich vorgenommen, da jeder verständige Abfallbesitzer darüber in Kenntnis sei, dass Abfall an hierfür geeigneten Orten entsorgt werden müsse und diese Orte (Recyclinghof, Sperrmüllsammlung, etc) auch bekannt seien.

Die verhängte Geldstrafe sei aufgrund des vorsätzlichen Handelns angemessen und aus spezialpräventiven Gründen auch erforderlich, um den Beschuldigten vor weiteren Verwaltungsübertretungen abzuschrecken.

Auch als generalpräventive Maßnahme erscheine die verhängte Geldstrafe als geboten, um auch andere Menschen davon abzuhalten, ihren Abfall auf fremden Grund, in der Natur oder im öffentlichen Raum zu entsorgen.

2)

Gegen diese Strafentscheidung richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des AA, mit welcher beantragt wurde, von einer Bestrafung abzusehen.

Zur Begründung seines Rechtsmittels führte der Beschwerdeführer kurz zusammengefasst aus, dass er einen sehr schweren Unfall gehabt habe, deshalb nicht mehr arbeiten habe können und infolgedessen seine Mitarbeiterwohnung in X zu räumen gehabt habe.

Sein Bruder und ein Freund hätten ihn mit dem Auto zur Heimfahrt nach Deutschland abgeholt. In diesem Auto hätten seine Sachen nicht Platz gehabt, sodass er vieles entsorgen habe müssen.

Der ihm sonst zur Verfügung stehende Müllbereich sei verschlossen gewesen, weshalb er anderweitig entsorgen habe müssen. Er habe nur ungefähr gewusst, wo sich der Abfallentsorgungshof befinde, wobei er davon ausgegangen sei, dass sich der Abfallentsorgungshof bei der besagten Firma Erdbau BB befinde. Nachdem die dortigen Container nicht gekennzeichnet gewesen seien, habe er seinen Müll davor abgelegt und bestmöglich sortiert.

Es tue ihm wirklich sehr leid, dass er den falschen Platz für seine Abfallentsorgung gewählt habe und solcherart Arbeit für Leute entstanden sei, was nicht hätte sein sollen.

Er habe in der Not leider falsch gehandelt, wegen seines Unfalls viel Geld verloren und eine schmerzhafte Genesung hinter sich, weshalb er ersuche, von einer Bestrafung abzusehen.

II.      Sachverhalt:

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist eine Verwaltungsstrafsache nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002.

Der Beschwerdeführer hat am 17.09.2022 gegen 17:00 Uhr in **** X Nr *** im Bereich des Firmengeländes der Firma Erdbau BB vor den sich dort befindlichen Bauschuttcontainern seinen Abfall in Form von Sperrmüll (Schachteln, Liegestuhl, Pfannen bzw. Kochtöpfe, Altkleider, Taschen und dergleichen) entsorgt, wobei er seinen Abfall mit dem Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen *** (D) angeliefert hat.

Solcherart hat der Rechtsmittelwerber nicht gefährliche Abfälle außerhalb einer hierfür genehmigten Anlage und außerhalb eines (für die Sammlung oder Behandlung) vorgesehenen geeigneten Ortes gelagert.

Der Beschwerdeführer weist eine Eintragung im Verwaltungsstrafregister auf, nämlich eine Bestrafung wegen Übertretung des Meldegesetzes im Jahr 2020.

III.     Beweiswürdigung:

Beweiswürdigend ist in der vorliegenden Beschwerdesache festzuhalten, dass sich der zuvor festgestellte Sachverhalt in unbedenklicher Weise aus der gegebenen Aktenlage ergibt und ebenso aus den Beschwerdeausführungen des Rechtsmittelwerbers, welche sich bestens mit der Aktenlage in Einklang bringen lassen.

Widersprüchliche Beweisergebnisse, die im Rahmen der Beweiswürdigung aufgelöst werden müssten, bestehen im Gegenstandsfall nicht. Die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen konnten dementsprechend auf sehr sicherem Boden getroffen werden.

IV.      Rechtslage:

Die belangte Strafbehörde hat ihre Strafentscheidung auf die Bestimmungen des § 15 Abs 3 Z 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 sowie auf § 79 Abs 2 Z 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 gestützt.

Nach § 15 Abs 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 dürfen Abfälle außerhalb von

- 1. hierfür genehmigten Anlagen oder

- 2. für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden, wobei eine Ablagerung von Abfällen nur in hierfür genehmigten Deponien erfolgen darf.

Wer nicht gefährliche Abfälle entgegen den rechtlichen Vorgaben des § 15 Abs 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit nicht gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder die Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder Abfälle entgegen § 15 Abs 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 vermischt oder vermengt, begeht nach § 79 Abs 2 Z 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von Euro 450,00 bis Euro 8.400,00 zu bestrafen ist, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

V.       Erwägungen:

1)

Mit der vorliegenden Beschwerde stellt der Rechtsmittelwerber die Begehung der ihm vorgeworfenen Übertretung nicht in Abrede, vielmehr ist er zum verfahrensrelevanten Sachverhalt geständig.

Nach dem festgestellten Sachverhalt hat der Beschwerdeführer die ihm angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht verwirklicht, er hat seinen Abfall in Form von Sperrmüll (Schachteln, Liegestuhl, Pfannen bzw. Kochtöpfe, Altkleider, Taschen und dergleichen) außerhalb einer hierfür genehmigten Anlage und auch außerhalb eines (für die Sammlung oder Behandlung von Abfällen in Form von Sperrmüll) vorgesehenen geeigneten Ortes gelagert bzw entsorgt, dies an der angegebenen Örtlichkeit auf dem Firmengelände der Firma Erdbau BB in X am 17.09.2022 gegen 17:00 Uhr.

Was die subjektive Tatseite anbelangt, ist auszuführen, dass nach § 5 Abs 1 Verwaltungs-strafgesetz zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift – wie dies im Gegenstandsfall zutrifft – über das Verschulden nichts anderes bestimmt, wobei Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen ist, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Im Fall eines „Ungehorsamsdeliktes“ - als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt – tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Dies ist dem Beschwerdeführer fallbezogen jedoch nicht gelungen.

Wenn der Rechtsmittelwerber im gegebenen Zusammenhang vorgebracht hat, nur in ungefähr gewusst zu haben, wo sich der Abfallentsorgungshof befindet, weshalb er gedacht habe, dass der Abfallentsorgungshof bei der besagten Firma Erdbau BB sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass ihn eine entsprechende Erkundigungspflicht getroffen hat.

Er hätte sich also entsprechend erkundigen müssen, wo Abfall dem Gesetz entsprechend entsorgt werden kann. Bei den Bauschuttcontainern auf dem Firmengelände der Firma Erdbau BB hätte ihm auch auffallen müssen, dass diese keine Kennzeichnung aufgewiesen haben, welche Abfallart in den jeweiligen Container eingeworfen werden sollte. Dass eine derartige Kennzeichnung gefehlt hat, hat der Rechtsmittelwerber selbst eingeräumt. Das Fehlen einer solchen Kennzeichnung hätte beim Beschwerdeführer ein Nachdenken auslösen müssen, dass er nicht am richtigen Ort für die beabsichtigte Abfallentsorgung ist.

Jedenfalls hätte er sich entsprechend erkundigen müssen und hätte nicht einfach seinen Abfall vor den Containern lagern dürfen. Die Nichteinholung entsprechender Auskünfte ist als Sorgfaltspflichtverletzung des Beschwerdeführers zu betrachten, was sein Verschulden im Gegenstandsfall begründet.

Entgegen der Auffassung der belangten Strafbehörde kann dem Beschwerdeführer aber nicht vorsätzliches Handeln bei der Begehung der Verwaltungsübertretung unterstellt werden.

Der Rechtsmittelwerber hat nämlich geltend gemacht, sich bezüglich der Örtlichkeit des Abfallentsorgungshofes geirrt zu haben, weshalb es zu der nicht rechtmäßigen Abfalllagerung auf dem Gelände der Firma Erdbau BB gekommen ist. Diese Verantwortung des Beschwerdeführers kann nicht wirklich widerlegt werden.

Dennoch hat er für sein Fehlverhalten einzustehen, da ihm jedenfalls fahrlässige Tatbegehung vorgeworfen werden kann, weil er seiner Erkundigungspflicht darüber nicht nachgekommen ist, wo er rechtmäßig seinen Abfall entsorgen kann.

2)

Davon ausgehend, dass der Beschwerdeführer das ihm vorgeworfene Verwaltungsdelikt in objektiver Hinsicht verwirklicht hat und ihm dies auch in subjektiver Hinsicht vorwerfbar ist, war die in Beschwerde gezogene Strafentscheidung grundsätzlich zu bestätigen.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol sah sich lediglich dazu veranlasst, entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dahingehend eine Spruchverbesserung durchzuführen, dass in Bezug auf die verletzte Rechtsvorschrift und in Bezug auf die anzuwendende Strafsanktionsnorm die zutreffenden „Fundstellen“ angegeben werden (VwGH 25.04.2019, Ra 2018/09/0113).

Dazu war das erkennende Gericht im Rahmen seiner Kognitionsbefugnis auch berechtigt.

Zudem war aus verschiedenen Gründen eine geringfügige Strafreduktion vorzunehmen, worauf im Nachfolgenden näher einzugehen ist.

3)

Zur Strafbemessung ist Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 19 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 sind Grundlage für die Bemessung der Strafe zum einen die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und zum anderen die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach Abs 2 sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und allfälligen Sorgepflichten des Beschwerdeführers sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Einkommens-, Vermögens- und persönlichen Verhältnissen liegen insofern vor, als er in seinem Rechtsmittelschriftsatz dargelegt hat, einen schweren Unfall gehabt zu haben und daher gesundheitlich nicht mehr in der Lage gewesen zu sein, einer Arbeit nachzugehen. Er habe eine schmerzhafte Genesung hinter sich gebracht und viel Geld dabei verloren.

Der Unrechtsgehalt der begangenen Übertretung ist als nicht unerheblich zu bewerten, zumal durchaus ein erhebliches öffentliches Interesse daran besteht, dass Abfälle ordnungsgemäß entsprechend den geltenden Rechtsvorschriften entsorgt werden.

Beim Verschulden war jedenfalls von Fahrlässigkeit auszugehen, wie dies schon zuvor näher ausgeführt wurde.

Der belangten Behörde ist darin beizupflichten, dass sowohl spezialpräventive als auch generalpräventive Überlegungen für die Verhängung einer Strafe gegen den Beschwerdeführer sprechen. Zum einen soll der Rechtsmittelwerber selbst zu einer genaueren Beachtung der abfallrechtlichen Entsorgungsvorschriften verhalten werden und soll zum anderen allen Personen, die Abfall entsorgen wollen, deutlich aufgezeigt werden, dass die Missachtung der Abfallvorschriften nicht ohne strafrechtliche Folgen bleibt.

Der Strafmilderungsgrund der Unbescholtenheit kommt dem Beschwerdeführer nicht zugute, weist er doch bereits eine Strafvormerkung wegen Übertretung des Meldegesetzes auf.

Der Straferschwerungsgrund der vorsätzlichen Tatbegehung kommt entgegen der Auffassung der belangten Strafbehörde nicht zur Anwendung, da bloß ein fahrlässiges Fehlverhalten des Beschwerdeführers – wie schon näher ausgeführt – angenommen werden kann.

Demgegenüber kann dem Rechtsmittelwerber der Strafmilderungsgrund der Tatbegehung aus Unbesonnenheit durchaus zugebilligt werden (vgl § 34 Abs 1 Z 7 Strafgesetzbuch).

Für den Rechtsmittelwerber spricht auch, dass er sich geständig zeigt und auch zum Ausdruck bringt, dass ihm sein Fehlverhalten sehr leid tut, wenngleich die erst im Rechtsmittelverfahren bekundete Schuldeinsicht dem Rechtsmittelwerber nicht (mehr) als Milderungsgrund zugute gehalten werden kann (VwGH 29.04.2011, 2008/09/0246).

Im Gegenstandsfall hat die belangte Behörde eine Geldstrafe verhängt, die bloß Euro 50,00 über der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe liegt. Dementsprechend bleibt zu prüfen, ob vorliegend ein Anwendungsfall für eine außerordentliche Milderung der Strafe gegeben ist.

Überwiegen – gemäß § 20 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich, so kann nämlich die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.

Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 20 Verwaltungsstrafgesetz, der für jene Fälle gedacht ist, in denen selbst eine Strafe, die der Untergrenze des Strafrahmens entspricht, überhöht wäre, ist das beträchtliche Überwiegen der Milderungs- über die Erschwerungsgründe. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt es dabei jedoch nicht auf eine rein quantitative Betrachtung an. Die jeweilige Anzahl der im konkreten Fall vorliegenden Milderung- und Erschwerungsgründe ist insofern nicht ausschlaggebend, als es ausschließlich auf deren Bedeutung im Rahmen des konkreten Sachverhaltes ankommt (VwGH 15.12.1989, 89/09/0100).

Fallbezogen vertritt das entscheidende Verwaltungsgericht die Auffassung, dass die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts nach § 20 Verwaltungsstrafgesetz möglich ist.

Straferschwerungsgründe sind vorliegend nicht hervorgekommen, da die von der belangten Strafbehörde angenommene vorsätzliche Tatbegehung angesichts der Verantwortung des Rechtsmittelwerbers über seinen Irrtum bezüglich der örtlichen Lage des Abfallentsorgungshofes nicht aufrechterhalten werden kann. Verblieben ist ein fahrlässiges Vorgehen des Rechtsmittelwerbers bei der streitgegenständlichen Abfallentsorgung, dies stellt aber keinen Straferschwerungsgrund dar.

Demgegenüber steht der Strafmilderungsgrund der Tatbegehung aus Unbesonnenheit.

Im gegebenen Zusammenhalt kann nach Meinung des entscheidenden Gerichts mitberücksichtigt werden, dass der Rechtsmittelwerber zum Tatzeitpunkt an den Folgen eines schweren Unfalles laboriert hat und er nunmehr in seinem Rechtsmittelschriftsatz klar zum Ausdruck gebracht hat, dass ihm sein Fehlverhalten wirklich leid tut. Der Unfall des Rechtsmittelwerbers, der zu seiner Arbeitsunfähigkeit, zur Räumung seiner Mitarbeiterwohnung und schließlich zu der strittigen Abfallentsorgung geführt hat, hatte für den Beschwerdeführer auch finanzielle Nachteile.

Mit Bedachtnahme auf die vorstehenden Beurteilungskriterien und mit Blick auf den zur Verfügung stehenden gesetzlichen Strafrahmen von Euro 450,00 bis maximal Euro 8.400,00 gelangte das entscheidende Verwaltungsgericht zur Auffassung, dass eine Geldstrafe in Höhe von etwas über der gesetzlichen Mindeststrafe den konkreten Umständen des hier in Beurteilung stehenden Einzelfalles nicht gerecht wird, also die gesetzliche Mindeststrafe für den konkreten Sachverhalt etwas zu hoch ist und die Anwendungsvoraussetzungen des § 20 Verwaltungsstrafgesetz gegenständlich durchaus gegeben sind. Bei Fehlen eines Erschwerungsgrundes und bei Vorliegen zumindest eines Milderungsgrundes kann sicherlich von einem Überwiegen der Milderungsgründe gesprochen werden.

In Ausübung des außerordentlichen Strafmilderungsrechts nach § 20 Verwaltungsstrafgesetz gelangte das erkennende Verwaltungsgericht vorliegend zum Schluss, dass eine Geldstrafe in Höhe von Euro 400,00 den besonderen Umständen des in Prüfung stehenden Sachverhalts gerecht wird.

Die Ersatzfreiheitsstrafe war dementsprechend ebenso zu reduzieren.

Der Ausspruch einer Ermahnung im Sinne der Bestimmung des § 45 Abs 1 zweiter Satz Verwaltungsstrafgesetz war im Gegenstandsfall jedoch nicht möglich, da die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes – wie bereits ausgeführt – nicht als gering angesehen werden kann.

4)

In der vorliegenden Beschwerdesache konnte eine mündliche Verhandlung im Verfahren des Landesverwaltungsgerichts Tirol deshalb entfallen, da einerseits keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat und im angefochtenen Bescheid eine Euro 500,00 nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde (vgl § 44 Abs 3 Z 3 VwGVG).

Über die für ihn gegebene Möglichkeit, eine mündliche Rechtsmittelverhandlung vor dem Verwaltungsgericht beantragen zu können, wurde der Beschwerdeführer in der Rechtsmittelbelehrung der angefochtenen Strafentscheidung völlig korrekt aufgeklärt, trotzdem hat der Rechtsmittelwerber keine Verhandlung beantragt.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Bei der Strafbemessung handelt es sich um eine einzelfallbezogene Abwägung, sie stellt daher im Allgemeinen keine grundsätzliche Rechtsfrage dar, dies dann, wenn sie in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wird (VwGH 08.03.2021, Ra 2020/17/0089), wie dies vorliegend auch geschehen ist.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Aicher

(Richter)

Schlagworte

Abfall
Abfalllagerung außerhalb genehmigter Deponien

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.26.2949.1.

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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