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72/01 HochschulorganisationNorm
B-VG Art81c Abs1Leitsatz
Aufhebung einer Verordnung des Rektorates einer Universität betreffend die Äquivalenz von Bachelorarbeiten mangels Zuständigkeit; keine Befugnis des Rektorates durch Verordnung Regelungen über die Abfassung von Bachelorarbeiten oder Übergangsbestimmungen zur Abfassung von Bachelorarbeiten im Hinblick auf eine neue Version des Curriculums zu treffen; Befugnis zur Erlassung und Änderung der Curricula für Studien sowie der Satzung kommt Senat – auf Vorschlag des Rektorats – zuRechtssatz
Gesetzwidrigkeit der Verordnung des Rektorats betreffend die Äquivalenz von Bachelorarbeiten, Mitteilungsblatt der Karl-Franzens-Universität Graz vom 20.03.2013. Vor dem Hintergrund der Bedenken des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) ist der (Haupt-)Antrag auf Aufhebung des §2 der Verordnung des Rektorats nicht zu eng gefasst. Eine Anfechtung der gesamten Verordnung im Hinblick auf die behauptete Unzuständigkeit der verordnungserlassenden Behörde ist mit Blick auf Art139 Abs3 Z2 B-VG nicht erforderlich.
Unzuständigkeit der verordnungserlassenden Behörde:
Die angefochtene Verordnung des Rektorats enthält in ihrem §1 zunächst unter weitgehender Wiederholung von §51 Abs2 Z7 und §80 Abs1 UG Regelungen über die Abfassung von Bachelorarbeiten, schließt in §2 die Anwendbarkeit des §78 UG auf Bachelorarbeiten aus und legt schließlich in den §§3, 4, 5 und 6 Übergangsbestimmungen zur Abfassung von Bachelorarbeiten im Zuge der Umstellung des Curriculums auf eine neue Version fest.
Welches Universitätsorgan welche studienrechtlichen Regelungen erlassen darf, regelt unter Bindung an die Vorgaben des Art81c Abs1 B-VG zunächst das UG: In einem Curriculum sind gemäß §51 Abs2 Z24 erster Satz UG das Qualifikationsprofil - also nach §51 Abs2 Z29 UG jener Teil des Curriculums, der beschreibt, welche wissenschaftlichen, künstlerischen und beruflichen Qualifikationen die Studierenden durch die Absolvierung des betreffenden Studiums erwerben - sowie der Inhalt und der Aufbau eines Studiums und die Prüfungsordnung - gemäß §51 Abs2 Z25 UG jener Teil des Curriculums, der die Arten der Prüfungen, die Festlegung der Prüfungsmethode und nähere Bestimmungen für das Prüfungsverfahren enthält - festzulegen. Nähere Bestimmungen über den Inhalt der Curricula bzw deren Erlassung finden sich insbesondere in den §§54a ff und 58 UG, aber auch in anderen Bestimmungen des studienrechtlichen Teiles des UG. So sind etwa gemäß §80 Abs1 zweiter Satz UG nähere Regelungen über eine im Rahmen eines Bachelorstudiums abzufassende Bachelorarbeit ebenfalls im Curriculum zu treffen. Im Hinblick auf die generelle Anerkennung von Prüfungen ermächtigte §78 Abs1 dritter Satz UG idF BGBl I 129/2017 dazu, diese im Curriculum vorzunehmen. Ab dem Studienjahr 2022/23 (vgl §143 Abs76 UG) kann die (generelle) Anerkennung von Prüfungen gemäß §78 Abs4 Z9 UG idF BGBl I 93/2021 durch Verordnung des für die studienrechtlichen Angelegenheiten zuständigen Organs erfolgen.
Die Befugnis zur Erlassung und Änderung der Curricula für Studien kommt gemäß §25 Abs1 Z10a UG dem Senat zu. Das Rektorat kann dabei gemäß §22 Abs1 Z12 UG die Erlassung und Änderung von Curricula initiieren. Ihm kommt gemäß §22 Abs1 Z12b UG das Recht zur Stellungnahme sowie die Befugnis zur Untersagung von Curricula oder deren Änderungen zu, wenn diese dem Entwicklungsplan oder den Richtlinien gemäß Z12a widersprechen, diese nicht bedeckbar sind, oder, wenn ein vom Rektorat in Auftrag gegebenes nach international anerkannten wissenschaftlichen Kriterien erstelltes Gutachten zu dem Schluss kommt, dass der Inhalt des Curriculums in Hinblick auf die wissenschaftliche und künstlerische Berufsvorbildung und die Qualifizierung für berufliche Tätigkeiten, welche die Anwendung wissenschaftlicher und künstlerischer Erkenntnisse und Methoden erfordern, nicht ausreichend ist. Bei der Auflassung eines Studiums oder Untersagung eines Curriculums oder dessen Änderung sowie der Beauftragung eines Gutachtens ist nach Möglichkeit das Einvernehmen mit dem Senat herzustellen.
Weiters können gemäß §51 Abs2 Z24 zweiter Satz UG nähere Bestimmungen betreffend Curricula auch in der Satzung geregelt werden bzw sind gemäß §19 Abs2 Z4 UG "studienrechtliche Bestimmungen nach Maßgabe des II. Teils" des UG in der Satzung zu regeln. Auch die Befugnis zur Erlassung und Änderung der Satzung kommt aber nicht dem Rektorat, sondern gemäß §25 Abs1 Z1 UG dem Senat auf Vorschlag des Rektorats zu.
Vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Zuständigkeitsverteilung, insbesondere der Regelungskompetenzen des Senates betreffend Studien- und Prüfungsangelegenheiten sowie mit Blick auf die Verordnungskompetenzen in §78 UG und der in §80 Abs1 zweiter Satz UG getroffenen Regelung des Gesetzgebers, nähere Bestimmungen über Bachelorarbeiten im jeweiligen Curriculum festzulegen, kommt dem Rektorat keine Befugnis zu, durch Verordnung festzulegen, inwieweit §78 UG auf Bachelorarbeiten Anwendung findet. Ebenso wenig kommt dem Rektorat eine Befugnis zu, Regelungen über die Abfassung von Bachelorarbeiten oder Übergangsbestimmungen zur Abfassung von Bachelorarbeiten im Hinblick auf eine neue Version des Curriculums zu treffen.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Universität, Verordnung, Zuständigkeit, Hochschulen, Verordnungserlassung, Hochschulen Organisation, Behördenorganisation, VfGH / Gerichtsantrag, BehördenzuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:V131.2022Zuletzt aktualisiert am
11.01.2023