Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, MMag. Matzka und Dr. Kikinger sowie die Hofrätin Mag. Istjan, LL.M. als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G* d.o.o., *, Serbien, vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. G* GmbH, *, 2. S* D*, 3. G* d.o.o. *, Serbien, und 4. M* GmbH, *, alle vertreten durch MMag. Ewald Lichtenberger und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung, Rechnungslegung und Zahlung sowie Urteilsveröffentlichung, hier: wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung (Streitwert im Sicherungsverfahren 43.200 EUR), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 28. Jänner 2021, GZ 30 R 244/20b-26, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 28. September 2020, GZ 53 Cg 26/20z-20, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
I. Die Zurücknahme der Klage und des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung unter Anspruchsverzicht wird zur Kenntnis genommen. Die Entscheidungen der Vorinstanzen einschließlich der Kostenentscheidungen sind wirkungslos.
II. Das Ersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidung gemäß Art 267 AEUV vom 22. Juni 2021, dort anhängig zu C-423/21, wird zurückgezogen.
Text
Begründung:
[1] Im Verfahren über den Revisionsrekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Rekursgerichts, mit dem ihr Antrag auf Erlassung von einstweiligen Verfügungen zur Sicherung ihres Unterlassungsbegehrens abgewiesen wurde, unterbrach der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 22. 6. 2021 das Verfahren bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über den gleichzeitig gestellten, mit Beschluss vom 27. 6. 2022 präzisierten, Antrag auf Vorabentscheidung gemäß § 90a Abs 1 GOG (RS0133717).
[2] Nunmehr erklärt die Klägerin, die Klage und den Sicherungsantrag unter Verzicht auf den Anspruch zurückzuziehen.
Rechtliche Beurteilung
[3] I. Auch wenn § 163 Abs 2 ZPO während einer Verfahrensunterbrechung vorgenommene Prozesshandlungen generell für rechtsunwirksam erklärt, gilt dies nicht für solche Dispositionen, die zur endgültigen Erledigung des Prozesses führen. Insbesondere die Klagerücknahme unter Anspruchsverzicht ist in diesem Sinn als zulässig anzusehen (1 Ob 98/18w mwN).
[4] § 483 Abs 3 ZPO, wonach unter anderem bis zur Entscheidung des Berufungsgerichts die Klage, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, zurückgenommen werden kann, wenn gleichzeitig auf den Anspruch verzichtet wird, ist gemäß § 513 ZPO auch im Revisionsverfahren und analog auch im Rekursverfahren (Revisionsrekursverfahren) vor dem Obersten Gerichtshof (RS0081567 [insb T1, T14]; 4 Ob 104/18z) ebenso wie im Sicherungsverfahren (RS0120298) anzuwenden. Es ist daher mit deklarativem Beschluss – dessen Fassung jenem Gericht obliegt, bei dem das Verfahren gerade anhängig ist (1 Ob 98/18w) – auszusprechen, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen wirkungslos sind (RS0081567 [T4, T8, T10, T11]; vgl RS0114549); von dieser Wirkungslosigkeit sind auch die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen erfasst (RS0106421).
[5] II. Da eine Entscheidung über die im Vorabentscheidungsersuchen gestellten Fragen wegen Entfalls einer Entscheidung über den Revisionsrekurs der Klägerin nicht mehr erforderlich ist, war gleichzeitig das Vorabentscheidungsersuchen zurückzuziehen (§ 90a Abs 2 GOG; 7 Ob 86/01z mwN).
Textnummer
E136960European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2023:0040OB00044.21F.0109.000Im RIS seit
11.01.2023Zuletzt aktualisiert am
11.01.2023