TE Vfgh Beschluss 1993/11/30 G147/93

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Veröffentlicht am 30.11.1993
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Index

50 Gewerberecht
50/01 Gewerbeordnung 1973

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
GewO 1973 §153 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung der Bestimmung über die erlaubten Öffnungszeiten von Gastgärten mangels Legitimation

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit ihrem auf Art140 B-VG gestützten Antrag begehren die Antragsteller, §153 Abs1 zweiter Satz Gewerbeordnung 1973 idF der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. 29/1993, in eventu das Wort "sonstige" in dieser Bestimmung, als verfassungswidrig aufzuheben.

Zur Antragslegitimation führen die Antragsteller aus, daß ihnen als Nachbarn eines Gastgewerbebetriebes jegliche Möglichkeit fehle, "die Betriebsanlage ... hinsichtlich der Öffnungszeiten zu beschränken". Es bestehe damit kein anderer zumutbarer Weg, die angefochtenen Bestimmungen zu bekämpfen.

2. §153 Abs1 GewO 1973 idF der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. 29/1993, lautet:

"Gastgärten, die sich auf öffentlichem Grund befinden oder an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, dürfen jedenfalls von 8 bis 22 Uhr, vom 15. Juni bis einschließlich 15. September bis 23 Uhr, betrieben werden, wenn sie ausschließlich der Verabreichung von Speisen und dem Ausschank von Getränken dienen, lautes Sprechen, Singen und Musizieren in ihnen vom Gastgewerbetreibenden untersagt ist und auf dieses Verbot hinweisende Anschläge dauerhaft und von allen Zugängen zum Gastgarten deutlich erkennbar angebracht sind. Der erste Satz gilt auch für bereits bestehende sonstige Gastgärten."

3. Die Bundesregierung beantragt in ihrer Äußerung, den Antrag mangels Legitimation der Antragsteller zurückzuweisen.

§153 Abs1 GewO 1973 idgF richte sich "eindeutig an Betreiber von Gastgärten, somit an Gewerbeinhaber, nicht aber an Anrainer. Für die Antragsteller hat die angefochtene Norm nur faktische Wirkungen; es handelt sich dabei um bloß faktische Reflexwirkungen einer an andere Personen gerichteten Norm (VfSlg. 9570/1982, 9721/1983, 11369/1987)."

4. In einer Replik machen die Antragsteller geltend, daß §153 Abs1 GewO 1973 für sie nicht bloß faktische Wirkungen entfalte, sondern auch an Nachbarn der in dieser Bestimmung genannten Gastgärten gerichtet sei, die "zur Duldung allfälliger Lärmbelästigungen verpflichtet" seien.

II. Der Antrag ist unzulässig.

Gemäß Art140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, daß das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art140 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10353/1985, 11730/1988).

§153 Abs1 GewO 1973 idgF richtet sich ausdrücklich an die Betreiber näher bezeichneter Gastgärten. Damit zeigt sich aber, daß die bekämpfte Regelung für die Antragsteller schon deshalb nicht nur nicht wirksam geworden ist, sondern auch gar nicht wirksam werden konnte und kann, weil die Antragsteller nicht Normadressaten sind. Der vorliegende Antrag ist sohin unzulässig.

III. Der Antrag ist daher mangels Legitimation der Antragsteller gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Gewerberecht, Gastgewerbe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:G147.1993

Dokumentnummer

JFT_10068870_93G00147_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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