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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Baur und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. Juli 1994, Zl. 4.319.362/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bangladesch, der am 15. Mai 1991 illegal in das Bundesgebiet eingereist ist und am 17. Mai 1991 einen Asylantrag gestellt hat, hat den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien, mit dem festgestellt worden war, daß bei ihm die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vorlägen, mit Berufung bekämpft.
Mit Bescheid vom 1. Juli 1994 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und versagte die Gewährung von Asyl. Ihre rechtliche Beurteilung stützte die belangte Behörde auf § 2 Abs. 2 Z. 1 Asylgesetz 1991 in Verbindung mit
Artikel 1 Abschnitt C Z. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 2 Abs. 2 Z. 1 Asylgesetz 1991 wird einem Flüchtling kein Asyl gewährt, wenn er unter Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention fällt.
Gemäß Artikel 1 Abschnitt C Ziffer 1 der genannten Konvention wird dieses Abkommen auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt (und demnach als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist), nicht mehr angewendet werden, wenn sie sich freiwillig wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt hat. Selbst wenn daher der Beschwerdeführer - wie er geltend macht - als Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 anzusehen gewesen wäre, ist für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen, wenn dieser Ausschließungsgrund vorliegt. Aus der Anwendung des § 2 Abs. 2 Z. 1 Asylgesetz 1991 kann daher entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht darauf geschlossen werden, die belangte Behörde hätte ihn dadurch als Flüchtling anerkannt.
Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sich dadurch, daß er sich von der Botschaft Bangladeschs in Bonn einen Reisepaß habe ausstellen lassen, wieder unter den Schutz seines Heimatlandes gestellt. Die Ausstellung eines Reisepasses stelle eine der Formen dar, in denen ein souveräner Staat seinen im Ausland weilenden Bürgern seinen Schutz angedeihen lasse, weil durch die Innehabung eines solchen Passes dokumentiert werde, daß es sich bei dem Betreffenden nicht um einen Staatenlosen, sondern um eine Person handle, hinter der ein Völkerrechtssubjekt stehe, welches ihr gegebenenfalls konsularischen und diplomatischen Schutz angedeihen lassen könne. Dafür, daß der Beschwerdeführer seinen Paßausstellungsantrag nicht freiwillig gestellt haben könnte, fehle jeglicher Hinweis.
Der Verwaltungsgerichtshof hat schon zu wiederholten Malen in grundsätzlicher Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung der belangten Behörde ausgeführt, daß die Ausstellung eines Reisepasses in der Regel - soferne nicht im konkreten Einzelfall ein dieser rechtlichen Beurteilung entgegenstehender Sachverhalt aufgezeigt wird - als eine der Formen angesehen werden muß, mit denen ein Staat seinen Angehörigen Schutz gewährt (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 25. November 1994, Zl. 94/19/0032, und vom 2. März 1995, Zl. 94/19/0432). Die Auffassung des Beschwerdeführers, daß er sich erst durch Inanspruchnahme der diplomatischen Hilfe seines Heimatlandes wieder unter dessen Schutz gestellt hätte, findet in den angeführten Gesetzes- und Konventionsstellen keine Deckung und steht in Widerspruch zur dargestellten hg. Judikatur.
Im Beschwerdefall hat sich der Beschwerdeführer, der mit dem von der belangten Behörde herangezogenen Ausschlußgrund des § 2 Abs. 2 Z. 1 Asylgesetz 1991 erstmals durch den angefochtenen Bescheid konfrontiert wurde, in der Beschwerde insbesondere gegen die Auffassung gewandt, er habe sich durch die Beantragung und Ausstellung des Reisepasses wieder unter den Schutz seines Heimatlandes gestellt. Dies mit der Begründung, daß er, weil sein alter Reisepaß auf der Flucht verlorengegangen und ihm ein Flüchtlingspaß nicht ausgestellt worden sei, gezwungen gewesen sei, sich von der Botschaft seines Heimatstaates einen neuen Reisepaß ausstellen zu lassen, da er ständig Schwierigkeiten gehabt habe, sich ordnungsgemäß auszuweisen.
Mit diesen Ausführungen unterliegt der Beschwerdeführer zwar nicht dem gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot, da ihm im Verwaltungsverfahren der von der belangten Behörde erstmals im angefochtenen Bescheid herangezogene Ausschlußgrund nicht vorgehalten wurde (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Wien 1987, S. 555 angeführte Judikatur), doch kann dieses Vorbringen der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Der Beschwerdeführer zielt mit diesen Darlegungen offenbar darauf ab, die Freiwilligkeit seines Handelns zu relativieren. Dem ist entgegenzuhalten, daß die Probleme, die sich für ihn aus dem Fehlen eines Ausweispapieres ergeben haben, einerseits darauf zurückzuführen sind, daß er seinen Reisepaß verloren hat, und andererseits darauf, daß ihm infolge illegaler Einreise kein inländisches Ausweisdokument ausgestellt wurde. Den - im übrigen in der Beschwerde gar nicht näher dargestellten - Schwierigkeiten, die ihm aus diesen durch sein eigenes Handeln herbeigeführten Umständen erwachsen sind, wollte er durch die Erwirkung des von der Vertretungsbehörde seines Heimatlandes ausgestellten Reisepasses begegnen. Damit ist die Freiwilligkeit der Reisepaßerwirkung aber nicht in Frage gestellt, weil nicht davon ausgegangen werden kann, es sei für einen Asylwerber unzumutbar, sich nicht hinreichend ausweisen zu können bzw. allenfalls die damit verknüpften, in der österreichischen Rechtsordnung begründeten Rechtsfolgen auf sich zu nehmen. Die belangte Behörde konnte daher die Erlassung des angefochtenen Bescheides zu Recht darauf gründen, daß der Beschwerdeführer durch die Erwirkung eines Reisepasses seines Heimatlandes sich freiwillig wieder unter dessen Schutz gestellt hat. Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie auf Grund der am 9. Juni 1992 erfolgten Reisepaßausstellung an den Beschwerdeführer die Bestimmungen des Art. 1 Abschnitt C Z. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention als erfüllt ansah.
Die somit unbegründete Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994200824.X00Im RIS seit
20.11.2000