TE Vwgh Erkenntnis 1996/1/18 93/09/0312

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Veröffentlicht am 18.01.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §93 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß, Dr. Fuchs, Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des Diziplinaranwaltes bei der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 23. März 1993, Zl. 2/7-DOK/93, betreffend Disziplinarstrafe der Geldstrafe (mitbeteiligte Partei: G in T, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte steht als Revierinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Niederösterreich tätig (zur Zeit der streitgegenständlichen Disziplinarvergehen war er dem Gendarmerieposten XY zugeteilt).

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Kreisgerichtes Wr. Neustadt vom 19. Februar 1992,

AZ 12 b VR 1383/91, Hv 102/92, wurde der Mitbeteiligte für schuldig erkannt, er habe

"... als Gendarmeriebeamter des Gendarmeriepostens XY mit dem Vorsatz, den Staat in seinem Recht auf ordnungsgemäße Ausstellung von Organstrafverfügungen gemäß § 50 VStG zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich mißbraucht, daß er in den für die Behörde bestimmten Ausfertigungen der Verfügungen einen jeweils um

S 400,-- niedrigeren Betrag einsetzte als in die für den Bestraften bestimmte und den Differenzbetrag von insgesamt

S 800,-- vereinnahmte, und zwar

1)

am 24.1.1991

in Bezug auf die Organstrafverfügung Nr. n1,

2)

am 6.8.1991

in Bezug auf die Organstrafverfügung Nr. n2,

3)

am 21.7.1991

in Bezug auf die Organstrafverfügung Nr. n3."

Er habe hiedurch das Verbrechen des Amtsmißbrauches nach dem § 302 Abs. 1 StGB begangen und werde hiefür zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten sowie zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt; gemäß § 43 Abs. 1 StGB werde die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit in der Dauer von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Wegen dieses strafgerichtlich geahndeten Verbrechens und wegen weiterer Vergehen wurde über den Mitbeteiligten mit Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 14. Dezember 1992 gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt. Nach dem Spruch dieses Erkenntnisses wurde der Mitbeteiligte für schuldig erkannt,

"1.

im Zusammenhang mit von ihm am 24. bzw. 26. Jänner 1991 festgestellten Übertretungen von Verkehrsteilnehmern nach der StVO 1960 und dem KFG die erforderlichen drei Verwaltungsstrafanzeigen nicht erstattet zu haben, weil er die hiezu benötigten handschriftlichen Aufzeichnungen weggeworfen habe, wie er in einem AV vom 10. Februar 1991 zum Ausdruck brachte;

2.

seine rechtskräftige Bestrafung wegen Übertretung nach § 4 Abs. 1 lit. c und § 4 Abs. 5 StVO 1960 durch die Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag (GZ 15.1 Ka 309 - 91/1 vom 11. Juni 1991) zu S 1.500,-- bzw S 1.000,-- verschuldet zu haben, weil er nach einem von ihm am 07. Februar 1991 gegen 18.15 Uhr in A, nächst dem Gasthaus B verursachten Verkehrsunfall mit Sachschaden

-

nicht an der Feststellung des Sachschadens mitwirkte und wegfuhr und

-

obwohl er der geschädigten Person seine Identität nicht nachgewiesen hatte, nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall verständigte sowie

3.

seine rechtskräftige Verurteilung durch das Kreisgericht Wr.Neustadt wegen des Verbrechens nach § 302 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 8 Monaten

(AZ 12 b Vr 1383/91, 12 Hv 102/92) verschuldet zu haben, weil er

a)

während seines Funkpatrouillendienstes am 24. Jänner 1991, um 15.25 Uhr auf der Bundesstraße 306, im Gemeindegebiet von XY, Ortsteil G, die Organstrafverfügung Nr n1 wegen Übertretung nach § 16/2 StVO mit einem Strafbetrag von S 500,-- ausstellte und dem beanstandeten Fahrzeuglenker übergab, die Durchschrift dazu jedoch nicht gleichzeitig, sondern vorher oder nachher auf einen Betrag von lediglich

S 100,-- wegen Übertretung des KFG in M für den 24. Jänner 1991, 08.55 Uhr, ausfüllte und lt DVNr 33/91 vom 24. Jänner 1991, mit der Organstrafverfügungs-Durchschrift Nr. n1 auch nur

S 100,-- an die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen abführte,

b)

während seines Funkpatrouillendienstes am 06. August 1991, mit Uhrzeit 17.50 Uhr auf der Bundesstraße 306, Gemeindegebiet XY, Ortsteil G, die Organstrafverfügung Nr n2 wegen Übertretung nach § 16/2 StVO mit dem Strafbetrag von S 500,-- ausstellte und dem beanstandeten KFZ-Lenker übergab, die entsprechende Durchschrift jedoch nicht gleichzeitig, sondern vorher oder nachher mit gleichem Datum, aber mit Uhrzeit 18.05 Uhr wegen Übertretung des KFG in G, B 306, mit einem Strafbetrag von S 100,-- ausfüllte und lt. DVNr 302/91 vom 06. August 1991 mit der Organstrafverfügungs-Durchschrift Nr n2 auch nur

S 100,-- an die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen abführte und

c)

während seines Funkpatrouillendienstes am 21. Juli 1989 die Organverfügung Nr n3 wegen Übertretung der StVO 1960 § 9/1 in XY, Ortsteil D, B 306, mit einem Strafbetrag von S 500,-- und mit Uhrzeit 16.55 Uhr an einen Fahrzeuglenker ausstellte, jedoch die dazugehörige Durchschrift mit einem Strafbetrag von nur S 100,-- wegen Übertretung des KFG in XY ausfüllte und dafür auch nur S 100,-- an die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen abführte.

Der Republik Österreich ist damit ein Schaden in der

Höhe von insgesamt S 1.200,-- erwachsen."

Die Disziplinarkommission sah über die verwaltungsstrafrechtliche bzw. gerichtliche Verantwortlichkeit hinaus die Dienstpflichten nach den §§ 43 Abs. 1 und 2 sowie 44 Abs. 1 BDG 1979 hinsichtlich der Verpflichtung zur gewissenhaften Beachtung der geltenden Rechtsordnung und zur Erhaltung des Vertrauens der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben sowie zur Befolgung von Weisungen i.V.m. § 8 Abs. 2, § 17 Abs. 1 sowie § 109a Gendarmeriedienstinstruktion (GDI), dem Erlaß des Bundesministeriums für Inneres, Zl. 111.348-5A/65, vom 4. Oktober 1965 und § 2 Abs. 3 der Kanzleiordnung für die Bundesgendarmerie (KO) i.S.d. § 91 BDG 1979 als schuldhaft verletzt an.

In der Begründung zum erstinstanzlichen Bescheid führte die Behörde u.a. aus, weil Tatbestände nach verwaltungs- und strafrechtlichen Gesetzen - Übertretungen nach den §§ 4 Abs. 1 lit. c und 4 Abs. 5 StVO 1960 sowie Verbrechen nach § 302 Abs. 1 StGB - gesetzt worden seien, lägen schuldhafte Verletzungen von Dienstpflichten i.S.d. § 91 BDG 1979 "in hohem Maße" vor. Ein Exekutivorgan, das primär zur Erhaltung und Beachtung der Gesetze berufen sei und selbst derartige Verfehlungen begehe, führe einen Vertrauensbruch zwischen der Öffentlichkeit und seinem Dienstgeber herbei, wobei in bezug auf den Tatbestand des § 302 Abs. 1 StGB noch anzumerken sei, daß hier Tathandlungen wiederholt gesetzt worden seien. Diese wiederholte Setzung der Tathandlungen nach § 302 Abs. 1 StGB und die eindeutig dem Verhalten eines Exekutivorgans widersprechenden Übertretungen nach § 4 StVO 1960 werte die Behörde auch als erschwerend bei der Strafbemessung; als mildernd habe kein Umstand berücksichtigt werden können. Demnach sei die Verhängung der "Entlassung" als schwerste Disziplinarstrafe im Interesse der General- und Spezialprävention erforderlich gewesen. Überdies sei über die Tathandlungen des Mitbeteiligten nach § 302 Abs. 1 StGB auch medial berichtet und diese in einem breiten Kreis der Öffentlichkeit bekannt geworden.

In der Berufung beantragte der Mitbeteiligte, anstelle der Entlassung eine mildere Strafe i.S.d. § 92 BDG 1992 zu verhängen. Milderungsgründe gemäß § 34 StGB habe die Behörde erster Instanz bei der Strafbemessung außer acht gelassen. So habe der Mitbeteiligte im Zuge der Hauptverhandlung vor dem Kreisgericht Wr. Neustadt Schadensgutmachung bezüglich des der Republik Österreich entstandenen Schadens in der Höhe von S 1.200,-- dadurch geleistet, daß er einen Betrag von S 1.500,-- (der Differenzbetrag sollte zur Abdeckung eines Zinsverlustes dienen) erlegt habe. Sowohl im gerichtlichen Strafverfahren als auch im gegenständlichen Disziplinarverfahren habe er sich vollinhaltlich schuldig bekannt, in sämtlichen anhängigen Verfahren ein reumütiges Geständnis abgelegt und durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen. Zum Faktum 3 des Disziplinarerkenntnisses sei auch zu berücksichtigen, daß er die Tat durch eine besonders verlockende Gelegenheit bzw. insgesamt aus Unbesonnenheit begangen habe. Auch sei darauf Bedacht zu nehmen, daß vom reinen "materiellen Wert" der begangenen Taten er sich der Zufügung eines größeren Schadens enthalten habe, obwohl ihm dazu die Gelegenheit offengestanden sei. Dem von der Disziplinarbehörde bei der Strafbemessung offenbar gewerteten Umstand der medialen Berichterstattung komme keine Relevanz zu, weil dem Bekanntwerden eines disziplinären Vorfalls in der Öffentlichkeit keine entscheidende Bedeutung zukomme. Auch seien Belange der Generalprävention außer acht zu lassen, weil § 93 BDG 1979 lediglich Aspekte der Spezialprävention nenne. Die Disziplinarstrafe der Entlassung sei nicht erforderlich, um ihn von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Außerdem sei er immer als "reger, arbeitsamer Beamter" beschrieben worden und verfüge über gute Dienstbeschreibungen. Auf diese Umstände sei bei der Strafbemessung nicht Rücksicht genommen worden, ebenso nicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, welche durch die Entlassung völlig zerstört worden sei und auch seine schuldlose Familie in Mitleidenschaft gezogen habe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge und verhängte über den Mitbeteiligten die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von drei Monatsbezügen unter Ausschluß der Haushaltszulage (§ 92 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979).

Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrens hielt die Behörde fest, weil sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe gerichtet habe, sei über den Sachverhalt und die Schuld nicht mehr zu erkennen. Die Erschwerungs- und Milderungsgründe gemäß dem Strafgesetzbuch seien nach § 93 Abs. 1 BDG 1979 dem Sinne nach zu berücksichtigen. Die Milderungsgründe der "Unbesonnenheit, der verlockenden Gelegenheit und des Sich-Enthaltens von größerem Schaden" könne die belangte Behörde "nicht gelten lassen". Die Dienstpflichtverletzungen hätten jeweils in Situationen stattgefunden, in denen der Mitbeteiligte genügend Zeit gehabt hätte, über seine Verhaltensweise nachzudenken und den korrekten Weg zu wählen. Exekutivbeamte, die mit der Verkehrsüberwachung beauftragt seien, hätten täglich mehrmals Gelegenheit, Strafmandate zu manipulieren. Es sei also damit keine außergewöhnliche Verlockung verbunden, sondern nur die übliche, der jeder Beamte, der mit materiellen Werten zu tun habe, standhalten müsse. Daß sich der Mitbeteiligte eines größeren Schadens enthalten habe, könne nicht als Milderungsgrund gewertet werden, doch bewirke "dieser Umstand, daß die Liste der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen nicht mehr Punkte umfaßt". Hingegen anerkenne die belangte Behörde als Milderungsgründe den ansonsten ordentlichen Lebenswandel, die Schadenswiedergutmachung, das reumütige Geständnis und die kundgetane Schuldeinsicht. Die Anlastung medialer Berichte als erschwerend sei unzulässig gewesen, weil der Mitbeteiligte diese Berichte nicht zu verantworten habe. Zur Meinung des Mitbeteiligten, Belange der Generalprävention seien nicht zu berücksichtigen, sei auf die diesbezüglich gegenteilige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen. Die belangte Behörde komme zu dem Ergebnis, daß der Mitbeteiligte durch schwerwiegende Verfehlungen das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner Aufgabenerfüllung erschüttert und Rechtsvorschriften verletzt habe. Weiters habe der Mitbeteiligte das Vertrauen seiner Kollegen und Vorgesetzten erschüttert. Aufgrund der vorliegenden Umstände und des Eindrucks, den der Mitbeteiligte hinterlassen habe, sei die belangte Behörde der Ansicht, daß dieses Vertrauensverhältnis jedoch nicht gänzlich zerstört sei und eine Geldstrafe gerade noch ausreichen werde, den Mitbeteiligten von weiteren Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage des Mitbeteiligten sei die Strafe in der Höhe von drei Monatsbezügen ohne Haushaltszulage festzusetzen gewesen.

Der Disziplinaranwalt beantragt in der Beschwerde, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die Rechtsverletzung sieht der Disziplinaranwalt nach den Beschwerdeausführungen - ausschließlich - darin, daß eine mit Disziplinarerkenntnis vom 29. März 1989 über den Mitbeteiligten verhängte Disziplinarstrafe (Geldstrafe in der Höhe von S 15.000,--) nicht als Erschwerungsgrund bei der Strafbemessung berücksichtigt worden sei.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Auch der Mitbeteiligte hat eine Gegenschrift erstattet, in der er beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 91 BDG 1979 ist der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, nach diesem Abschnitt (d.h. dem 9. Abschnitt des BDG 1979) zur Verantwortung zu ziehen.

§ 92 Abs. 1 BDG 1979 sieht als Disziplinarstrafen vor

1.

den Verweis,

2.

die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges

unter Ausschluß der Haushaltszulage,

              3.              die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluß der Haushaltszulage und

              4.              die Entlassung.

Gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

Nach § 33 Z. 2 StGB liegt ein Erschwerungsgrund insbesondere dann vor, wenn der Täter schon wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat verurteilt worden ist. Auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen gemäß § 71 StGB mit Strafe bedrohte Handlungen, wenn sie gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet oder auf gleichartige verwerfliche Beweggründe oder auf den gleichen Charaktermangel zurückzuführen sind. Es muß sich nicht um dasselbe Delikt handeln (vgl. Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, S. 185).

In der Beschwerde wird vorgebracht, die belangte Behörde habe eine disziplinarrechtliche Verurteilung des Mitbeteiligten mit Bescheid vom 29. März 1989, Zl. 1/33-DK/45/89, zu Unrecht nicht als Erschwerungsgrund bei ihrer Strafbemessung berücksichtigt. Dem Disziplinarerkenntnis aus dem Jahr 1989 sei eine rechtskräftige Verurteilung des Mitbeteiligten durch das Bezirksgericht Gloggnitz wegen des Vergehens nach § 146 StGB zu 30 Tagessätzen S 300,-- (im Nichteinbringungsfall 15 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) zugrunde gelegen. Aufgrund des damals vom Gericht als erwiesen angenommenen Sachverhaltes habe sich der Beschwerdeführer im Jahr 1987 im Zusammenhang mit einem im Dienst übernommenen Fund (Geldbörse mit S 2.008,-- Inhalt) selbst als Finder deklariert und den Fundgegenstand nach Jahresfrist behoben.

Die Frage, ob bei der Strafbemessung ein Umstand als mildernd oder erschwerend zu berücksichtigen ist, stellt sich als Rechtsfrage dar; die Nichtberücksichtigung eines - wesentlichen - Milderungs- oder Erschwerungsgrundes bedeutet eine inhaltliche Rechtswidrigkeit (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Juli 1988, 86/18/0127, und vom 21. April 1994, 93/09/0423).

Wenn in der Gegenschrift der belangten Behörde (und auch des Mitbeteiligten) darauf verwiesen wird, daß die disziplinarrechtliche Vorstrafe "mit Sicherheit" bei der Strafbemessung berücksichtigt und Gegenstand der Beratungen der belangten Behörde gewesen sei und auch die Berücksichtigung des früheren Disziplinarerkenntnisses zu keiner anderen Bestrafung im Beschwerdefall geführt hätte, ist darauf zu verweisen, daß fehlende Erörterungen und Feststellungen im angefochtenen Bescheid durch Darlegungen in der Gegenschrift nicht ersetzt werden können (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 607). Den Ausführungen in der Gegenschrift des Mitbeteiligten ist darin nicht zu folgen, daß das im Jahr 1989 - somit unbestritten innerhalb der Frist des § 121 Abs. 2 BDG 1979 - rechtskräftig bestrafte Disziplinarvergehen nicht auf der "gleichen schädlichen Neigung" beruht hätte. So richtete sich die im Faktum 3. des nunmehr angefochtenen Bescheides inkriminierte Manipulation mit den Organstrafverfügungen ebenso wie die seinerzeitige unrichtige Angabe seiner Person als Finder der Geldbörse auf die unrechtmäßige Zueignung fremden Vermögens und beruhte damit auch auf der gleichen schädlichen Neigung.

Wegen der Nichtberücksichtigung des wesentlichen Erschwerungsgrundes der einschlägigen Vorstrafe erweist sich der angefochtene Bescheid als fehlerhaft, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1993090312.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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