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68/01 Behinderteneinstellung;Norm
BEinstG §19a Abs2a idF 1992/313;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß, Dr. Fuchs, Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde der G in M, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid der Berufungskommission beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 28. Jänner 1993, Zl. 42.024/25-6a/93, betreffend Zustimmung zu einer Kündigung nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (mitbeteiligte Partei: A in K, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in K), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei für Stempelgebühren wird abgewiesen.
Begründung
Der angefochtene Bescheid erging im fortgesetzten Verfahren nach Aufhebung des Bescheides des Landeshauptmannes von Kärnten vom 4. Oktober 1991, Zl. 14-SV-3013/7/91, durch den Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 23. April 1992, 92/09/0046 (im folgenden: Vorerkenntnis). Mit dem Bescheid vom 4. Oktober 1991 hatte der damals in zweiter Instanz zuständige Landeshauptmann den erstinstanzlichen Bescheid des Behindertenausschusses vom 6. Dezember 1990 bestätigt, mit dem zwar der Antrag der mitbeteiligten Partei auf nachträgliche Zustimmung zur (zum 30. September 1989 ausgesprochenen) Kündigung der Beschwerdeführerin gemäß § 8 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) abgewiesen, die Zustimmung zu einer noch auszusprechenden Kündigung (die sodann mit 31. März 1991 erfolgt ist) aber erteilt wurde.
Die Bescheidaufhebung im Vorerkenntnis erfolgte wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Verwaltungsgerichtshof führte dazu aus, es sei der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei zwar zuzugestehen, daß die Gründe, die für eine Beendigung des Dienstverhältnisses sprächen, ausreichend erhoben und auch durchaus gewichtig seien, für eine im Sinn des § 8 Abs. 2 BEinstG erforderliche Interessenabwägung hätte es aber noch der Feststellung und vergleichenden Würdigung der wirtschaftlichen und gesundheitlichen Situation der Beschwerdeführerin und insbesondere auch ihrer künftigen Berufsaussichten im Falle einer Auflösung des Dienstverhältnisses bedurft. Solange eine solche Gegenüberstellung der Interessen des Dienstgebers mit jenen der Dienstnehmerin an einer Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht in einer nachprüfenden Kontrolle genügenden Weise dargelegt sei, sei dem Verwaltungsgerichtshof eine abschließende Beurteilung des Ergebnisses der vorzunehmenden Interessenabwägung nicht möglich.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde neuerlich die erstinstanzliche Entscheidung des Behindertenausschusses vom 6. Dezember 1990. Zur Verfahrensergänzung stellte die belangte Behörde fest, die am 15. März 1952 geborene Beschwerdeführerin sei seit 1977 Angestellte der mitbeteiligten Partei. Sie sei Alleineigentümerin einer Liegenschaft mit einem steuerlichen Einheitswert von S 73.000,-- und bewohne ein auf dieser Liegenschaft zusammen mit ihrem Ehegatten errichtetes Einfamilienhaus, das noch nicht fertiggestellt und bescheiden bzw. provisorisch eingerichtet sei. Die Beschwerdeführerin sei seit 1983 (in zweiter Ehe) verheiratet und aus dieser Ehe stamme ein am 26. Februar 1984 geborener Sohn. Aus erster Ehe habe die Beschwerdeführerin eine am 7. April 1970 geborene Tochter, die ihn Wien Veterinärmedizin studiere und ihrerseits ein Kind habe (die Tochter weigere sich, den Kindesvater wegen Unterhaltsleistungen in Anspruch zu nehmen). Der Studienfortgang der Tochter sei - infolge der erforderlichen Betreuung des Kindes - schleppend. Die Beschwerdeführerin beziehe derzeit vom Arbeitsamt Klagenfurt eine Notstandshilfe von rund S 3.300,-- monatlich. Ihr Ehegatte verdiene als technischer Angestellter monatlich rund S 17.800,-- netto. Die monatliche Kreditbelastung der Familie der Beschwerdeführerin für Kredite von rund S 1,5 Mio. betrage rund S 10.500,--. Laut einer Aufstellung der Beschwerdeführerin in einem Schriftsatz vom 13. Jänner 1993 hätten die monatlichen Fixkosten zusammen eine Höhe von S 24.500,--. Dazu führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, die von der Beschwerdeführerin angegebenen monatlichen Fixkosten seien beträchtlich überhöht; so seien z.B. monatlich zu zahlende Versicherungsprämien von über S 4.000,-- (S 48.000,-- jährlich) den wirtschaftlichen Verhältnissen unangemessen. Für die volljährige Tochter bestehe keine rechtliche Unterhaltsverpflichtung (Anm.: angegebene monatliche Kosten lt. Aufstellung rund S 2.900,--). Es handle sich hiebei um eine freiwillige Zuwendung, die bei der Prüfung der wirtschaftlichen Lage der Beschwerdeführerin außer Betracht zu bleiben habe. Bei den Einkommensverhältnissen der Beschwerdeführerin könnte die Tochter mit einem - vermutlich - nicht sehr zügigen Studienfortgang voraussichtlich keine Unterhaltsforderungen geltend machen. Die monatlichen Aufwendungen für Medikamente von S 1.798,40 bei einer Rezeptgebühr von derzeit S 30,-- würden bedeuten, daß monatlich fast 60 Heilmittel verschrieben würden. Auch unter Berücksichtigung eines erhöhten Heilmittelbedarfes im Hinblick auf die Krankheit der Beschwerdeführerin sei dies nicht plausibel. Würden "diese Positionen extrapoliert oder deutlich reduziert (Medikamente)", so wäre eine bescheidene Deckung der monatlichen Familienkosten mit dem Einkommen des Ehegatten der Beschwerdeführerin möglich. Das Landesgericht Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht habe eine Klage der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension abgewiesen (bei Berufsunfähigkeit würde die Beschwerdeführerin eine Pensionsleistung von monatlich rund S 6.500,-- erhalten). Nach Auskunft des Arbeitsamtes Klagenfurt sei die Arbeitsmarktlage als "trist" zu bezeichnen. Eine geringe Chance bestünde für die Beschwerdeführerin nach einem Fremdsprachenkurs als Fremdenverkehrsbetreuerin in der Gemeinde M. beschäftigt zu werden. Der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin habe sich, wenn überhaupt, nur geringfügig gebessert. Die Beschwerdeführerin führe mit der mitbeteiligten Partei mehrere Prozesse in deren Eigenschaft als Dienstgeberin bzw. Krankenversicherer. Rechtlich sei dem Auflösungsinteresse der mitbeteiligten Partei das Bestandinteresse der Beschwerdeführerin gegenüberzustellen. Das Bestandinteresse hinsichtlich der zu erklärenden Kündigung sei geringer zu gewichten. Die soziale Lage werde von der Beschwerdeführerin deutlich übertrieben dargestellt, so seien in ihrer Aufstellung Positionen "zweifelhafter Art" enthalten (Unterhalt für die nicht mehr unterhaltsberechtigte Tochter, unerklärlich hohe Ausgaben für Versicherungen und Medikamente). Auch sei das Verhalten der Beschwerdeführerin widersprüchlich (einerseits behaupte sie arbeitsfähig zu sein, andererseits verfolge sie zielstrebig eine Berufsunfähigkeitspension). Letztlich überschätze die Beschwerdeführerin die rechtliche Möglichkeit eines Beschäftigungsverhältnisses, bei extrem langer Krankenstandsdauer noch einen nennenswerten Beitrag zur sozialen Sicherung zu leisten. Nach § 8 AngG und § 60 der Dienstordnung für die Angestellten der Sozialversicherungsträger sei im Krankheitsfall das Entgelt nur einige Wochen oder Monate hindurch weiter zu zahlen. An diese Zahlungen schlössen sich die Leistungen der Krankenversicherung an, doch auch diese seien gesetzlich beschränkt. Nach einem die Entgeltfortzahlung gegenüber dem Dienstgeber in voller Höhe ausschöpfenden Krankenbestand bedeute eine Krankheit mit nicht absehbarem Ende, wie dies bei der Beschwerdeführerin der Fall sei, keine ins Gewicht fallende soziale Sicherung mehr. Das Arbeitsverhältnis werde auf ein "nudum jus" reduziert und es entstehe eine dem Karenzurlaub gemäß § 15 Abs. 1 Mutterschutzgesetz vergleichbare Rechtslage (soweit die Entgeltzahlungen betroffen seien). Zum Unterschied von einem Karenzurlaub, der nur unter dem Gesichtspunkt der Wiederbeschäftigung sinnvoll sei, sei in absehbarer Zeit eine Beschäftigung der Beschwerdeführerin bei der mitbeteiligten Partei nicht zu erwarten. Ein "Festklammern an dem zielentleerten Arbeitsverhältnis" bedeute keine Sicherung eines Behinderten, sodaß einer Beendigungsmöglichkeit durch eine in Zukunft auszusprechende Kündigung ermöglicht werden solle. Ein besonderer Ausnahmsfall, der eine Zustimmung für die bereits ausgesprochene Kündigung rechtfertigte, liege allerdings - wie bereits die erste Instanz zutreffend ausgeführt habe - nicht vor.
In der Beschwerde wird beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Nach dem Beschwerdevorbringen erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid insoweit in ihren Rechten verletzt, als damit (neuerlich) die Zustimmung zu einer erst auszusprechenden (inzwischen ausgesprochenen) Kündigung erteilt worden ist.
Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei haben Gegenschriften erstattet, in denen sie die Abweisung der Beschwerde beantragen. Die belangte Behörde hat auch die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 11. Dezember 1991, G 272/91-8, G 323, 324/91-4, G 343/91-3, den § 8 Abs. 2 BEinstG, BGBl. Nr. 22/1970, i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 721/1988, als verfassungswidrig aufgehoben. Im Zuge der aufgrund dieses Verfassungsgerichtshoferkenntnisses erfolgten Neuregelung des Instanzenzuges im § 19a BEinstG durch die Novelle BGBl. Nr. 313/1992 wurde § 8 Abs. 2 leg. cit.
- inhaltlich unverändert - wieder in das Gesetz aufgenommen. Mit Inkrafttreten der Novelle BGBl. Nr. 313/1992 per 1. Juli 1992 waren die anhängigen Berufungen vom bisher zuständigen Landeshauptmann an die im § 19a Abs. 2a neugeschaffene Berufungskommission (die im vorliegenden Beschwerdefall belangte Behörde) abzutreten (Art. III Abs. 5 Nov. cit.)
Gemäß § 8 Abs. 2 BEinstG darf die Kündigung eines begünstigten Behinderten erst dann ausgesprochen werden, wenn der Behindertenausschuß (§ 12) nach Anhörung des Betriebsrates oder der Personalvertretung i.S.d.
Bundes-Personalvertretungsgesetzes bzw. der entsprechenden landesgesetzlichen Vorschriften sowie nach Anhörung des zur Durchführung des Landes-Behindertengesetzes jeweils zuständigen Amtes der Landesregierung zugestimmt hat; dem Dienstnehmer kommt in diesem Verfahren Parteistellung zu. Eine Kündigung ohne vorherige Zustimmung des Behindertenausschusses ist rechtsunwirksam, wenn dieser nicht in besonderen Ausnahmefällen nachträglich die Zustimmung erteilt.
Eine nachträgliche Zustimmung zu der zum 30. September 1989 ausgesprochenen (ersten) Kündigung der Beschwerdeführerin durch die mitbeteiligte Partei wurde nicht erteilt, weil ein besonderer Ausnahmefall nicht vorliege. Insoweit ist der angefochtene Bescheid, mit welchem dieser Ausspruch (auch im zweiten Rechtsgang) bestätigt wurde, vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht angefochten. Einer künftigen (inzwischen zum 31. März 1991 ausgesprochenen) Kündigung haben die im Beschwerdefall eingeschrittenen Verwaltungsbehörden zugestimmt.
Die Entscheidung darüber, ob die Zustimmung zur Kündigung erteilt werden soll, liegt im freien Ermessen (Art. 130 Abs. 2 B-VG) der Behörde. Nach dem Zweck des BEinstG, das der Eingliederung der begünstigten Person in den Arbeitsprozeß und der Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz dienen soll, ist es bei dieser Ermessensentscheidung Aufgabe der Behörde, das berechtigte Interesse des Dienstgebers an der Beendigung eines Dienstverhältnisses und die besondere soziale Schutzbedürftigkeit des zu kündigenden Arbeitnehmers im Einzelfall gegeneinander abzuwägen und unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände zu prüfen, ob dem Dienstgeber die Fortsetzung des Dientsverhältnisses oder dem Dienstnehmer der Verlust seines Arbeitsplatzes eher zugemutet werden kann (vgl. dazu die im Vorerkenntnis angeführte Judikatur). Der Zweck des BEinstG ist einerseits darin gelegen, die Nachteile der Behinderten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszugleichen; andererseits bezweckt dieses Gesetz aber nicht, die zu schützenden Behinderten praktisch unkündbar zu machen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Februar 1990, Slg. Nr. 13.126/A). Nicht im Sinne des BEinstG liegt es auch, begünstigten Personen dann einen besonderen Schutz zu verleihen, wenn sie sich gar nicht oder nur störend in die Organisation des Betriebes, dem sie angehören, eingliedern, vor allem aber, wenn sie den Betriebsfrieden stören (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 1989, 86/09/0092, und vom 25. April 1991, 90/09/0139, sowie die dort angeführte Vorjudikatur).
Im Vorerkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof eingeräumt, daß die aus der Sicht der mitbeteiligten Partei für eine Beendigung des Dienstverhältnisses mit der Beschwerdeführerin sprechenden Umstände ausreichend erhoben und auch gewichtig seien.
Nach den im Vorerkenntnis wiedergegebenen Sachverhaltsfeststellungen der Verwaltungsbehörden war die Beschwerdeführerin bei der mitbeteiligten Partei in verschiedenen Arbeitsbereichen (gemeinsame Verrechnungsstelle, Beitragseinzug, Öffentlichkeitsarbeit und EDV) tätig. Sie habe zu Beginn ihrer jeweiligen Tätigkeiten eine zufriedenstellende Arbeitsleistung erbracht, die jedoch regelmäßig aus für ihre Umgebung nicht erkennbaren Gründen stark abgefallen sei, sodaß ein Weiterverbleib im jeweiligen Arbeitsbereich unmöglich und ihre Versetzung in eine andere Organisationseinheit erforderlich geworden sei. Daneben habe es aufgrund des Verhaltens der Beschwerdeführerin und ihrer persönlichen Eigenheiten immer wieder Konflikte am Arbeitsplatz gegeben. Seit März 1981 sei die Beschwerdeführerin in der Datenverarbeitung eingesetzt gewesen, bereits 1982 sei ihr im Zuge einer Leistungsbeurteilung nahegelegt worden, ihre Arbeitsleistung zu erhöhen, weil ihr sonst eine negative Beschreibung drohe. Nach Beendigung von Karenz und mehrjährigem Sonderurlaub (Juli 1983 bis Februar 1988) sei die Arbeitsleistung der Beschwerdeführerin in der Dienstbeschreibung vom 9. Jänner 1989 mit "nicht entsprechend" qualifiziert worden, einem dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Einspruch sei nicht Folge gegeben worden. Die zahlreichen Krankenstände der Beschwerdeführerin hätten die mitbeteiligte Partei schon im Oktober 1988 veranlaßt, der Beschwerdeführerin die Stellung eines Antrages auf Berufsunfähigkeitspension nahezulegen, doch sei dieser Antrag abgewiesen worden.
Nach einem ebenfalls im Vorerkenntnis zitierten neurologischen Gutachten leidet die Beschwerdeführerin an einer zykloiden Persönlichkeitsentwicklung, wobei das neurotische Geschehen im Vordergrund stehe, welches durch Stimmungs- und Antriebsschwankungen gekennzeichnet sei und sich durch ängstlich gefärbte depressiv-dysphorische Zustände verdichten könne, wobei dann die Schwierigkeiten vorwiegend im zwischenmenschlichen Bereich i.S. einer erschwerten Kommunikation und eines erschwerten Zusammenlebens lägen. Im Rahmen dieser Verdichtungen könne es auch zu Konzentrationsstörungen und zu einer Verminderung der Arbeitsleistung kommen. Aus psychiatrischer Sicht benötige die Beschwerdeführerin bzw. ihr berufliches Umfeld eine psychosoziale Arbeitsplatzbetreuung; dadurch könnte eine "Normalisierung" der Situation erwartet werden.
In der Beschwerde wird vorgebracht, die mitbeteiligte Partei habe die Beschwerdeführerin in Unkenntnis der Behinderteneigenschaft gekündigt. Das Landesinvalidenamt für Kärnten habe mit Bescheid vom 31. August 1989 auf Antrag der Beschwerdeführerin vom 30. November 1988 gemäß § 14 Abs. 2 BEinstG festgestellt, daß die Beschwerdeführerin mit Wirkung ab 1. Dezember 1988 dem Kreis der begünstigten Behinderten gemäß § 2 Abs. 1 BEinstG angehöre (Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 %). Nach Zustellung dieses Bescheides habe die Beschwerdeführerin die mitbeteiligte Partei davon in Kenntnis gesetzt und darauf hingewiesen, daß die erfolgte Kündigung vom 29. Juni 1989 (zum 30. September 1989) rechtsunwirksam sei. Die Beschwerdeführerin habe "keinen einzigen Tag in Kenntnis der Behinderteneigenschaft" arbeiten können, sodaß die mitbeteiligte Partei als Dienstgeberin auch die erforderliche Rücksichtnahme nicht habe unter Beweis stellen können. Es sei ihr seit Feststellung der Behinderteneigenschaft keine einzige Gelegenheit geboten worden, allenfalls in einer anderen Abteilung, in einem anderen Arbeitsbereich oder sogar in einer anderen Dienststelle der mitbeteiligten Partei zu beweisen, daß sie doch in der Lage gewesen wäre, wenn auch vielleicht mit erhöhter Anstrengung, eine zumindest annehmbare Leistung zu erbringen.
Zu Recht verweisen dazu die Gegenschriften der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei auf die wiederholt vorgenommenen Einsatzversuche der Beschwerdeführerin in verschiedenen Organisationseinheiten der mitbeteiligten Partei, die schließlich jeweils zum selben unbefriedigenden Ergebnis geführt hätten, und darauf, daß die Beschwerdeführerin letztlich auch in der Beschwerde keinen konkreten Arbeitsplatz benenne, an dem sie in der Lage sei, eine "zumindest annehmbare Leistung" zu erbringen. Es ist auch nicht schlüssig, daß sich am Faktum einer unzureichenden Arbeitsleistung oder eines nicht tragbaren Verhaltens gegenüber den Kollegen durch die "Kenntnis der Behinderteneigenschaft" etwas geändert hätte. Daß - wie in der Beschwerde behauptet wird - die mitbeteiligte Partei "in Unkenntnis der Behinderteneigenschaft" weitgehend davon ausgegangen wäre, daß die Beschwerdeführerin "simuliert" oder ihre Beschwerden zumindest übertrieben habe, ist der Aktenlage und dem festgestellten Sachverhalt nicht zu entnehmen. Die Schaffung eines Arbeitsplatzes für die Beschwerdeführerin unter den Kautelen des psychiatrischen Gutachtens allein um allenfalls eine normale Arbeitsleistung der Behinderten zu erreichen, würde grundsätzlich eine Überziehung des Schutzzweckes des BEinstG bedeuten.
Im fortgesetzten Verfahren hat die belangte Behörde die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse der Beschwerdeführerin ermittelt und bei ihrer Interessenabwägung berücksichtigt. Dabei hat die belangte Behörde der - ansonsten in geordneten sozialen Verhältnissen lebenden - Beschwerdeführerin zwar eine schwierige finanzielle Situation zugestanden, verschiedene von der Beschwerdeführerin angegebene Ausgaben jedoch als vermeidbar (so die Unterhaltskosten für die Tochter aus erster Ehe) oder überhöht (Kosten für Versicherungen und Medikamente) bezeichnet und insbesondere ausgeführt, daß eine Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses bei einer Krankheit mit "nicht absehbarem Ende des Krankenstandes" im Hinblick auf den Entfall der Entgeltfortzahlung durch den Dienstgeber keine soziale Sicherung mehr bedeuten würde. Gerade letzterem Umstand tritt die Beschwerdeführerin in der Beschwerde nicht entgegen. Weiters stellen vermeidbare finanzielle Lasten bei der Prüfung der Schutzbedürftigkeit keine wesentlichen ins Gewicht fallenden Komponenten dar. Den Beschwerdeausführungen ist daher etwa in bezug auf die Unterstützungsleistungen an die Tochter nicht darin zu folgen, daß "für die Interessensabwägung die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend sein müssen und nicht allenfalls anzustellende theoretische rechtliche Überlegungen". Daß durch die "Erfüllung von Aufgaben am Arbeitsplatz" ein "psychologischer Erfolgseffekt" für den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin eintreten könnte, ist für die Interessenabwägung für sich allein nicht entscheidend, abgesehen davon, daß es offenbar bisher zu keiner befriedigenden Aufgabenerfüllung gekommen ist. Das Beschwerdevorbringen, wonach die Beschwerdeführerin neuerlich ein Kind erwarte, stellt sich als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung dar und ist dieses Argument auch nicht geeignet, ein anderes Ergebnis herbeizuführen.
Wenn die belangte Behörde das berechtigte Interesse der mitbeteiligten Partei an der Beendigung des Dienstverhältnisses höher eingestuft hat als die besondere soziale Schutzbedürftigkeit der Beschwerdeführerin, kann ihr damit insgesamt keine fehlerhafte Ermessensübung i.S. des Art. 130 Abs. 2 B-VG zum Vorwurf gemacht werden. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Antrages auf Ersatz der Stempelgebühren beruht auf der Gebührenfreiheit gemäß § 23 BEinstG.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1993090269.X00Im RIS seit
20.11.2000