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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des A A, vertreten durch Dr. Alexander Raidl, BA, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Pramergasse 21, gegen das am 12. Mai 2022 mündlich verkündete und am 14. Juli 2022 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, W254 2244374-1/14E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte am 10. Februar 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, dass in Syrien Krieg herrsche, es dort keine Sicherheit gebe und er Angst um sein Leben habe. Im Laufe des Verfahrens brachte er zudem vor, er befürchte in Syrien zum Militär eingezogen oder im Falle seiner Weigerung zum Tod verurteilt zu werden. Außerdem drohe ihm Verfolgung, da er sowohl gegenüber dem syrischen Regime, als auch gegenüber den Kurden eine oppositionelle Haltung einnehme.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 22. Juni 2021 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.), erkannte dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer eines Jahres (Spruchpunkt III.).
3 Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) führte am 12. Mai 2022 eine mündliche Verhandlung durch und wies mit mündlicher Verkündung die gegen Spruchpunkt I. erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
4 In der beantragten schriftlichen Ausfertigung des angefochtenen Erkenntnisses schenkte das BVwG begründend dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers keinen Glauben. Es führte aus, ihm drohe als einzigem Sohn seiner Familie keine Zwangsrekrutierung, zumal er selbst angegeben habe, bereits einmal vom Militärdienst befreit gewesen zu sein. Auch aus den herangezogenen Länderberichten zu Syrien sei eine solche Gefahr nicht abzuleiten. Allein aufgrund seiner Ausreise aus Syrien unterliege der Revisionswerber bei einer Rückkehr keinem maßgeblichen Verfolgungsrisiko. Das in der mündlichen Verhandlung erstattete Vorbringen zu seiner oppositionellen Gesinnung sowie zur Befragung und angeblichen Inhaftierung seiner Frau in Syrien sei nicht glaubhaft.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen vorbringt, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur amtswegigen Ermittlungspflicht und zur Gewährung von Parteiengehör abgewichen und habe außerdem entscheidungsrelevantes Parteivorbringen außer Acht gelassen. Das Gericht habe den Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit missachtet, habe wesentliche Akteninhalte, die dafür sprächen, dass dem Revisionswerber die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen gewesen wäre, ignoriert sowie die Unzulässigkeit der Revision ungenügend begründet.
6 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 17.2.2022, Ra 2021/18/0360, mwN).
11 Diesen Anforderungen entspricht die vorliegende Zulässigkeitsbegründung, welche lediglich allgemeine Ausführungen tätigt, ohne einen hinreichenden Bezug zum konkreten Fall herzustellen und auch nicht konkret darlegt, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Judikatur abweicht, nicht.
12 Im Hinblick auf die vorgebrachten Ermittlungsmängel lässt die Revision bereits ein fallbezogenes Vorbringen vermissen und unterlässt es mit dem pauschalen Vorbringen des Vorliegens allgemeiner Ermittlungsmängel eine fallbezogene Relevanz darzutun.
Wenn die Revision geltend macht, das BVwG habe den Revisionswerber in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt, weil es ihn auf die in der angefochtenen Entscheidung letztlich aufgezeigten Widersprüche seines Vorbringens zur angeblichen oppositionellen Aktivität nicht hingewiesen habe, ist zu erwidern, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Verpflichtung des Verwaltungsgerichts bestand, dem Asylwerber im Wege eines Vorhalts zur Kenntnis zu bringen, dass in seiner Aussage Widersprüche vorhanden sind, die im Rahmen der Beweiswürdigung zu seinem Nachteil ausschlagen werden (vgl. etwa VwGH 29.6.2022, Ra 2022/14/0154, mwN).
13 Die Revision vermeint außerdem, das BVwG habe die Länderberichte unrichtig gewürdigt, die ausdrücklich anführten, dass Rückkehrende nach Syrien ungesetzliche Inhaftierung, Folter und Misshandlungen bis hin zum Verschwindenlassen und mutmaßliche Tötungen befürchten müssten. Diesen Umstand lasse das BVwG in dem angefochtenen Erkenntnis völlig außer Acht. Dazu ist festzuhalten, dass die getroffenen Länderfeststellungen zwar anführten, Rückkehrer seien immer wieder willkürlichen Repressionen des Regimes ausgesetzt. Dass das auf jeden Rückkehrer zuträfe und insbesondere den Status des Asylberechtigten rechtfertigen würde, ergibt sich aus diesen Berichten aber nicht. Hinzu kommt, dass sich das BVwG, entgegen dem Revisionsvorbringen, mit der Rückkehrgefahr durchaus beschäftigt und unter Hinweis auf einschlägige Richtlinien von EASO ausgeführt hat, dass allein der Umstand, Syrien verlassen zu haben, bei Rückkehr normalerweise nicht zu einem Verfolgungsrisiko führe.
14 Ungeachtet dessen, dass das BVwG seinen Unzulässigkeitsausspruch nur mit wenigen Worten begründet, gehen die dazu erstatteten Revisionsausführungen schon deshalb ins Leere, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch eine fehlende Begründung des Ausspruches über die Zulässigkeit der Revision nicht dazu führt, dass die Revision im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG allein deshalb zulässig wäre (vgl. VwGH 22.2.2021, Ra 2021/18/0038, mwN).
15 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 24. November 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022180222.L00Im RIS seit
09.01.2023Zuletzt aktualisiert am
09.01.2023