TE Vwgh Beschluss 2022/11/29 Ra 2022/20/0357

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.11.2022
beobachten
merken

Index

E000 EU- Recht allgemein
E3L E19103000
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z23
AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §68 Abs1
EURallg
32013L0032 IntSchutz-RL Art33 Abs2 litd
32013L0032 IntSchutz-RL Art40 Abs3
32013L0032 IntSchutz-RL Art40 Abs5
  1. AsylG 2005 § 2 heute
  2. AsylG 2005 § 2 gültig von 01.07.2021 bis 23.12.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 69/2020
  3. AsylG 2005 § 2 gültig ab 24.12.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2020
  4. AsylG 2005 § 2 gültig von 01.09.2018 bis 23.12.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018
  5. AsylG 2005 § 2 gültig von 01.11.2017 bis 31.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  6. AsylG 2005 § 2 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  7. AsylG 2005 § 2 gültig von 01.06.2016 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 24/2016
  8. AsylG 2005 § 2 gültig von 20.07.2015 bis 31.05.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  9. AsylG 2005 § 2 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 144/2013
  10. AsylG 2005 § 2 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  11. AsylG 2005 § 2 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  12. AsylG 2005 § 2 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009
  13. AsylG 2005 § 2 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  14. AsylG 2005 § 2 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  15. AsylG 2005 § 2 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2008

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann-Preschnofsky, in der Rechtssache der Revision des AB in G, vertreten durch die Saxinger Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Opernring 7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. September 2022, L529 2107621-2/4E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste mit einem für ihn am 21. November 2014 von der Österreichischen Botschaft Ankara ausgestellten, bis 18. Februar 2015 gültigen Visum C am 29. November 2014 in Österreich ein. Am 23. Februar 2015 stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

2        Dieser Antrag blieb erfolglos. Im Zuge der Abweisung seines Antrages wurde gegen den Revisionswerber - im Jahr 2015 - im Instanzenzug auch eine Rückkehrentscheidung erlassen. Am 18. November 2015 kehrte der Revisionswerber in sein Heimatland zurück.

3        Am 28. Oktober 2019 wurde für den Revisionswerber von der deutschen Botschaft in Ankara ein bis zum 24. Jänner 2020 gültiges Visum C ausgestellt. Kurz darauf reiste der Revisionswerber in das Bundesgebiet ein.

4        Am 6. Februar 2020 stellte der Revisionswerber einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

5        Dieser Antrag wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 24. Juni 2020 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 zurückgewiesen, weil nach der Dublin III-Verordnung Deutschland für die Bearbeitung des Asylbegehrens zuständig sei. Die vom Revisionswerber dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 17. September 2020 abgewiesen.

6        Mit Erkenntnis vom 22. April 2021, Ra 2020/18/0442, hob der Verwaltungsgerichtshof dieses Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Das Bundesverwaltungsgericht hatte es unterlassen, sich mit dem Vorbringen des Revisionswerbers, das ihm zugestellte Schriftstück stelle keine Ausfertigung eines Bescheides dar, weil es weder eine Fertigung noch eine Amtssignatur aufweise, zu befassen und dazu Ermittlungen zu tätigen.

7        In der Folge hob das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 27. Juli 2021 den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 24. Juni 2020 gemäß § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) auf, weshalb das Asylverfahren des Revisionswerbers nach dieser Bestimmung als zugelassen galt.

8        Mit Bescheid vom 14. Juli 2022 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den vom Revisionswerber am 6. Februar 2020 gestellten Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf das Begehren auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurück. Das Begehren auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wies die Behörde ab. Unter einem erteilte sie dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in die Türkei zulässig sei, und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

9        Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass der Antrag auf internationalen Schutz, soweit damit die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten begehrt wurde, (ebenfalls) nach § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen werde. Unter einem sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

10       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

12       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13       Zur Zulässigkeit der Revision macht der Revisionswerber geltend, er habe sein früheres Vorbringen um neue Tatsachen und Gründe ergänzt. Das habe zur Folge, dass keine entschiedene Sache vorliege. Das Bundesverwaltungsgericht habe zudem den ergänzend vorgebrachten Sachverhalt „nicht entsprechend gewürdigt“. Es habe fälschlich einen identen Sachverhalt angenommen. Es sei auch dem Beweisantrag auf Vernehmung einer - namentlich genannten - Zeugin nicht nachgekommen worden und das Bundesverwaltungsgericht habe die ihm obliegende Pflicht zur rechtlichen Aufklärung des Revisionswerbers verletzt.

14       Anhand der unsubstantiierten und pauschal gehaltenen Begründung für die Zulässigkeit der Revision bleibt allerdings gänzlich unklar, auf welchen Ausspruch sich der Revisionswerber bezieht. Dasselbe gilt auch für die unter „III. Revisionspunkte“ enthaltenen Ausführungen. Auch in den Revisionsgründen werden in unsystematischer, nicht nachvollziehbarer Weise und miteinander vermischt Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl, Rechtsprechung zu einer Beurteilung nach Art. 3 EMRK und Kriterien für die nach § 9 BFA-VG vorzunehmende Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK angesprochen und zudem behauptet, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts setze sich in Widerspruch zu den Ausführungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Oktober 2021, Ro 2019/14/0006.

15       Soweit mit dem zuletzt erwähnten Vorbringen der Sache nach auf die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz Bezug genommen wird, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof - auch wenn gemäß § 34 Abs. 1a VwGG die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ohnedies nur anhand der dafür in der Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG (gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen war - zu dem Hinweis veranlasst, dass ein solcher Widerspruch nicht zu sehen ist.

16       Der Verwaltungsgerichtshof hat im zitierten Erkenntnis darauf hingewiesen, dass zwar aufgrund unionsrechtlicher - innerstaatlich nicht korrekt umgesetzter - Vorgaben der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) in bestimmten Konstellationen von der (in anderen Verfahren weiterhin zulässigen) Zurückweisung eines Antrags auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache Abstand zu nehmen ist. Jedoch hat der Verwaltungsgerichtshof auch dargelegt, dass eine Zurückweisung wegen entschiedener Sache weiterhin - in einem Verfahren, in dem auch die Vorgaben des Kapitels II der Verfahrensrichtlinie zu beachten sind - statthaft ist, wenn bei dieser Prüfung hervorkommt, dass - allenfalls entgegen den Behauptungen eines Antragstellers - neue Elemente oder Erkenntnisse im Sinn des Art. 40 Verfahrensrichtlinie nicht vorliegen oder vom Antragsteller gar nicht vorgebracht worden sind. Das gilt auch dann, wenn zwar neue Elemente oder Erkenntnisse vorliegen, die Änderungen aber lediglich Umstände betreffen, die von vornherein zu keiner anderen Entscheidung in Bezug auf die Frage der Zuerkennung eines Schutzstatus führen können. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat nämlich in diesen Konstellationen keine Änderung erfahren. Liegen keine neuen Elemente oder Erkenntnisse vor oder sind die neuen Elemente oder Erkenntnisse nicht geeignet, erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beizutragen, dass dem Antragsteller ein Schutzstatus zuzuerkennen ist, verlangt auch Art. 40 Abs. 3 Verfahrensrichtlinie keine weitere Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz. Nach Art. 33 Abs. 2 lit. d iVm Art. 40 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie ist es in solchen Fällen erlaubt, einen Folgeantrag als unzulässig zu betrachten (vgl. VwGH 19.10.2021, Ro 2019/14/0006, Rn. 76 f).

17       Das Bundesverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass dies im gegenständlichen Fall gegeben war. Weshalb die diesbezügliche Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts konkret zu beanstanden sein sollte, ist den Ausführungen in der Revision nicht zu entnehmen.

18       Im Besonderen ist in diesem Zusammenhang auch anzumerken, dass es hinsichtlich der Behauptung des Vorliegens von Verfahrensfehlern schon an einer Darstellung der Relevanz derselben in der Begründung für die Zulässigkeit der Revision gänzlich fehlt (vgl. zu den Anforderungen an die Relevanzdarstellung, insbesondere auch für den Fall der Geltendmachung des rechtswidrigen Unterbleibens einer Vernehmung, etwa VwGH 25.8.2022, Ra 2022/20/0182, mwN).

19       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 29. November 2022

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022200357.L00

Im RIS seit

09.01.2023

Zuletzt aktualisiert am

09.01.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten