Index
L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag OberösterreichBetreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Dr. Leonhartsberger als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, über die Revision des F K in T, vertreten durch die MM Metzler & Musel Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Landstraße 49, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 14. Juni 2019, LVwG-150357/28/MK, betreffend einen Rückübereignungsantrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtsenat der Stadt W; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird insoweit, als damit der Rückübereignungsantrag des Revisionswerbers in Bezug auf die im Plan vom 7. September 2015 dargestellte Parkfläche (2 Pkw) sowie deren Verlängerung bis zur westlichen Grenze der Aufschließungsstraße, welche im Plan vom 21. Februar 2019 nicht (mehr) gelb markiert sind, abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Revision als unbegründet abgewiesen.
Die Stadt W hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Zur Vorgeschichte kann auf die in dieser Rechtssache bereits ergangenen hg. Erkenntnisse VwGH 24.6.2014, 2011/05/0150, und VwGH 30.10.2018, Ra 2016/05/0108, verwiesen werden. Daraus ist Folgendes festzuhalten:
2 Mit Eingabe vom 7. Juni 2010 beantragte der Revisionswerber beim Magistrat der Stadt W., ihm die entschädigungslose Zurückstellung der Grundstücke Nr. 1537/16 und Nr. 1537/17, KG L., anzubieten. Der Revisionswerber sei seit 13. Mai 2002 Eigentümer jener Grundflächen, von welchen im Jahr 1975 die unentgeltliche und lastenfreie Abtretung in das öffentliche Gut erfolgt sei, weshalb er gemäß § 17 Abs. 2 Oö. Bauordnung 1994 - Oö. BauO 1994 anspruchsberechtigt sei. Die Abtretung der Grundstücke Nr. 1537/16 und Nr. 1537/17 sei ausdrücklich mit dem Zweck erfolgt, darauf öffentliche Verkehrsflächen zu errichten. Die abgetretenen Grundflächen würden jedoch nicht als öffentliche Verkehrsflächen benötigt werden. Die antragsgegenständlichen Grundstücke lägen am Ende einer Sackgasse, die unmittelbar in eine unbebaute Grünfläche münde, und sie seien lediglich am äußersten nordöstlichen Rand befestigt; der Großteil beider Grundstücke sei in Natur begrünt. Bei Wegfall des Abtretungszwecks bestehe ein Rückübereignungsanspruch des Eigentümers jener Grundflächen, von welchen seinerzeit die Abtretung erfolgt sei.
3 Mit Bescheid vom 15. Juni 2011 wies die Oberösterreichische Landesregierung die vom Revisionswerber erhobene Vorstellung gegen den im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtsenates der Stadt W. (im Folgenden: Stadtsenat) vom 11. April 2011, mit welchem der Rückstellungsantrag des Revisionswerbers abgewiesen worden war, als unbegründet ab und führte begründend im Wesentlichen aus, dass der Revisionswerber nicht antragslegitimiert sei, weil er lediglich Einzelrechtsnachfolger der ursprünglichen Abteilungswerber sei und sich sein Grundeigentum auf die Grundstücke Nr. 1537/18 und Nr. 1537/20 beschränke, welche keine Identität mit dem Grundstück Nr. 1537/3 besäßen, welches der Abtretungsverpflichtung zugrunde gelegen sei.
4 Dieser Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung wurde mit dem eingangs genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Juni 2014, 2011/05/0150, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof führte begründend im Wesentlichen aus, dass dem Rechtsvorgänger des Revisionswerbers nach dem Inhalt des Kaufvertrages von 28. November 1974 nicht ausschließlich die Grundstücke Nr. 1537/18 und Nr. 1537/20, sondern auch die seinerzeit in das öffentliche Gut abgetretenen Grundstücke Nr. 1537/16, Nr. 1537/17 und Nr. 1537/19 veräußert worden seien. Daher stand diesem, soweit er als Eigentümer des Grundstückes Nr. 1537/18 zur Grundabtretung verpflichtet war, auch ein Rückübereignungsanspruch zu, welcher an den Revisionswerber als dessen Rechtsnachfolger im Eigentum am Grundstück Nr. 1537/18 übertragen worden sei. Maßgeblich sei nämlich die Rechtsnachfolge im Eigentum an jenem Grundstück, auf das sich die seinerzeitige öffentlich-rechtliche Abtretungsverpflichtung beziehe.
5 Im fortgesetzten Verfahren hat das zuständig gewordene Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) mit Beschluss vom 4. März 2015 den Bescheid des Stadtsenates vom 11. April 2011 aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an den Stadtsenat zurückverwiesen. Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass im Zuge eines Ermittlungsverfahrens festzustellen sei, ob der seinerzeitige Enteignungszweck nach wie vor bestehe oder aber zwischenzeitlich weggefallen sei.
6 Mit Bescheid des Stadtsenates vom 22. September 2015 wurde der Berufung des Revisionswerbers teilweise stattgegeben und ausgesprochen, dass das Grundstück Nr. 1537/17 rückübereignet werde; das Grundstück Nr. 1537/16 werde nicht rückübereignet, da dieses als öffentliche Verkehrsfläche benötigt werde.
7 In Bezug auf das Grundstück Nr. 1537/16 führte der Stadtsenat begründend aus, in der Natur sei der östliche Teil dieser Parzelle als Verkehrsfläche geschottert; in diesem Bereich liege auch der öffentliche Kanal. Im nördlichen Bereich dieser Parzelle verlaufe ein ca. 2 m breiter Fußweg. Dieser diene als öffentliche Anbindung zum bestehenden Fuß- und Radweg in der Gemeinde G. Die geschotterte Verkehrsfläche diene weiters als Aufschließung für das Objekt J. straße 4. Der Bereich des öffentlichen Gutes bis zur Zufahrt des Objektes J. straße 4 solle zur Gänze asphaltiert werden sowie zwei Stellplätze im öffentlichen Gut aufweisen; auch der bestehende Kanal liege im öffentlichen Gut. Entlang der nördlichen Grenze solle ein Geh- und Radweg in einer Breite von 4 m geschaffen werden. Die verbleibende Fläche der Parzelle 1537/16 solle als „Straßenbegleitgrün“ bepflanzt und als Schutz zwischen Wohn- und Betriebsbaugebiet dienen. Da damit das Grundstück Nr. 1537/16 als öffentliche Verkehrsfläche im Sinn des § 16 Oö. BauO 1994 diene, könne eine Rückübereignung nicht erfolgen.
8 Mit Erkenntnis vom 1. August 2016 gab das Verwaltungsgericht der dagegen vom Revisionswerber erhobenen Beschwerde mit der Maßgabe statt, dass neben dem Grundstück Nr. 1537/17 - nach Teilung - auch jener Teil des Grundstückes Nr. 1537/16 an den Revisionswerber rückübereignet werde, welcher im Plan des Magistrates der Stadt W. vom 7. September 2015 über den voraussichtlichen Endausbau der J. straße als „Straßenbegleitgrün“ ausgewiesen sei (im Folgenden: Grundstück Nr. 1537/16-Teil 1).
9 Dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes wurde insoweit, als damit der Rückübereignungsantrag des Revisionswerbers abgewiesen worden war, mit dem eingangs genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, VwGH 30.10.2018, Ra 2016/05/0108, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof führte begründend im Wesentlichen aus, dass das angefochtene Erkenntnis weder eine konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes noch eine Darstellung jener rechtlichen Erwägungen enthält, die zur Abweisung des Rückübereignungsantrages des Revisionswerbers in Bezug auf jenen Teil des Grundstückes Nr. 1537/16, der nicht in dem im Spruch genannten Plan als „Straßenbegleitgrün“ ausgewiesenen ist (im Folgenden: Grundstück Nr. 1537/16-Teil 2), geführt haben.
10 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes wurde die Beschwerde des Revisionswerbers (gemeint offenbar: soweit sie sich gegen die Abweisung seines Rückübereignungsantrages betreffend das Grundstück Nr. 1537/16-Teil 2 richtet) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen diese Entscheidung eine Revision unzulässig sei.
11 Begründend stellte das Verwaltungsgericht nach Darstellung des Verfahrensganges und von Rechtsvorschriften im Wesentlichen fest, dass das Grundstück Nr. 1537/16-Teil 2 im östlichen Bereich als Verkehrsfläche geschottert sei und laut Ausbauplan des Magistrates der Stadt W vom 21. Februar 2019 im Endausbau asphaltiert werden solle; diese Aufschließungsstraße diene zumindest der Anbindung des bebauten Grundstückes Nr. 1537/30 an das öffentliche Verkehrsnetz. Die noch im Plan des Magistrates der Stadt W vom 7. September 2015 dargestellte Parkfläche (2 Pkw) im westlichen (Teil-)Bereich der Aufschließungsstraße werde nicht ausgeführt. Im nördlichen Bereich dieses Grundstückes verlaufe ein zumindest 2 m breiter Weg, der laut Plan vom 21. Februar 2019 als Geh- und Radweg in einer Breite von 4 m ausgebaut werden solle; dieser Weg werde von der Bevölkerung seit mehr als 30 Jahren genutzt und diene als öffentliche Anbindung zum westlich davon bestehenden Geh- und Radweg, über welchen eine Wohnsiedlung für diese Verkehrsströme aufgeschlossen werde. Die verbleibende Fläche im Südwesten des Grundstückes Nr. 1537/16 im Ausmaß von 54 m x 6 m werde nicht für Verkehrszwecke benötigt und sei auch in der Vergangenheit nicht für Verkehrszwecke genutzt worden.
12 In der rechtlichen Beurteilung wurde mit näherer Begründung ausgeführt, dass die im östlichen Bereich des Grundstückes Nr. 1537/16 ausgewiesene Teilfläche eine Straße im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 1 StVO 1969 und damit eine Verkehrsfläche im Sinn des § 29 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 - Oö. ROG 1994 darstelle. Ein Geh- und Radweg sei gemäß § 2 Abs. 1 Z 11 StVO 1960 ein für den Fußgänger- und Fahrradverkehr bestimmter und als solcher gekennzeichneter Weg. Es handle sich somit um eine festgelegte Fläche für die Abwicklung von Verkehrs(teil)strömen und daher um eine Verkehrsfläche im Sinn des § 29 Oö. ROG 1994. Bei der Herstellung einer Aufschließungsstraße und eines öffentlichen Geh- und Radweges handle es sich also um die Inanspruchnahme einer Grundfläche für Zwecke des öffentlichen Verkehrs.
13 Weiters legte das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, wonach die Enteignung unter dem Gesichtspunkt der Eigentumsgarantie des Art. 5 StGG irreversibel sei, wenn der Zweck unter Verwendung der enteigneten Sache einmal verwirklicht worden sei, dar, dass der Enteignungszweck in Bezug auf die Aufschließungsstraße spätestens bei Errichtung des Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 1537/30 konsumiert worden sei und eine Rückübereignung der dafür erforderlichen Flächen daher nicht möglich sei. Die im Westen anschließende Teilfläche stelle bereits jetzt einen Geh- und Radweg dar. Auch dadurch sei der Enteignungszweck (teilweise) verwirklicht worden, da der Zweck an sich bzw. dessen Wegfall unabhängig von der Herstellung eines bestimmten Ausbauzustandes zu betrachten sei. Die Verwirklichung des Enteignungszweckes sei manifestiert, der bisherige Zustand Grundlage der weiteren, auch konkretisierten öffentlichen Planungen und damit maßgeblicher Faktor der Grundinanspruchnahme bzw. limitierender Faktor einer möglichen Rückübereignung.
14 Zum erforderlichen Umfang der Grundabtretung hielt das Verwaltungsgericht mit näherer Begründung fest, dass diese mit der Ausführung eines 3 m breiten Geh- und Radweges samt einer 1 m breiten Sickermulde über eine Länge von 54 m auf dem Grundstück Nr. 1537/16 sowohl dem Grunde als auch dem Umfang nach als verhältnismäßig zu qualifizieren sei.
15 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Begehren, in der Sache selbst zu entscheiden, in eventu das Erkenntnis kostenpflichtig aufzuheben.
16 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
17 Die Revision erweist sich angesichts des in der Zulässigkeitsbegründung in Bezug auf eine Teilfläche des Grundstückes Nr. 1537/16-Teil 2 aufgezeigten Widerspruchs zwischen Spruch und Begründung als zulässig.
18 Der Revisionswerber führt in der Revisionsbegründung unter Hinweis auf den seinerzeitigen Abtretungsbescheid des Bürgermeisters der Stadt W vom 25. Februar 1975 aus, die Stadt W habe neue vermeintliche Interessen ins Treffen geführt und den Lageplan vom 7. September 2015 sowie in der Folge jenen vom 26. Februar 2019 vorgelegt. Dadurch habe sich die Beurteilungsgrundlage in rechtlich relevanten Bereichen verändert, weil wiederum Teilflächen als nicht zum vermeintlichen Enteignungszweck gehörend anerkannt worden seien, weshalb es unerfindlich sei, warum nicht wenigstens diese beiden Teilflächen des Grundstückes Nr. 1537/16, nämlich die Parkfläche (2 Pkw) im westlichen (Teil-)Bereich der Aufschließungsstraße sowie die verbleibende Fläche im Südwesten im Ausmaß von 54 m x 6 m rückübertragen worden seien.
19 Weiters bringt der Revisionswerber vor, dass die anlässlich der seinerzeit bewilligten Grundstücksteilung erfolgte Übertragung der für die öffentlichen Verkehrsflächen erforderlichen Teilflächen (unter anderem des Grundstückes Nr. 1537/16) in das öffentliche Gut zur Schaffung der Bauplätze 1537/18 und 1537/20 und deren Erschließung erfolgt sei. Das angefochtene Erkenntnis widerspreche der hg. Judikatur, wonach der Enteignungszweck des Ausgangsbescheides - in diesem Fall mit der Formulierung „der für öffentliche Verkehrsflächen erforderliche Grund“ - maßgeblich sei, dass sich also die Notwendigkeit der Schaffung von Verkehrsflächen aus der konkreten Grundteilung zur Schaffung der genannten Bauparzellen ergeben habe und dass dieser Zweck nicht im ursprünglich beabsichtigten Umfang verwirklicht worden sei und werde. Ein Zeitraum von 44 Jahren übersteige jeglichen zeitlichen Rahmen zur Umsetzung eines konkreten Enteignungszweckes. Zur Umsetzung des Enteignungszweckes in einer angemessenen Frist nach dem Ausgangsbescheid sei aus Gründen der Rechtssicherheit ein entsprechender Rechtsakt erforderlich, wie er in § 17 Oö. BauO auch angeführt werde. Den gegenständlichen Geh- und Radweg gebe es aktenkundig (noch) nicht. Dieser sei auch keinesfalls die einzige Möglichkeit der Radwegverbindung und es handle sich dabei auch nicht um eine öffentliche Verkehrsfläche im Sinn des Enteignungszweckes. Die vorgelegten Richtlinien für die Breite von Radwegen aus dem Jahr 2013 könnten für einen historischen Enteignungszweck nicht herangezogen werden. Zudem werde darin für Geh- und Radwege eine Breite von 3 m nicht vorgeschrieben, sondern lediglich empfohlen.
20 Die Behauptung des Revisionswerbers, der (historische) Enteignungszweck sei im Revisionsfall nicht verwirklicht worden bzw. werde nicht verwirklicht, trifft angesichts der Ausführungen des Verwaltungsgerichtes, wonach der östliche Bereich des Grundstückes Nr. 1537/16-Teil 2, welcher als Verkehrsfläche geschottert sei und im Endausbau asphaltiert werden solle, als Aufschließungsstraße zumindest der Anbindung des bebauten Grundstückes Nr. 1537/30 an das öffentliche Verkehrsnetz diene, und der im nördlichen Bereich verlaufende Weg, der als Geh- und Radweg in einer Breite von 4 m ausgebaut werden solle, als öffentliche Anbindung zum westlich davon bestehenden Geh- und Radweg diene, über welchen eine Wohnsiedlung für diese Verkehrsströme aufgeschlossen werde, nicht zu. Zudem kann ein Bauplatz nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch durch einen Geh- und Radweg aufgeschlossen werden, und zwar auch dann, wenn bereits eine Erschließung durch eine weitere Verkehrsfläche, die für zweispurige Kraftfahrzeuge geeignet ist, erfolgt ist (vgl. VwGH 29.6.2022, Ro 2018/06/0004, zur Rechtslage in Salzburg, dessen Erwägungen auf die Rechtslage in Oberösterreich übertragbar sind).
21 Weiters hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der Enteignungszweck in Bezug auf die Aufschließungsstraße spätestens bei Errichtung des Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 1537/30 konsumiert und auch in Bezug auf die im Westen anschließende Teilfläche, welche bereits jetzt einen Geh- und Radweg darstelle, (teilweise) verwirklicht worden sei. Dieser auf Basis der in der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2019 vorgelegten Fotodokumentation vorgenommenen Beurteilung tritt der Revisionswerber insbesondere im Hinblick auf das (teilweise) Bestehen eines Geh- und Radweges in der Natur nicht konkret entgegen. Im Hinblick auf die bereits erfolgte Verwirklichung des Enteignungszweckes, kommt es auf die Frage der Angemessenheit des Verwirklichungszeitraumes nicht mehr an (vgl. zur Angemessenheit des Verwirklichungszeitraumes für die Herstellung einer Verkehrsfläche unter dem Aspekt des verfassungsgesetzlichen Eigentumsschutzes sowie insbesondere zur Angemessenheit einer selbst über 50 Jahre andauernden Eigentumsbeschränkung VfSlg. 19.074/2010). Dass erst dann von einer Umsetzung des Enteignungszweckes auszugehen sei, wenn ein in § 17 Oö. BauO 1994 genannter Rechtsakt (Änderung bzw. Aufhebung des Bebauungsplanes oder der straßenrechtlichen Verordnung) bereits ergangen sei, lässt sich weder den baurechtlichen Vorschriften noch der dazu ergangenen hg. Judikatur zu entnehmen. Vielmehr ergibt sich aus der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, dass auch bei Vorliegen eines entsprechenden Widmungsaktes die Enteignung rückgängig zu machen ist, wenn die betreffende Fläche dem Enteignungszweck nicht in einem angemessenen Zeitraum tatsächlich (in natura) zugeführt wurde (vgl. auch dazu VfSlg. 19.074/2010).
22 Die in Bezug auf den Umfang der erforderlichen Grundabtretung im Hinblick auf den Endausbau des Geh- und Radweges vom Revisionswerber vertretene Ansicht, es seien dafür nicht die Richtlinien für die Breite von Radwegen aus dem Jahr 2013 maßgeblich, sondern es sei dabei auf den Zeitpunkt des gegenständlichen Abtretungsbescheides abzustellen, wird vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt. Das Verwaltungsgericht hat seiner Entscheidung zutreffend den (aktuellen) Stand der Technik zugrunde gelegt und näher ausgeführt, warum im Revisionsfall die in den Richtlinien bloß empfohlene Breite nicht unterschritten werden könne und insgesamt eine Breite von 4 m erforderlich sei. Der Revisionswerber setzt sich mit diesen Ausführungen nicht auseinander und zeigt damit insoweit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf.
Mit seinem Vorbringen zu den gemäß dem angefochtenen Erkenntnis für Verkehrszwecke nicht mehr benötigten Teilflächen des Grundstückes Nr. 1537/16 zeigt der Revisionswerber jedoch im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit auf:
23 Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Erkenntnis unter anderem festgestellt, dass im Ausbauplan des Magistrates der Stadt W vom 21. Februar 2019 die östliche Teilfläche des Grundstückes Nr. 1537/16 als Aufschließungsstraße dargestellt sei. Die noch im Plan des Magistrates der Stadt W vom 7. September 2015 dargestellte Parkfläche (2 Pkw) im westlichen (Teil-)Bereich der Aufschließungsstraße werde nicht ausgeführt. Der Plan vom 21. Februar 2019 weise im nördlichen Teil des Grundstückes Nr. 1537/16 über eine Länge von 54 m einen Geh- und Radweg in einer Breite von 4 m entlang der nördlichen Grundgrenze aus. Die verbleibende Fläche im Südwesten des Grundstückes Nr. 1537/16 im Ausmaß von 54 m x 6 m werde nicht für Verkehrszwecke benötigt und sei auch in der Vergangenheit nicht für Verkehrszwecke genutzt worden.
24 Die vom Revisionswerber angesprochene Fläche im Südwesten im Ausmaß von 54 m x 6 m umfasst offenkundig zum einen das Grundstück Nr. 1537/16-Teil 1, hinsichtlich welchem bereits mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 1. August 2016 rechtskräftig über den Rückübereignungsantrag des Revisionswerbers abgesprochen worden war (vgl. VwGH 30.10.2018, Ra 2016/05/0108), und zum anderen die im Plan vom 7. September 2015 dargestellte Parkfläche (2 Pkw) sowie deren Verlängerung bis zur westlichen Grenze der Aufschließungsstraße, welche im Plan vom 21. Februar 2019 nicht (mehr) gelb markiert sind. Das Verwaltungsgericht hat hinsichtlich der gesamten gegenständlichen Fläche festgestellt, dass diese nicht für Verkehrszwecke benötigt werde und auch in der Vergangenheit nicht für Verkehrszwecke genutzt worden sei. Diese getroffene Feststellung vermag angesichts des im Grundabtretungsbescheid vom 25. Februar 1975 enthaltenen Enteignungszweckes („Der für öffentliche Verkehrsflächen erforderliche Grund, ...“) die mit dem angefochtenen Erkenntnis ausgesprochene Abweisung des Rückübereignungsantrages des Revisionswerbers, soweit sie sich auch auf die im Plan vom 7. September 2015 dargestellte Parkfläche (2 Pkw) sowie deren Verlängerung bis zur westlichen Grenze der Aufschließungsstraße, welche im Plan vom 21. Februar 2019 nicht (mehr) gelb markiert sind, bezieht, nicht zu tragen.
25 Damit liegt ein unlösbarer Widerspruch zwischen Spruch und Begründung vor, weshalb das angefochtene Erkenntnis sich insoweit als inhaltlich rechtswidrig erweist, als damit die Abweisung des Rückübereignungsantrages des Revisionswerbers in Bezug auf die genannte Fläche erfolgt ist (vgl. etwa VwGH 31.1.2018, Ra 2017/17/0045, mwN). Bemerkt wird, dass das Grundstück Nr. 1537/16-Teil 1 nicht Gegenstand des nunmehr durchgeführten Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht war.
26 Das angefochtene Erkenntnis war daher in dem im Spruch genannten Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
27 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 1. Dezember 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019050237.L00Im RIS seit
09.01.2023Zuletzt aktualisiert am
09.01.2023